Samstag, 8. Oktober 2016

Michel Foucault als neuer Typus wissenschaftlichen Denkens

Michel Foucault

Als Michel Foucault 1984 im Alter von nur 57 Jahren starb, war er längst zum internationalen Pop-Star der Wissenschaften vom Menschen geworden. Er setzte neue Impulse und Akzente in der Philosophie und bestimmte zudem den Diskurs. Sein Beitrag zur Philosophie ist unbestritten. Er schuf neue philosophische Denksysteme. Mit seinen desillusionierenden Gesellschaftsanalysen wurde Michel Foucault zu einem der bedeutendsten und umstrittensten Philosophen des 20. Jahrhunderts.

Foucault beschäftigte sich hauptsächlich mit der Analyse von Systemen sozialer Codes, auf denen Gesellschaften seiner Meinung zufolge basieren. Demnach definieren festgelegte Ausschlussprinzipien, beispielsweise die Unterscheidung zwischen Wahnsinn und Normalität, die Formen des sozialen Zusammenlebens.

Foucaults Denken hat sich verselbständigt, denn viele seiner Gedanken, Begriffe und Methoden sind in jene Gebiete der Kultur aufgenommen werden, die er zuvor kritisiert hatte. Foucaults Diskursanalyse mit der er jene Strukturen herausarbeitete, die dem Denken und Handeln der Menschen in einer bestimmten Zeit ihr Gepräge geben, ist eine anerkannte Methode in etlichen wissenschaftlichen Disziplinen geworden: in der Soziologie, Ethnologie, Literatur- und Geschichtswissenschaft und in der Philosophie.


Er machte die Philosophie populär und er zeigte, wie eng Macht mit Wissen und körperlich wirksamen Disziplinen verbunden ist. Seine lesenswerten Schriften zu modernen Machttechniken zeigen, wie eng Macht mit Wissen und körperlich wirksamen Disziplinen verbunden ist. Sie haben einen neuen Typus wissenschaftlichen Denkens geprägt.

Die intellektuelle und biografische Unrast des Michel Foucault machte es schon zu seinen Lebzeiten schwer, ihm eine Etikette zu verpassen. Wahlweise als Kommunist, Dandy, Reaktionär, Antihumanist oder Anarchist bezeichnet, wurde ihm keine dieser Zuschreibungen gerecht. Vor allem in seiner letzten Schaffensphase bestand er auf der Möglichkeit zur Wandlung der eigenen Gestalt und suchte jenseits des Zugriffs moderner Macht nach Formen der Selbstgestaltung.


Wie seine Schriften war auch der Mensch Foucault komplex und voller Widersprüche: einerseits ein politisch engagierter und streitbarer Freigeist und Aktivist des Mai 68, andererseits ein Gelehrter, der seinen Lehrstuhl für die Geschichte der Denksysteme (1970-1984) am Collège de France sehr ernst nahm und sich als zentrale Figur der Institution Universität verstand.

Bemerkenswert ist auch sein persönliches Engagement. Bis zuletzt hat sich Foucault philosophisch wie politisch, im Hörsaal und auf der Straße bemüht, für jene zu sprechen, die in der herrschenden Ordnung keine Stimme haben - die Wahnsinnigen, die Inhaftierten, diejenigen, deren Begehren die Gesellschaft als pervers bezeichnet.

Auch über 30 Jahre nach seinem Tod bleibt Michel Foucault einer der einflussreichsten Intellektuellen weltweit. Bis heute spielen die von Foucault mitgeprägten Begriffe von der "Macht" und dem "Diskurs" eine gewichtige Rolle und werden heftig diskutiert.

Weblink:

Michel Foucault - www.famousphilosophers.org

Literatur:

Die Hauptwerke (Quarto)
Die Hauptwerke (Quarto)
von Michel Foucault

»Wahnsinn und Gesellschaft« von Michel Foucault
Wahnsinn und Gesellschaft: Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft
von Michel Foucault


Samstag, 1. Oktober 2016

Leibniz oder die beste der möglichen Welten

Gottfried Wilhelm Leibniz

Von Gottfried Leibniz gilt als der Philosoph der „besten aller möglichen Welten“. Leibniz geht dabei von der Vollkommenheit von Gottes Schöpfung aus. So kam er zu der Überzeugung, daß auch die von Gott erschaffene Welt eine vollkommene Schöpfung sein müsse. Nach Leibniz´ Lehre wäre Gott nicht das vollkommene Wesen, wenn er etwas anderes als die „beste aller möglichen Welten“ für die Menschen erschaffen hätte.

Nach der Monadologie von Gottfried Wilhelm Leibniz gibt es eine unendliche Anzahl möglicher Welten. Von diesen hat Gott nur eine geschaffen, nämlich die vollkommenste, „die beste aller möglichen Welten“. Leibniz argumentierte:


„Gott sah unendlich viele Welten als möglich vor sich;

aber aus diesen unendlich vielen wählte er die wirkliche als die beste.“


Gottfried Wilhelm Leibniz



Gott sah unendlich viele Welten als möglich vor sich. Gottes unendliche Weisheit lasse ihn die beste unter allen möglichen Welten herausfinden, seine unendliche Güte lasse ihn diese beste Welt auswählen und seine Allmacht lasse ihn diese beste Welt hervorbringen.

Folglich müsse die Welt, die Gott hervorgebracht hat – also die tatsächlich existierende Welt –, „die beste aller möglichen Welten“ sein, und jede Form des Übels sei letztlich notwendig und erklärbar.

Das Postulat, dass wir in der besten aller möglichen Welten leben, ist Teil des größeren philosophischen Arguments des 17. Jahrhunderts, dem zufolge Gott mit dem Kosmos nichts Geringeres als eben die beste unter allen möglichen Welten hervorbringen konnte.


Die wirkliche Welt ist die beste u. a. in dem Sinne, dass das Gute in ihr auch von Gott nicht mit einem geringeren Maß an Übel verwirklicht werden kann. Außerdem ist die „beste aller möglichen Welten“ dynamisch gedacht: Nicht der derzeitige Zustand der Welt ist der bestmögliche, sondern die Welt mit ihrem Entwicklungspotential ist die beste aller möglichen Welten.


Der berühmte Satz von der „besten aller möglichen Welten“ ist oft missverstanden worden, unter anderem hat ihn Voltaire in seinem Roman Candide parodiert. Die Idee der „besten aller möglichen Welten“ soll nicht in naiver Weise tatsächliches und großes Übel in der Welt leugnen oder schönreden. Vielmehr weist Leibniz auf einen notwendigen Zusammenhang zwischen Gutem und Üblem hin: Es gebe nämlich Gutes, das nur zum Preis der Existenz von Übel zu haben ist.

Weblink:

Leibniz oder die beste der möglichen Welten
Leibniz oder die beste der möglichen Welten
von Jean Paul Mongin und Julia Wauters



Samstag, 17. September 2016

Regierung im Sinne Foucaults

Ein theoretischer Anknüpfungspunkt für die Analyse und die Kritik der gegenwärtigen Gesellschaft ist der Begriff der Gouvernementalität, wie ihn der französische Philosoph Foucault in seinen Arbeiten Ende der 1970er Jahre skizziert hatte.

Foucault untersucht hier Machtbeziehungen unter dem Blickwinkel der Führung, als eine Art und Weise, das Handlungsfeld von Subjekten zu strukturieren und zu beeinflussen. Der Begriff der Regierung ist ein umfassender, er bezieht sich auf Institutionen und Praktiken, mittels derer Menschen ‚gelenkt‘ werden.

Eine Regierungsweise umfasst als diskursives Feld, auf dem die Ausübung von Macht „rationalisiert wird“ , Wissensformen, Machttechnologien und Subjektivierungsmodi gleichermaßen. Die Machtanalyse von Foucault in Überwachen und Strafen befasste sich mit Institutionen des Zwangs, mit Diskursen und Apparaten, die auf die Unterwerfung des Subjekts zielen.

Der Begriff der Regierung relativiert diesen Aspekt der Unterwerfung, indem Regierung als Kontaktpunkt zwischen Fremd- und Selbstführung aufgefasst wird. Foucault geht also davon aus, dass es freier, nicht unterworfener Subjekte bedarf, dass aber die Freiheit in bestimmten Bahnen verläuft, die an die Ziele einer Regierung gekoppelt sind.

Regierung im Sinne Foucaults operiert also nicht ausschließlich und notwendig über Verbote, sondern auch und gerade durch die Macht, Subjekte zu einem ganz bestimmten Handeln zu bewegen, ihr Handlungsfeld zu bearbeiten.

Weblink:

Das Wahrheitsregime prekärer Verhältnisse - www.diss-duisburg.de

Samstag, 10. September 2016

Was vermag die Vernunft?

Der Begriff Vernunft bezeichnet in seiner modernen Verwendung die Fähigkeit des menschlichen Denkens, aus den im Verstand durch Beobachtung und Erfahrung erfassten Sachverhalten universelle Zusammenhänge der Wirklichkeit durch Schlussfolgerung herzustellen, deren Bedeutung zu erkennen, Regeln und Prinzipien aufzustellen und danach zu handeln.

Soweit sich die Vernunft auf Prinzipien des Erkennens und der Wissenschaften richtet, spricht man von theoretischer Vernunft. Ist die Vernunft auf das Handeln oder die Lebenshaltung ausgerichtet, folgt sie den Prinzipien praktischer Vernunft, die sich in moralischen Fragen an Werten oder zur Erreichung von Effizienz am ökonomischen Prinzip orientieren kann.

Wie erklärt sich diese unheimliche Macht der Vernunft, die zum Besten, aber auch zum Schlimmsten fähig ist? Warum ist die Vernunft so stark, wenn sie die Natur erforscht, aber so unvernünftig, wenn sie sich die Welt zum Untertan macht? Vermag die Vernunft wirklich alles?

Scheint sie doch dem Leben nur schwerlich einen Sinn verleihen zu können ... Muss man wie Faust einen Pakt mit dem Irrationalen schließen, um der Vernunft zu entgehen? Oder daran glauben, dass die Vernunft der Moral zugrunde liegt? Wo steht die Vernunft im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Moral? Stößt die Vernunft bei der Maßlosigkeit an ihre Grenzen? Und scheitert sie am Wahnsinn?

Weblink:

Was vermag die Vernunft? - www.arte.tv

Samstag, 27. August 2016

Die Ethik des Aristoteles

Jedes Handeln und Denken strebt nach dem Guten das ist die Grundvoraussetzung für die »Nikomachische Ethik« des Aristoteles. Das ethische Vermögen des sozialen Menschen liegt für ihn im Vermeiden jedes Übermaßes, in jener »Mitte«, die allein Tugend und Glück hervorbringt.

Dabei zielt er nicht auf einen starren Moralkodex mit konkreten Handlungsanweisungen, sondern auf das Erreichen des höchsten Gutes im Sinne eines möglichst tugendhaften und somit glücklichen Lebens im menschlichen Miteinander. Die Klarheit und Kraft seiner Gedanken sind bis heute ungebrochen.

Ähnlich wie bei Epikur spielt hier der Begriff εὐδαιμονία (eudaimonia) eine große Rolle. Zu dieser Glückseligkeit kommt aber ein zweiter zentraler Begriff: Die ἀρετή (aretḗ) – die Tugend oder der Bestzustand. Das Ziel aller Handlungen ist die Glückseligkeit.

Die Ausbildung der Tugend hilft dabei, diesen Weg einzuhalten. Worin besteht aber das Glück? Sie besteht in dem, was den Menschen von anderen Tieren unterscheidet, also in der Vernunft. Diese muss der Mensch auf Dauer und in Bestzustand gebrauchen. Dann erhält er die Glückseligkeit.

Nikomachische EthikNikomachische Ethik


Bei den Tugenden, die helfen, unterscheidet er zwischen Verstandes- und Charaktertugenden. Die Klugheit als Verstandestugend ist mit dem Handeln verknüpft, da sie das Ziel eines guten Lebens inne hat. Da es in den menschlichen Handlungen keine Beweise gibt, bedarf es der Erfahrung. Dabei hilft die Klugheit, die Mitte zu halten, die sogenannte mesotês-Lehre:

Zum Beispiel ist die Tugend Tapferkeit die Mitte zwischen Feigheit und Übermut. Somit werden die Charaktertugenden bestimmt. Charaktertugenden sind dabei Haltungen, die man loben oder tadeln kann im Gegensatz zu den Verstandestugenden, die zu den Charaktertugenden führen.

Weblink:

Die Ethik des Aristoteles - weltderkultur.wordpress.com

Nikomachische EthikNikomachische Ethik von Aristoteles

Aristoteles und die Gluckseligkeit - philosophen-welt.blogspot.com

Samstag, 20. August 2016

Aristoteles und die Glückseligkeit

Aristoteles


Bereits seit der Antike existieren Überlegungen zu der Frage, wie der Mensch zum Glück findet. In der Nikomachischen Ethik, entstanden im 4. Jahrhundert vor Christus, erklärt der griechische Philosoph Aristoteles die Glückseligkeit als das große Ziel allen menschlichen Lebens, und diese Glückseligkeit, so Aristoteles, besteht aus den Elementen des Gut-Lebens und Sich-Gut-Verhaltens.

Zwei Aussagen stehen im Mittelpunkt. Erstens: Die Suche nach der Glückseligkeit ist das große, umfassende Prinzip menschlichen Lebens; alle anderen Ziele – wie z.B. Reichtum, Lustbefriedigung, Freundschaften, Gesundheit – sind untergeordnet und nur Mittel zu eben diesem einen großen Zweck. Diese Anordnung hilft, manchen als Selbstzweck erscheinenden Wert zu entzaubern.

Diese Glückseligkeit soll man sich, zweitens, nicht als Zustand (als Bilanz eines gelungenen Lebens) vorstellen, sondern als fortwährende Tätigkeit, auch als „Tätigkeit der Seele“.  Die Glückseligkeit kann man demnach nicht in seinen Besitz bringen und horten; sie verlangt vielmehr nach Bewegung und auch nach geistiger Betätigung.

Um umrisshaft zu bestimmen, worin das Glück als oberstes Gut für den Menschen besteht, fragt Aristoteles: Worin besteht die spezifische Funktion (telos) oder Aufgabe (ergon) des Menschen? Sie besteht im Vermögen der Vernunft (logos), das ihn von anderen Lebewesen unterscheidet. Der für den Menschen spezifische Seelenteil verfügt über dieses Vermögen der Vernunft; der andere Seelenteil, der sich aus Emotionen und Begierden zusammensetzt, ist zwar selbst nicht vernünftig, kann sich aber durch die Vernunft leiten lassen. Um das Glück zu erlangen, muss das Individuum das Vermögen Vernunft gebrauchen, nicht bloß besitzen, und zwar auf Dauer und in einem Bestzustand (aretê). Demgemäß ist „das Gut für den Menschen“, das Glück, eine

„Tätigkeit der Seele gemäß der Gutheit und wenn es mehrere Arten der Gutheit gibt, im Sinn derjenigen, welche die beste und am meisten ein abschließendes Ziel (teleios) ist. In einem ganzen Leben, denn eine Schwalbe macht noch keinen Frühling, auch nicht ein Tag. So macht auch ein Tag oder eine kurze Zeit keinen selig (makarios) und glücklich (eudaimôn).“

Samstag, 13. August 2016

Angst bei Søren Kierkegaard

Søren Kierkegaard

Kierkegaard gilt als Philosoph der Angst. Am 17. Juni 1844 erschien in Kopenhagen ein Buch mit dem merkwürdigen Titel: »Der Begriff Angst«. Noch etwas merkwürdiger ist der Untertitel: »Eine schlichte psychologisch-andeutende Überlegung über das dogmatische Problem der Erbsünde«. Am allermerkwürdigsten aber ist der lateinische Name des Verfassers: »Vigilius Haufniensis« - zu Deutsch etwa »Der Nachtwächter Kopenhagens«.

Nun, in seinem neuesten Werk will Kierkegaard seinen Landsleuten die Nacht erhellen, sprich: die dunkle Seite ihres Wesens. Als Grundzug des Menschen findet er einen in der Philosophie völlig neuen Grundbegriff: die Angst. Er möchte sie allerdings sofort von der Furcht unterscheiden, die einen Gegenstand hat, während Angst gegenstandslos ist. Man fürchtet sich „vor“ etwas, aber man „hat“ Angst.

Angst ist im Denken Kierkegaards einer der zentralen Begriffe, an dem sich nicht zuletzt zeigt, was es bedeutet, ein Mensch zu sein.

Die Angst, von der hier die Rede ist, ist mehr als nur Angst, sie führt direkt zu dem Begriff der Freiheit. An beiden Begriffen - Angst und Freiheit - wird deutlich, daß ein Mensch nicht ohne weiteres er selbst ist, sondern es in entscheidender Weise erst noch werden muß.

Søren Kierkegaards Schrift »Der Begriff Angst«, 1844 erstmals veröffentlicht, hat in der Folgezeit Philosophie und Theologie maßgeblich beeinflußt.


Weblink:

Der Mensch braucht Angst, sonst lernt er nichts: Sören Kierkegaard - WELT - www.welt.de

Literatur:

Angst bei Søren Kierkegaard
Angst bei Søren Kierkegaard
von Arne Grøn

Was macht uns glücklich?

Glück ist eine Ungeheuerlichkeit;
die es suchen, werden bestraft!

Gustave Flaubert

Glück ist ein erstrebenswerter Zustand, den jeder gern empfindet, der jedoch meist nicht von Dauer ist. Die Suche nach dem Glück ist so individuell wie die Wege zum Glück. Letztlich muss jeder selbst entscheiden, was ihn glücklich macht.

Können Dinge glücklich machen? Kann Glück von außen kommen? Oder ist Glück nicht vielmehr die Fähigkeit, sich über alle Gelegenheiten freuen zu können, die uns Glück schenken? Doch wie kann Glück dann von Dauer sein?

Fast jeder Mensch möchte wissen, was ihn glücklich macht. Doch was wirklich Glücksgefühle in uns auszulösen vermag, weiß man erst, wenn man tatsächlich Glück empfindet. Glück zu definieren ist ebenso notwendig wie unmöglich. Können Dinge glücklich machen? Kann Glück von außen kommen? Oder ist Glück nicht vielmehr die Fähigkeit, sich über alle Gelegenheiten freuen zu können, die uns Glück schenken? Doch wie kann Glück dann von Dauer sein?

Wie kann man glücklich sein wollen, ohne zu wissen, was einen glücklich macht? Kann Glück auch eine Leidenserfahrung oder ein Problem sein? Ist Glück einfach ein befriedigter Wunsch? Ist Glück eine Willensfrage oder eine Sache des Wünschens? Kann man sich Glück aufbauen? Ist Glück Optimismus oder Pessimismus? Kann Erwartung glücklich machen? Oder: Endet Glück schon mit dem Wissen darum?

Das Leben zu leben im Einklang mit eigenen Werten ist so essenziell wichtig um glücklich zu sein. Auch eigene Werte einordnen zu können, was einem wichtig ist und was eher nicht. Meines Erachtens nach sind Werte unendlich wichtig um ein sinnerfülltes Leben zu führen. Auch um gegen Meinungen anzutreten und unbequem zu sein.

Weblink:

http://www.arte.tv/guide/de/058424-010-A/philosophie

Was macht uns glücklich? - www.arte.tv

Mittwoch, 10. August 2016

Uli Hoeness will wieder Präsident des FC Bayern werden



Die Unschuld vom Landsberg ist zurück und steht vor der Rückkehr in Amt und Würden. Uli Hoeness will wieder Präsident des FC Bayern werden. Keine Person wird dem etwas entgegensetzen. - Ist das okay? Rechtlich ja. Und moralisch? Das scheint aber in Münchnen niemand zu interessieren.

Wenn Uli Hoeness im November wieder zum Präsidenten des FC Bayern gewählt wird, dann hat er seine dreieinhalbjährige Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung noch gar nicht ganz verbüßt. Der Rest ist zur Bewährung ausgesetzt, Hoeness lebt seit einigen Monaten auf freiem Fuß. Was sagt es aus über den Klub, dass Hoeneß demnächst ins Amt zurückkehren dürfte, denn bisher ist kein Gegenkandidat für die Wahl im November bekannt?

Rechtlich ist die Frage klar: Natürlich darf Hoeness wieder Präsident des FC Bayern werden. Es kann nicht das Ziel einer Freiheitsstrafe sein, Menschen lebenslang zu stigmatisieren oder ihnen ein Berufsverbot aufzuerlegen. Hier gilt das Prinzip Resozialisation.

Zwar gab es früher einen Passus in der Satzung des Vereins, demzufolge "nur unbescholtene Personen" überhaupt Mitglieder werden durften. Dieser war aber im Zuge der Hoeneß-Affäre stillschweigend geändert worden. Inzwischen darf jeder mitmischen, der nicht gegen die Interessen des FC Bayern handelt. So weit sind die moralischen Ansprüche in Bayern also gesunken. Da muss der FC Bayern eben sehen, wie er damit klar kommt, nicht eben die Krone der Moralität zu sein.

Moralisch ist die Sache allerdings fragwürdig, denn hier kandidiert ein Vorbestrafter um das Amt des Präsidenten. Es ist ein klassischer Konflikt zwischen Recht und Moral, dessen Beantwortung sich nur über den moralischen Anspruch lösen lässt. Wer einen Vorbestraften für das Amt kandidieren lässt, dessen moralischer Anspruch kann nicht allzu hoch sein. In dieser Hinsicht ist das Urteil ziemlich eindeutig.

Weblink:

Uli Hoeneß' Rückkehr: Die Unschuld vom Landsberg - SPIEGEL ONLINE - www.spiegel.de

Samstag, 6. August 2016

Wenn Angst das Leben bestimmt



Kierkegaard unterscheidet zwischen Furcht und Angst. Furcht richte sich auf Bestimmtes, Angst ist ein diffuses Gefühl und bleibt stets unbestimmt. Es ist die Angst vor dem Nichts, das weite Feld des Unbekannten, in dem auch die Möglichkeit zur Schuld liegt.

Søren Kierkegaard unterschied u. a. in »Der Begriff Angst« (1844) erstmals die ungerichtete Angst von der auf einen Gegenstand bezogenen Furcht. Für ihn war Angst die Angst vor dem Nichts und mithin der Ausdruck der menschlichen Wahlfreiheit und Selbstverantwortlichkeit. Die Existenzangst sei eine allgemeine Erfahrung des Menschen, der sich im Laufe seiner Phylogenese weitgehend aus der Verbundenheit mit der Natur gelöst habe. Aus dem damit einhergehenden Verlust an Geborgenheit und den vielen Freiheitsmöglichkeiten (»Schwindel der Freiheit« nach Kierkegaard) resultiere diese Angst.

Insofern sich das Objekt auf seine Gefährlichkeit hin prüfen lässt, kann man jederzeit einsehen, das die Furcht widersinnig ist und guten Gewissens aufgegeben werden kann. Die Angst hat gemäß Kierkegaard keinen Gegenstand, sie bezieht sich auf unser Dasein selbst und ergreift uns wie ein Schwindel. Kierkegaard meint, wir können uns auch von dieser Angst befreien durch die Entscheidung für den Glauben: Gottvertrauen sublimiere die Angst.

Bei Heidegger funktioniert dieser Riss mit der Welt nicht mehr. Martin Heidegger bestimmte Angst als eine Grundbefindlichkeit des Menschen, welche diesem die Unabgeschlossenheit des eigenen Verständnishorizontes zum Gewahrsein bringe und ihn zur Entschlossenheit befähige. Insofern kann man sich Heidegger zufolge nicht entscheiden, keine Angst zu haben.

Angst führt zu Verunsicherung und wenn das Problem der Angst nicht gelöst wird, zu Unzufriedenheit. Es ist durchaus angemessen, vor den Dingen Angst zu haben, die reale Gefahren sind. Aber es ist auch gut, Unsicherheiten und Ängste, die uns von außen suggeriert werden, zu überprüfen. Denn Angst macht Menschen auch manipulierbar. Diese Angst ist gefährlich.

Wenn nun allerdings in der Politik die Rede davon ist, dass Ängste nicht nicht ernst genommen, so wird vertuscht, daß es in diesem Kontexten eigentlich um Furcht ginge. Statt über vernünftige Gründe zu sprechen, weshalb die Flüchtlingskrise Anlaß sein könnte, sich vor konkreten Dinge zu fürchten oder eben gerade einzusehen, daß die Furcht gegnstandslos ist, schürt man diffuse Ängste oder behauptet, diese würden negiert.

Damit entzieht man sich aber gerade dem eigentlich Politischen, nämlich der Übersetzung des diffusen Gefühls der Angst in konkrete Befürchtungen, die ihrersets begründet werden müssten.

Wir sollten rational an unsere Ängste herangehen und immer fragen: Wie wahrscheinlich ist es, daß sie auch eintreten? Wir sollten mehr Vertrauen in uns und die Kraft der Gemeinschaft haben.

Weblink:


Der Begriff Angst
von Søren Kierkegaard

Was ist Würde?

Was ist Würde?

Die Würde ist kein abstrakter Begriff, sondern ein Thema, das jeden Menschen betrifft, unabhängig von Alter, Geschlecht und Hautfarbe. Die Würde betreffende Fragen sind immer auch Fragen der Abwägung. Wer aber wägt ab, wenn es zu Konflikten kommt? Wer entscheidet zum Beispiel, wann die Würde des Ungeborenen anfängt und die des Todkranken endet?

Die Würde des Menschen ist im Grundgesetz fest verankert. Dennoch wird sie gegenwärtig kontrovers diskutiert. Ist sie wirklich unantastbar, oder ist es nicht doch in manchen extremen Fällen erlaubt oder sogar geboten, sie zugunsten anderer zentraler Werte einzuschränken.

Die Geschichte der Menschenwürde als ethisches Konzept beginnt mit dem römischen Politiker und Philosophen Cicero. Er ist im ersten vorchristlichen Jahrhundert der erste Denker, der dem Menschen allein aufgrund seiner Vernunftbegabung eine besondere Stellung zuweist. Allerdings meint Cicero, man müsse sich seine Würde durch sittliche Lebensführung erst erwerben.

Artikel 1 Absatz I

Im Mittelalter kommt ein neuer, christlicher Aspekt hinzu: was den Menschen aus der Schöpfung heraushebt, ist seine Erschaffung als Ebenbild Gottes. Mit der Fähigkeit zur Selbstbestimmung bringt später das Zeitalter der Aufklärung ein weiteres Kriterium ins Spiel: die Freiheit.

Immanuel Kant geht noch einen Schritt weiter und definiert die Würde als das Merkmal eines jeden Menschen, das unvergänglich, unveräußerlich und unbedingt sei. Er meint, dass sich der Mensch durch seine ihm eigene Moralität als würdig erweise.

Den Rahmen, in dem jeder Mensch in körperlicher und geistiger Unversehrtheit leben kann, schaffen dann im 20. Jahrhundert die Menschrechte. Sie formulieren die unabdingbare Pflicht zum gegenseitigen Respekt gleich mit - die Garantie dafür, dass die Würde des Mitmenschen unangetastet bleibt.

Weblink:

Philosophische Grundlagen und aktuelle Fragen - www.br.de

Gedanken über ein gutes Leben


In der westlichen Welt suchen Menschen derzeit vielfach ganz individuell nach dem guten Leben. Aus Sicht ist ein gutes Leben erreicht, wenn man seine inidivduellen Fähigkeiten entfalten kann. Da besteht ein Bezug auf Aristoteles.

Wer ein gutes Leben führt, verhält sich moralisch integer und verantwortungsvoll, tut Gutes im eigenen Wirkungskreis, egal wie groß oder klein dieser ist, und auch dies kann durchaus beglückend sein, sei es durch persönliche Erfolgserlebnisse oder die Wertschätzung von anderen.

Das gute Leben bewegt sich also im Spannungsfeld zwischen den persönlichen Bedürfnissen und der sozialen Umwelt. Für die individuelle Komponente verspricht die Glücksforschung Erkenntnisse; was die Interaktion mit den Mitmenschen anlangt, kann die Moralphilosophie Orientierung geben.

Und was hat das Ganze mit Politik zu tun? Der Staat kann niemandem ein gutes Leben garantieren. Aber er sollte die wirtschaftlichen, sozialen und politischen Voraussetzungen schaffen, um die Menschen individuell dazu zu befähigen.

In der aktuellen globlaen Debatte geht es etwa darnm,warum Einmischung zur Bevormundung eines anderen Landes wird.

Samstag, 30. Juli 2016

Angst - das Grundgefühl unserer Zeit



Die Angst geht um in Europa. Die Angst vor Terror, vor vermeintlicher Islamisierung, vor dem Gespenst der sogenannten Überfremdung. Angst vor dem Scheitern, Angst vor dem Leben, Angst vor der Angst.

Angst ist das Grundgefühl unserer Zeit. Unter keinem Gefühl leiden Menschen so stark wie unter der Angst. Doch ist sie auch das Grundgefühl der Gegenwart, wie einige Soziologen meinen? Wie lässt sie sich besiegen?

Jeder fünfte leidet einmal im Leben an einer Angststörung. Und wer einmal eine Panikattacke erlitten hat, hat zu allem Übel noch Angst vor der Angst.

Was den Philosophen Sören Kierkegaard in die Arme des Christentums trieb, erscheint heute alsein weitverbreitetes Lebensgefühl.

Was bringt die Menschen so in Aufruhr? Warum machen sie sich permanent Sorgen? Ist die Angst am Ende die Schubkraft der Leistungsgesellschaft – und haben die Betroffenen letztlich genau vor dieser Gesellschaft Angst?

Flüchtlingspolitik aus Kantischer Sicht

Bei der Flüchtlingspolitik Deutschlands lassen sich auch Wurzeln in der deutschen Geistesgeschichte entdekcen.

Kant hat den katego­rischen Imperativ als sittliche Forderung formuliert, die sich an den Einzelnen richtet. Er wäre nie auf die Idee gekommen, diesen auch für das Staatssubjekt geltend zu machen. Dass die Politik, vor allem in der internationalen Arena, nach einer ganz anderen Logik, nämlich der des staatlichen kollektiven Selbstbehauptungswillens, agieren muss, das war Kant vollkommen klar.

Kant war auch überzeugt, dass es nie einen Weltstaat geben würde, dass die Welt sich auch weiterhin in einer Vielfalt von Staaten gruppiert. Er sagt zwar, es wäre wünschenswert für den ewigen Frieden, wenn es nur einen Staat gäbe, darüber müsse man sich aber gar nicht den Kopf zerbrechen, weil es ihn ohnehin nie geben werde. Die Menschen existieren durch ihre Sprachen und Kulturen in einzelnen Teilen.

Gesinnung gegen Verantwortung

Als In­dividuum kann man sich der Gesinnungsethik verpflichtet fühlen und allen Flüchtlingen helfen – obwohl das bei jenen, die sich diesbezüglich exponieren, meistens nur Rhetorik ist. Aber die Politik muss verantwortungsethisch handeln. Zurzeit ist aber in der Politik die grosse Stunde der ­Gesinnungsethik, wie Merkel sie uns vorführt. Auch wenn sie jetzt zurückzurudern versucht, der Schaden ist angerichtet. Wir werden bei diesen gewaltigen Zahlen eine ­islamische Parallelgesellschaft bekommen mit allen fatalen ­Folgen.

Konrad Ott baut seine Moralschrift auf der Unterscheidung von Gesinnungs- und Verantwortungsethik auf. Diese Unterscheidung trägt nicht weit, wenn sie überhaupt etwas taugt. Von Zeit zu Zeit wird sie als ideologisches Versatzstück einer konservativen Gesinnung aus der Mottenkiste geholt. Nachdem jede ernstzunehmende Gesinnungsethik nicht ohne Verantwortung auskommt und umgekehrt, gelingt es meist mühelos, die gefälligen Elemente so hervorzuheben, dass das vermeintlich Richtige herauskommt. Der Autor demonstriert das bis zum Überdruss – leider unfreiwillig.

Er zeichnet das Bild einer gesinnungsethischen Haltung, die, seiner Meinung nach, nicht nur einer grenzenlosen Zuwanderung das Wort reden müsse, sondern auch nichts von den Zuwanderern erwarten dürfe, ja sogar die Verweigerung von Mitarbeit oder Betrug letztlich gutheißen müsse. Nicht einmal die Mülltrennung wäre den Flüchtlingen aus einer gesinnungstheoretischen Haltung heraus zuzumuten. Es ist eben das Buch eines gesinnungsradikalen „Verantwortungsethikers“, der die Gesinnungsethik unbedingt skandalisieren will.

Die Logik der Gesinnungsethik geht von Menschenrechten und universellen Hilfspflichten aus. Das Menschenrecht auf Asyl bei politischer Verfolgung wird als zu eng befunden, da es nicht alle echten Fluchtgründe erfasst wie etwa Flucht vor Krieg, Bürgerkrieg, Terrorismus, Stigmatisierung sexueller Orientierung, extreme Armut, Klimawandel und vieles mehr. Zuflucht gewähren sollten wir letztlich allen Menschen in echter Not, sofern uns dies nicht überfordert.

Die Unterscheidung zwischen Flucht und Migration wird häufig abgelehnt. Damit begibt sich die Gesinnungsethik auf eine Bahn, an deren Ende kosmopolitische Ideale von globaler Freizügigkeit aller Menschen stehen, was einer Öffnung aller staatlichen Grenzen gleichkommt. Demgegenüber will Verantwortungsethik Zuwanderung begrenzen und steuern. Sie behält die Unterscheidung zwischen Flucht und Migration bei, fasst Fluchtgründe eng und hält es für zulässig, Anreize und Abreize zu setzen, etwa beim Asylbewerberleistungsgesetz.

Weblinks:

Zuwanderung und Moral
Zuwanderung und Moral
von Konrad Ott

Wie viel Moral darf es sein? - Gastbeitrag von Konrad Ott - www.ln-online.de

Samstag, 23. Juli 2016

»Zuwanderung und Moral« von Konrad Ott

Konrad Ott


Konrad Ott, Jahrgang 1959, ist Professor für Philosophie und Ethik der Umwelt an der Universität Kiel. »Zuwanderung und Moral« ist seine aktuelle Veröffentlichung. Konrad Ott beschäftigt sich darin mit dem Thema Zuwanderung aus moralischer Sicht.

»Jeder Bedrohte muss aufgenommen werden!«»Wie sollen wir mehr als eine Million Flüchtlinge bewältigen?« Die Flüchtlingsdebatte pendelt zwischen der gesinnungsethischen und der verantwortungsethischen Position hin und her und so baut seine Moralschrift auf der Unterscheidung von Gesinnungs- und Verantwortungsethik auf. Konrad Ott vergleicht beide Ansätze und bietet damit ethische Orientierung über unsere moralische Verantwortung in der Flüchtlingsfrage.

Zuwanderung und Moral werfen ethische Fragen auf. Konrad Ott bietet einen ethischen Kompass in der aktuellen Diskussion. Vorgestellt werden zwei Ansätze: Gesinnungsethik und Verantwortungsethik. Diese beiden Ansätze werden gegenübergestellt. Der gesinnungsethische Ansatz stellt das Wertesystem über die Folgen des Handelns. Beispielsweise wird dies am Konzept "open borders" veranschaulicht.

Hierbei ist davon auszugehen, dass es prinzipiell jedem ermöglicht werden muss, auf sicherem Weg nach Deutschland zu fliehen. Aus ethischr Sicht entsteht jedoch eine Dilemmasituation: Der Gesinnungsethiker nimmt dabei in Kauf, dass dieses System ausgenutzt wird. Der Verantwortungsethiker würde ein Konzept wie "open borders" ablehnen, da die Folgen nicht handhabbar wären. Ziel wäre eine kontrollierte Zuwanderung, wobei möglichst keine Flüchtlinge aufgenommen werden, die keinen Fluchtgrund haben.

Weblinks:

Zuwanderung und Moral
Zuwanderung und Moral
von Konrad Ott

Wie viel Moral darf es sein? - Gastbeitrag von Konrad Ott - www.ln-online.de


Blog-Artikel:

Peter Sloterdijk zur Flüchtlingsfrage - philosophen-welt.blogspot.com

Samstag, 16. Juli 2016

»Trost der Philosophie: Eine Gebrauchsanweisung« von Alain de Botton


Trost der Philosophie: Eine Gebrauchsanweisung

In seinem Buch »Trost der Philosophie: Eine Gebrauchsanweisung« ist Alain de Botton in seinem amüsanten und geistreichen Buch der Frage nachgegangen, welche Tröstungen bei den Lebensproblemen moderner Zeitgenossen die Philosophie bereithält, genauer: welche Hilfsangebote Sokrates, Epikur, Seneca, Montaigne, Schopenhauer und Nietzsche machen könnten, wenn man denn deren Leben und Werk zu Rate zöge.

"Das Leben ist eine mißliche Sache, ich habe mir vorgesetzt, 
es damit hinzubringen, über dasselbe nachzudenken"

Arthur Schopenhauer


"Das Leben ist eine mißliche Sache, ich habe mir vorgesetzt, es damit hinzubringen, über dasselbe nachzudenken", beschloss Arthur Schopenhauer bereits in jungen Jahren. Alain de Bottons neues Buch versucht sich an der Frage: Kann das Nachdenken solch eingefleischter Pessimisten wie Schopenhauer Menschen Trost spenden, die sich in einer "misslichen" Lage befinden und an sich oder am Leben zweifeln?



De Botton, in London Dozent für Philosophie, hat aus der langen abendländischen Philosophiegeschichte sechs Denker ausgewählt: Epikur ist sein Gewährsmann, wenn es um die Erkenntnis geht, dass die wichtigsten Dinge auf Erden nicht mit Geld zu kaufen sind. Montaigne hilft, sich mit der eigenen Unvollkommenheit abzufinden. Und Nietzsche legt die Einsicht nahe, dass "nicht alles, wonach wir uns besser fühlen" auch gut für uns ist. Den prominenten Reigen der Trostspender runden Sokrates und Seneca ab.

Der Autor Alain de Botton meint , dass sich Trost in der Philosophie finden lässt. Ein nicht gerade naheliegender Gedanke. Welche Philosophen sollen mich nun aber trösten? Es sind dies:

- Sokrates bei Unbeliebtheit
- Epikur bei Geldmangel
- Seneca bei Frustration
- Montaigne bei Unvollkommenheit
- Schopenhauer bei gebrochenem Herzen und
- Nietzsche bei Schwierigkeiten.

Das Rezept hat sich bewährt: Wie in seinem erfolgreichen "Wie Proust Ihr Leben verändern kann" destilliert de Botton auch diesmal aus teilweise nicht gerade leicht lesbaren Werken ein kurzweiliges und amüsantes Buch, das andererseits nie in Plattheit abzugleiten droht. Mit beneidenswerter stilistischer Leichtigkeit streift der Autor durch Leben und Werk der berühmten Denker, steuert auch eigene Anekdoten und Gefühle bei, illustriert das Ganze mit vielen Abbildungen und hat am Ende recht eindeutig bewiesen, dass die Philosophie manchmal lebenspraktischer sein kann als man gemeinhin denkt.




Ob nun Schopenhauer tatsächlich jemandes Liebeskummer zu lindern vermag mit seiner These, dass der "Endzweck aller Liebeshändel" nun mal die Fortpflanzung und deshalb der gesamte Komplex unserer Einsicht und Beeinflussung entzogen sei, darf eher bezweifelt werden. Aber der »Trost der Philosophie« ist auch nur am Rande als Ratgeber zu verstehen - es ist vor allem eine originelle und auf jeder Seite lesenswerte Einführung in philosophisches Denken und Handeln.

Weblink:


Trost der Philosophie: Eine Gebrauchsanweisung
von Alain de Botton

Montag, 11. Juli 2016

Erasmus von Rotterdam 480. Todestag

Erasmus von Rotterdam


Erasmus von Rotterdam 480. Todestag jährt sich am 12. Juli. Der Gelehrte 1536 starb in Basel. Erasmus von Rotterdam war ein bedeutender niederländischer Gelehrter des Renaissance-Humanismus. Er war Theologe, Priester, Augustiner-Chorherr, Philologe und Autor zahlreicher Bücher.

Erasmus von Rotterdam erhielt als unehelicher Sohn eines Geistlichen 1492 die Priesterweihe. Nach dem Studium in Paris und Turin lebte er in England, Basel und in den Niederlanden. Er pflegte rege Kontakte zur gesamten europäischen Geisteswelt und wurde zur prägenden Figur des christlichen Humanismus. Die kirchliche Zensur konnte seinem engagierten Werk nichts anhaben.

Erasmus von Rotterdam

Erasmus von Rotterdam erwarb durch seine Werke und Schriften früh in ganz Europa Ruhm als Theologe, Sprachforscher und Rhetoriker. Der bedeutende Humanist (1466/1469-1536) galt als Vertreter eines ethisch orientierten, toleranten Christentums, als der er in der Reformationszeit zwischen den Parteien zu vermitteln suchte.

Von 1514 bis 1529 lebte und wirkte Erasmus in Basel, um seine Schriften in der Werkstatt seines späteren Freundes Johann Froben drucken zu lassen. Er begegnete 1524 erstmals Johannes a Lasco, dem späteren Reformator Frieslands, der zu einem seiner Lieblingsschüler wurde.

Als sich die von Johannes Oekolampad betriebene, an Zwingli angelehnte Reformation in Basel durchsetzte, ging er 1529 nach Freiburg im Breisgau, weil er als Priester und Augustiner-Chorherr die Reformation ablehnte.

Im Jahre 1535 kehrte er nach Basel zurück und verstarb dort am 12. Juli 1536. Sein hohes Ansehen, das er sich trotz seiner Ablehnung der Reformation erhalten konnte, zeigt sich auch darin, dass er als katholischer Priester in der Zeit heftigster konfessioneller Auseinandersetzungen im mittlerweile protestantisch gewordenen Basler Münster beigesetzt wurde.

Hinter dem geistigen Durchbruch des Erasmus von Rotterdam stand das neue Menschenbild der Renaissance, die Wiedergeburt des antiken Vernunftdenkens. Der klassische Geist der Antike war dreifach angelegt: (1) In vernunftbedingten materiellen Erkenntnissen und Erklärungen der ionischen Naturphilosophie. (2) In der politischen Mitverantwortung des Einzelnen in der völlig neuartigen attischen Demokratie. (3) In der persönlichen Denkfreiheit des Individuums in der klassischen Philosophie des alten Athens. Insgesamt in einer offenen, freien Welt des menschlichen Geistes.

Die große Schwäche des Erasmus ist in seinem Charakterzug begründet. Erasmus wollte und konnte seine eigene Meinung, vielleicht aus Furcht vor Verantwortung, nicht ausschlaggebend werden lassen. Der wohl berühmteste und gelehrteste Mensch seiner Zeit zog sich so in sich selbst zurück. Denn »der freie, der unabhängige Geist, der sich keinem Dogma bindet und für keine Partei entscheiden will, hat nirgends eine Heimstatt auf Erden«.

Die Kraft des Geistes und die Schwäche zum Entschluß der Tat machen Erasmus "Triumph und Tragik" aus. In der entscheidenden Stunde, vom Kurfürsten um seine Haltung im Glaubensstreit zwischen Luther und dem Papst befragt, empfiehlt er, bei offener Sympathie für die Reformation "angesehene und unverdächtige Richter", klammert er seine eigene Meinung in vorsichtigen Vorschlag, will er nicht "Bürge sein für eine noch gar nicht errechenbare Schuld". In dieser Haltung, durch die die Glaubensspaltung nicht verhindert werden konnte, sahen seine Zeitgenossen und auch spätere Generationen charakteristische Unentschiedenheit.

Erasmus von Rotterdams Geburt ist nicht eindeutig belegt. Er wurde vermutlich am 28. Oktober 1466/1467/1469, wahrscheinlich in Rotterdam als Sohn eines Priesters geboren.

Eramus-Werke:

Ausgewählte Schriften
Ausgewählte Schriften
von Erasmus von Rotterdam

Erasmus-Biografien:

Erasmus von Rotterdam
Erasmus von Rotterdam
von Anton Gail


Erasmus von Rotterdam, der Fürst der Humanisten
von Erasmus von Rotterdam und Uwe Schultz

Samstag, 2. Juli 2016

"Anno 1984" - ein kleines Wirtschaftsgedankenverbrechen

„For if leisure and security were enjoyed by all alike, the great mass of human beings who are normally stupefied by poverty would become literate and would learn to think for themselves; and when once they had done this, they would sooner or later realize that the privileged minority had no function, and they would sweep it away. In the long run, a hierarchical society was only possible on a basis of poverty and ignorance.“

schreibt der satirische Schuft Georg Odergut in seinem Schelmenroman "Anno 1984" und läßt deshalb die Regierungen seiner drei Überstaaten - Eurasien, Ozeanien und Ostasien - den Großteil ihrer Industrieproduktion in Kriegen vergeuden, um ihre Völker entsprechend darben lassen zu können.

Und in der Tat fragt es sich, ob der Mangel ein künstlicher oder ein natürlicher ist, da die technischen Neuerungen der letzten zwei, drei Jahrhunderte für nie gekannten Überfluß sorgen könnten und es auch an den nötigen Rohstoffen und der erforderlichen Energie nicht fehlt.


Weblinks:

Ein kleines Wirtschaftsgedankenverbrechen

Die Frage wird sich recht bald wieder stellen. - meta.tagesschau.de

Albert Camus und das Christentum


Der Sinn des Lebens ist das Leben selbst.

Albert Camus und das Christentum

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Weblinks:

http://www.deutschlandradio.de/text-u...

https://www.youtube.com/embed/uSIpWRToTRY - www.youtube.com





Samstag, 25. Juni 2016

John Locke Erkenntnistheorie

John Locke lieferte einen bedeutenden Beitrag zur Erkenntnistheorie. Er befürwortet zwar die rationale Theologie und die Wende der Philosophie des Mittelalters zur Philosophie der Neuzeit, die die rationalistische Philosophie vor allem René Descartes verdankt. Locke wandte sich aber gegen die Rechtfertigung der Naturwissenschaften aus dem bloßen Denken und suchte ihr Fundament stattdessen in der Erfahrung.

Dennoch nahm er wie Descartes als Ausgangspunkt der philosophischen Überlegungen den Zweifel an der gegenständlichen Wirklichkeit, an der Existenz der Außenwelt. Die Aufhebung dieses Zweifels wurde von ihm nun nicht mehr über den Gottesbegriff vollzogen, sondern empiristisch, angeregt durch Pierre Gassendi. In seinem aus vier Büchern bestehenden Hauptwerk An Essay concerning Humane Understanding (Ein Versuch über den menschlichen Verstand) untersuchte Locke den Ursprung, die Gewissheit und den Umfang menschlichen Wissens in Abgrenzung zu Glauben, Meinen und Vermuten. Ausgangspunkt war einerseits Lockes scholastische Ausbildung in Oxford auf Basis des in England vorherrschenden Nominalismus. Andererseits hatte er sich in seinem vierjährigen Frankreichaufenthalt intensiv mit Descartes und dessen Vorstellung eingeborener Ideen auseinandergesetzt.

Entsprechend untersuchte Locke im ersten Buch zunächst den Ursprung der Ideen und entwickelte eine Vielzahl pragmatischer Argumente gegen die Existenz eingeborener Ideen. Seine Grundthese ist die bereits weit vor ihm formulierte Aussage: Nihil est in intellectu quod non (prius) fuerit in sensibus („Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen gewesen wäre“). Das zweite Buch befasst sich mit dem Zusammenhang von Ideen und Erfahrung. Das menschliche Bewusstsein ist bei der Geburt wie ein weißes Blatt Papier (Tabula rasa), auf das die Erfahrung erst schreibt. Ausgangspunkt der Erkenntnis ist die sinnliche Wahrnehmung. Er unterschied äußere Wahrnehmungen (sensations) und innere Wahrnehmungen (reflections). Der nächste Schritt ist im dritten Buch die Untersuchung der Rolle der Sprache, ihres Zusammenhangs mit den Ideen und ihrer Bedeutung für das Wissen. Buch vier handelt schließlich von den komplexen (zusammengefassten) Ideen, von den Grenzen des Wissens und dem Verhältnis von Begründung und Glauben.

Lockes Kritik der Vorstellung der eingeborenen Ideen (ideae innatae) hat einen aufklärerischen Charakter. Durch die Untersuchung der Dinge selbst soll den Dogmen, Vorurteilen und den von Autoritäten vorgegebenen Prinzipien, wie sie zu seiner Zeit an der Tagesordnung waren, der Boden entzogen werden. Nachdrücklich wandte er sich gegen Descartes' Annahme, dass auch die Gottesidee angeboren sei: denn in vielen Gegenden der Welt gebe es keine entsprechende Gottesvorstellung.

Kann uns die Philosophie trösten?

Unter Einbeziehung Alain de Bottons „Trost der Philosophie. Eine Gebrauchsanweisung“ werden wir dieser Frage nachgehen. Nach Botton können uns sechs berühmte Philosophen bei der Bewältigung von sechs unserer häufigsten Probleme beistehen. Bei Unbeliebtheit: Sokrates, bei Geldmangel: Epikur, bei Frustration: Seneca, bei Unvollkommenheit: Montaigne, bei gebrochenem Herzen: Schopenhauer und bei Schwierigkeiten: Nietzsche.

mit Dr. Martin Krieger

Empathie und Meinungsbildung

Empathie ist nicht mit „Mitgefühl“ oder gar mit „Mitleid“ zu verwechseln. Jemand kann empathisch und vollkommen mitleidslos sein.

Das hat auch damit zu tun, dass Empathie eine stark rationale Komponente hat. Sie setzt kulturelle und soziale Kenntnisse voraus, anders als das Mitgefühl oder das Mitleid. Hierbei handelt es sich um intensive Gefühle. Die jedoch beziehen sich immer auf konkrete Individuen. Die Reichweite ist also limitiert. Ehrliches Mitgefühl ist auf das engere soziale Umfeld jedes Einzelnen beschränkt.

Selbst der angeblich so sanftmütige Jean-Jacques Rousseau stellte daher trocken fest:
„Es ist uns nicht gegeben, von den Unglücksfällen bei den Tataren oder in Japan ebenso berührt zu werden wie von dem, was einem europäischen Volk zustößt.“

War Rousseau Rassist? Mitnichten, er war Realist. Gefühle sind Nahbereichssensoren. Sie werden durch Reize der unmittelbaren Umgebung ausgelöst. Insbesondere Mitgefühl ist auf sinnliche Eindrücke angewiesen – und auf kulturelle, besser noch genealogische Nähe. Das mag hässlich klingen. Für ein Wesen, dessen Psyche eher für das Leben in Kleinsippen ausgelegt ist als in globalisierten Massengesellschaften, ist das allerdings nicht verwunderlich.

Elektronische Massenmedien simulieren Nähe. Sie schaffen eine paradoxe Situation: sinnliche Eindrücke von fernen Ereignissen. Darauf ist unser archaisches Emotionsmanagement nicht vorbereitet. Wir stehen vor zwei Möglichkeiten: Entweder wir folgen dem sinnlichen Eindruck und haben Mitleid mit jedem leidenden Wesen, auf das eine Kamera gehalten wird. Das überfordert uns emotional.

Sinnliche Eindrücke müssen daher in den Medien dosiert werden, um den Betrachter nicht zu befordern.

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Nietzsche hatte recht - www.cicero.de

Hat das Leben einen Sinn?

"Ich will die Menschen den Sinn ihres Seins lehren: welcher ist der Übermensch, der Blitz aus der dunklen Wolke Mensch." Zarathustra, Vorrede, Kapitel 7

Viele Menschen stellen sich heute die Frage nach dem Sinn des Lebens. Dass wir überhaupt danach fragen, ist nicht selbstverständlich. Im Mittelalter etwa gab es noch eine klare Antwort: "Lebe so, wie Gott es dir vorschreibt!" In der heutigen Welt erscheint uns dagegen nur noch wenig vorgeschrieben. Aus diesem Grund sind wir Suchende. Wir müssen uns den Sinn für unser Leben selbst geben. Doch welche Art von Antwort erhoffen wir uns?

Unser Zweifel an Gott und unsere Freiheit gegenüber übergeordneten Instanzen zwingen uns dazu, ein Leben ohne objektiven Sinn zu führen. Der weltkluge Aphoristiker Ashleigh Brilliant meinte einmal: "Besser das Leben ist sinnlos, als dass es einen Sinn hat, dem ich nicht zustimmen kann." Einen objektiven Lebenssinn sollten wir also weder erwarten, noch sollten wir uns einen wünschen.

Und vielleicht ist es im Grunde auch viel schöner, dass wir in der Sinnfrage eine gewisse Wahl haben, selbst wenn sie uns manchmal verzweifeln lässt. Ein Minimum an Sinn könnte in dem liegen, was Leo Tolstoi einmal gesagt hat: "Das Glück besteht nicht darin, dass du tun kannst, was du willst, sondern darin, dass du immer willst, was du tust."

Weblink:

Antworten auf die Fragen des Lebens - www.stern.de

Was ist Glück?

"Was ist Glück? - Das Gefühl davon, daß die Macht wächst, daß ein Widerstand überwunden wird." Nietzsche Die größte Quelle unseres Glücks liegt in unseren sozialen Beziehungen: in Familie und Freunden. Schon der Philosoph Epikur hatte dies um 300 v. Chr. ganz ohne Umfragen herausgefunden: Auf unser Sozialleben kommt es an, auf die Freude an kleinen Dingen und auf die innere Souveränität, sich von miesen Gefühlen freizumachen.

Wer ohne Neid und Missgunst lebt, wer sich nicht pausenlos vergleicht und nicht von falschem Ehrgeiz getrieben wird, hat beste Chancen, glücklich zu werden. Das Rezept für ein glückliches Leben ist also gar nicht so schwer. Die Frage ist nur, ob diese Einsicht hilft, klüger und glücklicher zu werden.

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Antworten auf die Fragen des Lebens - www.stern.de

Ist Moral angeboren?

Der Mensch ist das einzige Tier, das zwischen Gut und Böse unterscheiden kann - die meisten Philosophen waren und sind dieser Ansicht. In der Geschichte der abendländischen Philosophie ist die Fähigkeit zur Moral fast überall eine Sache der menschlichen Vernunft. Zweifel daran hatten die angelsächsischen Philosophen David Hume und Adam Smith. Für sie war Moral in erster Linie ein Gefühl.

Durch ungezählte Versuche mit Affen und Menschenaffen wissen wir heute, dass auch unsere nächsten Verwandten so etwas haben wie moralische Gefühle. Im Wesentlichen sind es drei Bausteine der Moral: die Fähigkeit zum Mitgefühl, eine Tötungshemmung und ein elementares Gespür für Fairness. Alles drei findet sich bei Affen ebenso wie bei Menschen aller Kulturen.

Die Grundlage der Moral sind demnach angeborene Fähigkeiten, unser Mitgefühl zum Beispiel basiert auf den Anfang der 1990er Jahre entdeckten Spiegelneuronen. Es sind Nervenzellen im Gehirn, die es ermöglichen, uns in die Gefühle anderer Menschen hineinzuversetzen. Wir wissen heute, dass unsere moralischen Gefühle eine sehr große Rolle spielen für unsere moralischen Überlegungen. Fast immer nämlich entscheiden wir instinktiv darüber, was wir für gut oder böse halten.

Weblink:

Antworten auf die Fragen des Lebens - www.stern.de

Nietzsche und die Radikalität seines Denkens

Friedrich Nietzsche war der Philosoph und radikaler Denker, der den Tod Gottes verkündet und sich voller Freude gegen das Christentum aufgelehnt hatte, der die abendländische Metaphysik hinterfragt und die moralischen Werte der Religionen zerstört hatte - und mithin wie der Inbegriff des Menschen in der Revolte wirkte.

Der Nietzsche der frühen und mittleren Schaffensperiode war ein vielfach skeptizistischer und aufklärerischer Schriftsteller, Philosoph und Psychologe, der auf Widersprüchlichkeiten und Scheinheiligkeiten in vorhandenen Weltanschauungen und Verhaltensweisen hinwies und in dessen Aphorismen man viele interessante Einsichten findet.

Nietzsches Denken ist ein Denken, das existentiell ist, weil es um die Gestaltung des eigenen Lebens geht, das experimentell ist, weil darin die ganze Erkenntnis- und Moraltradition auf den Prüfstand gestellt wird, und das exemplarisch ist in seinen Antworten auf das Problem des Nihilismus. Sein Denken stellt einen Bruch mit der traditionelen abendländischen Philosophie dar. Nietzsche stellte die Philosophie in Frage. Sein Motto lautete: Erkenne dich selbst!

Die Radikalität seines Denkens erstreckte sich auf die Religion, Metaphysik, Christentum und Moral. Er hinterfragte nicht nur die bestehenden moralischen Werte, sondern nahm auch eine Umwertung aller Werte im Sinne der Schaffung einer neuen höherwertigen Moral vor.

Er verstand Philosophie als Erkenntnis seiner selbst sowie der Kritik der Moral und der Moralität.
Seine Philosophie ist das Bekenntnis zu der schöpferischen Gestaltung des Lebens unter dem Aspekt des Willens dar.

In mehreren seiner letzten Werke philosophierte Nietzsche buchstäblich „mit dem Hammer“ und er wollte alte Werte „umwerten“. Unter Rückgriff auf einige seiner früheren Schriften bündelte er seine Kritik am Christentum, der er eine bisher nicht gekannte Schärfe gab.


Man muss Nietzsche nicht in seiner Religionskritik folgen, denn letztlich verwechselt er die eigene bigotte evangelische Genetik mit "dem Christentum". Den Katholizismus bspw. erfasst er überhaupt nicht und auch kaum mit seinen Akklamationen den Buddhismus.
Weblink:

Das Leben und Denken Friedrich Nietzsches - www.youtube.com

Samstag, 18. Juni 2016

Hegel wurde vor 200 Jahren 1816 nach Heidelberg berufen



"Wir stehen heute auf den Schultern Hegels"


Hegel wurde vor 200 Jahren 1816 als ordentlicher Professor der Philosophie berufen. Vor dieser Berufung, die er im Juni 1816 erhielt und im August annahm, war Hegel seit 1808 Direktor eines Gymnasiums in Nürnberg gewesen, 1807 Zeitungsredakteur in Bamberg, davor seit 1801 Privatdozent in Jena. Dort bildete er sein philosophisches System aus, bevor in Bamberg und Nürnberg die Hauptwerke "Die Phänomenologie des Geistes" (1807) sowie "Die Wissenschaft der Logik" (1812) entstanden. Hegel veröffentlichte die "Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse" 1817 in Heidelberg.

Hegels philosophisches System tritt nicht einfach neben die älteren Systeme. Hegel beansprucht vielmehr, alle relevanten Einsichten von grundsätzlichem Rang, die das philosophische Denken in seiner gesamten Geschichte begonnen hat, in sich aufzunehmen und zu bewahren. Zudem beansprucht er, die innere Entwicklungslogik zu enthüllen, nach der die Einsichten aller Philosophen von Rang aufeinander aufbauen.

Die Philosophie Hegels ist eine Theorie über den Wahrheitsgehalt philosophischer Theorien und über die Entwicklungslogik. Nie in der Geschichte der Philosophie ist ein höherer Anspruch erhoben worden. Und nie hat es eine Philosophie gegeben, die so wie die Hegelsche die Geschichte der Philosophie in sich resümiert, und dies aus einem tiefen Verständnis ihrer Klassiker wie Platon, die Vorsokratiker, Aristoteles, Plotin, Proklos, Descartes, Spinoza oder Leibniz. Halfwassen: "Wir stehen heute grundsätzlich auf den Schultern Hegels. Er lehrt uns die Geschichte der Philosophie als ein Wahrheitsgeschehen."

Vor seiner Berufung nach Heidelberg hat Hegel sein revolutionäres philosophisches System nicht zusammenfassend dargestellt. Die beiden Hauptwerke sind keine Darstellungen des Systems, sondern dessen Grundlegung. "Die Phänomenologie des Geistes" befreit das Bewusstsein aus seiner Befangenheit in den endlichen Gestalten des Bewusstseins und führt es aus seiner Selbstvergessenheit hinauf zu dem Punkt, an dem das Selbstbewusstsein sich und seine Einheit mit der Wahrheit denkend erfasst. Hegel nennt ihn das "absolute Wissen" und meint damit die Identität von Denken und Sein.

Den Inhalt des "absoluten Wissens" entfaltet "Die Wissenschaft der Logik". Sie ist eine Metaphysik des absoluten Denkens und seiner grundlegenden Bestimmungen. Hegel nennt das Sichselbst als das die Totalität aller reinen Bestimmungen wissende Denken mit dem Ausdruck Platons die "absolute Idee". Und diese interpretiert er mit Plotin als den göttlichen Geist. Und weil Gott Geist ist, handelt es sich um Theologie. Diese theologische Metaphysik ist die erste Philosophie Hegels.

Hinzu kommt die Realphilosophie: Diese philosophische Durchdringung der gesamten welthaften Wirklichkeit macht Hegels Philosophie so einzigartig. Von der Natur über die Seele bis zum Geist, vom Recht über die Moral bis zum Staat und zur Weltgeschichte, von der Kunst über die Religion bis zur Geschichte der Philosophie enthält sie eine unvergleichliche Fülle. Diese Realphilosophie hat Hegel ab 1818 in seinen großen Berliner Vorlesungen über die Philosophie des Rechts, die Philosophie der Weltgeschichte, die Ästhetik, die Philosophie der Religion, die Beweise vom Dasein Gottes und die Geschichte der Philosophie weiter ausgearbeitet. Diese Vorlesungen haben Hegels Weltruhm begründet.

Die gesamte Realphilosophie in ihrem Zusammenhang mit ihrer metaphysischen Grundlage in der Logik hat Hegel aber nur ein einziges Mal zusammenhängend dargestellt: in seiner Heidelberger "Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse". Dieses dritte Hauptwerk trägt den Untertitel "Zum Gebrauch seiner Vorlesungen"; im Vorwort ist die Rede von einem "Leitfaden". Ohne die Berufung auf eine Professur und die damit verbundene Aufgabe, Vorlesungen zu halten, wäre Hegels drittes und umfassendstes Hauptwerk nicht entstanden. Die "Enzyklopädie" ist aber nicht nur in Heidelberg entstanden, ihre Bezüge zu Heidelberg sind noch viele enger.



Weblinks:

"Wir stehen heute auf den Schultern Hegels" - www.rnz.de/wissen

Hegel-Biografie - Biografie-Portal

Literatur:

Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse
von Wilhelm Friedrich Hegel

Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse
von Wilhelm Friedrich Hegel

Ist der Mensch von Natur aus faul?

Die Schweizer haben an diesem Sonntag über das Grundeinkommen abgestimmt. Und sie haben mit überwältigender Mehrheit für den herkömmlichen Sozialstaat plädiert – und damit gegen ein Grundrecht auf subventionierte Faulheit. Aber geht es bei dem Grundeinkommen wirklich um die Subvemntion von Faulheit- wie manche bürgerliche Journalisten und Kommentatoren den Bürgern weißmachen wollen?

Über das Für und Wider eines bedingungslosen Einkommens streiten sich Politiker, Anthrologen, Theologen und Journalisten. Die einen befürworten einsoclhes Einkommen, die anderen sind strikt dagegen, weil sie den Menschen von Natur aus faul halten.

Inzwischen ist man immer mehr zu der Erkenntnis gekommen, dass wir Menschen intrinsisch motiviert sind, etwas mit dem, was wir tun, zu schaffen und daran Freude zu haben. Wir sehen also zwei Lager. Jene, die den Menschen als von Natur aus faul im Sinne eines Nutzenmaximierers sehen, und Jene, die wissen, dass man mit aktiver Motivation gerade beim kreativen Schaffen genau das Gegenteil bewirkt. Siehe die X-Y-Theorie. Prof. Dueck hat in einem seinem Buch Abschied vom Homo Oeconomicus darauf hingewiesen, dass während einer gut laufenden Konjunktur die Y-Menschen gesucht sind, da sie Menschen zu mehr Kooperation im Team führen können, während in schlechten wirtschaftlichen Zeiten mehr die X-Menschen gesucht werden, die in der Lage sind, die Teams ohne Gewissensbisse schneller zu verkleinern.

Kooperation anstelle von Konkurrenz

Es setztt die Überzeugung durch, dass wir mit Kooperation anstelle von Konkurrenz (-> FB-Gruppe) sowohl ökonomisch als auch gesellschaftlich viel weiter kommen können. In der Konkurrenz geht es um Gewinner und Verlierer. Aber unterm Strich ist es nur ein Nullsummenspiel. Denn die Verteilmasse ist immer die gleiche. Aber beide Seiten müssen redundant agieren und Ressourcen verbrauchen. Die Gewinnlust ist aber schnell dahin, während der Verlustfrust lange währt und sich einbrennt. Wir müssen nur auf die über 3 Millionen an Depression erkrankte schauen.

Von Darwin wissen wir, das der besser Angepasste sich durchsetzt. Leider hat man damals zu kruz interpretiert und gemeint, dass Konkurrenzkampf zu immer Stärkerem führt. Also wurde alles im Leben zum Kampf. Die Amerikaner fördern früh den Sport, damit sich die jungen Männer zeitig auf ihren Kriegseinsatz vorbereiten konnten. Die Ökonomen plädieren für möglichst viele Firmen mit gleiche Produkten, so dass über die Vielfalt immer mehr Besseres entsteht und die Preise niederig bleiben. Paradoxerweise schulen sie aber auch Methoden, wie Firmen zu einer Monopolstellung gelangen können.

Braucht es eine neue Gesellschaftsordnung?

Aber wer Darwin genauer liest, der wird auch sehen, dass sich die Stärke des Menschen gerade durch seine kooperativen Fähigkeiten ergab. Als Einzelwesen hätte er kaum eine Chance gehabt. In der Kooperation hat er sich klar behaupten können. Mit diesem Thema hatte sich einer der ersten Anarchisten, Peter Kropotkin, auseinandergesetzt und plädierte daher dafür, nicht gegeneinander zu kämpfen sondern miteinander das Leben zu meistern. Es geht also im Frieden und Organisation und das auch noch ohne Hierarchien, denn es sollte Niemand über einen Anderen herrschen.

Leider gab es ein paar Jahre zuvor einige wenige Anarchisten, die meinten, den Frieden erbomben zu müssen. Die Medien hatten das damals so stark ausgeschlachtet, dass wir heute in unsere Nachrichten immer noch unsere Journalisten das Wort Anarchie im Zusammenhang von Gewalt und Chaos hören müssen. Aber ab dem Zeitpunkt der Erstveröffentlichung 1902 seines gerade neu aufgelegten Buches „Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt“ (siehe auch den Artikel „Empathie“, „Kooperation“ und „Solidarität“ beim humanistischen Pressedienst), ist es wieder richtig friedlich geworden (siehe Horst Stowasser in seinem Buch über Anarchie), so wie wir das gerade bei der spanischen, verlorenen Generation sehen.

Nicht Faulheit sondern Brennen im Wirken

Wir Menschen sollten also vollständig auf die Welt kommen, mit einer Veranlagung, uns jeden Tag verbessern zu wollen. Wir brauchen nur auf unsere Kleinsten zu schauen, wie sie erst Krabbeln, dann Laufen und Sprechen wollen, ums uns dann Löcher in den Bauch zu fragen. Und sobald wir sie dann in die Mühlen der Schule schicken, zerstören wir ihren Forscherdrang, dann bekommen sie nach Plan Information eingetrichtert, damit sie später in den Firmen nutzbringend ihre Arbeit verrichten können. Prof. Dueck hat hierzu einen hörenswerten Vortrag zur Reformierung unseres Bildungssystems vor ein paar Wochen gebracht, bitte unbedingt anhören: Ausbildung 2.0 – es ist an der Zeit, unser 200 Jahre altes, industriell-fertigendes Bildungssystems auf den Kopf zu stellen.

Wenn der Mensch also von Natur aus etwas schaffen will, und wie Gebhard Brock in seinem Buch Affenmärchen – Arbeit frei von Lack & Leder sehr deutlich macht, gerade dann, wenn er es als sinnvoll erachtet, dann gibt es keine Grenzen für ihn. Ich hatte diese Woche Gelegenheit, Prof. Frithjof Bergmann live darüber berichten hören dürfen, wie er sich das neue Arbeiten in einer neuen Kultur vorstellt.

Er sieht uns mitten einer Transmorphose, dessen Ende entweder der totale Niedergang ist oder wir in einem neuen Bewusstsein eine Gesellschaft entstehen lassen, in der keiner mehr verlieren muss.

Und wenn wir davon ausgehen können, dass der Mensch nicht faul sein will sondern für sich etwas sinnvolles Schaffen will, und das auch noch am besten im Team kooperierend, warum sollten wir uns dann nicht auch eine würdigere Basis geben und uns ein bedingungsloses Grundgehalt zahlen?

Ich bin sicher, dass dies die richtige Freiheit bedeutet. Wenn sich jeder Mensch keine Gedanken mehr machen muss, was er morgen zu essen hat und ob er zum Schlafen ein Dach über dem Kopf hat, dann wir er sich die für ihn sinnstiftende Beschäftigung suchen. Wir würden damit aufhören, unnütze Dinge redundant zu produzieren. Wir würden darauf achten, dass wir mit unseren Ressourcen nachhaltig umgehen.

Konsequenzen

Da jeder Mensch seiner sinnvollen Arbeit nachgehen würde, gäbe es kaum noch Verbrechen. Und wenn es welche gäbe, könnte anstelle der Bestrafung für Wiedergutmachung gesorgt werden.

Wir würden Alle viel weniger für die Grundbedürfnisse arbeiten müssen. Wir bräuchten weniger Polizei, Richter und Juristen. Und wenn wir uns anarchisch organisierten, viel weniger Verwaltung.

Braucht es ein anderes Geldsystem?

Aber all dies würde dennoch nicht wirklich funktionieren, wenn wir mit unserem alten, auf Zins basierten Geldsystem weitermachten. Wie ich in dem Artikel Mit fließendem Geld anstelle unseres statischen geht es auch mit unserer Gemeinschaft wieder richtig gut – von einer Fairconomy dargestellt habe, muss es umgestellt werden, da wir sonst alle paar Jahre eine Finanzkrise erleben, wie die jetzige oder noch schlimmer einen Krieg, um wieder von vorn anfangen zu können.

Die Rolle des Internets

Die Frage ist nur, wie stellen wir es an, dass all dies geändert wird? Trauen wir dies unseren derzeitigen Parteien zu? Wie können wir unsere Parteien davon überzeugen, dass es anders werden muss? Vielleicht wäre ja der allererste Schritt, wenn wir zu mehr direkter Demokratie kommen, so wie sich die aktuelle Bewegung „Echte Demokratie jetzt“ gerade anschickt, auch in Deutschland eine solche einzufordern. Der Politikstudent Sebastina Jabbusch ist davon überzeugt, dass gerade das Internet uns zu mehr Demokratie führt, dass wir sie deshalb erwarten und einfordern.

Die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen – hierzulande von Teilen der Linken, der Grünen, aber auch von Einzelkämpfern aus Wirtschaft und Wissenschaft erhoben – hat einen anderen Ansatz. Demnach hat jeder Mensch vom Tag eins nach seiner Geburt an einen Anspruch auf lebenslängliche, umfassende Alimentierung. Ob er sich einer Ausbildung unterzieht oder nicht, arbeitet oder nicht, sich anstrengt oder nicht, das alles ist sein Privatvergnügen. Das Grundeinkommen ist ihm sicher. So wird das Bibelwort Wirklichkeit: „Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“

Angeblich, so die Vorkämpfer für die staatlich finanzierte freie Wahl zwischen Arbeit und Vergnügen, werden die vom Grundeinkommen Beglückten sich keineswegs auf die faule Haut legen. Im Gegenteil: Frei von wirtschaftlichen Zwängen werden sie angeblich Höchstleistungen erzielen. Und sich anstrengen, damit genügend Geld beim Staat landet, um dieses wahre Paradies auf Erden zu finanzieren. Glückliche Menschen in einem glücklichen Land!


Gut möglich, dass ein Grundeinkommen solche Effekte hätte – in Einzelfällen vielleicht. Aber es hätte zwei weitere Effekte: Wer heute einfache, niedrig bezahlte Tätigkeiten ausübt, wird gar nicht mehr arbeiten, weil es sich nicht mehr lohnt. Und viele Leistungsträger werden weniger arbeiten, weil die zur Finanzierung des Grundeinkommens notwendigen massiven Steuererhöhungen ihnen die Lust an der Leistung vergällen.

Die Schweizer haben an diesem Sonntag über das Grundeinkommen abgestimmt. Und sie haben mit überwältigender Mehrheit für den herkömmlichen Sozialstaat plädiert – und damit gegen ein Grundrecht auf subventionierte Faulheit. Wie immer man zu unseren südlichen Nachbarn stehen mag – dumm sind sie jedenfalls nicht.

Weblinks:

Ist der Mensch von Natur aus faul? Oder wird er kurz nach seiner Geburt dazu verzogen? - https://faszinationmensch.com

Kein Grundrecht auf subventionierte Faulheit - Schweizer lehnen Grundeinkommen ab - www.tabularasamagazin.de

»Ach, Europa« von Jürgen Habermas

Jürgen Habermas

Jürgen Habermas, entschiedener Streiter für ein offenes Europa, hat im Jahr 2008 einen Band politischer Schriften vorgelegt. Der Philosoph macht sich in diesem Band in Reden und Essays für die Fortführung Europas stark. Sein Ziel ist ein rationales und demokratisches Europa, das das Erbe der Aufklärung zu Ende führt.

Dabei führt Habermas einen Kampf gegen jene Politiker, für die Europa lediglich zu einem technokratischen Gebilde geworden sei. Gegen sie ficht er für mehr demokratische Elemente. In Hinsicht auf unterschiedliche Interessen und gesellschaftliche Entwicklungsstufen innerhalb Europas wünscht er sich eine „abgestufte Integration“.

Die Schwierigkeiten der europäischen Einigung dürfen, nach Habermas, die historische Dimension und Notwendigkeit des Aufklärungsprojektes nicht gefährden. Als Ziel sieht Habermas ein außenpolitisch geeintes Europa, das den USA in „bipolarer Gemeinsamkeit“ als eigenständige Kraft entgegen tritt.

Neben Habermas' jüngsten europapolitischen Interventionen versammelt dieser Band der Kleinen Politischen Schriften philosophische Portraits langjähriger Weggefährten wie Jacques Derrida und Richard Rorty sowie zwei Texte zum Fortschreiten des Strukturwandels der Öffentlichkeit.


Literatur:


Ach, Europa
von Jürgen Habermas



Wie sieht die Zukunft des Sozialen aus?

Drei Milliarden Menschen agieren täglich in medialen Netzwerken. Sie erzeugen online die Wirtschaftsstruktur des Sozialen der Zukunft. Um Gesellschaft geht es dabei nicht mehr. Die in Jahrtausenden hervorgebrachte Grundfähigkeit des Menschen, sich in immer neuen Umweltbeziehungen neu zu organisieren, wird geräuschlos der Datenwirtschaft verpflichtet.

In Abkehr von der modernen Unterscheidung zwischen Gesellschaft, Politik und Ökonomie wird das Soziale zum scheinbar endlosen Aktionsfeld globaler User. Unterdessen versuchen Menschen, diese Aktions- räume handelnd zu gestalten.

Europäische Bürgersolidariät einfordern

Anegesichts der Finanzkrise steht die Europäische Union vor neuen Herausforderungen.

Die Europäische Union muss eine europäische Bürgersolidariät einfordern und gewährleiten können, wenn sie in der Krise bestehen und die Unterschiede in der EU begrenzen will.


So glaube ich nicht, dass wir als Europäer Begriffe wie Moralität und Sittlichkeit, Person und Individualität, Freiheit und Emanzipation… ernstlich verstehen können, ohne uns die Substanz des heilsgeschichtlichen Denkens jüdisch-christlicher Herkunft anzueignen.


Jürgen Habermas (1929)


Die europäische Bürgersolidariät verlangt weniger ein gleich hohes Wohlstandsniveau als vielmehr für alle gleichermaßen verbindliche Spielregeln.

Auch die Europäische Union müsse, so verlangt es Habermas, gewährleisten, was das Grundgesetz die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse nennt.

Edward Bernays: Die Konsumenten-Demokratie

"Man will Geld verdienen, um glücklich zu leben und die ganze Anstrengung, die beste Kraft seines Lebens konzentriert sich auf den Erwerb dieses Geldes. Das Glück wird vergessen, das Mittel wird Selbstzweck." 

Albert Camus

Im Jahre 1938 entwickelte Edward Bernays die Vision einer zukünftigen Welt, wo der Konsument König sein würde. Er nannte es die Konsumenten-Demokratie, eine Gesellschaft wo die Bedürfnisse und Begierden der Menschen durch Firmen und den freien Markt erkannt und erfüllt würden.

Konzerne wären dann der Mittelpunkt der Gesellschaft, welche auf alle menschlichen Wünsche, Besorgnisse, Ängste und Bedürfnisse reagieren und rein durch ein markwirtschaftliches System gedeckt wären. Es gab damals die Einstellung, dass die Marktwirtschaft nicht durch Ideologien beeinflusst ist, oder durch politische Macht, sondern einfach nur durch den Willen der Menschen.

Dies war ein Modell von Demokratie, welches auch die Politiker übernahmen. um an die Macht zu kommen und eigentlich das Modell unserer heutigen westlichen Gesellschaft. Die Politiker fingen an, dieselben Techniken, welche von der Industrie entwickelt wurden, um die Begierden der Menschen zu lesen, in ihre Politik zu benutzen und glaubten Bernays Behauptung, dies wäre eine bessere Form der Demokratie.

Weblink:

Alles Schall und Rauch: Edward Bernays: Die Konsumenten-Demokratie

Albert Camus - Der Weg der Revolte

Albert Camus

Auch die biographische und politische Betrachtung lehrt einen über Camus also nur, dass seine Philosophie von ihm nicht als Ideologie konzipiert war, sondern tatsächlich seinem Leben entsprach – auch wenn er es nie theoretisierte, warum die eigene Mutter wichtiger als das Schicksal eines ganzen Volkes sei, sondern stattdessen allgemein forderte dem unmittelbaren Gefühl zu folgen. Doch es ist immer noch nicht ersichtlich, ob Camus´ Moral nun ein gangbarer Weg ist oder nicht, ob sie dem Menschen entspricht, oder ihn verhöhnt. Und so wendet man sich also wieder zurück zur Philosophie und erinnert sich des Gedankenganges des Menschen in der Revolte:

Wenn die Revolte zur Revolution wird, muss die Vernunft das unmittelbare Gefühl der menschlichen Solidarität unterdrücken und die Menschen, die sich dazu weigern, umbringen. Nach einiger Zeit sind die Revoltierenden entweder zu Leichen oder zu Sklaven geworden. Die Lösung besteht daher darin das unmittelbare Empfinden nicht zu unterdrücken, sondern frei auszuleben und so die Revolte zu erhalten.

Das erste, was bei diesem Gedanken auffällt, ist natürlich sein extremer Idealismus. Für einen Menschen, der dem Hungerstod nahe ist, stellt sich die Frage der Revolte als solche überhaupt nicht in dieser Form, denn die menschliche Solidarität begründet sich für ihn vor allem aus der Vernunft des organisierten Kampfes und der Erringung von politisch-sozialen Verhältnissen, die ihm und seinesgleichen dauerhaft etwas zu essen sichern. Doch man nimmt diese Einschränkung hin und fragt erneut: Ist für einen sattgegessenen Europäer, der zwar nicht in Luxus lebt, der aber auch nicht unmittelbar in seiner Existenz bedroht ist und der zum Menschen in der Revolte wird, Camus´ Moral ein gangbarer Weg?

Camus geht davon aus, dass sich die menschliche Natur im Sinne des Impulses der Revolte und die Vernunft gegenseitig ausschließen. Entweder die Revolte wird gelebt, oder durch die Vernunft getötet. Das Menschenbild, das Camus damit zeichnet, ist freilich eines, das diesen Namen kaum noch verdient. Für ihn muss der Mensch entweder, getrieben von der Revolte, schlimmer als jedes Tier immer wieder mit dem Kopf gegen die Wand laufen, da er ja seine Vernunft nicht gebrauchen darf, oder aber er ist nur noch reine Vernunft ohne menschliche Grundlage. Und so endet der großartige Humanismus Camus´ als ein Humanismus, dessen Liebe zum Menschen groß genug ist, um ihn in ein Tier zu verwandeln.

Camus´ Moral ist tatsächlich ein gangbarer Weg: Es ist der ideale Kompromiss für Söhne und Töchter aus gutem Hause, die den Impuls der Revolte verspüren, aber gleichzeitig ihre privilegierte gesellschaftliche Stellung behalten wollen. Der Weg der Revolte ist es jedoch nicht, denn dieser ist unzertrennlich mit der Vernunft verbunden. Die Revolte stirbt nicht wegen der Vernunft, sondern ohne sie. Zur Resignation führt es, wenn man mit einer Welt konfrontiert ist, die dem menschlichen Wesen fundamental widerspricht, die man aber nicht verändern darf. Indem man sich gegen die Vernunft entscheidet, entscheidet man sich zugleich gegen die Revolte.

Erst wenn der letzte Mensch frei atmen kann, ist das Freiheitsideal erreicht. Das jedenfalls ist die Meinung von Albert Camus.


Weblinks:

Camus lebt - www.camus-lebt.de

Albert Camus – Marxismus und Moral - www.bruchlinien.at


Literatur:

Der Mensch in der Revolte
Der Mensch in der Revolte von Albert Camus