Samstag, 29. Mai 2021

David Hume und sein gesunder Skeptizismus

David Hume


David Hume gilt als einer der einflussreichsten Denker des 18. Jahrhunderts. Als radikaler Empirist wandte er sich kritisch gegen den Rationalismus und die metaphysischen Spekulationen seiner Zeitgenossen und plädierte stattdessen für eine „experimentelle“, allein auf Beobachtung und Erfahrung gegründete Methode.

Der Schotte David Hume gilt als der Begründer eines gesunden Skeptiszimus, die Grundlage einer kritischen und hinterfragenden Philosophie. Er verband äußersten Skeptizismus und Pragmatismus zu einer nüchternen, aber menschenfreundlichen Philosophie. Einen Weg aber, aus ihr heraus die Religion positiv zu werten, sah er nicht. Schopenhauer hat Hume immer als einen seiner wichtigsten philosophischen Verbündeten betrachtet, den Skeptizismus und die Vernunftkritik des schottischen Aufklärers geschätzt .

Hume war in der Tradition von Descartes der Auffassung, daß Skepsis die Grundlage aller neuen Erkenntnis ist, denn gerade die Skepsis führt zu neuen Wegen der Erkenntnis durch Hinterfragen der bestehenden Zusammenhänge. Wer skeptisch ist, der reflektiert die Welt und ihre Zusammenhänge. Er vermag die Welt kritisch zu sehen und zu erkennen und daraus neue Schlüsse zu ziehen. Gesunder Skeptiszimus bringt also die Wissenschaft und Forschung voran.

Er ging schlicht davon aus, dass der durchschnittliche Mensch ein durchschnittlich guter Mensch ist und dass der unebene Boden der Tatsachen, beschritten mit dem Bedacht des gesunden Menschenverstandes, immer noch den besten Grund für ein leidliches Zusammenleben der Menschen darstellt. Alle metaphysische Spekulation aber gefährdet nach ihm das labile Gleichgewicht von Mensch und Gesellschaft.



Der erkenntnistheoretische Skeptizismus, der zu einer undogmatischen Bescheidenheit aufruft, ist philosophiegeschichtlich nicht neu. Er lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen und spielte auch in der neuzeitlichen Philosophie eine große Rolle. So erhob René Descartes den Zweifel sogar zu einem methodischen Prinzip - um ihn freilich mit Hilfe (allerdings nicht überzeugender) "Gottesbeweise" wieder außer Kraft zu setzen.

Viel konsequenter und auch bescheidener war da ein anderer Philosoph, einer der wichtigsten: David Hume. Gegen metaphysische Spekulationen hatte er eine sehr kritische Einstellung. Er plädierte für eine allein auf Erfahrung und Beobachtung gegründete Methode und wurde damit zu einem der einflussreichsten Denker des 18. Jahrhunderts und bis heute.

Skeptizismus ist eine gesunde Grundhaltung der Erkenntnis gegenüber fremden Erscheinungen, aber sie schützt vor Irrtümern nicht. Ist die Skepsis größer als die Vernunft, so führt diese zu Fehleinschätzungen bei der Erkenntnis der Wahrheit.

Skeptiker ist eine Tochter des Mißtrauens und der Skeptiker ist ein Gefangener des Mißtrauens.

Das war sein letztes Wort. Sein Wahlspruch war immer gewesen: "Bleib nüchtern und vergiss nicht, skeptisch zu sein." Er starb friedlich und gefasst, ohne geistlichen Beistand, in seinem Haus in Edinburgh, im August des Jahres 1776. Er bleibt in Erinnerung als einer der Philosophen, die dem freien Denken in Europa Bahn geschaffen haben, die das Christentum und ihre Theologie durch - nun ja - ein Fegefeuer getrieben haben, auf das viele Christen heute stolz sind.

Literatur:

David Hume: Der Philosoph und sein Zeitalter
David Hume: Der Philosoph und sein Zeitalter
von Gerhard Streminger

Ich weiß, dass ich nicht weiß

Die Feststellung „Ich weiß, dass ich nicht weiß“ geht wahrscheinlich auf die Stelle in Platons Verteidigungsrede des Sokrates zurück:

„Denn es mag wohl eben keiner von uns beiden etwas tüchtiges oder sonderliches wissen, allein dieser doch meint zu wissen, da er nicht weiß, ich aber wie ich eben nicht weiß, so meine ich es auch nicht, ich scheine also um dieses wenige doch weiser zu sein als er, daß ich, was ich nicht weiß, auch nicht glaube zu wissen.“

„Ich weiß, dass ich nichts weiß“ ist eine falsche Übersetzung. Sokrates sagte "Ich weiß, dass ich nicht weiß." Sonst wäre der Satz logisch falsch. Wenn man weiß, dass man nichts weiß, weiß man anscheinend doch etwas. Nämlich, dass man nichts weiß.

Samstag, 22. Mai 2021

»Die Kraft der Verantwortung: Über eine Haltung mit Zukunft« von Ina Schmidt

Die Kraft der Verantwortung: Über eine Haltung mit Zukunft


Ina Schmidt ist Philosophin und Publizistin. Sie promovierte 2004 und gründete 2005 die »denkraeume«. Seither bietet sie Seminare, Vorträge und Gespräche zur Philosophie als eine Form der Lebenspraxis an. Ina Schmidt ist Mitglied der Internationalen Gesellschaft für philosophische Praxis (IGPP), Teil des Ideenrates am Zentrum für gesellschaftlichen Fortschritt sowie des Expertennetzwerks der Liechtenstein Academy. Außerdem ist Schmidt Lehrbeauftragte an der Professional School der Leuphana Universität, Referentin des Netzwerks »Ethik heute« und für das Projekt »Gedankenflieger« am Literaturhaus Hamburg tätig. Ina Schmidt veröffentlichte zahlreiche philosophische Sachbücher, zuletzt erschien in der Edition Körber »Über die Vergänglichkeit. Eine Philosophie des Abschieds« (2019).
Verantwortung ist eine Haltung mit Zukunft.


»Die Kraft der Verantwortung: Über eine Haltung mit Zukunft« von Ina Schmidt ist das Buch zur Krise und ein mutiges Plädoyer zur Übernahme von Verantwortung und zur Gestaltung der Zukunft. Für die Autorin ist Zukunft eine Frage von Übernahme von Verantwortung. Die Autorin betont die Verantwortung als grundlegende Haltung und will Menschen in die Pflicht für die verantwortungsvolle Gestaltung der Zukunft nehmen.

Ein Buch, das gerade in dieser merkwürdigen Zeit von "Querdenken" zu eigener Verantwortung und positivem Denken und Handeln auffordert, dabei aber auch den gesellschaftlichen Aspekt zur Verantwortungsübernahme betont. Es zeigt die Möglichkeiten eines Dialoges und nicht des Beharrens auf die eigene "richtige Denkweise".

Ob es um das Klima, um Politik, Arbeit oder um Beziehung geht: In allen Lebenszusammenhängen ist verantwortungsvolles Handeln gefordert. Doch was bedeutet das, wie ist ein solches Handeln motiviert und warum stehen wir überhaupt in der Verantwortung? Und was ist zu tun, wenn unsere Verantwortlichkeiten uns überfordern oder miteinander in Konflikt geraten?

Verantwortung ist eine uns innewohnendes Streben, das Gute zu wollen
und zu tun und eine soziale Praxis.


Die Philosophin Ina Schmidt setzt diesen Verunsicherungen den Versuch einer Klärung entgegen. Sie begreift Verantwortung als ein uns innewohnendes Streben, das Gute zu wollen und zu tun, als eine soziale Praxis. Ihre Voraussetzung ist Freiheit – und ein zugeneigtes Verhältnis zur Welt und zu den Menschen. Damit wird Verantwortung zur Kraftquelle für das Individuum und die Gesellschaft.

Wie wir im Zusammenspiel von kritischem Denken, guten Gründen und emotionalem Spürsinn die Kraft der Verantwortung nutzen können, um für eine gelingende Gegenwart und Zukunft Sorge zu tragen, zeigt Ina Schmidt in diesem so klugen wie lebensnahen Buch.

Literatur

Die Kraft der Verantwortung: Über eine Haltung mit Zukunft

Die Kraft der Verantwortung: Über eine Haltung mit Zukunft von Ina Schmidt

Samstag, 15. Mai 2021

Ad hoc Empfehlung des Ethikrates zur Corona-Krise

Deutscher Ethikrat


Die gegenwärtige Pandemie ist eine tiefe Krise, welche die Gesellschaft vor ungewohnte und nie gekannte Herausforderungen in ganz unterscheilichen Bereichen stellt. In der jüngeren Geschichte hat es keine solche vergleichbare Herausforderung im Hinblick auf die gesundheitlichen Gefahren gegeben. Gleiches gilt für die aktuellen rigorosen, massiv und flächendeckend freiheitsbeschränkenden staatlichen Maßnahmen. Sie sollen dazu dienen, den exponentiellen Anstieg der Zahl infizierter und erkrankter Personen zu verhindern. Andernfalls könnte das Gesundheitssystem an seine Kapazitätsgrenzen gelangen. Bei rascher Zunahme schwerer Erkrankungsfälle könnte es zu einer Unterversorgung behandlungsbedürftiger Personen kommen – unabhängig davon, ob diese an der durch das neuartige Coronavirus verursachten Lungenerkrankung Covid-19 oder einer anderen Krankheit leiden. Allerdings haben die bereits ergriffenen Maßnahmen schon jetzt unvermeidliche Nebenfolgen für die wirtschaftliche und psychosoziale Lage, und bei besonders vulnerablen Personengruppen auch für deren gesundheitliche Situation.

Der ethische Kernkonflikt besteht in Folgendem: Ein dauerhaft hochwertiges, leistungsfähiges Gesundheitssystem muss gesichert und zugleich müssen schwerwiegende Nebenfolgen für Bevölkerung und Gesellschaft durch die Maßnahmen abgewendet oder gemildert werden. Garantiert bleiben muss ferner die Stabilität des Gesellschaftssystems. Hinzu kommt, dass noch unsicher ist, wannImpfstoffe, Medikamente, Therapien und Testverfahren zur Verfügung stehen werden, die eine nachhaltige Lösung ermöglichen. Das erfordert eine gerechte Abwägung konkurrierender moralischer Güter, die& auch Grundprinzipien von Solidarität und Verantwortung einbezieht. Eine besondere Spannung ergibt sich hierbei aus der unterschiedlichen primären Risikoverteilung:

Einerseits ist nach heutigem Wissensstand bei vielen (vor allem Jüngeren) nur ein relativ milder Krankheitsverlauf zu erwarten; Kinder scheinen sogar kaum gefährdet. Andererseits besteht für bestimmte Risikogruppen (z. B. ältere Personen, Menschen mit Begleiterkrankungen bzw. chronisch Kranke) ein deutlich erhöhtes Mortalitätsrisiko. Dennoch nehmen die Infektionen unter den Kindern und Jugendlichen mit zunehmender Dauer der Pandemie deutlich zu.

Mit Blick auf die Spezifika des neuen Erregers, die Risikoverteilung und die zu erwartenden Belastungen des Gesundheits- und insbesondere des Krankenhaussystems erscheint eine Strategie des „Laufenlassens“ unverantwortlich, die in der Hoffnung, die Epidemie werde zum Stillstand kommen, sobald genügend Personen die Infektion überstanden hätten (Gemeinschaftsschutz, auch „Herdenimmunität“), allein auf die rasche Verbreitung des Virus setzte. Anders zu beurteilen ist möglicherweise ein Vorgehen, das eine solche Strategie mit einem weitreichenden abschirmenden Schutz vulnerabler Gruppen verbindet. Aber auch dabei ist zu bedenken, dass es gleichwohl zu einer Überlastung des Gesundheitssystems mit Gefahren für Leib und Leben aller kommen kann.

Aus ethischer Sicht sind – ungeachtet der hier nicht zu erörternden, durchaus strittigen Frage, ob hinreichende verfassungs- und einfachgesetzliche Grundlagen existieren – damit jedenfalls zur Zeit Freiheitsbeschränkungen vertretbar. Auch erheblich belastende Begleitschäden sind zumutbar. Je länger die Pandemie andauert, desto stärker sind allerdings nicht nur die unmittelbaren, sondern auch die vielfältigen, über den nationalen Kontext hinausweisenden Folgelasten sozialer und ökonomischer Art zu berücksichtigen.


Weblink:

Ad hoc Empfehlung zur Corona-Krise - www.ethikrat.org

Wird die freiheitliche westliche Gesellschaft überleben?

Das Glücksversprechen des Westens ist das Geschenk der Freiheit. Die größte Leistung der freien Gesellschaften des Westens und der westlichen Moderne besteht darin, dass Menschen ihr Leben frei nach bestem Wissen und Gewissen gestalten können und ihnen ein breites Spektrum von Lebensformen zur Verfügung steht.

Dies bedeutet aber auch, die Menschen existentielle Fragen selbst beantworten, ihrem Leben selbst einen Sinn geben und ihre Identität selbst finden müssen. Dies setzt Ausdauer, Mut und Anstrengungen voraus – und selbst dann ist der Erfolg nicht garantiert. Das wird von Vielen als bedrohlich empfunden; sie flüchten sich in kollektive Identitäten wie dem fundamentalistischen Islam oder sie verlieren sich in sinnlosem Konsum.

Zur Einlösung des Glücksversprechens gehört, daß der Einzelne diese Freiheit auch wertschätzt. Wo diese Wertschätzung nicht stattfindet, führt diese häufig zur Ablehnung der Gesellschaft. Dies führt zu der Frage, ob angesichts der Radikalisierung vieler Muslime und des Aufstiegs der radikalen Rechten die Bürger der westlichen Welt realisieren, dass sie in einem politischen und gesellschaftlichen System leben, für dessen Erhalt sie kämpfen müssten.

Die westliche Gesellschaft wird allerdings kaum überleben, wenn die Bevölkerung des Westens die persönliche Freiheit nicht wertschätzt und sie verteidigt. Diese Wertschätzung wird jedoch durch die nicht einlösbaren Glücksversprechen der Wohlstandsgesellschaft unterminiert und durch fundamentalistische Bewegungen aller Art bedroht wird. Stengers Narrativ läßt wenig Raum für eine optimistische Prognose über die Zukunft des Westens.

Samstag, 8. Mai 2021

Das Recht zum Widerstand

Das Recht zum Widerstand kann moralisch zur Pflicht werden, wenn die Macht von Despoten mißbraucht wird. Um Widerstand zu üben, bedarf es mutiger Personen.

Das Recht zum Widerstand ist nicht natürlich in der Gesellschaft verankert. Das Widerstandsrecht ist ein sittliches Gebot zur Abwehr von Terror, Leid und Gewalt.

Luther und Kant erkannten angeblich kein Widerstandsrecht an und pflanzten somit eine fatale Neigung zur Anpassung in den deutschen Nationalcharakter ein.

Samstag, 1. Mai 2021

Nietzsches Gedanken über Luther

Nietzsche, der Sohn eines lutherischen Pfarrers und ehemalige Student der Theologie macht mit
seiner Kritik am Christentum vor Luther nicht halt, dessen Reformation er in "Die fröhliche
Wissenschaft" als ,,Bauernaufstand des Geistes" bezeichnet. Einige der schönsten Polemiken:


Luther ließ seine Wuth gegen die vita contemplativa
aus, nachdem ihm das Mönchsleben rnißrathen war
und er sich zum Heiligen unfähig tühlte, rachsüchtig
und rechthaberisch, wie er war, trat er auf die Seite
der vita practica, der Ackerbauer und Schmiede.

"Nachgelassene Fragmente", Sommer 1880 4 [59] (KSA 9, S. 113)

Luther, der grosse Wohlthäter. - Das Bedeutendste, was Luther gewirkt hat,
liegt in dem Misstrauen, welches er gegen die Heiligen und die ganze christliche vita
contemplativa geweckt hat: seitdem erst ist der Weg zu einer unchristlichen vita contemplativa
in Europa wieder zugänglich geworden und der Verachtung der weltlichen
Thätigkeit und der Laien ein Ziel gesetzt. Luther, der ein wackerer Bergmannssohn
blieb, als man ihn in's Kloster gesperrt hatte und hier, in Ermangelung anderer Tiefen
und "Teufen", in sich einstieg und schreckliche dunkle Gänge bohrte, - er merkte endlich,
dass ein beschauliches heiliges Leben ihm unmöglich sei und dass seine angeborene
"Activität" in Seele und Leib ihn zu Grunde richten werde. Allzulange versuchte er
mit Kasteiungen den Weg zum Heiligen zu finden, - endlich fasste er seinen Entschluss
und sagte bei sich: ,,es giebt gar keine wirkliche vita contemplativa! Wir haben uns
betrügen lassen! Die Heiligen sind nicht mehr werth gewesen, als wir Alle." - Das war
freilich eine bäuerische Art, Recht zu behalten, - aber für Deutsche jener Zeit die
rechte und einzige: wie erbaute es sie, nun in ihrem Lutherischen Katechismus zu lesen:
"ausser den zehn Geboten giebt es kein Werk, das Gott gefa1len könnte, - die
gerühmten geistiichen Werke der Heiligen sind selbsterdachte."

"Morgenröthe", Erstes Buch 88 (KSA 3, S. 82-83)


Der geistliche Überfall. - Das musst du mit dir selber ausmachen, denn es gilt dein Leben," mit diesem Zurufe springt Luther
heran und meint, wir flihlten uns das Messer an den Hals gelegt. Wir aberwehren ihn mit den Worten eines Höheren und Bedachtsameren
von uns ab: ,,Es steht bei uns, über Diess und Das keine Meinung zu bilden und so unsrer Seele die Unruhe zu ersparen. Denn die Dinge selbst
können ihrer Natur nach uns keine Urtheile abnöthigen."

"Morgenröthe", Erstes Buch 82 (KSA 3, S. 78-79)


Luther giebt wieder die Grundlogik des Christenthums, die Unmöglichkeit der Moral und folglich der Selbstzufriedenheit,
die Nothwendigkeit der Gnade und folglich der Wunder und auch der Prädestination. Im Grunde ein Eingeständniß des
Überwundenseins und ein Ausbruch von Selbst-Verachtung.

"Nachgelassene Fragmente", Herbst 1885-Frühjahr 1886 1 [5] (KSA 12, S' 12)

Ich glaube ganz und gar nicht daran, daß ein Mensch aufEin Mal ein hoher wertvoller Mensch wird; der Christ ist mir ein
ganz gewöhnlicher Mensch mit ein paar anderen Worten und Werthschätzungen. Auf die Dauer wirken freilich diese Worte und Werke und schaffen vielleicht einen Typus: der Christ als die verlogenste Art Mensch. Daßermoralisch redet, das verdirbt ihn durch und durch: man sehe Luther. Ein greulicher Anblick, weichlich-sentimental, furchtsam, aufgeregt - - - komisch! wie der,,Wahrheitssinn"
erwacht und gleich wieder einschläft!

"Nachgelassene Fragmente", Frühjahr 1884 25 [499] (KSA 11, s. 145)

Persönliche Auszeichnung, - das ist die antike
Tugend. Sich unterwerfen, folgen, öffentlich
oder in der Verborgenheit, - das ist deutsche
Tugend. Lange vor Kant und seinem kategorischen
Imperativ hatte Luther aus der selben
Empfindung gesagt: es müsse ein Wesen geben,
dem der Mensch unbedingt vertrauen
könne, - es war sein Gottesbeweis, er
wollte, gröber und volksthümlicher als Kant, dass
man nicht einem Begriff, sondern einer Person
unbedingt gehorche und schliesslich hat auch
Kant seinen Umweg um die Moral nur desshalb
genommen, um zum Gehors am ge gen die
P e r s o n zu gelangen: das ist eben der Cultus
des Deutschen, je weniger ihm gerade vom Cultus
in der Religion übrig geblieben ist.

"Morgenröthe", Drittes Buch 207 (KSA 3, S. 188)


Literatur:

Morgenröthe
Morgenröthe
von Friedrich Nietzsche
Weblinks:

Martin Luther-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Martin Luther-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Das philosphische Verständnis von der Religion