Samstag, 25. Februar 2017

Humes Erkenntnistheorie

David Hume

Jeder Philosoph hat seine eigene Theorie, wie er zur Erkenntnis und zu welchen Erkenntnissen kommt.
Licht in das Dunkel menschlichen Erkennens zu bringen war das oberste Ziel des Philosophen David Hume.

Geboren wurde er am 7. Mai 1711 im schottischen Edinburgh. Er gilt bis heute als eine der wichtigsten Leitfiguren der Aufklärung. Hume stellte den Menschen in den Mittelpunkt seiner Philosophie. Für ihn gab es keine grundlegende Erkenntnis außerhalb unserer Sinneseindrücke und Gefühle. Metaphysische „Erkenntnisse“ hielt er für Spekulation. Moralischer Sinn und Mitgefühl, nicht etwa die Vernunft, bildeten für Hume die Grundlage moralischen Handelns. Seine skeptische und zugleich menschenfreundliche Philosophie erhellt bis in die heutige Zeit nachdenkliche Menschen, denen es um die Grundfragen des Denkens und des richtigen Lebens geht.

Humes wichtigster Beitrag zur Philosophie ist wohl jener, dass der reine Empirismus keine ausreichende Grundlage für die Wissenschaft darstellt, – ohne dessen Unterbau aber auch reine Logik und seine Methoden sehr schnell zu Vernünfteleien, zu Gewohnheiten und Schablonen des Denkens, zu Tautologien führen, die keinen festen Halt mehr an die Realität haben; einem Versuch durch Geist zu besetzen, woran die eigene Erfahrung nicht heranreicht. Einem fehlenden Abgleich von Innen- zu Außenwelt (Realitätsverlust). Denn keine Methode hat noch je eine Hypothese hervorgebracht.

Hume war ein Philosoph der Sinne, für den es bei der Philosophie vor allem auf die Sinne ankommt. Er setzte auf genaue Beobachtung und konzentrierte Erfahrung. Er fixierte sich auf ein eigentliches, letztes Wesen des Geistes oder der Natur, sondern versuchte, sich ein Bilod der dinge zu machen, wie sie tatsächlich als Eindrücke und Vorstellungen "perzipiert" werden. Auch die menschlichen Kräfte und Fähgigkeiten, die er in den Mittelpunkt des Philosophierens rückte, wollte er "aus einer sorgfältigen Beobachtung des menschlichen Lebens gewinnen, und sie so nehmen, wie sie im gewöhnlichen Lauf der Welt, in dem Benehemen der Menschen in Gesellschaft, in ihren Beschäftignungen und Vergnügungen sich darbieten.

Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand
Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand


Wo Erfahrungen dieser Art mit Verständnis gesammelt unn miteinander verglichen werden, da können wir hoffen, auf sie eien Wissenschaft zu gründen, die mit Sicheheit den Resultaten andere menschlicher Forschung nicht nachsteht, sie zugleich an Nutzen weit übertrifft."

Vor allem Metaphysiker, die in ihren abstrakten Ideen wie Kraft, Zeit, Substanz, Notwendigkeit, Seele, Ich oder Gott versteigen, sind in unlösbare Streitigkeiten verstrickt. Sie konstruieren Luftschlösser, bei denen die übersteigerte Einbildungskraft sich an ihren eigenen Fiktionen ergötzt.

Literatur:

Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand
Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand
von David Hume

Die Gefahr der nicht gedachten Utopie


Wer zu einer Utopie nicht fähig ist, darf sich nicht wundern, wenn er von einer Zukunft überrollt wird, die er vorher nicht bedacht hat. Das Schlimmste, was einer sozialen Utopie passieren kann, das sie nicht gedacht wird, bevor sie eintritt! Die Gründe dafür mögen vielfältig sein, einer aber ist relativ entlarvend: Es ist das Kalkül aus Machterhalt oder etwas anders formuliert: der politische Opportunismus, hinter das politische Denken in befristeten Zeiträumen, z.B. Legislaturperioden, steckt.

Doch gerade Utopien sind nötig, welche in eine Zukunft blickt, die über das Jetzt hinausgeht, zu beschreiben und rechtzeitig gestalten zu können. Eine solche konkrete Utopie ist die zukünftige Entwicklung der Technik und die vielfältigen Auswirkungen auf die Gesellschaft und das Leben der Menschen, angefangen bei den Sozial- und Rentensystemen bis hin zu Fragen der Einkommensverteilung.

"Wo die utopischen Oasen austrocknen,

breitet sich eine Wüste von Banalität und Ratlosigkeit aus."


Jürgen Habermas

Die Technik wird durch die Automatisierung die Gesellschaft nachhaltiger verändern, als vielen Politikern mit ihrer Schlafmützenpolitik heute lieb sein kann. Angesichts der gewaltigen Aufgaben muss die Politik von heute wie eine Bankrotterklärung vor der Zukunft wirken. Als Folgen der Automatisierung wird bis zum Ende des Jahrhunderts kaum noch jemand Arbeit haben, und wer noch eine hat, wird davon kaum noch leben können.

Dabei wird die Wertschöpfung nicht etwa weniger, sondern sie wird auf ganz andere Weise durch den Einsatz von Technik von Robotern und von Programmen erwirtschaftet. Daher muss ein anderer Mechanismus her, wie dieser Reichtum in der Gesellschaft verteilt wird, und darüber sollten wir uns Gedanken machen, bevor es zu spät ist.

Die Automatisierung führt zu einer klassischen Dilemmasituation: Wie sollen Roboter und ihre Steuerprogramme die Wertschöpfung erwirtschaften, die es gerecht zu verteilen gilt? Die erwirtschafteten Produkte können die Roboter ja nicht kaufen und die Programme selbst auch nicht. Die freigesetzten Menschen können dann die Produkte dann nicht mehr kaufen, da sie keine Einkommen mehr dafür zur Verfügung haben, um sie zu erwerben.

Wer als Eigentümer die Verfügungsgewalt über die technischen Investitonen und Maschinen verfügt, wid kaum ein Interesse daran haben, die Gesellschaft freiwillig an der Wertschöpfung teilhaben zu lassen. So war das jedenfalls in der Vergangenheit bei technischen Innovationen immer! Hier beißt sich der Turbo-Kapitalismus in den eigenen Hintern und frist sich selbst.

Doch was finden wir hier alltäglich vor: Die Politik von heute beschäftigt sich lieber mit der kleinen Münze des Tagesgeschäftes, dem politischen Kleingeld sozusagen. Während die Politiker noch um das Renteneintrittsalter feilschen und darüber diskutieren, ob Zuwanderung nun eine Belastung oder eine Chance für unser Sozialsystem darstellt, findet still und heimlich eine Revolution statt, gegen welche die Industrialisierung vor 150 Jahren nur ein recht kleiner Vorgeschmack war.


Wir leben in einer Welt utopischer Oasen, die auszutrocknen drohen. Da Politiker nicht dafür bezahlt werden, eine Utopie zu entwerfen, müssen das andere für sie übernehmen, z.B. Denker wie Wissenschaftler, Forscher oder Philosophen. Wohl dem, der in der heutigen Zeit die Kapazität und vor allem den Mut dazu hat, welchen es dafür braucht. Er sollte dabei stets an Kant und seine getreue Devise denken: »Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.«

Samstag, 11. Februar 2017

Luther und der Humanismus

Der Geist des Humanismus ist die vorherrschende geistige Grundströmung seiner Zeit des Mittelalters. Er verkündet den freien, den unabhängigen Geist. Die Reformation ist aus der Lehre des Humanismus entstanden, sie hat ihre Wurzel in dieser Lehre.

Die Lehre des Humanismus hat der Reformation den geistigen Weg geebnet. Luther leitete daraus für sich selbst das intensive Studium der Bibel ab: Humanismus hieß also für ihn vor allem Rückbesinnung auf die griechischen und hebräischen Originalschriften der Bibel - Bibelhumanismus. Beide Lehren, obwohl Brüder im Geiste, waren doch recht unterschiedlicher Natur: der Humanismus eine reine Geisteslehre und die Reformation eine religiöse Reformbewgung der Erneuerung.

Eng verbunden mit dem Humanismus ist der Name Erasmus von Rotterdam, einem niederländischen Gelehrten und führenden Vertreter der Lehre. Luther war ein standhafter Mann der Kirche, der ursprünglich ein Bewunderer des Erasmus war, sich jedoch später von im abwandte, da er im Glaubensstreit keine eindeutige Position beziehen wollte und zur Tat nicht fähig war.

Hinter dem geistigen Durchbruch des Erasmus von Rotterdam stand das neue Menschenbild der Renaissance, die Wiedergeburt des antiken Vernunftdenkens. Der klassische Geist der Antike war dreifach angelegt:
(1) In vernunftbedingten materiellen Erkenntnissen und Erklärungen der ionischen Naturphilosophie.
(2) In der politischen Mitverantwortung des Einzelnen in der völlig neuartigen attischen Demokratie.
(3) In der persönlichen Denkfreiheit des Individuums in der klassischen Philosophie des alten Athens. Insgesamt in einer offenen, freien Welt des menschlichen Geistes.

Erasmus von Rotterdam war »der erste bewußte Europäer, der erste streitbare Friedensfreund, der beredteste Anwalt des humanistischen, des weit- und geistesfreundlichen Ideals«, wurde durch seine Kritik an der Theologie und der Kirche zum Wegbereiter der Reformation. Doch er förderte sie nicht, distanzierte sich vielmehr mit seiner eigenen Ansicht über den freien Willen des Menschen von Luthers Meinung.

Er riet, als Kurfürst Friedrich ihn im Glaubensstreit zwischen Luther und dem Papst um sein Votum bat, bei deutlicher Sympathie für die Erneuerung der Kirche, »angesehene und unverdächtige Richter« einzusetzen. Erasmus wollte und konnte seine eigene Meinung, vielleicht aus Furcht vor Verantwortung, nicht ausschlaggebend werden lassen. Der wohl berühmteste und gelehrteste Mensch seiner Zeit zog sich so in sich selbst zurück. Denn »der freie, der unabhängige Geist, der sich keinem Dogma bindet und für keine Partei entscheiden will, hat nirgends eine Heimstatt auf Erden«.

Während Erasmus und Luther in der Bekämpfung der Übergriffe und der Verlotterung der Kurie und des damaligen Papsttums eine Strekce des Weges gemeinsam gegangen sind, hat sich in späterer Zeit ihre gegensätzliche Einstellung, den gegensätzlichen Naturen entsprang, immer offenkundiger gezeigt.

Erasmus war ein Ästhet, der in praktischen, insbesondere aber in philosophischen Fragen mit einer geschliffenen Sprache Fragen seine Gelehrsamkeit von sich gab. Dagegen war für Luther, die Aussage entscheidend, die Wirkung interessiert erst in zweiter Linie.

Bei aller Bewunderung für den Geist des Erasmus erkannte Luther schon früh die Unverbindlichkeit seines Wesens. Die Lehren beider speisten sich aus ganz unterschiedlichen Quellen: Dort die kühle, nur auf sich bedachte spielerische Geistigkeit und hier das warmherzige, aus Liebe und Geistigkeit geborene Engagement.

Beide vermieden, so lange es ging, den offenen Streit. Sie waren sich bewußt, daß sie als die bedeutendsten Geister der Zeit angesehen wurden. Auch wenn Luther die Unverbindlichkeit des Erasmus ablehnt und diser das öffentliche Draufgängertum Luthers verabscheut, so haben sie doch noch soviel Achtung voreinander, daß sie es nicht zu einem Generalangriff des einen auf den anderen ankommen lassen.

Luthers wichtigster Mitstreiter, der Humanist Philipp Melanchthon, wurde von dem humanistischen Gelehrten Johannes Reuchlin erzogen und stand als Gelehrter immer im Kontakt anderen Humanisten, insbesondere mit Erasmus. Melanchton war ein großer Verehrer von Erasmus.

Blog-Artikel:

Martin Luther als deutscher Reformator

Luther und sein fester Glauben

Erasmus von Rotterdam 550. Geburtstag


Weblinks:

Der Humanismus - www.luther.de

Martin Luther-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Martin Luther-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Eramus-Biorafien:


Erasmus von Rotterdam, der Fürst der Humanisten
von Erasmus von Rotterdam und Uwe Schultz

Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam
Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam
von Stefan Zweig


Samstag, 4. Februar 2017

Luther - der Reformator und die Wissenschaft

Martin Luther



Religion und Wissenschaften basieren auf unterschiedlichen Fundamenten. Die Religion setzt Glaube voraus und die Wissenschaft gesichertes Wissen in Form von Beweisen. Beide Lehren basieren auf unterschiedlichen Weltbilder: Die Religion beruht auf dem Glauben und die Wissenschaft auf Vernunft und Rationalität. Die Religion basiert dabei auf Annahmen, die vorausgesetzt nicht in Zweifel gestellt werden.

Glaube basiert auf der menschlichen Übernahme von religiösen Vorstellungen. Überwiegt die Vorstellung vom Glauben, wird die Vernunft zur Geißel der Religion. Luther erhob als tief religiöser Mensch in seiner Lehre den Glauben über die Vernunft und geriet mit dieser Haltung in eine wissenschaftsfeindliche Position.

Die Entdeckung naturwissenschaftlicher Zusammenhänge ist keine Wider­le­gung Gottes. Der Gott, den der christliche Glaube als den Schöp­fer des Him­mels und der Erde bekennt, existiert nicht auf der Ebene der Wirklichkeiten, die durch wissenschaft­liche Forschung er­hellt wird. Gott kann darum auch nicht als Lückenbüßer mensch­li­cher Erkenntnis dienen.

Luther sah am Horizont der Menschheit bereits die Vernunft als Gefahr für die Religion heraufziehen, die in das Zeitalter der Aufklärung münden sollte, doch noch herrschte das tiefe Mittelalter mit der religiösen Vorstellung von Himmel und Hölle. Die menschliche Vernunft, in der Luther eine vom Teufel eingegebene Hybris zu erkennen glaubt, muß und wird sich notwendigerweise gegen Gott erheben. Und damit trifft er den Kern des Problems, auch wenn er diese Hybris nicht zu bezwingen vermag.

Seine Ablehnung der menschlichen Vernunft erscheint berechtigt, beruht die Heilige Schrift und die Religion auf Annahmen und Vorstellungen über Gott, die sich nicht beweisen lassen, aber geglaubt werden müssen. Glaube ist somit die voraussetzungslose und unreflektierte Übernahme von religiösen Vorstellungen.

Je schwieriger es aber für die Menschen wird, aufgrund dessen, was sie wissenschaftliche Erkenntnisse nennen, die Ereignisse der Bibel wörtlich zu nehmen, desto mehr sind sie darauf angewiesen, sich mystischen Impressionen hinzugeben, um an eine Transzendenz glauben zu können. Von der Schöpfung der Welt angefngen wird alles zum Gleichnis.

Luthers radikale theologische Position gegen die menschliche Vernunft lässt sich zusammenfassen in seiner Formel: Solus Deus – einzig! Gott ist allmächtig. Gott ist allwissend. Gott ist allgegenwärtig. Ganz allein Gott bestimmt den Ablauf der Welt, der Geschichte, das menschliche Leben. Nur Gott handelt positiv, schafft das Gute, garantiert das Heil des Menschen. Solus Deus!

Luther wandte sich in seinen Schriften gegen jegliche Zugeständnisse an die Vernunft, an die Wissenschaft und an die Philosophie. "Die Vernunft ist eine Hur, die der Teufel hat." (Weimarer Ausgabe der Luther-Schriften WA 51). "Die Vernunft ist das grösste Hindernis in Bezug auf den Glauben, weil alles Götttliche ihr ungereimt zu sein scheint, dass ich nicht sage, dummes Zeug." (Luther Deutsch, Tischreden)

Im September 1517, kurz vor seinem spektakulären Anschlag seiner 95 Thesen am 31. Oktober 1517 an der Wittenberger Schlosskirche, hatte Luther in ähnlicher Weise 95 radikale Thesen gegen die aristotelische Vernunft veröffentlicht. In ihnen verdammt er kompromisslos die Vernunftphilosophie. Er spricht dem Menschen jedes eigenständige Denken und Wollen ab.

"Vom Anfang der Welt ist immer einher gelaufen die Hauptketzerei vom freien Willen und Verdienst der Werke und dieser Hader muß auch immerdar bleiben. Ursache ist, daßes dievernufnt nicht vermag, sich allein dem glauben zu ergeben. Soll jemand lauter um bloß glauben auf Gottes Wort, so muß es der Heilige Geist schaffen im Herzen. Aus ihren Kräften vermag es die natur nicht. Was man nun auch sagt und tut, sie bleibt doch an den Werken hangen."

Die Zurückweisung des lebendigen Philososphierens als eigenständige Leistung der Menschen hat ihre Gründe zweifellos in der Gnaden-Lehre der Reformators. Aus seiner Sicht ist die "Natur" des Menschen so verdorben und schlecht, das diese Verdorbenheit auch den Verstand betrifft.

Luther war ein standhafter Mann der Kirche, der ursprünglich ein Bewunderer des Erasmus war, sich jedoch später von im abwandte, da er im Glaubensstreit keine eindeutige Position beziehen wollte und zur Tat nicht fähig war. - Wer kennt heute noch die Ausfälle Luthers gegen Erasmus von Rotterdam - ein bedeutender niederländischer Humanist - oder gegen Thomas Müntzer - ein Widersacher und Kollege Luthers, der auf Seiten der Bauern stand.

Zum Schluss noch ein Zitat des ägyptischen Schriftstellers und Literaturnobelpreisträgers Nagib Mahfus: "Und Sie, weiser Marham? Welcher Religion gehören Sie an?" - "Der Religion, bei der Vernunft Gott ist und die Freiheit als Prophet vereerht wird." Nagib Mahfus, "Die Reise des Ibn Fattuma"

Was und wie würde Luther wohl heute darauf erwidern? Was der "arme, stinkene Madensack", wie sich Luther selbst einmal titulierte, zu all dem sagen würde?


Blog-Artikel:

Martin Luther als deutscher Reformator

Luther und sein fester Glauben

Erasmus von Rotterdam 480. Tode