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Samstag, 22. März 2025

Tragen wir den Weltbürger in uns?

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Tragen wir den Weltbürger in uns? Sind wir alle Weltbürger?

Guerot

Hegel war ein Philosoph des Geistes und der bedeutendste Vertreter des deutschen Idealismus. Viele halten den deutschen Idealismus und allen voran Hegel für den Gipfelpunkt der Philosophie. Die Bewunderung für Hegel entstammt nicht nur der aus heutiger Sicht geradezu abenteuerlich erscheinenden Vorstellung, wahre Philosophie müsse einem Systemanspruch gerecht werden, also einen umfassenden Welterklärungscharakter besitzen, sondern auch der Überzeugung, Philosophie solle in einem christlichen Sinne religiös sein.

Samstag, 14. September 2024

Europa und seine christlich ­abend­ländische Kultur


Wenn von Europa, seinem Selbstver­ständnis und seinen Werten die Rede ist, fällt oft der Begriff „christlich ­abend­ländisch“. „Wir wollen, dass die christlich abendländische Kultur die Leitkultur bleibt und nicht aufgeht in einem Misch­masch“, meint beispielswiese der ehema­lige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber. Ähnliches hört man in politischen Kreisen landauf, landab.

Einige Wohlmeinende verweisen in die­sem Zusammenhang gerne auch auf das „jüdisch-­christliche Erbe“ Europas. Damit allerdings setzen sie den Bindestrich an eine sensible Stelle: Denn Juden lehnen die Vereinnahmung in eine „jüdisch-christliche Kultur“ meist entschieden ab, was vor dem Hintergrund des christlichen Judenhasses, der über Jahrhunderte hin­ weg zu unzähligen Pogromen führte, verständlich ist.

Kulturwissenschaftler, Philosophen, Althistoriker und Altphilologen kritisie­ren das „christlich-­abendländische Ge­schichtsbild“ vor allem deshalb, weil es den entscheidenden Beitrag der Antike ignoriert. Europa, sein demokratisches Modell und seine Kultur, seien ohne Athen und Rom gar nicht vorstellbar, erklären sie.

Zudem dürfe man nicht übersehen, dass Europas Kulturlandschaft maßgeblich auch von der islamisch ­arabischen Zivili­sation geprägt wurde, die zwischen dem 8. und 14. Jahrhundert ihre Blütezeit erlebte. Griechisch, römisch, christlich, jüdisch, islamisch: Da gibt es offenbar einiges aufzuräumen! Und dabei haben wir hier die Aufklärung mit ihren wichtigen politischen und humanitären Impulsen noch gar nicht erwähnt!

Werfen wir also einen Blick auf die Kultur­geschichte Europas: Ist es denn wirklich dem Christentum zu verdanken, dass wir Westeuropäer heute in einer der friedlichsten und stabilsten Regionen leben, die es in der Mensch­ heits geschichte je gegeben hat?

Weblink:

DIE LEGENDE VOM CHRISTLICHEN ABENDLAND - www.giordano-bruno-stiftung.de

Samstag, 4. Mai 2024

Was ist eigentlich Marxismus?


Der Marxismus ist die neben dem Christentum einzige universelle Theorie zur Humanisierung der Erde, welche eben vor allem als analytisch-theoretisches Instrument zum Verständnis von Wirklichkeit sich eignet.

Karl Marx ist zweifelsohne einer der wichtigsten Denker der Moderne. Sein Einfluss auf die Ökonomie, Philosophie und Gesellschaftstheorie ist enorm. Dafür wählte ihn die BBC zum wichtigsten Philosophen unserer Zeit.

Marx kam am 5. Mai 1818 in Trier als drittes von acht Kindern zur Welt. Der Theoretiker verbrachte in der Römerstadt an der Mosel die ersten 17 Jahre seines Lebens bis zum Abitur. Für sein Studium der Rechtswissenschaft und Kameralistik zog es ihn dann nach Bonn.

Karl Marx war der wichtigste Theoretiker des Kommunismus. „Das kommunistische Manifest„, das er gemeinsam mit Friedrich Engels 1848 veröffentlichte, gilt dabei als eine Art Gründungsurkunde des Kommunismus. In der späteren Rezeption wurden seine Gedanken zum Unterbau für die sozialistischen Ideologien des 20. Jahrhunderts.

"Die Philosophen haben die Welt nur interpretiert.

Es geht darum sie zu verändern."


"Die Philosophen haben die Welt nur interpretiert. Es geht darum sie zu verändern." Dieser Satz stammt von Karl Marx. Und in diesem Sinne ist der Marxismus keine Philosophie, sondern Philosophie- und Ideologiekritik, Kapitalismuskritik und Gesellschaftskritik.

Und was Karl Marx zusammen mit seinem Förderer Friedrich Engels als philosophische Grundlage des Marxismus zusammengeschrieben hat, ist eher ein "Best Of"-Album. Besonders geklaut haben die beiden bei der Dialektik Hegels und dem Materialismus Ludwig Feuerbachs. Alles auf der Welt ist auf Materie und deren Gesetzmäßigkeiten zurückzuführen. Gemixt mit der dialektischen Perspektive ständiger Entwicklung bedeutet das: Die Welt verändert sich und lässt sich verändern!

Marx vertritt die Ansicht, dass alle Ideen, Vorstellungen und Gedanken aus einer gesellschaftlichen Realität und den dort herrschenden Machtverhältnissen kommen und diese resultieren letztendlich aus den jeweils historisch-geographischen Produktionsverhältnissen und materiellen Gegebenheiten.

Ziel des Marxismus ist es, alte Ideologien und Machtstrukturen aufzubrechen und den Menschen zu emanzipieren. Marx vertritt die Ansicht, dass alle Ideen, Vorstellungen und Gedanken aus einer gesellschaftlichen Realität und den dort herrschenden Machtverhältnissen kommen und diese resultieren letztendlich aus den jeweils historisch-geographischen Produktionsverhältnissen und materiellen Gegebenheiten.

Karl Marx nannte seine Lehre zu seiner Zeit übrigens nicht Marxismus, sondern Historischen Materialismus.

Weblinks:

Was ist eigentlich Marxismus? - 3 Sat - www.3sat.de/philosophie

"Es gibt Diskussionen und das ist gut so."

Literatur:

Die Alternative
Die Alternative
von Rudolf Bahro

Blog-Artikel:

Karl Marx 200. Geburtstag
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Samstag, 24. Februar 2024

Arthur Schopenhauer als Philosoph der Krise

Arthur Schopenhauer


Arthur Schopenhauer Denken wurde stark geprägt zum einen von Platon, insbesondere von dem sogenannten "Höhlen-Gleichnis". Dort zeigt sich für ihn eben das "Erkennen", das zugleich ein "anderes Sein" bedeutet. Es ging für Schopenhauer nicht mehr darum die Gegenstände besser zu sehen, sondern in der Sonne zu sein.

In der Krise haben Denker und Philosophen Konjunktur, denn jede Krise will bewältigt und überwunden werden und gerade in der Krise sind Meinungen gefragt, welche die Menschen als Hilfe, Ratgeber und Anweisungen verstehen können.

Und so gibt immer wieder Philosophen, welche selber leidhafte Erfahrungen gemacht oder Leid erfahren haben und aus dieser Grunderfahrung heraus das Leid zu einer Philosophie ausgebaut haben.

"Das Leben ist eine missliche Sache, ich habe mir vorgesetzt, es damit hinzubringen über dasselbe nachzudenken." So begründete der junge Arthur Schopenhauer gegenüber dem 78jährigen Dichter Wieland in Weimar seine Absicht Philosophie zu studieren.

Für Schopenhauer gibt es vor allem Unglück auf Erden, Verzweiflung, Krankheit, Ungerechtigkeit. Der Einwand, daß es auch Glück auf Erden gibt, sticht bei ihm nicht. Denn Glück, Lust oder Befriedigung sind nichts als eine Täuschung.
Schopenhauer sieht in der Welt einen blinden, furchtbaren Universalwillen am Werk.

Eine Erlösung sieht er in der Weltverneinung. Der Mensch muß sich zur Intersselosigkeit, zur Askese durchringen und so leben, wie es die Heiligen oder die indischen Yogis tun. Diese erhoffen sich nichts mehr vom Dasein, der WIlle ist in ihnen ausgelöscht.


Die Bewältigung einer Krise hat sehr viel mit ihrem Erkennen ihrer Symptome zu tun.

Schopenhauer gilt als Vertreter des Pessimismus, der das Leben als Leiden definiert hat. "Die Welt ist die Äußerung einer unvernünftigen und blinden Kraft; in ihr zu leben heißt leiden."

Im Gegensatz zu seinem Konkurrenten Hegel bestritt Schopenhauer, daß sich der Fortschritt auf Erden um Guten hin entwickelt. Und in dieser Annahme scheint ihn dieses Jahrhundert mit seinen Weltkriegen, Atombomben oder seinen Hunger-, Flüchtlings- und Umweltkatatrophen laufend zu bestätigen und Recht zu geben.

Woher aber kommt Zuversicht in schwierigen Zeiten? Von der kritischen Jugend.

Weblink:

Arthur Schopenhauer Biografie

Samstag, 10. Februar 2024

Der Karneval als kynische Offensive


Im Karneval herrscht Narrenfreiheit, bei der während der närrischen Zeit mit Spott und Satire auf die bestehenden Verhältnisse reagiert und ausgelassen gefeiert wird.

Der Karneval erfüllt seinen gesellschaftlichen Zweck, denn er dient als ein Ventil für die Ausgelassenheit Massen. Dampf abladen und seinen Gefühlen freien Lauf lassen, wo es sonst im Alltag nichts zu lachen gibt. Eine Zeit der Maskierung, Feierstimmung und Enthemmung.

Im Karneval Der Karneval hat ein antikes Vorbild: den Kynismus. Die athenische Öffentlichkeit wurde von der kynischen Offensive elektrisiert.


Der antike Kynismus war philosophisch betrachtet, eine plebejische Antithese gegen den Idealismus des Athener Bürgertums. Der antike Kynismus ist eine erste Replik auf den athenischen Herrenidealisimus. Er redet nicht gegen den Idealismus, er lebt gegen ihn. Doch damit nicht genug, der Kynismus gibt der Frage, wie man die Wahrheit sagt, eine neue Wendung.

Der antike Kynismus ist prinzipiell frech. In seiner Frechheit liegt seine Methode. Der antike Kynismus begann mit einem Prozeß der nackten Argumente aus der Opposition, getragen von der Macht, die von unten kommt. Der Kyniker furzt, scheißt, pißt, masturbiert auf offener Straße vor den Augen des athenischen Marktes. Er verachtet den Ruhm. Er liegt in der Sonne, scherzt mit den Huren und sagt zu Alexander dem Großen, er möge ihm aus der Sonne gehen.

Weblink:

Nicht lachen - Philosophie Runde

In Thüringen treten Narren auf, die einen kräftigen Schluck aus der Flasche der Anarchie genommen haben.

Samstag, 14. Januar 2023

Das Sinnproblem in der heutigen Zeit


Häufig wird in der heutigen Zeit die Frage nach dem Sinnproblem gestellt. Die moderne Gesellschaft ist dabei auf seltsame Weise gespalten: Den Menschen scheint der Sinn für ihr Sein auszugehen, vielen erscheint die Welt immer mehr sinnentleert. Nichts ist schlimmer als eine Gesellschaft, welcher der Sinn ausgeht. Technisch gesehen erscheint sie dagegen immer fortschrittlicher. Der Fortschritt ist der Fetisch der modernen Industriegesellschaft. Auf die Frage kann man sicher die verschiedensten Antworten geben.

Das Sinnproblem liegt sicher nicht zuletzt an der Technisierung unserer Welt, denn die Technisierung der Welt bringt mit sich einen gewissen Fortschrittsglauben, mit dem unsere Väter etwa in den Ersten Weltkrieg hineingeschritten sind. Dass dieser Fortschrittsglaube von der Technik zum mindesten nahegelegt wird, ist ja ohne weiteres verständlich. Wenn man sich einmal an die Geistesgeschichte erinnert − sei es an die Geschichte der Dichtung, der Kunst oder der Philosophie −, beobachtet man ja, dass jede Generation von vorne anfangen muss.

Philosophisch gibt es heute im Prinzip keine anderen Problemsätze als bei den Vorsokratikern, und darum sind die führenden Philosophen ja im Wesentlichen auch Interpreten dessen, was etwa frühere Philosophen gesagt haben.

Jede Generation fängt von neuem an. Keiner kann von seinem Vater eine Weltanschauung erben, und selbst wenn er, sagen wir einmal, ebenfalls Christ ist wie seine Eltern, dann ist er es in einem echten Sinne doch nur, wenn er durch eigene Anfechtungen hindurchgegangen ist und jenes Richtunggebende auf seinem Weg erlitten und erfahren hat.

Jede Generation fängt − geistesgeschichtlich − von neuem an, aber technisch ist das anders: Wenn man ein Kriegsschiff sieht oder einen Düsenjäger oder ein Elektronengehirn, dann weiß man: hier sind ganze Generationen von Technikern miteinander am Werk; hier steht einer auf den Schultern des anderen. Keiner fängt neu an.

Während es in der Geistesgeschichte Rückschläge gibt und auch Epigonen und Dekadenz-Erscheinungen eintreten nach Höhepunkten, ist das in der Technik anders. Die Technik kennt keine Rückschläge in diesem Sinne. Sie schreitet voran, und es ist schlechterdings undenkbar, dass nach unseren prachtvollen Autos mit ihrer hohen PS-Zahl und ihrer guten Straßenlage noch einmal plötzlich hochrädrige, stinkende, pannenreiche Benzinkutschen die Straßen erfüllen würden.

Weblink:

Die Frage nach dem Sinn unseres Lebens - www.der-uebersee-club.de

Samstag, 7. Januar 2023

Aktionismus als Form politischen Handelns

68er Demo


Aktionismus ist ein zulässiger, bewußter Verstoß gegen rechtliche Normen und eine moralische Grundrechtsverletzung. Aktionismus ist eine zeitgemäße Ausdrucksform zivilen Ungehorsams, wenn die Politik keine zufriedenstellende oder unzureichende Lösungen für dringende Probleme herbeiführt. Er ist Ausdruck des Bestrebens, das Bewusstsein der Menschen oder bestehende Zustände durch (provozierende, revolutionäre, künstlerische) Aktionen zu verändern.

Junge Menschen gehen auf die Strasse, um ihrem Protest zum Ausdruck zu bringen und ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen . Sie verstehen sich als Teil einer sozialen Bewegung, die sich für eine gesellschaftliche Veränderung engangiert. Auch für den Protest der Unzufriedenen gilt Kants Devise: »Habe Mut, dich deines Verstandes zu bemühen.« im Hinblick auf die Wahl der zulässigen Mittel des Protestes gegen nicht länger hinnehmbare Zustände.


Der Begriff »Aktionismus« unterstellt betriebsames, unreflektiertes oder zielloses Handeln ohne Konzept, um den Anschein von Untätigkeit oder Unterforderung zu vermeiden oder zu vertuschen. Wenn Politik allerdings keine dringenden Probleme der Zeit lösen kann, ist Aktionismus eine durchaus zulässige Form des Protests. Aktionismus kann auch bedeuten, dass viele Projekte diskutiert oder begonnen, aber nicht zu Ende geführt werden.

Aktionismus ist ein vor allem dem Anarchismus zugeordnetes Konzept direkten, unmittelbaren und nicht durch Stellvertreter geführten Handelns. Aktionismus bedeutet zunächst das eigene, nicht symbolische widerständige Tun. Dabei überwindet der Aktionismus die Mittel-Zweck-Relation. Aktionismus zeigt sich in einer Vielfalt subversiver Handlungen. Die Aktion selbst ist Ausdruck eines subversiven Lebens und wird dabei nicht in Bezug auf sichtbare Auswirkungen auf die politische Ordnung bewertet, da sie für sich als Verschiebung der Machtverhältnisse gewertet werden kann.

Aktionnismus ist letztlich nur dann erfolgreich, wenn bei dem zugrundeliegenden Problem eine bretien Veränderung des Bewußtseins herbeiführt, welche zur Lösung des Problems führt. Im politischen Aktionismus scheint es von Bedeutung, die eigene Person als Widerstandspunkt und Widerstand selbst als Entwicklung alteritärer Lebensverhältnisse zu begreifen und so den Risiken repräsentativer Politik-Konzepte zu entgehen.

Soziale Bewegungen stehen immer wieder vor der sich ewig wiederholenden und immer wieder neue Auseinandersetzung hervorrufenden Frage: Mitmachen und mit dem System leben oder es von außen durch neue Wege verändern? Welcher Weg führt am besten zum Ziel?

Die sich stellende Grundfrage lautet: Ist ein Integrationswilliger erfolgreich, der in das System hinein geht, mitmacht, dessen Positionen damit zunächst akzeptiert und es eventuell schafft, von innen etwas zu verändern? Oder ist es zielführender, autonom eine eigene Position zu entwickeln und sich zu bemühen, diese zu realisieren, ggf. in Protest gegen das System von außen?

Mit dem Strom oder gegen den Strom. Was führt zum Ziel? Ist Aktivismus geeignet, gesellschaftliche Veränderungen zu bewirken oder ist es sinnvoller, sich durch Mitmachen in das System zu begeben?

Der deutsche Philosoph Rudolf Eucken (1846 – 1926) prägte 1915 den Begriff und propagierte einen nach-kantianischen „neuen Idealismus“. Er bezeichnete ihn auch als „schöpferischen Aktivismus“ (ab 1907, Aktivierung der gemeinsamen schöpferischen Kraft aller Menschen). Der Begriff erfuhr bald eine Wandlung und wird verwendet als Bezeichnung für politisches Handeln.

Ende der 1960er und in den 1970er Jahren entstanden mit den ‚neuen sozialen Bewegungen‚ (Frauenbewegung, Schwulenbewegung, Umweltbewegung) vielfältige Formen von Aktivismus. Sie waren oft gekennzeichnet von einer Kombination aus dem Übernehmen als wirksam etablierter Strategien der Organisation und neuen offenen, demokratischen Handlungsformen.

Auf konkrete Missstände und Defizite hinweisen, auf konkrete Veränderung bestehender Verhältnisse hinwirken, mit diesen Anliegen ist Aktivismus eine Form politisches Handelns. Michel Foucault beschäftigte sich intensiv mit dem Machtbegriff und der Analyse von Machtverhältnissen. Er zeigt bei der Frage des politischen Handelns, des Infragestellens vorhandener Machtverhältnisse auf die (seiner Ansicht nach den Machtverhältnissen bereits innewohnenden, „wesenhafter Antagonismus„) Handlungsmöglichkeiten der „widerspenstigen Freiheit„, die Machtbeziehungen ändert.

Foucault sieht Kritik als Mittel, sich von der Macht eines anderen zu befreien und sich frei in Bezug auf eine Sache zu verhalten.

„Aber zugleich muß die Freiheit sich einer Machtausübung widersetzen,
die die letztlich danach trachtet, vollständig über sie zu bestimmen.“


Michel Foucault, Subjekt und Macht, S. 287


Hannah Arendt beschreibt den in ihrem handlungs-orientiertes Politikverständnis wesentlichen Begriff ‚ziviler Ungehorsam‚:

„wenn eine Reihe von Menschen in ihrem Gewissen übereinstimmen und sich diese Verweigerer entschließen, an die Öffentlichkeit zu gehen und sich Gehör zu verschaffen.“

Hannah Arendt, Rede ‚Ziviler Ungehorsam‘, S. 71


Einer der Väter der ‘gewaltfreien Aktion’ als Form politischen Engagements ist der amerikanische Politikwissenschaftler Gene Sharp. Macht ist Sharp zufolge das Ergebnis einer Übereinkunft. Ausüben von Macht setzt das stillschweigende Zustimmen der (oft ‘schweigenden’) Mehrheit voraus.

Wer nicht mehr schweigt, bekommt Werkzeuge in die Hand, Gesellschaft so zu gestalten, dass sie im Interesse der Menschen ist. Mittel der Wahl dazu ist Sharp zufolge die ‘gewaltfreie Aktion’ (Gewaltfreiheit war später auch eines der wesentlichen Merkmale der Aids-Aktionsgruppen ACT UP).

Knut Cordsen setzt den Aktivismus der Gegenwart – von »Fridays for Future« bis zu Greenpeace im Außenministerium – in einen historischen Kontext. Sein Buch ist reich an Lehren, die Aktivist:innen aus ihrer gut 100-jährigen Geschichte ziehen sollten. Dabei wird deutlich, wo Aktivismus in seiner Kultur der Anklage auch über Ziele hinausschießt und das selbst niemals wahrnimmt. Am spannendsten am Beispiel der Twittersphere zeigt Cordsen die blinden Flecken von Aktivisten und Aktivistinnen, ihre Selbstgerechtigkeiten und seziert die Mechanismen sich selbst verstärkender Systeme (Filter Bubbles).

Literatur:

Die Weltverbesserer: Wie viel Aktivismus verträgt unsere Gesellschaft?
Die Weltverbesserer: Wie viel Aktivismus verträgt unsere Gesellschaft?
von Knut Cordsen

Samstag, 5. November 2022

Musk Absolutist der freien Rede

Elon Musk Twitter

Kürzlich bezeichnete sich Musk als »Absolutist der freien Rede« - also ein Monarch auf dem Meinungsthron. Ist das Selfmade-Ich Elon Musk gar ein »Fichtianer«, wenn er die freie Rede verabsolutieren muss? - Freie Rede bedeute, dass »jemand, den man nicht mag, etwas sagen kann, das man nicht mag«. Und dies sollte auch im Leitmedium des digitalen Zeitalters möglich sein, also auf Twitter.

Elon Musk will also den politischen Dialog ausgerechent durch Twitter wieder auf gesundere Beine stellen. Das wäre mindestens so verdienstvoll wie die Neuerfindung des Elektroautos oder seine unternehmerischen Pioniertaten im Weltraum.

Musk betont, daß er mit dem Kauf von Twitter politische Ziele verfolge. Er will sich zum ersten Kaiser des neuen Amerikanischen Imperiums ausrufen lassen.Man kann sich nicht vorstellen, daß Elon Musk anders sein soll als alle anderen Globalisten auch. Was zählt ist Geld und Macht und nichts anderes.

Johann Gottlieb Fichte (1762 - 1814) wusste über das Recht der freien Rede in seiner »Rede« kundig vorzutragen:


»Da jedoch dieses Recht des freien Mittheilens sich auf kein Gebot, sondern bloss auf eine Erlaubniss des Sittengesetzes gründet, und demnach, an sich betrachtet, nicht unveräusserlich ist; da ferner zur Möglichkeit der Ausübung desselben die Einwilligung des Anderen, sein Annehmen meiner Gaben, erfordert wird: so ist es an sich wohl denkbar, dass die Gesellschaft einmal für alle diese Einwilligung aufgehoben, dass sie sich von jedem Mitgliede beim Eintritt in dieselbe hätte versprechen lassen, seine Ueberzeugungen überhaupt niemandem bedankt zu machen.«


Die freie Rede im Internet kann auch eine Illusion sein, die viel Geld kostet und nichts einbringt.
Ob die Rechnung von Musk aufgeht, wird sich in der Zukunft zeigen.

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Montag, 19. September 2022

Nationalstolz von Arthur Schopenhauer


»Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein. Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen.«

Quelle:

»Parerga und Paralipomena, Aphorismen zur Lebensweisheit«, Von dem was einer vorstellt. pp. 360

Samstag, 17. September 2022

Religionen als menschengemachte Fallen

Die philosophische Hintertreppe: 34 großen Philosophen in Alltag und Denken
Die philosophische Hintertreppe:
34 großen Philosophen in Alltag und Denken

Der ehemalige Professor für Philosophie Wilhelm Weischedel (1905 - 1975), der an der Universität Tübingen und später an der FU in Berlin unterrichtete, bietet mit seiner "Philosophischen Hintertreppe" einen ungewöhnlichen Zugang zu den Werken der bekanntesten Philosophen des Abendlandes.

Statt staubtrockene Einführungen, plagiatorische Zusammenfassungen oder anbiederisch kommentierende Interpretatiönchen zu den Schriften der großen Denker zu verfassen, erstellte er lieber eine leserfreundliche Sammelung anekdotischer Daten oder witziger Merkwürdigkeiten des Privatlebens neben den monumentalen Thesen der Seinsdeutung der Herren Kant und Co. zusammen. Das Ergebnis ist ein unterhaltsames, mitunter sogar launiges Buch, das zugleich als leichte und dennoch gute Einführung in das Werk jener systematisch das vernommene Sein Deutenden dienen kann.

Religionen sind menschengemachte Fallen. Ein wahrer, wacher Philosoph darf da nicht hineintappen aus einer zwar menschlich verständlichen, aber einem freien Geist nicht zuträglichen Bedürftigkeit nach fragwürdigem Halt. Wilhelm Weischedel ergänzt das noch:"Aufgabe der Philosophie ist es, dafür zu sorgen, daß das Denken der Falle entgeht, die ihm die Sprache stellt".


Literatur:

Die philosophische Hintertreppe: 34 großen Philosophen in Alltag und Denken
Die philosophische Hintertreppe: 34 großen Philosophen in Alltag und Denken
von Wilhelm Weischedel

Samstag, 6. August 2022

Die grosse Sehnsucht nach dem Süden

Cinque Terre


Im Sommer gibt es eine unzähmbare Sehnsucht nach dem Süden. Sehnsuchtsort ist das Mittelmeer. Der Süden ist mehr als nur ein Reiseziel - er ist eine große Versprechung, denn er lockt mit Sonne, Strand und Dolce Vita: der Süden lässt den Besucher auf den Geschmack und in vielerlei Genüsse kommen, welche alle Sinne ansprechen und betören. Kein Wunder also, daß die Urlauber - von der Sehnsucht getrieben - sich im Sommer aufmachen und nach Süden in ihre Sehnsuchtsorte reisen. Schon Goethe fuhr los, um das Land der blühenden Zitronen zu genießen.

Johann Wolfgang von Goethe

Johann Wolfgang Goethe reiste noch nach alter Sitte mit der Postkutsche an, um blühende Zitronen zu suchen, Heinrich Heine ließ als Reisezweck Vergnügen in seinen Pass eintragen, als er 1828 nach Italien fuhr. Jedes Jahr aufs Neue überkommt die Deutschen der Drang nach dem Mittelmeer vor allem dann, wenn der Sommer zu Hause auf sich warten lässt.

Wen die Sehnsucht nach dem Paradies packt und wer von ihr getrieben ist, für den ist die Zeit des Aufbruchs gekommen. Der Süden ist eine Gegend, die alle Sinne anspricht, daher das viele Reisen in diese Richtung. Das milde Licht, die wilden Strände, die üppige Natur und die duftenden Köstlichkeiten der mediterranen Küche entwickeln einen Sog, dem sich kaum jemand entziehen kann.

Philosophen und Wissenschaftler haben dieses Phänomen untersucht und sind sich einig: Das Paradies liegt im Süden. Jeder mag dort sein eigenes Paradies in seiner Vorstellung finden: Die einen glauben an die Kraft der Sonne, die einen besser macht, die anderen an die andere Lebensart - das ansteckende Laissez faire - der Südländer und ihre Gastfreundschaft. Einge finden dort tatsächlich ihre Paradies, die anderen einfach einen Ort zum Entspannen und Urlaub machen. Wer die Seele baumeln lassen möchte, ist im Süden genau richtig.

Über den Zusammenhang von Temperatur und Temperament, zwischen Kultur und Klima haben die Philosophen schon seit Jahrhunderten nachgedacht. Sie kamen dabei immer zu dem gleichen Ergebnis: Im Süden ist es schöner. Und weil es im Süden schöner ist, reisen Urlauber nur zu gerne hin.

Schon Friedrich Nietzsche fand heraus: "Das deutsche Klima allein ist ausreichend, um starke und selbst heroiich angelegte Eingeweide zu entmutigen." Denn das Tempo des Stoffwechsels stünde, so meinte er, "in einem genauen Verhältnis zur Beweglichkeit oder Lahmheit des Geistes." - Auch Montesquieu, der französische Staatstheoretiker, lag ganz auf Nietzsches Linie. Der Genießer ging davon aus, dass ein Wandel des Wetters verwandelte Menschen schafft: "In den heißen Ländern ist Hautgewebe lockerer, Nervenenden sind nach außen gewandt und der leisteste Regung winzigster Objekte ausgesetzt."

Deshalb herrscht dort die wahre Sinnlichkeit: "In den kalten Ländern wird die Genussfähigkeit für Vergnügungen gering sein. In den heißen Ländern wird sie äußerst groß sein. Man könnte das Klima, ebenso wie man es nach Breitengraden misst, gewissermaßen nach Graden der Genussfähigkeit messen." Montesquieu beschrieb also den besonderen Reiz der Sinnlichkeit im Süden. Wer will bei dieser Aussicht schon im Norden bleiben?

"Im Regen", schrieb der Nobelpreisträger Elias Canetti, "sehen die Menschen aus, als hätten sie viel vor. In der Sonne sehen die Menschen aus, als verdienten sie es zu leben."

Weblinks:

Sehnsucht nach dem Süden - www.focus.de

Literatur:

Der Süden - Geschichte einer Himmelsrichtung
Der Süden - Geschichte einer Himmelsrichtung
von Dieter Richter

Die grosse Sehnsucht nach dem Süden
Die grosse Sehnsucht nach dem Süden
von Joachim Weiser

Samstag, 26. Februar 2022

Der Zynismus sieht die Welt so, wie sie ist.

Kritik der zynischen Vernunft

Der Zynismus sieht die Welt so, wie sie ist.

»Zynismus ist der geglückte Versuch,
die Welt so zu sehen, wie sie ist.«

Jean Genet

Der Zynismus ist immer auch ein Spiegel der Gesellschaft. Krankt die Gesellschaft, wo wird sie zynisch.

»Intelligent sein und dennoch seine Arbeit verrichten – das ist unglückliches Bewusstsein in der modernen, aufklärungskranken Form.«


Gottfried Benn

Eine Gesellschaft erkrankt, wenn dem um sich greifenden Zynismus kein Einhalt geboten wird. Zynische Denkhaltung ist eine in Politik und Wirtschaft weit verbreitete Einstellung, die auf Gehorsam und Loyalität gründet. Zynische Denkstrukturen bestimmen die Gesellschaft. Und der wirklich versierte Zyniker trägt bei seinem - im praktischen Handeln angelegten - gepflegten Zynismus natürlich ein Siegerlächeln im Gesicht. Der neue Zyniker ist nach Peter Sloterdijk derjenige, der eine Machtposition innehat: »Dem diffusen Zynismus gehören längst die Schlüsselstellungen der Gesellschaft in Vorständen, Parlamenten, Aufsichtsräten, Betriebsführungen, Lektoraten, Praxen, Fakultäten, Kanzleien und Redaktionen.“ (S. 37). Er erinnert daran, wie Gottfried Benn, „selber einer der profilierten Sprecher der modernen zynischen Struktur“ in dieser formuliert hat: »Dumm sein und Arbeit haben, das ist das Glück.«

Natürlich gibt es auch eine Umkehrung diseer Medaille - soz. als genauer analoger Spiegeleffekt! Was in der Umkehrung eben heißt: »Intelligent sein und dennoch seine Arbeit verrichten – das ist unglückliches Bewusstsein in der modernen, aufklärungskranken Form« (S. 40). Dabei steht einem Zynismus der Mittel ein Moralismus der Zwecke gegenüber: Um moralisch hohe Ziele zu erreichen, kann man jedes, auch das tückischste Mittel einsetzen. Und genau so hat ja seit jeher die Macht, um ihre moralisch und demokratisch maskierten Zwecke zu erreichen, auch nie gezögert, unschuldige Opfer niederzumachen.

Samstag, 12. Februar 2022

Olympische Spiele stecken in einer Krise

Olympische Spiele stecken in einer Krise


Bei den Olympischen Spielen wird der olympische Geist beschworen, doch den Olympischen Spielen mangelt es an Ethos: Korruption, Dopingskandale, Kommerzialisierung, politische Einflussnahme: Die Olympische Bewegung steckt in einer fundamentalen Krise. Sie ist in großen Teilen selbst verschuldet. Die Olympischen Spiele sind zu einer Kommerzveranstaltung verkommen. Der Einfluß des Geldes wird besonders bei der herrschenden Korruption sichtbar.

Der Weltgeist zeigt sich mal wieder von seiner ironischen Seite: Ausgerechnet „Friede und Gedeihen“ heißt der Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2018, Pyeongchang, wörtlich übersetzt. Nichts liegt näher an den Idealen der olympischen Bewegung als Friede und Gedeihen. Nichts liegt in der olympischen Wirklichkeit aber ferner als dieses Begriffspaar. Friede ist weder innerhalb noch außerhalb der olympischen Gemeinde in Sicht. Gedeihen trifft es allenfalls dann, wenn man die überbordende Kommerzialisierung positiv sieht.

Die Olympische Idee hat durch fortlaufende Korruption, Dopingskandale, Kommerzialisierung, politische Einflussnahme Schaden genommen und enorm gelitten. Die Diskrepanz zwischen Idee und Realität lässt sich beliebig fortführen. Etwa mit dem scheinheiligen Kampf des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gegen Doping, wie der Umgang mit dem russischen Betrug bei den Winterspielen in Sotschi 2014 deutlich gezeigt hat.

Hinzu kommt noch eine weitere negative Begleiterscheinung: Viele Wintersport-Traditionsorte wie Oslo und München können keine Winterspiele mehr ausrichten, weil massive Bürgerproteste aus Angst vor negativen ökologischen Folgen die Ausrichtung der Spiele verhindert haben.


Weblinks:

Olympische Krise: Missbrauchte Spiele - www.stuttgarter-zeitung.de

Olympische Spiele stecken in einer Krise - www.rp-online.de

Samstag, 31. Juli 2021

Jean-Jacques Rousseau und die Freiheit in der Krise



In Corona-Zeiten wird die Freiheit im Hinblick auf die Gewährung von Rechten neu verhandelt. In der Krise sind ganz neuze Formen der Freiheit entstanden. Die Freiheit der bereits Geimpften, die Freiheit der Nichtgeimpften und der Impfunwilligen, sich nicht Impfen zu lassen.

In Debatten über das Corona-Virus werden der Erhalt der Gesundheit von möglichst vielen Menschen und die Freiheit des Einzelnen häufig als diametrale Gegensätze dargestellt. Nur Einschränkungen und Verbote könnten die Verbreitung der Krankheit aufhalten. Vor diesem Hintergrund wird nun selbst die Pflicht zum Tragen eines Mundschutzes im öffentlichen Raum, die in Deutschland ab diesem Montag gilt, von vielen als weiterer Eingriff in ihre Rechte verstanden - die nächste Stufe der staatlich verordneten Restriktionen.

Wie kann ich diese am besten schützen? Da die Pandemie noch lange nicht vorbei ist, muss der Schutz der Mitmenschen auf absehbare Zeit all unser Handeln prägen, wenn wir wieder miteinander in Kontakt treten.

Das eine ist der zwingende Abstand von zwei Metern zu allen anderen. Das andere ist das unbedingte Tragen einer Maske. Untersuchungen haben gezeigt, dass eine einfache Maske nicht viel dazu beiträgt, eine Person vor einer Ansteckung zu schützen, aber sie kann wirksam verhindern, dass jemand andere ansteckt. Effektiver Schtuz funktioniert nur wechselseitig: Eine Person schützt andere im täglichen Leben und andere wiederum schützen diese vor ihnen.

Damit der Herden-Schutz jedoch funktioniert, müssen alle mitmachen und genau hier kommt Rousseau ins Spiel. Im »Gesellschaftsvertrag«, dem »Contrat social«, seiner monumentalen Abhandlung aus dem Jahr 1762, legte der Philosoph dar, wie der einzelne einen "Souverän" legitimiert, der dann den allgemeinen Willen als Gemeinwohl durchsetzt. Aber, wie Rousseau einräumt, kann das individuelle Eigeninteresse ein ganz anders sein, als das Interesse der Gemeinschaft.

Diese individuellen Eigeninteressen sind wohl besonders hoch in Deutschland, das bisher von den hohen Opferzahlen anderer Nationen verschont geblieben ist. Viele glauben daher, das Schlimmste sei vorbei, und wollen wieder ihr altes Leben zurück. Oder sie glauben, alles sei unter Kontrolle und lassen deshalb alle Vorsicht fahren. Dort, wo ich lebe, legen die Massen von Menschen unterwegs mit unbedeckten Gesichtern, diesen Schluss jedenfalls nahe.

Regeln müssen durchgesetzt werden. Oder, um es mit Rousseaus Worten zu sagen: Wir müssen zum Gehorsam gezwungen werden, denn dies "bedeutet nichts weniger, als dass jeder Einzelne gezwungen wird, frei zu sein". Seiner Meinung nach erhöhen die von allen eingehaltenen Regeln unsere Freiheit, da sie uns vor "persönlicher Abhängigkeit" schützen. Ob nun mit mündlichen Ermahnungen, Platzverweisen oder sogar Geldstrafen - die Einschränkungen dieser nächsten Phase im Kampf gegen das Coronavirus müssen von allen eingehalten werden. Nur dann können sie jeden Menschen davor schützen, dass sein individuelles Recht - einschließlich des Rechts, von einem anderen nicht verletzt zu werden - durch die Launen eines anderen verletzt wird. Die erzwungenen Einschränkungen für alle maximieren die Rechte jedes Einzelnen in der Gesellschaft.

Samstag, 12. Juni 2021

»Theorie des kommunikativen Handelns« von Jürgen Habermas

Theorie des kommunikativen Handelns
Theorie des kommunikativen Handelns

Die Theorie des kommunikativen Handelns, das Hauptwerk von Jürgen Habermas, thematisiert die praktische und theoriekritische Bedeutung des kommunikativen Handelns für das soziale Leben der (post-)modernen Gesellschaft. Das 1981 erstmals veröffentlichte Werk setzt zunächst bei mythischen Weltbildern an, problematisiert das Sinnverstehen und untersucht Formen der Rationalisierung.

Das umfangreiche Werk enthält mit starken Bezügen auf Talcott Parsons, Thomas A. McCarthy und Niklas Luhmann eine geltungskritische Interpretation moderner Kommunikationstheorie, legt mit mehrfachen Bezügen auf Immanuel Kant, Georg W. F. Hegel und Ludwig Wittgenstein die begründende Funktion der kommunikativen Vernunft dar.


"Zwischen Kapitalismus und Demokratie besteht 
ein unauflösliches Spannungsverhältnis; 
mit beiden konkurrieren nämlich zwei entgegengesetzte 
Prinzipien der gesellschaftlichen Integration um den Vorrang."

Theorie des kommunikativen Handelns


Mit der Theorie des kommunikativen Handelns hat Jürgen Habermas den imposanten Versuch unternommen, die kritische Gesellschaftstheorie neu zu begründen. Vom Ziel der Emanzipation geleitet, will Habermas ihre normativen Grundlagen deutlicher herausarbeiten, als es die frühen Vertreter der Kritischen Theorie (v.a. Theodor W. R Adorno und Max R Horkheimer) vermochten bzw. als sie es sich wegen ihres tiefen Pessimismus noch zutrauen wollten. Diese normativen Grundlagen eines »nachmetaphysischen Zeitalters« findet Habermas in der Sprache, in den Grundvoraussetzungen und Implikationen kommunikativen Handelns.

Zwei Bände beinhalten auf weit über 1.000 Seiten kritische Auseinandersetzungen mit den Problemen u. a. der Rationalität, der Modernisierung sowie der Handlungs- und Systemtheorie. Habermas entwickelt seine eigene Theorie in kritischer Auseinandersetzung mit einigen Klassikern der Soziologie, u. a. Max Weber, George Herbert Mead (1863–1931) und Talcott Parsons (1902–79). Auf diesem Weg systematisiert er das kommunikative Handeln durch eine Universalpragmatik, die über jene Regeln und Voraussetzungen belehrt, die wir beim Sprechen automatisch und immer befolgen.

Wenn wir uns mit anderen verständigen wollen, so greifen wir auf einen vertrauten Hintergrund und Erfahrungsschatz zurück, den wir in der sog. Lebenswelt erlernt und eingeübt haben. Als wichtige Unterscheidung bestimmt Habermas die zwischen strategischem und echtem kommunikativen Handeln: das erste dient der Durchsetzung egoistischer Interessen und der Beeinflussung anderer und ist erfolgsorientiert; das zweite ist verständigungsorientiert und weiß sich den Ansprüchen auf Wahrheit, Richtigkeit und Wahrhaftigkeit verpflichtet.

Habermas bringt diese Sprechakttheorie mit einer Theorie moderner Gesellschaften zusammen. Die moderne Gesellschaft ist u. a. dadurch gekennzeichnet, dass sich in ihr Systeme ausdifferenzieren, die durch entsprachlichte Medien wie Geld und Macht gesteuert werden, was ihre Effizienz enorm erhöht. Die Gesellschaft bleibt gleichwohl auf die Reproduktionsprozesse der Lebenswelt angewiesen.

Wird die Lebenswelt durch die systemischen Medien zu stark beeinflusst (»kolonialisiert«), z. B in Gestalt von Verrechtlichungstendenzen, dann droht die kommunikativ strukturierte Lebenswelt samt ihres aufklärerischen, demokratischen und menschlichen Potenzials gleichsam zu verdorren. Aufgabe kritischer Gesellschaftstheorie muss es sein, solche Prozesse kenntlich zu machen und zu kritisieren.

Weblink:

Theorie des kommunikativen Handelns
Theorie des kommunikativen Handelns
von Jürgen Habermas

Samstag, 15. Mai 2021

Wird die freiheitliche westliche Gesellschaft überleben?

Das Glücksversprechen des Westens ist das Geschenk der Freiheit. Die größte Leistung der freien Gesellschaften des Westens und der westlichen Moderne besteht darin, dass Menschen ihr Leben frei nach bestem Wissen und Gewissen gestalten können und ihnen ein breites Spektrum von Lebensformen zur Verfügung steht.

Dies bedeutet aber auch, die Menschen existentielle Fragen selbst beantworten, ihrem Leben selbst einen Sinn geben und ihre Identität selbst finden müssen. Dies setzt Ausdauer, Mut und Anstrengungen voraus – und selbst dann ist der Erfolg nicht garantiert. Das wird von Vielen als bedrohlich empfunden; sie flüchten sich in kollektive Identitäten wie dem fundamentalistischen Islam oder sie verlieren sich in sinnlosem Konsum.

Zur Einlösung des Glücksversprechens gehört, daß der Einzelne diese Freiheit auch wertschätzt. Wo diese Wertschätzung nicht stattfindet, führt diese häufig zur Ablehnung der Gesellschaft. Dies führt zu der Frage, ob angesichts der Radikalisierung vieler Muslime und des Aufstiegs der radikalen Rechten die Bürger der westlichen Welt realisieren, dass sie in einem politischen und gesellschaftlichen System leben, für dessen Erhalt sie kämpfen müssten.

Die westliche Gesellschaft wird allerdings kaum überleben, wenn die Bevölkerung des Westens die persönliche Freiheit nicht wertschätzt und sie verteidigt. Diese Wertschätzung wird jedoch durch die nicht einlösbaren Glücksversprechen der Wohlstandsgesellschaft unterminiert und durch fundamentalistische Bewegungen aller Art bedroht wird. Stengers Narrativ läßt wenig Raum für eine optimistische Prognose über die Zukunft des Westens.

Samstag, 27. Februar 2021

»Eine Theorie der Gerechtigkeit« von John Rawls

Eine Theorie der Gerechtigkeit


Eine Theorie der Gerechtigkeit


John Rawls Hauptwerk "Eine Theorie der Gerechtigkeit" ist zweifellos ein Klassiker der praktischen Philosophie. Auf der Grundlage der klassischen Vertragstheorie - mit allerlei Rückgriffen auf Kant, Locke und Rousseau - entwickelt Rawls entlang der Grundgedanken der Entscheidungs- und Spieltheorie eine moderne Konzeption der Gerechtigkeit und damit der gesellschaftlichen Institutionen insgesamt. Das Werk gilt als das Standardwerk der Gerechtigkeitsforschung des 20. Jahrhunderts, auf das sich alle weiteren Entwicklungen zum Thema Gerechtigkeit im 20. Und 21. Jahrhundert beziehen.

Es gilt als Verdienst von John Rawls, dass er der klassischen politischen Theorie, in denen die Klassiker von Platon und Aristoteles nach wie vor eine dominante Rolle einnehmen, eine Wiederbelebung in der Moderne verpasst hat. Mit seiner Theorie der Gerechtigkeit gelang ihm eine Symbiose von liberalem und sozialem Denken – oder einfacher ausgedrückt von „linkem“ und „rechtem“ Gedankengut.

Denn seine Argumentation, die er in seinen bekannten zwei Gerechtigkeitsgrundsätzen zusammenfasst, zielt sowohl auf eine möglichst große Zahl von Grundrechten und trägt somit dem liberalen Denken Rechnung als auch auf die soziale Gerechtigkeit, insofern er soziale Ungleichheiten im Staat nur dann für gerechtfertigt hält, wenn sie den sozial Schwachen zugutekommen. Zur Begründung seiner Grundsätze benutzt er ein fiktives Szenario, das er Urzustand nennt. In diesem beraten Protagonisten über das Modell eines künftiges Staates, ohne ihre soziale Rolle und ihre Fähigkeiten in diesem zu kennen. Sie beraten unter dem sog. „Schleier des Nichtwissens“.

Seine politischen Vorstellungen kommen im Ganzen sehr idealistisch daher, denn es scheint klar zu sein, dass eine größtmögliche Anzahl von Freiheits- und Grundrechten leider nur dann möglich ist, wenn bestimmte andere Freiheiten eingeschränkt werden. Völlige Freiheit würde Anarchie bedeuten, das wäre dann aber überhaupt kein Staat mehr und wohl auch nicht mehr im Sinne von Rawls. Gerechtigkeit und liberales Denken stehen demnach in einem gewissen Spannungsverhältnis, da eine wirklich liberale Gesellschaft – gemäß ihrer Überzeugung – auch gewisse Abweichungen vom Recht bzw. der Gerechtigkeit in Kauf nehmen sollte.

Auch die Forderung nach Verteilungsgerechtigkeit aus dem zweiten Grundsatz scheint insofern schwierig zu sein, da es schwer zu bemessen ist, wann soziale Ungleichheiten den sozial Schwachen auch nützen und ob eine derartige Regel überhaupt mit den vorherrschenden gesellschaftlichen Kräften durchsetzbar wäre. Daneben schweift Rawls auch noch in den Bereich der Ethik ab. Der gute Mensch ist für ihn gemäß seiner politischen Philosophie der „gerechte“ Mensch, der sich um der Gerechtigkeit willen für die beiden Gerechtigkeitsgrundsätze von Rawls - hier betreibt Rawls Werbung in eigener Sache - entscheiden würde, um somit eine liberale und zugleich soziale Gesellschaft zu ermöglichen. Die Theorie der Gerechtigkeit ist ein eindrucksvolles Plädoyer für eine liberal-soziale Gesellschaft – obgleich von hohem Idealismus getragen.

Wer sich für die egalitäre Gesellschaftstheorie interessiert, kommt an diesem Werk nicht vorbei. Der detaillierte Aufbau seiner "Theorie der Gerechtigkeit" lässt Rawls zu Recht als einen hervoragenden Denker und Theoretiker verstehen. Die Kritik seitens der Libertärianer, insbesondere Nozicks mögen für Manchen von Relevanz sein, sprechen aber dieser Gesellschaftstheorie, im Sinne einer Vertragstheorie nicht die Bedeutung für eine gerechtere Gesellschaft ab.

Rawls "Theorie der Gerechtigkeit" besagt, daß in einem Urzustand der menschlichen Gesellschaft zwei Grundsätze aufgestellt würden: Die Gleichheit der Grundrechte und -pflichten und der Grundsatz, daß soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten nur dann gerecht sind, wenn sich aus ihnen Vorteile für jedermann ergeben. Bestehende Ungerechtigkeiten sind dann noch sinvoll, wenn die Verteilung immer noch besser ist, wenn auch noch der schwächste der Gesellschaft davon profitiert.

Arg verkürzt lässt sich dies auf die Formel herunterbrechen: "Eine Gesellschaft ist dann gerecht, wenn es dem am schlechtesten Gestellten am besten geht (im Vergleich zu allen anderen möglichen Welten)." Damit stellt sich Rawls der Auffassung des klassischen Utilitarismus entgegen, wonach der höchste Grad an Gerechtigkeit erreicht wäre, wenn die größte Anzahl von Individuen das größtmögliche Maß an Glück erzielte.

"Die Grundlagen der Gerechtigkeit werden hinter dem Schleier des Nichtwissens gewählt."



Literatur:

Eine Theorie der Gerechtigkeit
Eine Theorie der Gerechtigkeit
von John Rawls


Video:

John Rawls' geniale Theorie der Gerechtigkeit einfach erklärt - Youtube

Samstag, 2. Januar 2021

Die gesellschaftliche Bedeutung der Philosophie (E)


Die Philosophie sieht sich in Zeiten einer sich rasant verändernden Welt in der Verantworung, Beiträge für die notwendige Gestaltung der Gesellschaft zu liefern. Es gibt eine Einsicht: Nur ein verantwortungsvoller Umgang mit der Welt kann die Welt noch retten.

Es ist die Aufgabe der Philosophie, durch gedanklich Auseindersetzung mit den relevanten Themen der Zeit Diskurse anzustoßen und gesellschaftliche Debatten zu entfachen

Demokratie braucht die Möglichkeit zur Diskussion, denn dort wo diskutiert wird, können im Wettstreit der Ideen bessere Lösungen gefunden werden. Die Debatte ist die Grundlage für eine Diskussion über relevante Themen. Dort, wo keine Debatte geführt wird, gibt es keine Diskussion über notwendige Veränderungen

Die Philosophie sieht sich nicht in der Verantwortung, notwendige Debatten zur aktuellen Themen wie Klimaschutz, Energiewende, etc. anzustoßen, um einen Konsons für die notwendige Umgestaltung zu finden.

Für eine Debatte ist eine kritische Reflektion der Gesellschaft nötig.

Samstag, 28. November 2020

Friedrich Engels 200. Geburtstag

Friedrich Engels

Friedrich Engels wurde vor 200 Jahren am 28. November 1820 in Barmen in der preußischen Provinz Jülich-Kleve-Berg als Sohn eines erfolgreichen Baumwollfabrikanten geboren. Friedrich Engels war ein deutscher Philosoph, Gesellschaftstheoretiker, Historiker, Journalist und kommunistischer Revolutionär. Darüber hinaus war er ein erfolgreicher Unternehmer in der Textilindustrie. Er entwickelte gemeinsam mit Karl Marx die heute als Marxismus bezeichnete Gesellschafts- und Wirtschaftstheorie.

Trotz seiner Herkunft aus einer Unternehmerfamilie, entschied er sich, für eine andere Gesellschaft zu kämpfen, in welcher der Mensch von der Ausbeutung befreit ist. Gemeinsam mit seinem jahrelangen Freund und Genossen Karl Marx entwickelte er die marxistische Gesellschafts- und Wirtschaftstheorie. Als Mitverfasser vom »Kommunistischen Manifest« und Autor zahlreicher revolutionärer Schriften leistete er eine enorme Arbeit für den Sozialismus und verurteilte bis zu seinem Lebensende die kapitalistische Gesellschaft.

Engels beschäftigte sich schon vor Marx mit der Kritik der politischen Ökonomie. Die 1844 erschienenen Umrisse zu einer Kritik der Nationalökonomie wurden für Marx zum Ausgangspunkt seiner eigenen Arbeiten. Bereits 1845 erschien die gemeinsame Schrift Die heilige Familie, mit der Engels und Marx begannen, ihr Theorieverständnis zu formulieren. Im Jahr 1848 verfassten sie im Auftrag des Bundes der Kommunisten das »Kommunistische Manifest«.


Mit seiner einflussreichen Untersuchung »Die Lage der arbeitenden Klasse in England« (1845) gehörte Engels zu den Pionieren der empirischen Soziologie. Seine publizistische Tätigkeit trug wesentlich zur Verbreitung des Marxismus bei. Neben dem »Anti-Dühring« (1877) erfuhr vor allem die Kurzfassung »Die Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft« (1880) starke Resonanz.

Karl Marx

Nach dem Tod von Marx übernahm Engels die führende Rolle in der internationalen Arbeiterbewegung. Nach Marx’ Tod 1883 gab Engels den zweiten und den dritten Band von dessen Hauptwerk, »Das Kapital. Kritik der politischen Ökonomie«, heraus. Darüber hinaus setzte er die Arbeit an der theoretischen Ausformung ihrer gemeinsamen Weltanschauung fort, unter anderem in »Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats« (1884) und »Ludwig Feuerbach und der Ausgang der klassischen deutschen Philosophie« (1888).

Neben seinen ökonomischen und philosophischen Studien befasste sich Engels auch intensiv mit der Entwicklung der Naturwissenschaften und der Mathematik und schuf damit den Grundstein für den späteren dialektischen Materialismus. Engels leistete eine enorme Arbeit für den Sozialismus und verurteilte bis zu seinem Lebensende die kapitalistische Gesellschaft.

Die Gefahr eines Weltkriegs in Europa sah er deutlich voraus und versuchte noch 1893 mit einer Artikelserie im Vorwärts einen Anstoß zur Reduzierung der stehenden Heere zu geben. Friedrich Engels starb am 5. August 1895 in London.

Videos:

Friedrich Engels - Der vergessene Wuppertaler - YouTube

Friedrich Engels. Grundsätze des Kommunismus. 1847 - Youtube


Samstag, 21. November 2020

Der alte dogmatische Glaube ist tot


Der alte bekannte überlieferte und eingeprägte Gott der Christen, etwa die Trinität, Jesus als Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinweg nimmt, nicht mehr lebendig ist und nicht mehr innerlich verehrt und akzeptiert wird. Darüber gibt es eigentlich keine Diskussion, das ist auch empirisch erwiesen: Der alte dogmatische Glaube, der zum Dogma erstarrte Glaube, ist tot. Dogmen sind bei den Menschen nicht mehr gefragt. Jeder macht sich seine persönliche „Glaubensmelange“.

Man werfe heute nur ein Blick in die Kirchen am Sonntag: der Gottesdienst-Besuch lässt in ganz Europa ständig nach. In manchen Ländern geht er gegen Null. Die dort verbreiteten Gotteslehren und oft auch in eins mit Morallehren sind nicht mehr nachvollziehbar. Das Mönchleben und die Orden sterben aus. Große Begeisterung, Pfarrer zu werden, ist kaum zu spüren, viele theologische Fakultäten stehen etwa in Deutschland vor der Schließung.

In früheren christlichen Zeiten galt ein ohne Glaube geführtes Leben als sinnlos und ohne Gott als Sünde. Heute ist Gott in den Herzen der Menschen nicht mehr lebendig.

Alle Religionen, die es nicht mehr gibt, wurden von den guten Religionen , entweder missioniert oder massakriert. z.B. im Fall von den Maya wurden sie von den Christen massakriert oder missioniert , weil der christliche Gott natürlich besser ist. Das ist das Grundmerkmal einer guten Religion, daß der liebe Gott nicht nur barmherzig , sondern auch besser bewaffnet ist.

Woran kann man überhaupt noch glauben? Wir brauchen den Glauben weil er uns tröstet, im Angesicht unserer Sterblichkeit und weil die Welt schlecht ist. Das ist ja für viele die höchste göttlich Wahrheit. Das stimmt nicht. Das ist ein Irrglaube. Dieser Irrglaube hat die größte Glaubensgemeinschaft in Deutschland. Der Orden der Jammerlappen.

Die Welt ist besser als wir glauben, aber wir kriegen das nicht mit, weil sich unser Glauben nicht an Fakten orientiert sondern an dem was man so erzählt. Deshalb sind wir so empfindlich wenn jemand an unserem Glauben zweifelt, weil damit unser Weltbild zerstört wird. Was Nietzsche empört hatte war, dass alle so weiter machen und weiter leben wie bisher, als sei dieser Gott gerade nicht tot. Sie flüchten in den Schein und den Selbstbetrug.

Aber dieser verstorbene Gott war früher sozusagen der oberste Garant einer Werte – Ordnung: „Für Gott und Vaterland“, man erinnert sich an den Spruch; Gott ist die oberste Wahrheit; alles Erkennen geschieht in göttlichem Licht; Gott ist der Schöpfer der Welt usw.

Wenn dieser Gott der obersten Werte und vertrauten Weltbilder tot ist, dann bricht eine Welt zusammen. Dann wird den Menschen der Boden entzogen. Der antike Philosoph Plotin lehrte, daß die Welt nicht verachtet werden darf, weil Gott in ihr wohnt.

Weblink:

Nietzsche - gefährlich anregend. Ein Vortrag im religionsphilosophischen Salon - Religionsphilosophischen Salon