Samstag, 31. März 2018

Was ist Würde?

Was ist Würde?

Die Politik der Bundesregierung hat dazu geführt, daß das Land innerlich zerrissen ist. Frau Merkel sollte nicht nur zugeben, das das Land zerissen ist, sondern auch, das sie dafür mit ihrer Regierung die alleinige Verantwortung trägt. Die größte Zerrissenheit ist die zunehmende Spaltung zwischen arm und reich, und dazu hat Frau Merkel überhaupt nichts neues vorzubringen.

Offensichtlich ist die Politik der Bundesregierung nicht der im Grundgesetz ausdrücklich verankerten Würde des Menschen verpflichtet. Die Sozialpolitik ist eine Politik der legalierten Würdelosigkeit und Hartz IV - ausgerechnet benannt nach einem rechtskräftig bestraften Manager - die Chiffre dafür.

Die Würde ist kein abstrakter Begriff, sondern ein Thema, das jeden Menschen betrifft, unabhängig von Alter, Geschlecht und Hautfarbe. Die Würde betreffende Fragen sind immer auch Fragen der Abwägung. Wer aber wägt ab, wenn es zu Konflikten kommt? Wer entscheidet zum Beispiel, wann die Würde des Ungeborenen anfängt und die des Todkranken endet?

Artikel 1 Absatz I

Die Würde des Menschen ist im Grundgesetz fest verankert. Dennoch wird sie gegenwärtig kontrovers diskutiert. Ist sie wirklich unantastbar, oder ist es nicht doch in manchen extremen Fällen erlaubt oder sogar geboten, sie zugunsten anderer zentraler Werte einzuschränken.

Die Geschichte der Menschenwürde als ethisches Konzept beginnt mit dem römischen Politiker und Philosophen Cicero. Er ist im ersten vorchristlichen Jahrhundert der erste Denker, der dem Menschen allein aufgrund seiner Vernunftbegabung eine besondere Stellung zuweist. Allerdings meint Cicero, man müsse sich seine Würde durch sittliche Lebensführung erst erwerben.

Im Mittelalter kommt ein neuer, christlicher Aspekt hinzu: was den Menschen aus der Schöpfung heraushebt, ist seine Erschaffung als Ebenbild Gottes. Mit der Fähigkeit zur Selbstbestimmung bringt später das Zeitalter der Aufklärung ein weiteres Kriterium ins Spiel: die Freiheit.

Immanuel Kant geht noch einen Schritt weiter und definiert die Würde als das Merkmal eines jeden Menschen, das unvergänglich, unveräußerlich und unbedingt sei. Er meint, dass sich der Mensch durch seine ihm eigene Moralität als würdig erweise.

Den Rahmen, in dem jeder Mensch in körperlicher und geistiger Unversehrtheit leben kann, schaffen dann im 20. Jahrhundert die Menschrechte. Sie formulieren die unabdingbare Pflicht zum gegenseitigen Respekt gleich mit - die Garantie dafür, dass die Würde des Mitmenschen unangetastet bleibt.

Weblink:

Philosophische Grundlagen und aktuelle Fragen - www.br.de

Samstag, 24. März 2018

Die Kapitalismus-Falle und das gescheiterte Projekt der Aufklärung

Wenn der Kapitalismus so viel Leid verursacht, und die Umwelt zerstört wird durch die immerwährende Profitmaximierung und Bereiche wie Soziales oder Pflege oder gar Medizin so arg beschnitten werden, dass Krankenhäuser zu Menschen-Fabriken verkommen wie z.B. die Charite schon eine ist und man lieber knapp 50 Milliarden in Rüstung investiert als in das Volk und die Bürger und die Bildung - wo genau soll das hinführen? Oder wieso akzeptieren die Bürger das so einfach und lehnen sich nicht auf? 😮

Was genau wäre positiv daran, wenn zukünftig nur noch Reiche womöglich ärztliche Hilfe bekommen und Arme und Kranke nicht oder man wie am Fließband abgefertigt wird, nur damit die Klinik profitabel bleibt? Ist das noch menschlich? Oder ist es bewußt so geregelt, damit wir alle 7 Mrd. Mitglieder dieser Gemeinschaft auf 500 Mio. gedrosselt werden sollen wie man so munkeln hört? Was meint Ihr? Ist diese Entwicklung von höher, schneller, weiter noch zu stoppen oder was könnte das aufhalten?

Es ist nicht zu verstehen, wie man damit zufrieden sein kann, dass täglich 30.000 Mitglieder unserer Familie gnadenlos verhungern obwohl es genug zu essen gäbe für alle?! Was genau ist positiv an fahrlässiger Tötung der Industriestaaten an Staaten in Afrika? Bzw wohin soll das führen, wenn sie ein Vielfaches abführen müssen von dem was sie bekommen? Will man einen kompletten Erdteil eliminieren oder wie?

Noch profitieren die meisten Menschen dieses Landes vom kapitalistischen System, solange das so ist wird sich daran wenig bis gar nichts ändern. Hinzu kommt noch das der Mensch eben nicht von Haus aus gut ist, Leid und Elend interessiert ihn nur dann, wenn es ihn selber oder vielleicht jemanden aus der Familie trifft.

Der Kapitalismus ist von seltener moralischer Unbehaustheit. Die geistige Obdachlosigkeit der Moderne macht sich in der Folge des Neoliberalismus in der Gesellschaft breit. - Wo ist hier die Aufklärung geblieben? Das Projekt Aufklärung hat gnadenlos versagt. Es hat sich hinter den Bastionen des Neoliberalismus verschanzt.

Samstag, 17. März 2018

Jeder hat das Recht auf Nahrung

John Stuart Mill

In Deutschland gibt es aktuell eine Diskussion über die »Tafeln« zur Versorgung von Hartz IV-Empfängern mit abgelaufenen Lebensmitteln.Die Versorgung mit Nahrungsmitteln wird hierzulande als ein Grundrecht angesehen, doch dies war historisch gesehen nicht immer so.

Von dem britischen Ökonomen John Stuart Mill stammt das Zitat: "Wer nicht arbei­tet, soll auch nicht essen." - Solche in sich und für ihre Zeit durchaus stimmigen Gedanken sind nur von der Entwicklung heute überholt, denn das Recht auf Nahrung ist heute ein Grundrecht. Nahrung ist ein Grundrecht und wenn wir dies nicht akzeptieren, dann akzeptieren auch nicht, daß wir in einer Demokratie und in einem Rechtsstaat leben.

John Stuart Mill war als ein Vertreter des liberalen Staates der Aufassung, der Staat solle nur dort eingreifen, wo eine Gefährdung für die Allgemeinheit vorliegt. - Wenn ja durchaus nachvollziehbar für seine gesellschaftliche Realität fordert, "in welcher die Regel ‚wer nicht arbei­tet, soll auch nicht essen‘ nicht bloß auf die Armen, sondern unpar­tei­isch auf alle Anwen­dung findet...", so ließe sich heute fordern: Jeder hat das Recht auf Nahrung, ob er arbeitet (gemeint ist hier die gesellschaftlich anerkannte Erwerbstätigkeit) oder nicht.

Denn die immer noch in den meisten Köpfen herrschende Verherrlichung von Arbeit, völlig gleich, ob sie gesellschaftlich nutzbringend oder auch gar schädlich in ihrer Auswirkung auf Klima und Ressourcen ist, kann der Vergangenheit angehören, da sie schon heute für ein dem kapitalistischen Gedanken zugrundeliegendes Prinzip der Mehrwertgenerierung nicht mehr notwendig ist.

Die komplette Automatisierung zunächst jeder industriellen Produktion von Gütern ist heute möglich, und sie würde den Faktor für Mehrwert eher erhöhen, da die störanfällige Komponente Mensch mit seiner Arbeitsleistung entfallen würde.



Samstag, 10. März 2018

»Fremde in unserer Mitte: Politische Philosophie der Einwanderung« von David Miller


Fremde in unserer Mitte

David Miller ist ein englischer Philosoph und prominenter Vertreter des kritischen Rationalismus. Er lehrt am Fachbereich für Philosophie an der Universität Warwick in Coventry, Großbritannien. November 2017 hat Miller sein Werk »Fremde in unserer Mitte: Politische Philosophie der Einwanderung« veröffentlicht. David Miller geht es darum, zu begründen, warum liberaldemokratische Staaten ein Recht haben müssen, ihre Einwanderung zu begrenzen, Einwanderung auszuwählen und Integrationsforderungen zu stellen. All dies, ohne eine kosmopolitische Position aufzugeben. Sein Unterfangen ist eine philosophische Gratwanderung.

Das Thema Einwanderung wirft gewichtige gesellschaftspolitische, moralische und ethische Fragen auf, die seit einiger Zeit im Zentrum intensiver Debatten stehen. Der renommierte britische Philosoph David Miller verteidigt in seinem Buch eine Position zwischen einem starken Kosmopolitismus, der für uneingeschränkte Bewegungsfreiheit und offene Grenzen plädiert, und einem blinden Nationalismus, der oft in pauschale Ausländerfeindlichkeit und dumpfen Rassismus umschlägt. Millers Beitrag zur Debatte besteht darin, daß er die Einwanderung

Fremde in unserer Mitte - in ständiger Auseinandersetzung mit Gegenargumenten entwickelt er seinen Standpunkt, der die Rechte sowohl der Immigranten als auch der Staatsbürger berücksichtigen soll – und einen schwachen Kosmopolitismus ebenso einschließt wie das Recht von Nationalstaaten, ihre Grenzen zu kontrollieren. Ziel von Millers Ausführungen ist eine Immigrationspolitik liberaler Demokratien, die so gerecht ist wie möglich und so realistisch wie nötig. Ein beeindruckend präzise und nüchtern argumentierendes Buch, das zum Nachdenken anregt und zum Widerspruch reizt.

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Völlig neue Aspekte bringt Miller. Wenn wir davon ausgehen, dass der Planet Erde gemeinsamer Besitz aller Menschen ist, wer will dann darüber entscheiden: Nein, du darfst nicht dieses Stück Land oder eben diesen Staat betreten? Er tritt nicht für gänzlich offene Ländergrenzen ein, aber er stellt unbequeme Fragen, auf die wir längst keine Antworten haben.

Viele Fragen, viele vorgegebene Sachzwänge sind es, auf die Miller immer wieder eingehen muss. Ich denke da an die längst nicht fertige Definition für Flüchtling, aber auch an den innergesellschaftlichen Konflikt, den jedes Land mit seinen Einwohnern selbst zu schultern hat: Schenkt man den Flüchtlingen die ins Land kommen zu viel Aufmerksamkeit, fühlen sich andere schnell wieder schlecht behandelt, vernachlässigt oder sonstwie vergessen. Miller lässt all diese Themenfelder nicht außen vor, genau dies macht sein Buch spannend und praxisorientiert.

Der Autor stellt Forderungen auf. Er gibt Ziele vor. Fertig und abschließend besprochen ist das Thema "Fremde in unserer Mitte" damit noch lange nicht. Aber Millers Buch bietet die Grundlage für ein solides Nachdenken und kann Ausgangspunkt für lebendige Debatten sein.


Literatur:

Fremde in unserer Mitte: Politische Philosophie der Einwanderung
Fremde in unserer Mitte: Politische Philosophie der Einwanderung
von David Miller

Samstag, 3. März 2018

Narzissmus ist der Grund für Selfies und Terror

Narzissmus ist der Grund für Selfies und Terror

Zum Thema Narzissmus, Authentizität und Anderssein hat Byung-Chul Han auch wieder einen Essay mit erstaunlichen dialektischen Umschlägen beizusteuern.

"Der Zwang zur Authentizität entfaltet einen Zwang zu sich, einen Zwang sich permanent zu befragen, sich zu belauschen, sich zu belauern, sich zu belagern. Er verschärft dadurch den narzisstischen Selbstbezug. ... Die Authentizität ist letztendlich eine Produktionsform des Selbst. Das Ich als Unternehmer seiner selbst produziert sich, produziert sein face und bietet sich als Ware an. ... Das Theater ist ein Ort der Darstellung, der ohne die subjektive Innerlichkeit auskommt. Der Markt dagegen ist ein Ort der Ausstellung. Heute weicht die theatralische Darstellung der pornographischen Ausstellung des Ego. ... So verfestigt die Authentizität des Andersseins die gesellschaftliche Konformität. Sie lässt nur die systemkonformen Differenzen, nämlich die Diversität zu. Die Diversität ist eine neoliberale Strategie der Produktion. ..."

Byung-Chul Han: Der Terror des Andersseins

In dem Essay werden viele Punkte aus der Diskussion der vergangenen Tage aufgegriffen und überzeugend reflektiert.

Weblink:


Narzissmus ist der Grund für Selfies und Terror
- www.welt.de/kultur

Søren Kierkegaard - Freiheit ohne Grenzen



Der dänische Theologe und Philosoph (1813-1855) Søren Kierkegaard gilt heute als einer der Begründer des individuellen Freiheitsbegriffs der Moderne. Als schillernder Dandy provozierte und schockierte er oftmals seine Kopenhagener Mitbürger mit einer Haltung der völligen Ablehnung des Selbstverständlichen.