Sonntag, 28. März 2021

René Descartes und der Zweifel

René Descartes


Der Zweifel war für René Descartes (1596–1650) nicht nur Methode der Erkenntnis, sondern auch einer der wichtigsten Zugänge zur Transzendalphilosphie. In Bezug auf das Erlangen von zumindest halbwegs tragfähigen Erkenntnissen ist er in der Tat eine der wahrscheinlich unverzichtbarsten Voraussetzungen.

»Zweifel ist der Weisheit Anfang.

René Descartes


»Der Zweifel ist doch des Fortschritts liebstes Kind, denn ohne Zweifel gibt es keinen Fortschritt im Denken und der Erkenntnis« - Zweifel ist wohl auch in Bezug auf machtförmige und darum bedrohliche Menschen angemessen; warum solchen, in letzter Zeit beunruhigend oft, in Wahlen zum Sieg verholfen wird, ist unbegreiflich: Beschwören diejenigen, welche allzu selbstsicher behaupten, Schutz und Sicherheit zu geben, auch im Privatleben, Verdacht und Unbehagen nicht geradezu herauf?



Der Zweifel ist sich nie einer anderen Möglichkeit bewusst, als die, alles in Frage zu stellen. Gutwillige und friedliebende Menschen hingegen sollten nicht zu viel und zu tief aneinander zweifeln, denn das könnte die „Grundangst, nicht zu genügen" (Max Frisch) ins Unermessliche treiben und würde den Zugang zu zwei der wichtigsten Antriebskräfte fortlaufend gefährden: Lebensmut und Lebensfreude.

Was wäre eine Welt ohne Zweifel? Nur wer zweifelt, denkt auch nach, stellte bereits Descartes fest. - Erst der Zweifel am Bestehenden bringt die Welt voran, aber nur was wirkliche Substanz hat, wird sich auf Dauer durchsetzen, alles andere nicht.


Blog-Artikel:

Descartes Denken gilt als »Cartesianische Wende« - Philosophenwelt-Blog


Literatur:

Rene Descartes
Rene Descartes
von Dominik Perler

Descartes zur Einführung
Descartes zur Einführung
von Peter Prechtl

Samstag, 27. März 2021

Wie Philosophie durch Beobachtung zu Erkenntnissen führt

deutsche Philosophen

Die Philosophen sind den Phänomenen auf den Leib gerückt und kannten nur den traditionellen Weg zum Erkenntnisgewinn, den phänomenologischen: Aus Beobachtungen des Geschehens im Alltag unter Einsatz herausragender analytischer Fähigkeiten Erkenntnisse zu gewinnen und diese zu kommunizieren. Von Sokrates über Epikur, Feuerbach oder Kant bis zum heutigen Tag.

Die Phänomenologie ist ein Zweig der Philosophie. Einer der wichtigen – neben der sprachanalytischen Philosophie, der Hermeneutik (Theorie des Verstehens), der Transzendentalphilosophie (nach Kant) und der Dialektik (Adorno, Horkheimer, Habermas). Die Phänomenologie befasst sich mit den Erscheinungen und deren Deutung, nicht mit ewigen Wahrheiten, sondern mit Erfahrungen. Begründer ist Edmund Husserl, bekannte Vertreter sind Heidegger und Sartre.


Werke, die sich mit der Phänomenologie beschäftigt haben. Die »Phänomenologie des Geistes« von Georg Friedrich Wilhelm Hegel stellt den Höhepunkt der philosophischen Entwicklung des deutschen Idealismus dar. Hegel beschreibt darin die Bildungsgeschichte des Bewusstseins und entfaltet programmatisch drei Stufen der Wissensbildung: Ausbildung der persönlichen Welterfahrung, individuelle Selbsterfahrung und Verständnis für die Geschichte.

Hegel vertraut auf die Sinne: Sinnliche Gewißheit ist die niedrigste Stufe der Erkenntnis in Hegels »Phänomenologie des Geistes«, der Punkt, von dem alles ausgeht, all der Fortschritt, das Schreiten des Weltgeistes.

Literatur:

Phänomenologie des Geistes
Phänomenologie des Geistes
von Georg Friedrich Wilhelm Hegel

Samstag, 20. März 2021

Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Populismus (K)

Angst vor Veränderung

Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Populismus, könnte man frei nach Karl Marx im Jahr 2019 formulieren. Der Populismus ist ein in Europa umgehendes Gespenst, verschworen gegen die alten Mächte Europas und ihre Parteien, hat es sich aufgemacht zu einer Hetzjagd gegen die liberalen Werte der Demokratie. So etwa ließen sich die berühmten Anfangssätze des »Kommunistischen Manifests« aus dem 1848 auf die politischen Diskurse unserer Zeit kaprizieren.

Gedankliche Fundierung des Populismus. In gedanklicher Sicht ist Populismus ist kein Substanz-, sondern ein Relationsbegriff. Versteht man seit Aristoteles unter Substanz etwas, das zu seiner Existenz keines anderen Dinges bedarf, so hat der Populismus keine Substanz im Sinne eines zentralen, nur ihm eigenen Wertesystems. Der Politikwissenschaftler Paul Taggart definiert den Populismus daher als "inhärent unvollständig". Er habe ein "leeres Herz", was seine Schwäche, aber auch seine Flexibilität ausmache. Als zyklisches Phänomen, das oft mit einem Chamäleon verglichen wird, passt er sich permanent neuen Bezugssystemen an und setzt sich zu ihnen in eine Anti-Beziehung.

Was David Hume über die Seele gesagt hat, gilt auch für den Populismus: Er ist ein "bloßes Bündel von Vorstellungen" ohne einen beharrenden Träger (Substanz) seiner Akzidenzien, die gleichwohl eine beharrliche Gleichförmigkeit aufweisen. Populismus lässt sich daher nicht essentialistisch definieren und auf eine kohärente Doktrin festlegen. Seine programmatische Variationsbreite hat dazu geführt, ihn lediglich als eine Strategie des Machterwerbs zu definieren. Versteht man indessen unter Strategien Verfahrensweisen zur Erreichung beliebiger Ziele, so ist Populismus keine bloße Strategie, sondern ein Set von bestimmten (nicht beliebigen) Merkmalsbestimmungen, die aber nicht substanziell determiniert werden, sondern sich erst in unterschiedlichen Kontexten aktualisieren.

Auch wenn sich Populismus nur in Relation zu einem akuten Gegner bestimmen lässt, verfügt er über ein ideologisches Minimum, das auf einer vertikalen Achse von "Volk" und "Elite" beruht. Um diese Achse gruppiert sich ein Bündel nicht variabler Vorstellungen, die nicht politisch, sondern moralisch verankert sind. Der Populismusforscher Cas Mudde definiert Populismus daher als "eine Ideologie, die davon ausgeht, dass die Gesellschaft in zwei homogene, antagonistische Gruppen getrennt ist, das 'reine Volk' und die 'korrupte Elite', und die geltend macht, dass Politik ein Ausdruck der volonté générale oder des allgemeinen Volkswillens sein soll".

Aber worum geht es heute? Mit einer geschichtsbedingten Verzögerung hat der populistische Diskurs nun mit voller Wucht auch Deutschland erreicht. Eine heftige Auseinandersetzung ist entbrannt. Die neue Polarisierung prägt die politische Auseinandersetzung, und sie beginnt die politische Kultur des Landes zu verändern. Die Debatte spaltet Deutschland. So, wie sie dies in Italien, Österreich, Frankreich, Ungarn, Polen, ja sogar Schweden schon getan hat.


Der Rechtspopulismus ist ein politisches Programm und eine Strategie, die sich der „dünnen Ideologie“ des Populismus bedient und mit ideologisch rechten Inhalten auflädt. Ihr Zentrum ist die angebliche Dichotomie von „korrupten Eliten“ und dem „reinen Volk“.

Volk wird im Rechtspopulismus vor allem als eine ethnische Kategorie konstruiert, als gäbe es nicht das demokratische Konzept einer republikanischen Nation. Der Rechtspopulismus greift zurück auf ein ethnisches Volksverständnis, das insbesondere in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Blutspur durch Europa gezogen hat.

Der Populismus ist eine Versuchung, welche Menschen erliegen, die Angst vor der Zukunft und
Angst vor Veränderung haben. Die populistische Versuchung ist die Feder des

Weblink:

Die populistische Versuchung - www.tagesspiegel.de/politik

Geschichte der deutschen Philosophie

Deutschland gilt als das Land der Dichter und Denker und darum ist interessant, was diese Nation einstmals auf dem Gebiet der Philosophie geleistet hat.

Die deutsche Philosophie hatte unbestritten ihre große Zeit. Die Werke, die in dieser Zeit entstanden sind, sind unbestritten immer noch ein „unerschöpfliches Reservoir philosophischer Gedanken“.

Gibt es überhaupt eine Geschichte der deutschen Philosophie? Die Philosophie kann nicht das Eigentum einer einzelnen Nation sein. Philosophie ist nicht die Heimat einer Nation. Für die Philosophie gebe es kein anderes Vaterland als die Wahrheit.

„In der Tat ist Nikolaus von Kues ohne den Katalanen Ramon Llull, Leibniz ohne den Franzosen Descartes und den Niederländer Spinoza, Kant ohne den Schotten Hume und den Welschschweizer Rousseau nicht zu verstehen.“

Es gibt also stets die nationenübergreifenden Anregungen in der Philosophie.

Der Weg über die christliche Prägung der deutschen Philosophie hinaus beginnt mit Schopenhauer, führt dann in Abgrenzung zur bürgerlichen Welt zu Feuerbach und Marx bis hin zur „Revolte gegen die universalistische Moral“ bei Nietzsche.

Freitag, 12. März 2021

"Kant in unserer Zeit" - Rede von Helmut Schmidt

Ein erstaunlicher Kontrast! Fast zur gleichen Zeit, da eine Welle von Demonstrationen über die Bundesrepublik hinwegrollte, die den bayerischen Ministerpräsidenten Strauß zum Vergleich mit der „Endphase der Weimarer Republik“ veranlaßte, machte Bundeskanzler Helmut Schmidt auf dem Kongreß „Kant in unserer Zeit“ in kühl-akademischer Umgebung „Bemerkungen zu Moral, Pflicht und Verantwortung des Politikers“. Und wo am Wochenende auf der Straße und in manchen Amtsstuben die Emotion herrschte, hielt der Kanzler ein Plädoyer für abwägende politische Vernunft. Es war fast eine Bitte um Verständnis für die Entscheidungs- und Erklärungsschwierigkeiten moderner Politik.

Sehr viel davon ist sympathisch oder doch verständlich. Etwa daß Schmidt sich dagegen wehrt, zum „Vorphilosophierer“ zu werden, daß er es fast als Neubelebung des Obrigkeitsdenkens empfindet, wenn er nicht nur für eine ordentliche Politik, sondern für Sinnstiftung in Anspruch genommen wird. Oder wenn es ihn ärgert, daß er bei seiner Rede in der Haushaltsdebatte ein ziemlich genaues Bild der Regierungspolitik, ihrer Ziele und Handlungsmargen lieferte, aber dies ohne erkennbare Reaktion hingenommen wurde – außer eben der, es mangele an Führung.

Bemerkungen zu Moral, Pflicht und Verantwortung des Politikers : Rede des Bundeskanzlers auf dem Kant-Kongreß ; Bundeskanzler Helmut Schmidt hielt auf dem philosophisch-politischen Kongreß "Kant in unserer Zeit" der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn am 12. März 1981 zum Thema "Bemerkungen zu Moral, Pflicht und Verantwortung des Politikers" folgende Rede:

Text

Samstag, 6. März 2021

Der Staat in seiner Reaktion auf Gefahren


Heinrich Kleist


"Jede große und umfassende Gefahr gibt, wenn ihr wohl begegnet wird,
dem Staat, für den Augenblick, ein demokratisches Ansehen."


Heinrich Kleist



Das Wesen eines Staates zeigt sich darin, wie er auf Gefahren reagiert. Der Staat hat einen recht variablen Spielraum in der Anwendung von Recht und Gesetz. Er hält sich nur dann an Recht und Gesetz, wenn seine eigenen Interessen nicht gefährdet sind, geht aber rigoros und mit beängstiegender Bedrängung gegen Personen vor, welche die Interessen des Staates durch investigative Ermittlungen gefährden und schreckt dabei vor Folter, Verfolgung und Manipulation von Beweisen und unberchtigten Vorwürfen nicht zurück.

Voltaire

»Es ist gefährlich Recht zu haben, wenn die Regierung falsch liegt.«

Voltaire