Samstag, 25. September 2021

Utilitarismus Begründung der Demokratie



Demokratie, das bedeutet auch Wettstreit der philosophischen Ideen und Modelle, welches die Demokratie am besten abbilden und fundieren (können).

Der Utilitarismus begründet und fundiert gedanklich das Wesen der Demokratie besser als die abstrakte Vertragstheorie. Die Demokratie folgt unterschwellig dem utilaristischen Prinzip, "das Glück der grössten Zahl" und sichert somit das Wohlergehen einer großen Zahl der Menschen. Der Utilitarismus ist eine breite philosophische Strömung, deren Quellen unter anderem im englischen Empirismus (Francis Bacon) und im französischen Materialismus (Helvetius und Holbach)zu suchen sind.

William Godwin, ein Zeitgenosse von Jeremy Bentham und der Autor der politischen Schrift "Enquiry Concerning Political Justice" von 1793, vertrat die Auffassung daß die Demokratie monarchischen und aristokratischen Regierungsformen überlegen ist, obwohl die Gefahr besteht, dass durch das Prinzip der demokratischen Gleichheit die Weisen den Nicht-Weisen zahlenmäßig unterlegen sein könnten. Allerdings glaubte Godwin an eine erzieherische Wirkung der Demokratie: "Demokratie stellt im Menschen wieder ein Bewusstsein seines Wertes her, sie lehrt ihn, durch die Beseitigung von Autorität und Unterdrückung, nur den Ratschlägen der Vernunft zu folgen. Nichts wäre unvernünftiger als von den Menschen, wie wir sie jetzt vorfinden, auf die Menschen zu schließen, wie sie in Zukunft beschaffen sein können."

Damit kommt Godwin - allerdings auf einem anderen Begründungsweg - so wie der Vertragstheoretiker Rousseau zur Forderung nach Teilnahme aller Bürger an der Gesetzgebung und nach gleichem Stimmrecht.



Gegenüber der Theorie des Gesellschaftsvertrages, die nach Ansicht Benthams auf einer unzulässigen Fiktion beruht , und gegenüber Naturrechtstheorien, von denen jede Variante andere Rechte als "natürlich" behauptet, will Bentham die normative Theorie von Politik und Recht auf eine tragfähige und, wie er meint, letztlich empirische Grundlage stellen, denn er hält 'Glück' für eine im Prinzip empirisch-psychologisch messbare Größe, die sich aus Lust- und Schmerzempfindungen zusammensetzt.

Insofern hat Bentham eine hedonistische Auffassung des Guten (von griechisch "hedone" = "Lust" ). "Schlechtes ist Schmerz oder die Ursache von Schmerz. Gutes ist Lust oder die Ursache von Lust." Nach Benthams Auffassung ist derjenige ein Anhänger des Utilitarismus, der seine "Billigung oder Missbilligung einer öffentlichen oder privaten Handlung an ihrer Tendenz bemisst, Lust oder Schmerz hervorzubringen."

Dieser ethische Hedonismus, der fordert, dass die Menschen im Sinne des größten Glücks (d. h. des größten Übergewichts von Lust über Schmerz) handeln sollen, verbindet sich bei den älteren Utilitaristen gewöhnlich mit der Annahme eines psychologischen Hedonismus, der besagt, dass jeder Mensch tatsächlich sein eigenes Glück anstrebt: "Die Natur hat die Menschheit unter die Herrschaft von Lust und Schmerz gestellt. Ihnen schulden wir all unsere Vorstellungen, wir beziehen auf sie all unsere Urteile und alle Bestimmungen unseres Lebens. ... Das Nutzenprinzip unterwirft alles diesen zwei Motiven"

Weiterhin nimmt Bentham an, dass in der Regel jedes Individuum selber am besten erkennen kann, was seinem eigenen Glück förderlich ist: "Der größte mögliche Spielraum sollte den Individuen in all jenen Fällen gelassen werden, in denen sie niemandem als sich selbst schaden können, denn sie sind die besten Richter ihrer eigenen Interessen. Wenn sie sich täuschen, kann angenommen werden, dass sie ihr Verhalten sofort ändern werden, wenn sie ihren Irrtum erkennen. "

Mittwoch, 22. September 2021

Karl Raimund Popper und die Begründung der Demokratie (E)

Karl Raimund Popper

Demokratie heißt - ins Deutsche übersetzt - Volksherrschaft, und daher glauben so viele Kinder aller Altersstufen, daß das für die Theorie der Staatsform, die die Griechen einst Demokratie nannten, oder der Staatsformen, die wir im Westen heute so nennen, von Bedeutung sei.

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Der Vorzug der Demokratie ist, daß ihre Fehler korrigierbar sind, daß Fortschritt über Fehlschritte möglich ist.


Karl Popper



Karl Popper entwickelte die Theorie der offenen Gesellschaft , in der er den Historizismus kritisierte und die Demokratie verteidigte.

Karl Poppers Idee der Demokratie lässt sich als eine Theorie der Kontrolle von Macht verstehen, vor allem in Abgrenzung zu autoritären Herrschaftssystemen. Popper hat in diesem Zusammenhang mehrere Paradoxien (Toleranz, Freiheit, Demokratie und Souveränität) herausgearbeitet.

Daneben findet sich bei ihm eine starke Betonung der Abwahl der politischen Führung. Insgesamt ist Poppers Demokratiekonzeption stark auf den institutionellen Rahmen, basierend auf Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit, ausgerichtet. Sie weist dabei eine hohe Reformorientierung auf, was sich auch in Poppers Betonung einer kritischen Partizipation der Bürger am politischen Gemeinwesen widerspiegelt. Zugleich zeigt ein nähre Betrachtung, dass es sich bei der Demokratie um ein Mittel handelt, welches den Werten einer offenen Gesellschaft, vor allem der individuellen Freiheit, zum Durchbruch verhelfen soll.

Popper vertrat die Auffassung, daß der Vorzug der Demokratie der ist, daß ihre Fehler korrigierbar sind und daß Fortschritt über Fehlschritte möglich ist.

Befreundet war er u.a. mit dem deutschen Bundeskanzler Helmut Schmidt.

Samstag, 18. September 2021

Über ethische Grundlagen der Demokratie

Säulen der Demokraie


Demokratie als eine rechtlich ausgestaltete Form dafür, wie menschliches Leben sich im politischen Rahmen artikulieren und organisieren kann, bedarf einer Verwurzelung in klaren Grundsätzen der menschlichen Lebensführung. Es geht um die vertragliche Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Staat und den Bürgern. Die ethischen Grundlagen der Demokratie lassen sich unter vier Gesichtspunkten beleuchten: Die Würde des Menschen, der Umgang mit der Fehlbarkeit des Menschen, der Umgang mit politischer Macht und schließlich das Verhältnis der Demokratie zum Pluralismus.

Das Grundgesetz versteht die Menschenwürde als die unverfügbare und unantastbare Grundlage allen staatlichen und politischen Handelns. Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland beginnt in seinem Artikel 1 mit einem Bekenntnis zur Menschenwürde. Vorausgestellt ist dem in der Präambel des Grundgesetzes ein denkwürdiger Hinweis. Dort heißt es: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen ...“

Die Demokratie als Staatsform ist aus historischer Erfahrung gut beraten, mit der Fehlbarkeit des Menschen zu rechnen. Auch in der Demokratie kann geirrt werden. Sie muss mit der Verführbarkeit des Menschen durch Macht rechnen. Und sie muss dabei ins Kalkül ziehen, dass Menschen Irrtümern erliegen. Sie muss es daher für wichtig erachten, dass menschliche Entscheidungen korrigiert werden können.

Zur Demokratie gehört aber auch mit einem Ergebnis einer Wahl umzugehen und es zu akzeptieren. Man hat ja bei der nächsten Wahl die Gelegenheit etwas zu ändern. Alles andere ist eher undemokratisch.

Politische Macht ist in der Demokratie regional begrenzt, denn sie gilt jeweils nur für einen bestimmten Zuständigkeitsbereich. Politische Macht ist aber auch zeitlich begrenzt, beispielsweise durch Legislaturperioden. Schließlich unterliegt sie institutionellen Grenzen; sie ist an ein Gleichgewicht zwischen unabhängigen Gewalten – Regierung, Parlament, Gerichtsbarkeit – gebunden.

Kein Mensch, keine staatliche Institution, keine Gewalt kann oder darf sich selbst absolut setzen und die totale Macht oder alleinige Kontrolle über eine Gesellschaft ausüben. Die Macht ist in einer Demokratie relativ und begrenzt. Das schränkt die Möglichkeiten ihres Missbrauchs ein.

Weil menschliche Entscheidungen irrtumsanfällig sind, ist es gut, diejenigen Entscheidungen mit Vorrang auszustatten, die revidiert oder korrigiert werden können. Der Machtwechsel zwischen Regierung und Opposition ist das demokratische Grundmuster für solche Revisionsvorgänge.


Die Demokratie trägt den Pluralismus als Keim in sich. Pluralität ist eine Folge der Demokratie und auch eine Tugend. Aber Pluralismus ist kein Selbstzweck. Dort, wo man mit ihm zu tun bekommt, ist er eine Schule der Toleranz. Dort, wo in Fragen der Moral Einigkeit nicht erreicht wird, nötigt er zu der Einsicht, dass keiner von uns über die Wahrheit verfügt. Aber die Pluralität in der Demokratie ist kein Grund dafür, nicht mehr nach der Wahrheit zu fragen, die Wahrheit in ethischen Fragen eingeschlossen.

Weblinks:

Ethik und Demokratie - www.ekd.de

Über ethische Grundlagen der Demokratie - www.kas.de

Gene-ABC.ch - www.gene-abc.ch/de/ethik


Samstag, 11. September 2021

Die Idee der Demokratie in der Philosophie


Perikles, der im 5. Jahrhundert v. Chr. als langjähriger Stratege maßgeblich die Politik der attischen Demokratie mitbestimmt hatte, soll die Demokratie als Volksherrschaft beschrieben haben, wo der „Staat nicht auf wenige Bürger, sondern auf eine größere Zahl gestellt ist.“

Damit benannte Perikles die sowohl in antiker als auch moderner Zeit wohl grundsätzlichsten Wesensmerkmale der Demokratie: die Volksherrschaft und das Prinzip der Mehrheitsherrschaft. Doch so unbestritten diese allgemeinen Prinzipien dem Begriff der Demokratie innewohnen, so unterschiedlich sind und waren bis in die heutige Zeit hinein die Auffassungen darüber, wie diese Volks- und Mehrheitsherrschaft denn auszuüben ist. Beispielsweise, ob dies in direkter Form, wie zur Antike in der attischen Demokratie, oder indirekter Form, wie in heutiger Zeit beispielsweise in der BRD, geschehen solle.

Platon

Die Untersuchung der verschiedenen Verfassungsmodelle und der Ansätze, wie Demokratie realisiert werden könnte und wie sie bis in unsere heutige Zeit realisiert wurde, mag interessant sein, im Zusammenhang mit der Thematik dieser Arbeit ist diese Fragestellung jedoch irrelevant und eine andere von Bedeutung. Sie lautet: Was verstand Platon überhaupt unter Demokratie? Zunächst einmal ist festzustellen, dass Platon bei seinen Überlegungen natürlich nur einen Bezug zu dem nehmen konnte, was es bis zu seinen Lebzeiten an Demokratie-Vorstellungen gab. Dazu gehören insbesondere auch seine persönlichen Erfahrungen mit der attischen Demokratie. Platon definierte die Demokratie in seinem Werk Politikos zusammenfassend als Regierung der Menge, die „mit Gewalt oder mit ihrem guten Willen […] über die, welche das Vermögen in Händen haben“, regiert.

Zunächst einmal unterteilte er die Staatsverfassungen in „drei positive, wahre, legitime, richtige Formen […]: Philosophenkönigtum, Monarchie und Aristokratie; und in vier negative, falsche, illegitime, verwerfliche Formen: Tyrannis, Oligarchie und Demokratie (wobei er die Demokratie in eine anarchisch-despotische Erscheinungsform und in eine gesetzlich-gemäßigte gliedert, ohne verschiedene Bezeichnungen für sie zu verwenden).“

Das Entstehen der Demokratie, die für Platon aus der Oligarchie hervorging, sah er darin begründet, dass „die Armen siegen und und ihre Gegner töten oder verbannen, alle übrigen aber nach gleichem Recht an Verfassung und Ämtern teilnehmen lassen und die Ämter möglichst nach dem Lose vergeben.“ Als vermeintlichen Vorteil der Demokratie hob er hervor, dass sie „- scheint es – eine angenehme, herrenlose und bunte Verfassung [ist], die ohne Unterschied Gleichen und Ungleichen dieselbe Gleichheit zuteilt.“

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"Das größte Glück (der größten Zahl)" war das populäre Motto der Utilitaristen.

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Entscheidend man sich für das Glück und die Freiheit der größtmöglichen Zahl, so wird man, so N, eine demokratische Kultur bekommen, wo der Massengeschmack triumphiert. Der demokratische Staat mti seiner allgemeien Orientierung an Wohlfahrt, Menschenwürde, Freiheit, ausgleichender Gerechtigkeit, Schutz der Schwachen behindert die Entwicklungsmöglichkeit für große Persönlichkeiten. NSB, S. 67

Den Demokraten warf Nietzsche vor, sie wollten die Massen emanzipieren, und ihnen von der Würde der Arbeit und der Würde des Menschen etwas vorgaukeln, mit der Folge, daß diese erst dadurch ihre Situation als schreiendes Unrecht empfinden würden.

Literatur:

Philosophie der Demokratie
Philosophie der Demokratie
von Hans Joas

Samstag, 4. September 2021

Ein Lob auf den Spaziergang

Rousseau spaziergangJean-Jaques Rousseau



»Ich kann nur beim Gehen nachdenken. Bleibe ich stehen, tun dies auch meine Gedanken«, hat der Philosoph Jean-Jacques Rousseau einst als Lob der Bewegung im Freien geschrieben. Spazieren gehen geht zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter. Das ziellose, abschweifende Spazieren fördert den Gedankenfluß und kann ein enormes Geflecht von Gedanken begünstigen.

Spazierengehen - eine bevorzugte Beschäftigung vieler Denker wie Nietzsche und Heidegger - lässt Raum zum freien Denken. Zum Spazierengehen braucht es nicht mehr als den Entschluss dazu. Der Wanderer zieht seine Schuhe an, macht die Tür auf, läuft die Treppen runter und tritt ins Freie. Raus aus den geschlossenen Räumen.
Schnell taucht man in eine andere Welt ein. Vögel zwitschern, die Äste der Bäume streifen das Wasser und die Gedanken können auf Reisen gehen. Draußen ist eine andere Luft, ein Wind, vielleicht der Duft von Linden oder Abgase. Und ein anderes Licht, greller Sonnenschein oder schnell vorüberziehende Wolken. Er überquert ohne groß nachzudenken eine Strasse und ehe er sich versieht, ist er schon abgebogen und ins Freie gelangt. Das Tempo entscheided er ganz allein; mal geht er zügig, mal schlendert er, bleibt stehen, schlägt Haken, schaut sich im Vorübergehen alles an: Straßen, Bäume, Menschen.

Die Ziellosigkeit ist das Prinzip eines jeden Spaziergangs. Wohin der Spaziergänger geht und wie lange, steht ihm völlig offen. Um die volle Freiheit zu haben, spaziert er allein. Nur allein kann er ganz seinen eigenen Impulsen folgen. Ein Gefühl der Leichtigkeit überkommt ihn, ähnlich wie wenn man im Frühling das erste Mal ohne Jacke auf die Straße geht. Er kann jetzt jederzeit tun und lassen, wonach ihm ist.

»Wanderer, gehest du nach draußen, vergiß das gute Wandern nicht.« - Gerade das Spazierengehen an der frischen Luft scheint die für das Denken notwendigen Impulse anzuregen und neue Denkanstöße zu liefern.

Der Wanderer Friedrich Nietzsche unternahm vor 140 Jahren einen Spaziergang, der zu dem wichtigsten Ereignis und Inspiration seines Lebens werden sollte. Nietzsche ging als Wanderer los und kehrte als Erleuchteter nach Hause.

Am Silvaplana See im Oberengadin in der Schweiz ereilte ihn eine Erleuchtung wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Für Nietzsche war dies in einschneidendes Erlebnis. Verzückt von seinem Gedanken erklärte er den mächtigen Felsen am Seeufer, vor dem er stand, zu seinem "Erleuchtungsfelsen".

Surlej-Felsen bei Sils Maria



Mit großem Pathos beschrieb der damals 36-jährige Friedrich Nietzsche den besonderen Moment, den der erleuchtete Philosoph heute vor genau 140 Jahren im schweizerischen Engadin erlebte: "Man muss Jahrtausende zurückgehen, um eine ähnliche Inspiration zu entdecken".


Blog-Artikel:

Friedrich Nietzsches Wanderung, die zur Offenbarung wurde