Mittwoch, 21. Dezember 2011

Das Leben in der Wahrheit

Václav Havel kämpfte gegen das sozialistische System, für die Begründung einer „Bürgergesellschaft“, gegen den Zerfall der Tschechoslowakei. Als Politiker war ihm nicht immer Erfolg beschieden. Doch als moralische Autorität blieb er unübertroffen.

So unbestimmt die politische Vision auch war, von der sich Havel leiten ließ, so unübersehbar war die moralische Autorität, die er sich erworben hatte. Das Regime hatte diesen Mann, der am 22. November auf dem Prager Wenzelsplatz vom Balkon des Melantrich-Hauses zum ersten Mal vor einer riesigen Menschenmenge das Wort ergriff, zum Staatsfeind erklärt, ihn jahrelang verfolgt und schikaniert, ihn wie einen Verbrecher gefangen gehalten. Doch er hatte nicht nachgegeben, sich nicht mit der Macht arrangiert, sich nicht korrumpieren lassen.

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Dienstag, 15. November 2011

Georg Wilhelm Hegel 180. Todestag


Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Georg Wilhelm Hegel war ein bedeutender Philosoph des 18. Jahrhunderts. Er gilt als einer der bedeutendsten Vertreter des deutschen Idealismus sowie als einer der großen Schöpfergestalten des deutschen Geistes. Der Todestag des bedeutenden Philosophen jährt sich am 14. November zum 180. Mal.

Hegel ist der Hauptvertreter der Philosophie des deutschen Idealismus. Geist und Idealismus gingen bei ihm eine wirkungsvolle Symbiose ein. "Das Geistige allein ist das Wirkliche" ist ein zentraler Satz in Hegels Denken, der diese idealistische Position auf den Begriff bringt.

Humboldt-Universität

Hegel war Professor für Logik und Metaphysik an der noch jungen Universität in Berlin. Schwerpunkte seiner Geist gewordenen Philosophie im Zeichen des Idealismus und der Aufklärung waren die Themen Logik und Metaphysik.

Hegel ist der Weltgeist-Schöpfer. Hegel erklärte die Entwicklung der Welt als Selbstbewußtwerdung des Weltgeistes, da Denken und Sein eins seien. In der Weltgeschichte und dem Aufkommen und Untergehen einzelner Staaten wird der objektive Geist zum allgemeinen „Weltgeist“.

Aus einer Folge von Negationen entwickelt sich der Geist, aber auch die Wirklichkeit zu immer höheren Formen. Dies lässt sich in den kleinsten Erscheinungen der Natur ebenso beobachten wie in der Geschichte der Menschheit.

Hegels Philosophie erhebt den Anspruch, die gesamte Wirklichkeit in der Vielfalt ihrer Erscheinungsformen einschließlich ihrer geschichtlichen Entwicklung zusammenhängend, systematisch und definitiv zu deuten. In ihrer Wirkung auf die westliche Geistesgeschichte ist sie mit dem Werk von Platon, Aristoteles und Kant vergleichbar. Sein philosophisches Werk Phänomenologie des Geistes aus dem Jahre 1807 zählt zu den wirkmächtigsten Werken der Philosophiegeschichte überhaupt.

Hegels Philosophie des „absoluten Geistes“ umfasst seine Theorie der Kunst, der Religion und der Philosophie.
Anders als Immanuel Kant, der große Erkenntnistheoretiker, war Hegel in erster Linie Geschichtsphilosoph. "Jeder Einzelne", so formulierte er seine Hauptthese, "ist ein blindes Glied in der Kette der absoluten Notwendigkeit, an der sich die Welt fortbildet. Jeder Einzelne kann sich zur Herrschaft über eine größere Länge dieser Kette allein erheben, wenn er erkennt, wohin die große Notwendigkeit will."



Bei Hegel wird die Metaphysik zum Versuch, die Struktur der Welt gleichsam als die Entwicklung des Gedankens zu denken. Hegel entwickelte eine eigene Geschichtsphilosophie, die den Lauf der Geschichte durch den Weltgeist bestimmt sah, der sich wiederum in einer Vielzahl von nationalen Geistern inkarniere.

Hegels Lehre hatte grossen Einfluss auf die Philosophie und Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts, insbes. auf Karl Marx. Hegels Ruhm mehrte sich mit seinen Kritikern und Interpreten. Zu den bekanntesten gehört Karl Marx, der einige Elemente von Hegels Systems "vom Kopf auf die Füße" stellen wollte.

Georg Wilhelm Hegel starb am 14. November 1831 in Berlin.

Weblink:

Hegel-Biografie - Biografie-Portal

  Georg Wilhelm Hegel-Werke

Wissenschaft der Logik
Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften
Enzyklopädie der
phil. Wissenschaften
Berliner Schriften 1818-1831

Berliner Schriften 1818-1831
Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte
Vorlesungen über
die Philosophie
der Geschichte

Samstag, 22. Oktober 2011

"Im Namen der Freiheit" von Michel Onfray


Michel Onfray, einer der einflussreichsten Denker Frankreichs und in seinen streitbaren Haltungen gegen alle gesellschaftslichen Strömungen Camus recht ähnlich, hat nun unter dem Titel "Im Namen der Freiheit. Leben und Philosophie des Albert Camus" eine Monographie verfasst, in der er aus seiner Bewunderung für den einflussreichen einstigen Stars des Existentialismus kein hehl macht. Ebenso wenig wie von seiner harschen Kritik an Jean-Paul Satre, dem anderen Star eben dieser Denkrichtung und zugleich Gegner und Kritiker Camus'.

Ihm wirft Onfray vor, mit seinen Legenden und falschen Darstellungen Camus posthum in ein falsches Licht als "schöne Seele" gebracht zu haben. Womit er auch dessen theoretisches Hauptwerk "Der Mensch in der Revolte" entwertet habe. Dabei hält Onfray gerade die Grundhaltung Camus' für besonders vorbildhaft, denn wie nur wenige Philosophen habe er seinem Denken entsprechend gelebt. Zu seiner Ethik der Verantwortung gehörte sein Grundsatz, Gewalt nicht mit Gewalt zu vergelten und Freiheit auch als Verpflichtung zu begreifen.

Das Ideal der Einfachheit habe der in sehr ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Camus im Gegensatz zu den verkopften Pariser Philosophen immer hochgehalten und befolgt. Detailliert schildert Onfray den Weg vom zeitweiligen Kommunisten (in den 30er Jahren) bis zum späteren liberitären linken Antikommunisten, der in den 50er Jahren in sein Tagebuch schrieb: "Die Demokratie ist nicht das Gesetz der Mehrheit sondern die Beschützung der Minderheit."

Albert Camus


Ein Nietzscheaner sei Camus zudem gewesen und seine Stärke der philosophische Roman. "Der Dichterphilosoph denkt und arbeitet nicht wie ein Professor, sondern wie ein Dichter", postuliert Onfray, der sich gleichwohl durchaus mehr der philosophischen Bedeutung des verehrten Meisters widmet als dem hohen Stellenwert eines immerhin mit dem Nobelpreis gekrönten Schriftstellers, der zu Recht dafür gewürdigt wurde und wird, Werke geschrieben zu haben, die das Leben des Lesers verändern.

Doch Onfray steigt nicht nur in das Schaffen und Wirken dieses Denkers des Absurden ein sondern ebenso in die prägenden oder entgegenstehenden philosophischen Richtungen und Diskurse. Wie sehr Camus' Denken aus seinem Leben heraus erwuchs und wie er es zugleich in seiner Lebensführung umsetzte in einer faszinierenden Parallelität von Biographie und Philosophie - Michel Onfray macht es erfahrbar. Und das ist eine ebenso brillante wie herausfordernde Lektüre, an der der so Gefeierte vermutlich große Freude gehabt hätte.

Albert Camus

Die Legende. Camus ist weder Philosoph noch Romancier, ein "Second-Hand-Autor", ein "socialiste très rose", ein Kalter Krieger und ein "kleiner weißer Kolonisator". Dagegen stellt Onfray auf über 500 Seiten seine Geschichte des "wahren Camus". Es ist eine Pro-Camus und eine Anti-Sartre-Geschichte. Von Sartre unterscheide sich Camus vor allem durch eine quasi organische Intoleranz gegenüber jeder Ungerechtigkeit. Onfray stellt ziemlich überzeugend und mithilfe kaum ertragbarer Kriegsfotos die Genealogie dieser "Viszeralität" dar: Camus' Kindheit als Halbwaise in einem Armenviertel Algers, die körperliche Rebellion des im Ersten Weltkrieg gefallenen Vaters gegen blutige Gewalt (Kolonialkriege, öffentliche Hinrichtungen), den dulderischen Habitus der analphabeten Mutter, die prügelnde Großmutter, die Geißel Tuberkulose - und die Befreiung durch die republikanische Schule.

Fast genüßlich erinnert Onfray an die bekannte überbehütete bourgeoise Kindheit des kleinen "Poulou" Sartre, dem zufliegt, was Camus sich hart erarbeiten muss, ohne das "Niveau" Sartres je erreichen zu können. Camus verdankt fast alles zwei Lehrern (die sich als Bildungs- und nicht als Kompetenzvermittler sahen, en passant gesagt): seinem Grundschullehrer Germain und seinem Philosophielehrer Grenier. Grenier eröffnet ihm Nietzsche - und Onfray die Möglichkeit einer linksnietzscheanischen Interpretation der frühen Erzählung "Noces à Tipasa". Angesichts des "heidnischen" Paysage von Tipasa (römische Ruinen, überwuchert von duftendem Rosmarin, Strand, Meer, Sonne) entwickelt Camus einen "Discours de la méthode dionyséenne". Es gibt keinen Gott, nur DAS Leben, den Körper, die (freie) Liebe. Man schreibt sein Leben in den puren Augenblick ein, ohne ihn zu verderben durch die Nostalgie des Vergangenen oder die Angst vor dem Kommenden, beschreibt Onfray einen bei Sartre unvorstellbaren Habitus.

Camus entwickelt eine Art "mediterranen Gramscismus", zu dessen Genese auch die (negative) Erfahrung einer fast zweijährigen Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei gehört, mit der ein Camus zwangsläufig brechen muss. Zu stark sind die "mediterranen Lektionen": Gastfreundschaft, Generosität, Vitalität, Mut und Loyalität. Das intransigente Verhalten der Kommunisten im spanischen Bürgerkrieg (Camus Mutter ist spanischen Ursprungs) und in der Kolonialfrage (für algerische Kommunisten gilt er als "Trotzkist") verstärkt die Sympathien mit dem Anarchosyndikalismus. "Der Fremde" und "Der Mythos des Sisyphos", Bücher, die Camus' Ruhm begründen, werden von Onfray als Werke des Übergangs interpretiert: vom "Ja zum Leben" in Richtung "Nein zum Tod".

Montag, 17. Oktober 2011

»Phänomenologie des Geistes« von Georg Wilhelm Friedrich Hegel


Nach Kants »Kritik der reinen Vernunft« (1781) schien der Geist und sein Erkenntnisvermögen ausgelotet. Da erschien Hegels »Phänomenologie des Geistes« um das Jahr 1807. Das 1807 erschienene erste Hauptwerk des großen Vertreters des deutschen Idealismus systematisiert die Erhöhung der Erscheinungsformen des Geistes von der naiven Wahrnehmung bis hin zum absoluten Wissen des Weltgeistes.

Die »Phänomenologie des Geistes« ist der erste Teil des Hegelschen Systems der Wissenschaft in dem erhoben wird, wie vom bloßen Bewusstsein, von der Wahrnehmung das Selbstbewusstsein und die (sinnliche) Gewissheit hervortreten.


"Freiheit" ist die Losung des Zeitalters, in dem Hegel groß geworden ist. John Locke hatte sie der Politik zugrunde gelegt, mit Rousseau war sie zu einer menschheitlichen Forderung geworden und Kant konnte zeigen, dass sie der Ursprung aller humanen Leistungen ist, ohne im Widerspruch zur strengen Naturgesetzlichkeit zu stehen. Die Freiheit tritt im "Geist" hervor, den Kant als die "belebende Kraft im Gemüthe" versteht. Damit war nicht nur der Grund für die Erfahrung des Schönen, sondern auch für einen neuen Begriff des Lebens gelegt. Nur vor diesem Hintergrund ist das Freiheitspathos Friedrich Schillers zu verstehen, der seine Ideale bereits im realen Prozess des Lebens - und damit auch in der Geschichte - wirksam sieht.

Entstanden ist das Buch auch als Antwort auf die vielfältigen philosophischen Strömungen seiner Zeit, die Hegel bündeln und überwinden wollte. "Dieser Band stellt das werdende Wissen dar. Die Phänomenologie des Geistes soll an die Stelle der psychologischen Erklärungen oder auch der abstrakten Erörterungen über die Begründung des Wissens treten."

Berühmt geworden ist Hegels Idee, dass der Fortschritt in der Geschichte der Menschheit sich in dem Dreischritt aus These, Antithese und Synthese in der Geschichte vollzieht.

Hegel vertraut auf die Sinne: Sinnliche Gewißheit ist die niedrigstee Stufe der Erkenntnis in Hegels »Phänomenologie des Geistes«, der Punkt, von dme alles ausgeht, all der Fortschritt, das Schreiten des Weltgeistes.

Die »Phänomenologie des Geistes« von Georg Friedrich Wilhelm Hegel stellt den Höhepunkt der philosophischen Entwicklung des deutschen Idealismus dar. Hegel beschreibt darin die Bildungsgeschichte des Bewusstseins und entfaltet programmatisch drei Stufen der Wissensbildung: Ausbildung der persönlichen Welterfahrung, individuelle Selbsterfahrung und Verständnis für die Geschichte.

Die Philosophen kannten nur den traditionellen Weg zum Erkenntnisgewinn, den phänomenologischen: Aus Beobachtungen des Geschehens im Alltag unter Einsatz herausragender analytischer Fähigkeiten Erkenntnisse zu gewinnen und diese zu kommunizieren. Von Sokrates über Epikur, Feuerbach oder Kant bis zum heutigen Tag.

Weblinks:

Hegel-Biografie - Biografie-Portal -

Geist der Freiheit
- www.welt.de

Literatur:

Phänomenologie des Geistes
Phänomenologie des Geistes
von Georg Friedrich Wilhelm Hegel

Freitag, 8. Juli 2011

Nietzsches Morgenröte taucht ein in das Licht der Erkenntnis

Friedrich Nietzsche


In seiner Schrift »Morgenröte« - vor genau 130 Jahren Anfang Juli 1881 herausgegeben - gelangt Friedrich Nietzsche zu einer philosophischen Reife - und zwar durch Distanz zu dem Objekt und durch zunehmende Objektivität bei der Betrachtung. Hierin findet sich eine Rücknahme des subjektiven Pathos, eine weniger schroffe und weniger leidenschaftliche Darstellung, Reflexion und ein besser kontrollierter Abstand vom Strudel der Gedanken.

Das Leben ein Mittel der Erkenntnis - mit diesem Grundsatz im Herzen kann man nicht nur tapfer, sondern sogar fröhlich leben und fröhlich lachen!
Friedrich Nietzsche

Friedrich Nietzsche (1844-1900) gilt als "lauter" Denker. Aggressiv, feinhörig – ein Seismograf der Moderne und genialer Rhetoriker.

Gerade deshalb war und ist er wie kaum ein anderer über die akademischen Grenzen hinaus wirksam geworden. Seine Schriften sind faszinierend – sie ziehen an, durch das, was sie abstoßen. Hierin besteht der Reiz sich in sein Denken zu begeben. In dieser Sendung zeigt sich aber ein anderer Nietzsche. Ein Nietzsche, der dem Ernst des Lebens und der Philosophie eisig ins Gesicht blickt und dabei zu lachen beginnt. Warum? Wie kommt er dazu? Und welche Rolle spielt dieses Lachen in Nietzsches Denken?
Diese Fragen versuche ich mit einem besonderen Gast zu klären, die sich in ihrer wissenschaftlichen Arbeit intensiv mit dem Aspekt des Lachens in Nietzsches Philosophie beschäftigt hat – Katia Hay. Mit Nietzsche lachen! Es lohnt sich! 


Nietzsche beginnt erkennbar seinen eigenen Weg als Philosoph zu gehen. Sicher im Stil, theoretisch offener und abgewogen im Urteil, zieht er in der »Morgenröte« gegen die Moral zu Felde und bedient sich dabei der Wissenschaft, bei der es sich einzig und allein um eine Intuition auf der Grundlage einer normatlen, unmittelbaren oder mittelbaren Erfahrung handelt - was man bei ihm als historische Intuition bezeichnen könnte.



Dem Individuum, sofern es sein Glück will, soll man keine Vorschriften über den Weg zum Glück geben: denn das individuelle Glück quillt aus eigenen, jedermann unbekannten Gesetzen, es kann mit Vorschriften von außen her nur verhindert, gehemmt werden.



Nietzsche begibt sich zu seiner historischen Analyse an neue Lektüren, philosophische und wissenschaftliche, um seinen Überlegunen ein solides Fundament zu verleihen. Er liest Werke von Positivisten wie John Stuart Mill, Comte, Spencer, Littre und auch biologische Abhandlungen wie die von Semper. Auch das Christentum wird ihm hierbei zum Studienobjekt.

Die Grundlagen und Bezugspunkte seiner Philosophie haben sich 1880 bereits sichtbar verschoben. Losgelöst vom Einfluss Richard Wagners und Artur Schopenhauers, ist er reif genung, um die These zu entwickeln, dass die Welt keine moralische Bedeutung hat, wie es Schopenhauer und das Christentum voraussetzen. Er beginnt, der Welt ihre moralische Bedeutung abzusprechen. Die »Morgenröte« taucht ein in das Licht der Erkenntnis und lotet in einer historischen Analyse die Bedeutung der Moral im geschichtlichen Vergleich aus.



Die einen regieren, aus Lust am Regieren,
die andern, um nicht regiert zu werden: -
diesen ist es nur das geringste von zwei Übeln.




Die »Morgenröte« zeugt vom hohen moralischen Anspruch des »Philosophen der Unzeitgemäßheit«. Nietzsche charakterisiert "Moral" als "wahre" Wirklichkeit, die der Rechtfertigung politischer Herrschaftsansprüche und der Steuerung sozialen Verhaltens dient und damit ein ideologisches Moment besitzt.

Weblink:

Friedrich Nietzsche - www.die-biografien.de

Sonntag, 3. Juli 2011

Peter Sloterdijks Werke

Peter Sloterdijk

Mit seinen Beiträgen und Büchern in hat der streitbare Philosoph Deutschland zahlreiche Debatten ausgelöst hat. Der Durchbruch als philosophischer Autor gelang Peter Sloterdijk mit der »Kritik der zynischen Vernunft« aus dem Jahr 1983.

»Die Regeln für den Menschenpark« erregten 1999 eine heftige öffentliche Debatte. Man warf dem Autor der Rede vor, ein Plädoyer für eine faschistoide Züchtungsideologie gehalten zu haben. In den Jahren um die Jahrtausendwende ist sein „Opus Magnum“, die »Sphären-Trilogie« (1998/1999), entstanden.

Sloterdijks kulturkritisch-essayistisches Denken hat seinen Ursprung in der »Frankfurter Schule«, von der er sich später jedoch dezidiert abgrenzte.

Methodisch assimiliert der Philosoph das dazu antipodische Werk Heideggers, um gegenwärtig die Traditionen Nietzsches und Hegels zu aktualisieren.

Weblink:

Kritik der zynischen Vernunft
»Kritik der zynischen Vernunft«
von Peter Sloterdijk

Samstag, 18. Juni 2011

Habermas liest Europa die Leviten

Der Philosoph und überzeugte Europäer Jürgen Habermas sprach jüngst in einem Vortrag der der Humboldt-Universität in Berlin über die Krise der Europäischen Union - nicht ohne sein Unbehagen über das Handeln der Europäer zum Ausdruck zu bringen. Sein Beitrag zur Krise und seine Gedanken fallen in ihrer Diagnose recht nüchtern aus.

Europa verharre gerade in einer Schreckstarre, die jegliche Einigung wie eine Denkblockade verhindere – nicht nur weil uns ein Selbstbewusstsein als europäische Volksgemeinschaft noch fehle, sondern weil sich nach dem Auflösen der Nationalstaatlichkeit die Grundstimmung ausgebreitet habe, Brüssel sei ein fremder Steuerungsapparat und nicht Ausdruck des eigenen politischen Willens. Geworfen ins "Meer der Finanzströme" klammerten sich nun alle "fest an ihre eigene von Überschwemmung bedrohte Insel nationaler Macht".

Klingt diese Metaphorik des Ausgesetzseins und sprachlosen Unbehagens am Ende einer Woche, die eine drastische Krise des Euro erlebte, nicht eigenartig zeitlos? - Es gehört zur Praxis von Habermas' Theorie des kommunikativen Handelns, politische Entwicklungen kleinteilig abstrahierend zu durchdringen, Philosophie also als Denken im Wandel zu verstehen, nicht als dahingeklotzte Großtheorie.

Weblink:

Philosoph Habermas liest Europa die Leviten - www.welt.de/kultur

Samstag, 7. Mai 2011

David Hume 300. Geburtstag


David Hume


David Hume wurde vor 300 Jahren am 7. Mai 1711 in Edinburgh geboren. Hume war ein schottischer Philosoph, Ökonom und Historiker. Er war einer der bedeutendsten Vertreter der schottischen Aufklärung und wird der philosophischen Strömung des Empirismus bzw. des Sensualismus zugerechnet. Sein skeptisches und metaphysikfreies Philosophieren regte Immanuel Kant zu seiner Kritik der reinen Vernunft an.

David Hume war einer der Mitbegründer der schottischen Aufklärung. Der philosophische Aufklärer erfand den modernen Liberalismus in seiner konservativen Ausprägung als Programm zur Vermehrung des Wohlstands und zur Zerschlagung des religiösen und säkularen Aberglaubens.


Hume war zwanzig Jahre alt, als er sich völlig klar wurde über „den Ursprung meiner Philosophie“, die er sein Leben lang weiterentwickeln und auf zahlreiche Forschungsgebiete ausdehnen wird, auf Moral und Politik, Recht und Ökonomie, Urteilskraft und Geschmack, Geist und Natur, wissenschaftliche Erkenntnis und religiösen Glauben. Denn 1731 war ihm bewusst geworden, dass die Quellen seiner körperlichen und seelischen Leiden nicht in ihm lagen, sondern in den Lehren, auf die er sich mit sei-nen entflammten Einbildungen und Gedanken eingelassen hatte: Das Menschenbild des rigiden Calvinismus war eine widernatürliche Konstruktion, die sich nur durch eine unkritische, gläubige Bibellektüre zu legitimieren versuchte; die aus der Antike überlieferte Natur- und Moralphilosophie schien ihm „mehr auf Erfindung als auf Erfahrung zu beruhen“; und den modernen Rationalismus eines Descartes und Leibniz empfand er als fehlgeleitet und unvernünftig, weil er die vielfältigen sinnlichen Eindrücke und konkreten Vorstellungen der Menschen übersah oder vernachlässigte.

David Hume: Der Philosoph und sein Zeitalter


David Hume: Der Philosoph und sein Zeitalter

David Hume gilt als einer der einflussreichsten Denker des 18. Jahrhunderts. Als radikaler Empirist wandte er sich kritisch gegen den Rationalismus und die metaphysischen Spekulationen seiner Zeitgenossen und plädierte stattdessen für eine „experimentelle“, allein auf Beobachtung und Erfahrung gegründete Methode.

Auch die zeitgenössischen „moral sciences“, die sich auf das geistige, kulturelle und sittliche Wesen des Menschen konzentrierten, befanden sich in einem beklagenswerten Zustand. „Jeder richtete sich nur nach seiner eigenen Phantasie beim Errichten von Lehrgebäuden über die Tugend und das Glück, ohne die menschliche Natur zu betrachten, von der jede moralische Schlussfolgerung abhängen muss. Ich entschloss mich daher, die menschliche Natur zum Gegenstand meines Hauptstudiums zu machen und zur Quelle, aus der ich jede Wahrheit in der ästhetischen Urteilskraft (criticism) und Moralphilosophie ableiten wollte.

Mittelbar wirkte dieser Vordenker der Aufklärung auf die modernen Richtungen des Positivismus und der analytischen Philosophie. In Bezug auf seine wirtschaftswissenschaftliche Bedeutung kann er zur vorklassischen Ökonomie gezählt werden. Hume war ein enger Freund von Adam Smith und stand mit ihm in regem intellektuellem Austausch.

Humes wichtigster Beitrag zur Philosophie ist wohl jener, dass der reine Empirismus keine ausreichende Grundlage für die Wissenschaft darstellt, – ohne dessen Unterbau aber auch reine Logik und seine Methoden sehr schnell zu Vernünfteleien, zu Gewohnheiten und Schablonen des Denkens, zu Tautologien führen, die keinen festen Halt mehr an die Realität haben; einem Versuch durch Geist zu besetzen, woran die eigene Erfahrung nicht heranreicht. Einem fehlenden Abgleich von Innen- zu Außenwelt (Realitätsverlust). Denn keine Methode hat noch je eine Hypothese hervorgebracht.

David Hume war und ist als Philosoph nicht eigentlich populär. Er schrieb, kühl beobachtend und analysierend, eine «science of man» oder Anthropologie, aus deren Grundlagen sich alle Äusserungen des Menschen zu allen Zeiten begreifen lassen sollten. So wurde Hume zum scharfsinnigen Philosophen wie auch – später – zum Historiker der englischen Geschichte. Es ist verblüffend, wie es ihm gelang, das Versprechen seines Frühwerks, des «Traktats von der menschlichen Natur» (1739/1740), in die Tat umzusetzen und sowohl die philosophischen Prinzipien wie das empirische Handeln geschichtlicher Menschen zu durchdringen.

David Hume starb am 25. August 1776 in seiner Heimatstadt Edinburgh.

Literatur:

David Hume: Der Philosoph und sein Zeitalter
David Hume: Der Philosoph und sein Zeitalter
von Gerhard Streminger

Samstag, 26. Februar 2011

Die Wahrheit ist die ungeschickte Tochter der Tugend

Auf den ersten Blick, ist es schöner, die Wahrheit zu verkünden als die Unwahrheit. Nicht immer lässt sie sich jedoch als durchgehendes Prinzip unrechterhalten, denn sie täuscht über etwas hinweg oder erscheint von vornherein als unzweckmäßig.

Im Lichte der Öffentlichkeit ist die Wahrheit oft unpassend und verstellt die Freude an liebgewonnen Zuständen oder Menschen. Es geht dann um Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn und diee Wahrheit erscheint dann als die ungezogene Tochter der Tugend.

Im Fall Guttenberg ist eher die Wahrheit geeignet, Unfrieden im Land zu stiften und nicht die Lüge. - "Gegen feindliche Wahrheiten sind die Menschen sogar feindlich gestimmt", schrieb der Moralphilosoph Friedrich Nietzsche 1872 in seinem Aufsatz »Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn«.

"Jener mit dem Erkennen und Empfinden verbundene Hochmut, verblendende Nebel über die Augen und Sinne der Menschen legend, täuscht sich also über den Wert des Daseins, dadurch, dass er über das Erkennen selbst die schmeichelhafteste Wertschätzung in sich trägt. Seine allgemeinste Wirkung ist Täuschung - aber auch die einzelsten Wirkungen tragen etwas von gleichem Charakter an sich."


Der Intellekt entfaltet seine Hauptkräfte in der Verstellung.
In seiner Streitschrift im außermoralischen Sinn heisst es weiter: "Der Intellekt als Mittel zur Erhaltung des Individuums", schreibt Nietzsche, "entfaltet seine Hauptkräfte in der Verstellung; denn diese ist das Mittel, durch das die schwächeren, weniger robusten Individuen sich erhalten, als welchen einen Kampf um die Existenz mit Hörnern oder scharfem Raubtier-Gebiß zu führen versagt ist."

Jenen Schwächeren, die über kein Raubtiergebiss verfügen, steht im "Kampf um die Existenz" die Sprache zur Verfügung, um sie als Kunstmittel der Verstellung ins Gefecht zu führen.

"Im Menschen kommt diese Verstellungskunst auf ihren Gipfel: hier ist die Täuschung, das Schmeicheln, Lügen und Trügen, das Hinter-dem-Rücken-Reden, das Repräsentieren, das im erborgten Glanze leben, das Maskiertsein, die verhüllende Konvention, das Bühnenspiel vor anderen und vor sich selbst, kurz das fortwährende Herumflattern um die eine Flamme Eitelkeit so sehr die Regel und das Gesetz, dass fast nichts unbegreiflicher ist, als wie unter den Menschen ein ehrlicher und reiner Trieb zur Wahrheit aufkommen konnte."

Weblink:

»Über Wahrheit und Lüge im außermoralischen Sinn« - Friedrich Nietzsche - www.textlog.de