In seiner Schrift »Morgenröte« - vor genau 130 Jahren Anfang Juli 1881 herausgegeben - gelangt Friedrich Nietzsche zu einer philosophischen Reife - und zwar durch Distanz zu dem Objekt und durch zunehmende Objektivität bei der Betrachtung. Hierin findet sich eine Rücknahme des subjektiven Pathos, eine weniger schroffe und weniger leidenschaftliche Darstellung, Reflexion und ein besser kontrollierter Abstand vom Strudel der Gedanken.
Friedrich
Nietzsche (1844-1900) gilt als "lauter" Denker. Aggressiv, feinhörig –
ein Seismograf der Moderne und genialer Rhetoriker.
Gerade
deshalb war und ist er wie kaum ein anderer über die akademischen
Grenzen hinaus wirksam geworden. Seine Schriften sind faszinierend – sie
ziehen an, durch das, was sie abstoßen. Hierin besteht der Reiz sich in
sein Denken zu begeben. In dieser Sendung zeigt sich aber ein anderer
Nietzsche. Ein Nietzsche, der dem Ernst des Lebens und der Philosophie
eisig ins Gesicht blickt und dabei zu lachen beginnt. Warum? Wie kommt
er dazu? Und welche Rolle spielt dieses Lachen in Nietzsches Denken?
Diese
Fragen versuche ich mit einem besonderen Gast zu klären, die sich in
ihrer wissenschaftlichen Arbeit intensiv mit dem Aspekt des Lachens in
Nietzsches Philosophie beschäftigt hat – Katia Hay. Mit Nietzsche lachen! Es lohnt sich!
Nietzsche beginnt erkennbar seinen eigenen Weg als Philosoph zu gehen. Sicher im Stil, theoretisch offener und abgewogen im Urteil, zieht er in der »Morgenröte« gegen die Moral zu Felde und bedient sich dabei der Wissenschaft, bei der es sich einzig und allein um eine Intuition auf der Grundlage einer normatlen, unmittelbaren oder mittelbaren Erfahrung handelt - was man bei ihm als historische Intuition bezeichnen könnte.
Dem Individuum, sofern es sein Glück will, soll man keine Vorschriften über den Weg zum Glück geben: denn das individuelle Glück quillt aus eigenen, jedermann unbekannten Gesetzen, es kann mit Vorschriften von außen her nur verhindert, gehemmt werden.
Nietzsche begibt sich zu seiner historischen Analyse an neue Lektüren, philosophische und wissenschaftliche, um seinen Überlegunen ein solides Fundament zu verleihen. Er liest Werke von Positivisten wie John Stuart Mill, Comte, Spencer, Littre und auch biologische Abhandlungen wie die von Semper. Auch das Christentum wird ihm hierbei zum Studienobjekt.
Die Grundlagen und Bezugspunkte seiner Philosophie haben sich 1880 bereits sichtbar verschoben. Losgelöst vom Einfluss Richard Wagners und Artur Schopenhauers, ist er reif genung, um die These zu entwickeln, dass die Welt keine moralische Bedeutung hat, wie es Schopenhauer und das Christentum voraussetzen. Er beginnt, der Welt ihre moralische Bedeutung abzusprechen. Die »Morgenröte« taucht ein in das Licht der Erkenntnis und lotet in einer historischen Analyse die Bedeutung der Moral im geschichtlichen Vergleich aus.
Die einen regieren, aus Lust am Regieren,
die andern, um nicht regiert zu werden: -
diesen ist es nur das geringste von zwei Übeln.
Die »Morgenröte« zeugt vom hohen moralischen Anspruch des »Philosophen der Unzeitgemäßheit«. Nietzsche charakterisiert "Moral" als "wahre" Wirklichkeit, die der Rechtfertigung politischer Herrschaftsansprüche und der Steuerung sozialen Verhaltens dient und damit ein ideologisches Moment besitzt.
Weblink:
Friedrich Nietzsche - www.die-biografien.de
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