Samstag, 20. September 2025

Der große Glockenschlag des Mittags

»Was ich gedacht habe, hat noch niemand vor mir gedacht! - Ich bin Dynamit!« - hatte Nietzsche einst in prophetischer Weissagung zur Wirkung seines philosophischen Gedankengutes vorausgesagt. Der Donnerschlag blieb nicht aus - schon gar nicht, wenn jemand so gründlich zertrümmert wie Nietzsche. Ein bedeutender Jünger und Eiferer war der deutsche Dikator Adolf Hitler, der sich an Nietzsches Philosophie - oder was er davon zu verstehen glaubte - weitaus mehr als nur gedanklich ereiferte.


Die Wahlverwandschaft zwischen Nietzsche und Hitler erstreckt sich auf eine prägnante Beziehung:

Nietzsche als der Künder und Denker und Hitler als Täter und dessen Testamentsvollstrecker. Den Gedankensturm, den der unzeitgemäße Philosoph entfacht hatte, setzte Hitler 50 Jahre später in einen zeitgemäßen Tatensturm um. Der unzeitgemäße Philosoph und der zeitgemäße Diktator gingem eine Symbiose ein.


In der Weltgeschichte würde eine solche Wahlverwandschaft in ihrer Konsequenz auf keinen anderen Diktator zutreffen. Die 1888 entstandene Streitschrift »Zur Genealogie der Moral« lässt sich geradezu als Verkündigung des Diktators werten. Darin ist zu lesen:







»Dieser Mensch der Zukunft, der uns ebenso vom bisherigen Ideal erlösen wird als von dem, was aus ihm wachsen mußte, vom großen Ekel, vom Willen zum Nichts, vom Nihilismus, dieser Glockenschlag des Mittags und der großen Entscheidung, der den Willen wieder freimacht, der der Erde ihr Ziel und den Menschen ihre Hoffnung zurückgibt, dieser Antichrist und Antinihilist, dieser Besieger Gottes und des Nichts - er muß einst kommen ...«






Die Prophezeihung ging tatsächlich in Erfüllung: In Italien kam zunächst 1922 der selbsternannte »Duce« Mussolini als faschistischer Tribun nach seinem Marsch auf Rom an die Macht. Auch der spätere Heilsverkünder Hitler hörte damals die Botschaft bereits wohl, er hätte - quasi als Anhänger Zarathustras - die prophetische Ankündigung auch als persönliche Berufung auffassen können. Er faßte just in dieser Zeit den verhängnisvollen Entschluß, Politiker zu werden.


Seine Zeit aber sollte noch kommen. Er erlebte den großen Glockenschlag des Mittags zehn Jahre später bei der Machtergreifung im Januar 1933. Sein Wille zur Macht und seine Wille zur Tat ebneten den Weg zur größten Katastrophe des 20. Jahrhunderts. - Auch er war Dynamit!


Nietzsche-Lektüre:

Genealogie der Moral
Genealogie der Moral von Friedrich Nietzsche

Zarathustra
Zarathustra

Jenseits von Gut und Böse
Jenseits von Gut und Böse


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