Samstag, 18. Juni 2016

Ist der Mensch von Natur aus faul?

Die Schweizer haben an diesem Sonntag über das Grundeinkommen abgestimmt. Und sie haben mit überwältigender Mehrheit für den herkömmlichen Sozialstaat plädiert – und damit gegen ein Grundrecht auf subventionierte Faulheit. Aber geht es bei dem Grundeinkommen wirklich um die Subvemntion von Faulheit- wie manche bürgerliche Journalisten und Kommentatoren den Bürgern weißmachen wollen?

Über das Für und Wider eines bedingungslosen Einkommens streiten sich Politiker, Anthrologen, Theologen und Journalisten. Die einen befürworten einsoclhes Einkommen, die anderen sind strikt dagegen, weil sie den Menschen von Natur aus faul halten.

Inzwischen ist man immer mehr zu der Erkenntnis gekommen, dass wir Menschen intrinsisch motiviert sind, etwas mit dem, was wir tun, zu schaffen und daran Freude zu haben. Wir sehen also zwei Lager. Jene, die den Menschen als von Natur aus faul im Sinne eines Nutzenmaximierers sehen, und Jene, die wissen, dass man mit aktiver Motivation gerade beim kreativen Schaffen genau das Gegenteil bewirkt. Siehe die X-Y-Theorie. Prof. Dueck hat in einem seinem Buch Abschied vom Homo Oeconomicus darauf hingewiesen, dass während einer gut laufenden Konjunktur die Y-Menschen gesucht sind, da sie Menschen zu mehr Kooperation im Team führen können, während in schlechten wirtschaftlichen Zeiten mehr die X-Menschen gesucht werden, die in der Lage sind, die Teams ohne Gewissensbisse schneller zu verkleinern.

Kooperation anstelle von Konkurrenz

Es setztt die Überzeugung durch, dass wir mit Kooperation anstelle von Konkurrenz (-> FB-Gruppe) sowohl ökonomisch als auch gesellschaftlich viel weiter kommen können. In der Konkurrenz geht es um Gewinner und Verlierer. Aber unterm Strich ist es nur ein Nullsummenspiel. Denn die Verteilmasse ist immer die gleiche. Aber beide Seiten müssen redundant agieren und Ressourcen verbrauchen. Die Gewinnlust ist aber schnell dahin, während der Verlustfrust lange währt und sich einbrennt. Wir müssen nur auf die über 3 Millionen an Depression erkrankte schauen.

Von Darwin wissen wir, das der besser Angepasste sich durchsetzt. Leider hat man damals zu kruz interpretiert und gemeint, dass Konkurrenzkampf zu immer Stärkerem führt. Also wurde alles im Leben zum Kampf. Die Amerikaner fördern früh den Sport, damit sich die jungen Männer zeitig auf ihren Kriegseinsatz vorbereiten konnten. Die Ökonomen plädieren für möglichst viele Firmen mit gleiche Produkten, so dass über die Vielfalt immer mehr Besseres entsteht und die Preise niederig bleiben. Paradoxerweise schulen sie aber auch Methoden, wie Firmen zu einer Monopolstellung gelangen können.

Braucht es eine neue Gesellschaftsordnung?

Aber wer Darwin genauer liest, der wird auch sehen, dass sich die Stärke des Menschen gerade durch seine kooperativen Fähigkeiten ergab. Als Einzelwesen hätte er kaum eine Chance gehabt. In der Kooperation hat er sich klar behaupten können. Mit diesem Thema hatte sich einer der ersten Anarchisten, Peter Kropotkin, auseinandergesetzt und plädierte daher dafür, nicht gegeneinander zu kämpfen sondern miteinander das Leben zu meistern. Es geht also im Frieden und Organisation und das auch noch ohne Hierarchien, denn es sollte Niemand über einen Anderen herrschen.

Leider gab es ein paar Jahre zuvor einige wenige Anarchisten, die meinten, den Frieden erbomben zu müssen. Die Medien hatten das damals so stark ausgeschlachtet, dass wir heute in unsere Nachrichten immer noch unsere Journalisten das Wort Anarchie im Zusammenhang von Gewalt und Chaos hören müssen. Aber ab dem Zeitpunkt der Erstveröffentlichung 1902 seines gerade neu aufgelegten Buches „Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Menschenwelt“ (siehe auch den Artikel „Empathie“, „Kooperation“ und „Solidarität“ beim humanistischen Pressedienst), ist es wieder richtig friedlich geworden (siehe Horst Stowasser in seinem Buch über Anarchie), so wie wir das gerade bei der spanischen, verlorenen Generation sehen.

Nicht Faulheit sondern Brennen im Wirken

Wir Menschen sollten also vollständig auf die Welt kommen, mit einer Veranlagung, uns jeden Tag verbessern zu wollen. Wir brauchen nur auf unsere Kleinsten zu schauen, wie sie erst Krabbeln, dann Laufen und Sprechen wollen, ums uns dann Löcher in den Bauch zu fragen. Und sobald wir sie dann in die Mühlen der Schule schicken, zerstören wir ihren Forscherdrang, dann bekommen sie nach Plan Information eingetrichtert, damit sie später in den Firmen nutzbringend ihre Arbeit verrichten können. Prof. Dueck hat hierzu einen hörenswerten Vortrag zur Reformierung unseres Bildungssystems vor ein paar Wochen gebracht, bitte unbedingt anhören: Ausbildung 2.0 – es ist an der Zeit, unser 200 Jahre altes, industriell-fertigendes Bildungssystems auf den Kopf zu stellen.

Wenn der Mensch also von Natur aus etwas schaffen will, und wie Gebhard Brock in seinem Buch Affenmärchen – Arbeit frei von Lack & Leder sehr deutlich macht, gerade dann, wenn er es als sinnvoll erachtet, dann gibt es keine Grenzen für ihn. Ich hatte diese Woche Gelegenheit, Prof. Frithjof Bergmann live darüber berichten hören dürfen, wie er sich das neue Arbeiten in einer neuen Kultur vorstellt.

Er sieht uns mitten einer Transmorphose, dessen Ende entweder der totale Niedergang ist oder wir in einem neuen Bewusstsein eine Gesellschaft entstehen lassen, in der keiner mehr verlieren muss.

Und wenn wir davon ausgehen können, dass der Mensch nicht faul sein will sondern für sich etwas sinnvolles Schaffen will, und das auch noch am besten im Team kooperierend, warum sollten wir uns dann nicht auch eine würdigere Basis geben und uns ein bedingungsloses Grundgehalt zahlen?

Ich bin sicher, dass dies die richtige Freiheit bedeutet. Wenn sich jeder Mensch keine Gedanken mehr machen muss, was er morgen zu essen hat und ob er zum Schlafen ein Dach über dem Kopf hat, dann wir er sich die für ihn sinnstiftende Beschäftigung suchen. Wir würden damit aufhören, unnütze Dinge redundant zu produzieren. Wir würden darauf achten, dass wir mit unseren Ressourcen nachhaltig umgehen.

Konsequenzen

Da jeder Mensch seiner sinnvollen Arbeit nachgehen würde, gäbe es kaum noch Verbrechen. Und wenn es welche gäbe, könnte anstelle der Bestrafung für Wiedergutmachung gesorgt werden.

Wir würden Alle viel weniger für die Grundbedürfnisse arbeiten müssen. Wir bräuchten weniger Polizei, Richter und Juristen. Und wenn wir uns anarchisch organisierten, viel weniger Verwaltung.

Braucht es ein anderes Geldsystem?

Aber all dies würde dennoch nicht wirklich funktionieren, wenn wir mit unserem alten, auf Zins basierten Geldsystem weitermachten. Wie ich in dem Artikel Mit fließendem Geld anstelle unseres statischen geht es auch mit unserer Gemeinschaft wieder richtig gut – von einer Fairconomy dargestellt habe, muss es umgestellt werden, da wir sonst alle paar Jahre eine Finanzkrise erleben, wie die jetzige oder noch schlimmer einen Krieg, um wieder von vorn anfangen zu können.

Die Rolle des Internets

Die Frage ist nur, wie stellen wir es an, dass all dies geändert wird? Trauen wir dies unseren derzeitigen Parteien zu? Wie können wir unsere Parteien davon überzeugen, dass es anders werden muss? Vielleicht wäre ja der allererste Schritt, wenn wir zu mehr direkter Demokratie kommen, so wie sich die aktuelle Bewegung „Echte Demokratie jetzt“ gerade anschickt, auch in Deutschland eine solche einzufordern. Der Politikstudent Sebastina Jabbusch ist davon überzeugt, dass gerade das Internet uns zu mehr Demokratie führt, dass wir sie deshalb erwarten und einfordern.

Die Forderung nach einem bedingungslosen Grundeinkommen – hierzulande von Teilen der Linken, der Grünen, aber auch von Einzelkämpfern aus Wirtschaft und Wissenschaft erhoben – hat einen anderen Ansatz. Demnach hat jeder Mensch vom Tag eins nach seiner Geburt an einen Anspruch auf lebenslängliche, umfassende Alimentierung. Ob er sich einer Ausbildung unterzieht oder nicht, arbeitet oder nicht, sich anstrengt oder nicht, das alles ist sein Privatvergnügen. Das Grundeinkommen ist ihm sicher. So wird das Bibelwort Wirklichkeit: „Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“

Angeblich, so die Vorkämpfer für die staatlich finanzierte freie Wahl zwischen Arbeit und Vergnügen, werden die vom Grundeinkommen Beglückten sich keineswegs auf die faule Haut legen. Im Gegenteil: Frei von wirtschaftlichen Zwängen werden sie angeblich Höchstleistungen erzielen. Und sich anstrengen, damit genügend Geld beim Staat landet, um dieses wahre Paradies auf Erden zu finanzieren. Glückliche Menschen in einem glücklichen Land!


Gut möglich, dass ein Grundeinkommen solche Effekte hätte – in Einzelfällen vielleicht. Aber es hätte zwei weitere Effekte: Wer heute einfache, niedrig bezahlte Tätigkeiten ausübt, wird gar nicht mehr arbeiten, weil es sich nicht mehr lohnt. Und viele Leistungsträger werden weniger arbeiten, weil die zur Finanzierung des Grundeinkommens notwendigen massiven Steuererhöhungen ihnen die Lust an der Leistung vergällen.

Die Schweizer haben an diesem Sonntag über das Grundeinkommen abgestimmt. Und sie haben mit überwältigender Mehrheit für den herkömmlichen Sozialstaat plädiert – und damit gegen ein Grundrecht auf subventionierte Faulheit. Wie immer man zu unseren südlichen Nachbarn stehen mag – dumm sind sie jedenfalls nicht.

Weblinks:

Ist der Mensch von Natur aus faul? Oder wird er kurz nach seiner Geburt dazu verzogen? - https://faszinationmensch.com

Kein Grundrecht auf subventionierte Faulheit - Schweizer lehnen Grundeinkommen ab - www.tabularasamagazin.de

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