Samstag, 30. Juli 2016

Gesinnung gegen Verantwortung

Als In­dividuum kann man sich der Gesinnungsethik verpflichtet fühlen und allen Flüchtlingen helfen – obwohl das bei jenen, die sich diesbezüglich exponieren, meistens nur Rhetorik ist. Aber die Politik muss verantwortungsethisch handeln. Zurzeit ist aber in der Politik die grosse Stunde der ­Gesinnungsethik, wie Merkel sie uns vorführt. Auch wenn sie jetzt zurückzurudern versucht, der Schaden ist angerichtet. Wir werden bei diesen gewaltigen Zahlen eine ­islamische Parallelgesellschaft bekommen mit allen fatalen ­Folgen.

Konrad Ott baut seine Moralschrift auf der Unterscheidung von Gesinnungs- und Verantwortungsethik auf. Diese Unterscheidung trägt nicht weit, wenn sie überhaupt etwas taugt. Von Zeit zu Zeit wird sie als ideologisches Versatzstück einer konservativen Gesinnung aus der Mottenkiste geholt. Nachdem jede ernstzunehmende Gesinnungsethik nicht ohne Verantwortung auskommt und umgekehrt, gelingt es meist mühelos, die gefälligen Elemente so hervorzuheben, dass das vermeintlich Richtige herauskommt. Der Autor demonstriert das bis zum Überdruss – leider unfreiwillig.

Er zeichnet das Bild einer gesinnungsethischen Haltung, die, seiner Meinung nach, nicht nur einer grenzenlosen Zuwanderung das Wort reden müsse, sondern auch nichts von den Zuwanderern erwarten dürfe, ja sogar die Verweigerung von Mitarbeit oder Betrug letztlich gutheißen müsse. Nicht einmal die Mülltrennung wäre den Flüchtlingen aus einer gesinnungstheoretischen Haltung heraus zuzumuten. Es ist eben das Buch eines gesinnungsradikalen „Verantwortungsethikers“, der die Gesinnungsethik unbedingt skandalisieren will.

Die Logik der Gesinnungsethik geht von Menschenrechten und universellen Hilfspflichten aus. Das Menschenrecht auf Asyl bei politischer Verfolgung wird als zu eng befunden, da es nicht alle echten Fluchtgründe erfasst wie etwa Flucht vor Krieg, Bürgerkrieg, Terrorismus, Stigmatisierung sexueller Orientierung, extreme Armut, Klimawandel und vieles mehr. Zuflucht gewähren sollten wir letztlich allen Menschen in echter Not, sofern uns dies nicht überfordert.

Die Unterscheidung zwischen Flucht und Migration wird häufig abgelehnt. Damit begibt sich die Gesinnungsethik auf eine Bahn, an deren Ende kosmopolitische Ideale von globaler Freizügigkeit aller Menschen stehen, was einer Öffnung aller staatlichen Grenzen gleichkommt. Demgegenüber will Verantwortungsethik Zuwanderung begrenzen und steuern. Sie behält die Unterscheidung zwischen Flucht und Migration bei, fasst Fluchtgründe eng und hält es für zulässig, Anreize und Abreize zu setzen, etwa beim Asylbewerberleistungsgesetz.

Weblinks:

Zuwanderung und Moral
Zuwanderung und Moral
von Konrad Ott

Wie viel Moral darf es sein? - Gastbeitrag von Konrad Ott - www.ln-online.de

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