Samstag, 19. März 2022

Das Böse - die dunkle Seite des Menschen

Joker in Batman



Das Böse (althochdeutsch: bôsi, von vordeutsch *bausja- „gering, schlecht“, bezeichnet meist eine Handlung oder einen Willen, die oder der als unmoralisch bewertet wird. Die genauen Bewertungskriterien sind allerdings je nach philosophischer Ausrichtung verschieden.

In der Regel wird das Böse als Inbegriff des moralisch Falschen verstanden, eine das Weltgeschehen beeinflussende Grundkraft, die dem Guten gegenüber steht.

Das Böse ist für Nietzsche alles, was die Kräfte des Menschen schwächt, alles was er nicht aus seinem Instinkt heraus, sondern unter fremden Zwang denkt oder tut. Wenn der Mensch gedeiht, so waltet das Gute.

Einer der bekanntesten Aussprüche Burkes lautet: »Für den Triumph des Bösen reicht es, wenn die Guten nichts tun!« (»The only thing necessary for the triumph of evil is for good men to do nothing.«).

Goethes »Mephisto« nannte das Böse als sein eigentliches Element. - Das Böse ist mitten unter uns und zeigt unverhohlen seine häßliche Fratze. Das Böse schläft nie, sagt man. Wie sollte es auch, ist es doch stets hellwach. - Wir können manchmal auch nicht schlafen - sind wir deshalb böse? - Doch was ist eigentlich das Böse? Die Definitionen sind zahlreich, wie die Autoren Christian und Kerstin Lüdke betonen. „Das Böse tritt oft in Gestalt der Gewalt auf – also Täter auf der einen, Opfer auf der anderen Seite.“ Bei der Beobachtung böser Menschen haben sie Gemeinsamkeiten und Strukturen erkannt, die sie in diesem Buch vorstellen.



Die dunkle Seite des Menschen zeigt sich in seinen zahlreichen Facetten: Als Fratzen der Gewalt oder psychische Störungen. Wie kann man nun einen bösen Menschen erkennen? Wichtig ist die Tätereinschätzung und ein Gespür für die Situation. Die eigenen Gefühle sind das entscheidende Frühwarnsystem. „Der erste Eindruck stimmt oft“, sind die beiden überzeugt.

Häufig lassen sich bereits in der Jugend erste Auffälligkeiten ausmachen: Tierquälerei, unnatürlich langanhaltendes Bettnässen in fortgeschrittenem Lebensalter und jugendliche Brandstiftung können im Erwachsenenalter zu sadistisch veranlagten Tötungen führen. „Aber nicht jeder Junge, der diese drei Verhaltensauffälligkeiten aufweist, wird zum Serienmörder.“

Das Autorenpaar analysiert verschiedene Persönlichkeitstypen, den Zustand der Welt und wie alles zusammenspielt. Gleichzeitig zeigen sie dem Leser Möglichkeiten auf, selbstverantwortlich zu handeln und damit die Welt zu verbessern. Sie bieten Hilfestellungen für den richtigen Umgang mit Sadisten, Perversen und Psychopathen. Wichtig sei es, in gefährlichen Situationen souverän zu reagieren. Je mehr die Menschen ihre mentalen Muster kennen, desto besser sind sie gewappnet, verhängnisvolle Fehlentscheidungen zu treffen.

Zum Abschluss gibt das Buch Tipps, was Notwehr bedeutet und wo Opfer Hilfe finden können. „Entscheidend ist jedoch: Das Böse wird bleiben, es ist ein Teil des Menschen.“

Literatur:

Profile des Bösen
Profile des Bösen
von Christian Lüdke und Kerstin Lüdke
Philosohie-Artikel:

Nietzsche und das Böse - Mieke Mosmuller - www.miekemosmuller.com

Dienstag, 8. März 2022

Vor 75 Jahren: »Dialektik der Aufklärung« erschienen

Dialektik der Aufklärung
Dialektik der Aufklärung


Die Abhandlung »Dialektik der Aufklärung« deutschen Soziologen und Philosophen Theodor Adorno und Max Horkheimer erschien vor 75 Jahren am 8. März 1947.

In ihrem wahrscheinlich einflussreichsten Werk begreifen die beiden Autoren die Aufklärung nicht als Fortschritt der europäischen Geistes- und Kulturgeschichte, sondern als Nährboden für den Faschismus und andere totalitäre Systeme. Das Buch entstand im Exil, das Adorno zuerst in England und ab 1938 in den USA verbrachte. 1949 kehrten beide Philosophen nach Deutschland zurück und leiteten erneut das 1933 von den Nationalsozialisten geschlossene »Institut für Sozialforschung« an der Universität Frankfurt.

In Zusammenarbeit mit dem Sozialphilosophen Max Horkheimer verfasste Adorno das philosophische Werk »Dialektik der Aufklärung«. Die zweite Phase der kritischen Theorie der Frankfurter Schule kristallisiert sich in zwei Werken, die zu Klassikern des 20. Jahrhunderts wurden: Die »Dialektik der Aufklärung« von Horkheimer und Adorno sowie die »Minima Moralia« Adornos. Beide Werke entstanden während des Exils der Autoren in den USA zur Zeit des Nationalsozialismus.

Horkheim und Adorno kehren die Aufklärung gegen sich selbst, zerlegen sie und zeigen ihre dunklen und dunkelsten Seiten. Sie sagen nicht nur, moderner Fortschrittsglaube sei kalt und würde zu Katastrophen führen, sie zeigen auch sehr genau, weshalb dem so ist und wo bereits am Anfang der Aufklärung, als sie nach und nach die Mythen ablöste, ihre Grundproblem verankert liegt. Adorno und Horkheimer zeigen in diesem Werk brillant auf, welche Folgen die Aufklärung heraufbeschwor. Diese werden ausführlich behandelt, u. a. sei eine der Folgen die totalitären Regimes im 20. Jahrhundert.

Theodor Adorno ist von deutlicher Sympathie für Kant getragen, nicht aber für Hegel und erst recht nicht für Heidegger. Solange man nicht debil sei, erfahre man den Tod und seine Vorboten, die Krankheiten, als lebensfeindlich, als ichfremd.br />
Mit dieser kritischen Einstellung gegenüber den gegenwärtigen Werten und der Zeit, aus der sie hervorgehen, nämlich der Ratio idealisierenden Aufklärung, ist es kein Wunder, dass auch der abendländische Versuch, die Moral einer säkularisierten Gesellschaft zu retten, nicht verschont bleibt. "Die Morallehren der Aufklärung zeugen von dem hoffnungslosen Streben, an Stelle der geschwächten Religion einen intellektuellen Grund dafür zu finden, in der Gesellschaft auszuhalten, wenn das Interesse versagt."(S.92)

Doch die Aufklärung hatte auch negative Folgen für das Individuum, die von den Autoren aufgezeigt werden. So könne der Mensch durch die Aufklärung nicht nur aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit heraustreten, sondern auch durch andere aufgeklärte Menschen in die Unmündigkeit hineingezogen werden. Eine sicherlich sehr wichtige Erkenntnis, wenn man bedenkt mit welchen Mitteln heutzutage große Firmen Werbekampagnen erstellen, die nur darauf ausgerichtet sind Urinstinkte des Menschen zu wecken, auf die er reagiert. Möglich wurde dies nur durch ausgiebige Forschung, die den Menschen und seine Umwelt bis ins letzte Detail rationell zu erklären versucht und darum weiter und weiter forscht, bis auch das letzte Mysterium entmythisiert ist.

Sicher eines der wichtigsten Bücher des 20. Jahrhundert im Kontext von Philosophie und Gesellschaftstheorie von der Wirkmacht her. Und sicher eines der am meisten überbewerteten Bücher des 20. Jahrhunderts im Kontext von Philosophie und Gesellschaftstheorie

Horkheimer und Adorno haben mit diesem grundlegenen Werk der Sozialforschung wahrlich mehr geliefert als nur einige "philosophische Fragmente". Sie öffnen dem Leser völlig neue Perspektiven, sie vermitteln ihm Schattenseiten dessen, was wir immer wieder Lob preisen.


Literatur:

Dialektik der Aufklärung
Dialektik der Aufklärung
von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno

Samstag, 5. März 2022

Sloterdijk Gedanke zu Hollywood

Weltinnenraum des Kapitalismus


»Hollywood, die pazifische Bildermetropole, hat den mittelmeerischen Emissionszentren für Moralen und Mysterien, Rom und Jerusalem, seit einem halben Jahrhunderten den Rang abgelaufen. Seine Botschaften wenden sich von vorneherein nicht an die kleineren Kulturen, deren Märkte eng sind für die Produkte des neuen amüsanten Imperialismus. Doch wenn sie sich in zwei Dutzend Synchronisationen promoten lassen, versprechen sie schon ausreichende Gewinne.«

Peter Sloterdijk, »Im Weltinnenraum dee Kapitals«, Seite 214

Samstag, 26. Februar 2022

Der Zynismus sieht die Welt so, wie sie ist.

Kritik der zynischen Vernunft

Der Zynismus sieht die Welt so, wie sie ist.

»Zynismus ist der geglückte Versuch,
die Welt so zu sehen, wie sie ist.«

Jean Genet

Der Zynismus ist immer auch ein Spiegel der Gesellschaft. Krankt die Gesellschaft, wo wird sie zynisch.

»Intelligent sein und dennoch seine Arbeit verrichten – das ist unglückliches Bewusstsein in der modernen, aufklärungskranken Form.«


Gottfried Benn

Eine Gesellschaft erkrankt, wenn dem um sich greifenden Zynismus kein Einhalt geboten wird. Zynische Denkhaltung ist eine in Politik und Wirtschaft weit verbreitete Einstellung, die auf Gehorsam und Loyalität gründet. Zynische Denkstrukturen bestimmen die Gesellschaft. Und der wirklich versierte Zyniker trägt bei seinem - im praktischen Handeln angelegten - gepflegten Zynismus natürlich ein Siegerlächeln im Gesicht. Der neue Zyniker ist nach Peter Sloterdijk derjenige, der eine Machtposition innehat: »Dem diffusen Zynismus gehören längst die Schlüsselstellungen der Gesellschaft in Vorständen, Parlamenten, Aufsichtsräten, Betriebsführungen, Lektoraten, Praxen, Fakultäten, Kanzleien und Redaktionen.“ (S. 37). Er erinnert daran, wie Gottfried Benn, „selber einer der profilierten Sprecher der modernen zynischen Struktur“ in dieser formuliert hat: »Dumm sein und Arbeit haben, das ist das Glück.«

Natürlich gibt es auch eine Umkehrung diseer Medaille - soz. als genauer analoger Spiegeleffekt! Was in der Umkehrung eben heißt: »Intelligent sein und dennoch seine Arbeit verrichten – das ist unglückliches Bewusstsein in der modernen, aufklärungskranken Form« (S. 40). Dabei steht einem Zynismus der Mittel ein Moralismus der Zwecke gegenüber: Um moralisch hohe Ziele zu erreichen, kann man jedes, auch das tückischste Mittel einsetzen. Und genau so hat ja seit jeher die Macht, um ihre moralisch und demokratisch maskierten Zwecke zu erreichen, auch nie gezögert, unschuldige Opfer niederzumachen.

Samstag, 19. Februar 2022

Arthur Schopenhauer als Philosoph des Pessimismus

Arthur Schopenhauer


Arthur Schopenhauer glaubte, daß das Wesen der Welt im Pessimismus begründet liegt und daß dieser den Grundzug des Lebens darstellt. Viele zeitgenössische Erlebnisse haben Arthur Schopenhauer zu seinem pessimistischen Glauben geführt. Darunter auch das große Erdbeben von Lissabon im Jahr 1755.

"Das Leben ist eine missliche Sache, ich habe mir vorgesetzt, es damit hinzubringen über dasselbe nachzudenken." So begründete der junge Arthur Schopenhauer gegenüber dem 78jährigen Dichter Wieland in Weimar seine Absicht Philosophie zu studieren.

Schopenhauer gilt als Vertreter des Pessimismus, der das Leben als Leiden definiert hat. "Die Welt ist die Äußerung einer unvernünftigen und blinden Kraft; in ihr zu leben heißt leiden."


Im Gegensatz zu seinem Konkurrenten Hegel bestritt Schopenhauer, daß sich der Fortschritt auf Erden um Guten hin entwickelt. Und in dieser Annahme scheint ihn dieses Jahrhundert mit seinen Weltkriegen, Atombomben oder seinen Hunger-, Flüchtlings- und Umweltkatatrophen laufend zu bestätigen und Recht zu geben.


"Unter Schopenhauerianern finden sich auffallend viele Humoristen, und auffallend selten sind Wichtigtuerei, Verquastheit und Bombast. Anders als Hegelianer haben sie den Sinn für die komischen Details der Welt, deren zentrales sie selber sind."

Michael Maar

Samstag, 12. Februar 2022

Olympische Spiele stecken in einer Krise

Olympische Spiele stecken in einer Krise


Bei den Olympischen Spielen wird der olympische Geist beschworen, doch den Olympischen Spielen mangelt es an Ethos: Korruption, Dopingskandale, Kommerzialisierung, politische Einflussnahme: Die Olympische Bewegung steckt in einer fundamentalen Krise. Sie ist in großen Teilen selbst verschuldet. Die Olympischen Spiele sind zu einer Kommerzveranstaltung verkommen. Der Einfluß des Geldes wird besonders bei der herrschenden Korruption sichtbar.

Der Weltgeist zeigt sich mal wieder von seiner ironischen Seite: Ausgerechnet „Friede und Gedeihen“ heißt der Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2018, Pyeongchang, wörtlich übersetzt. Nichts liegt näher an den Idealen der olympischen Bewegung als Friede und Gedeihen. Nichts liegt in der olympischen Wirklichkeit aber ferner als dieses Begriffspaar. Friede ist weder innerhalb noch außerhalb der olympischen Gemeinde in Sicht. Gedeihen trifft es allenfalls dann, wenn man die überbordende Kommerzialisierung positiv sieht.

Die Olympische Idee hat durch fortlaufende Korruption, Dopingskandale, Kommerzialisierung, politische Einflussnahme Schaden genommen und enorm gelitten. Die Diskrepanz zwischen Idee und Realität lässt sich beliebig fortführen. Etwa mit dem scheinheiligen Kampf des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) gegen Doping, wie der Umgang mit dem russischen Betrug bei den Winterspielen in Sotschi 2014 deutlich gezeigt hat.

Hinzu kommt noch eine weitere negative Begleiterscheinung: Viele Wintersport-Traditionsorte wie Oslo und München können keine Winterspiele mehr ausrichten, weil massive Bürgerproteste aus Angst vor negativen ökologischen Folgen die Ausrichtung der Spiele verhindert haben.


Weblinks:

Olympische Krise: Missbrauchte Spiele - www.stuttgarter-zeitung.de

Olympische Spiele stecken in einer Krise - www.rp-online.de

Samstag, 5. Februar 2022

Kant und die Ethik


Was sind die ethischen Grundlagen für unser Handeln? Was sollen wir tun und lassen? Welche Prinzipien müssen wir Menschen - als Vernunftwesen - als moralischen Maßstab wählen? Das waren im Zeitalter der Aufklärung (17. und 18. Jahrhundert) Fragen, welche die fortschrittlichen Denker nicht mehr allein der Religion überlassen wollten.

Immanuel Kant, der wichtigste Philosoph der deutschen Aufklärung, ging nach seinem Motto "Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen" in seiner "Kritik der praktischen Vernunft" daran, systematisch die Frage nach den ethischen Grundlagen des Handelns zu klären. Er kam zu dem Schluss, dass wir uns in unserem moralischen Urteilen und Handeln aus dem Einflussbereich der subjektiven Sinnenwelt befreien können - indem wir uns der Vernunft bedienen. Unsere Vernunft zeigt uns das Prinzip, das ungeachtet aller speziellen Umstände die allgemein gültige Voraussetzung für unser moralisches Wollen und Handeln bietet: den berühmten "Kategorischen Imperativ".

Es handelt sich bei der Konzeption Kants zur Ethik um eine sogenannte deontologische Variante, was letztenendes bedeutet, daß Handlungen in ihrer "Güte" (Kant würde sagen: Sittlichkeit) nicht mehr von ihren Folgen her beurteilt werden ("hat mir und/oder anderen die oder die Handlung genutzt/mein Glück befördert ?"), sondern apriorisch, erfahrungsfrei, wird vorher ermittelt, ob die Handlung gut/sittlich sei oder nicht.

Kritiker kreideten Kant jedoch an, dass er positive emotionale Beweggründe wie Liebe oder Mitleid nicht als moralische Handlungsgrundlage gelten lasse. Außerdem bleibe in Kants formelhafter Umsetzung des Moralgesetzes kein Raum für Individualität. Dennoch ist Kants Werk bis heute eines der wichtigsten Bücher zur Ethik.

Samstag, 29. Januar 2022

Immanuel Kants kategorischer Imperativ

Immanuel Kant


Der Königsberger Denker Immanuel Knatwidmete sich den allgemeinen Grundlagen der Ethik und den verbindlichen Voraussetzungen alles sittlichen Handelns. Für Kant entsprangen die Prinzipien der Moral allein der menschlichen Vernunft: Indem Menschen sich als freie soziale Wesen begreifen, liegt es in ihrer Macht und Verantwortung, nach dem kategorischen Imperativ und damit moralisch gut zu handeln.

Der kategorische Imperativ wird als Bestimmung des guten Willens von Kant in der »Grundlegung zur Metaphysik der Sitten« vorgestellt und in der Kritik der praktischen Vernunft ausführlich entwickelt. Er lautet in einer seiner Grundformen:

„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“


Immanuel Kant

Der kategorische Imperativ ist eine zentrale Denkfigur innerhalb seiner transzendenten Philosophie und das grundlegende Prinzip moralischen Handelns in der Philosophie Immanuel Kants. Als Kriterium, ob eine Handlung moralisch sei, wird hinterfragt, ob sie einer Maxime folgt, deren Gültigkeit für alle, jederzeit und ohne Ausnahme akzeptabel wäre, und ob alle betroffenen Personen nicht als bloßes Mittel zu einem anderen Zweck behandelt werden, sondern auch als Zweck an sich.

Kant wertet das Individuum auf, indem es ihm die Entwicklung von Maximen und die Prüfung aufbürdet und zutraut, ob diese Maxime Allgemeingültigkeit biete und ertrage. Das geht nur in Autonomie, in Freiheit. Die Erfüllung dieser Aufgabe und die Befolgung der Resultate ist der Zweck des Individuums. Niemand darf das Individuum daran hindern, weshalb der Mensch, sagt Kant, nie nur als Mittel benutzt werden dürfe. En passant wird Kant so zum Begründer der Menschenrechte avant la lettre. Abgehalten wird der Mensch nicht nur von Dritten, die ihn nur als Mittel benutzen wollen, sondern auch von den Neigungen und Lüsten. Das alles führt zur Heteronomie, der Fremdleitung und Fremdbestimmung, wie wir heute vielleicht sagen können. Darum ist das das eminenteste Schimpfwort im kant'schen System.

Wie man zu einem Imperativ kommt, ist die eine Sache, was er impliziert und verlangt, das ist die andere. Kant verlangt nämlich, dass man sich dem selbstgezimmerten Imperativ auch unterwirft. Lust und Neigungen sind die natürlichen Feinde dieser Unterwerfung, sie sind deshalb böse und sie werden mit dem grössten kant'schen Schimpfwort belegt, der Heteronomie. Was aber ist zu gewinnen, wenn man sich dem Imperativ, auch das moralische Gesetz genannt, unterwirft? Man gewinnt Selbstachtung und Selbstgenügsamkeit und man schafft die Voraussetzung zur Glückseligkeit. Per aspera ad astra war schon immer der Leitsatz der Manichäer und der Klöster.

Literatur:

Kritik der praktischen Vernunft
Kritik der praktischen Vernunft

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Samstag, 22. Januar 2022

Karl Lauterbach und der Kategorische Imperativ

Immanuel Kant


Die Politik steckt hinsichtlich der Pandemie-Bekämpfung in einer Zwickmühle: Solange mit bestehenden Regeln oder deren Verschärfung die Pandemie bekämpft werden kann, darf keine allgemeine Impflicht eingeführt werden. Wo es der Verpflichtung zur Pflicht ermangelt, schlägt die Stunde des moralischen Gebotes, in der die Einhaltung der Moral zur Pflicht wird.

Karl Lauterbach hat in seiner Bundestagsrede den Kategorischen Imperativ von Kant bemüht und dabei an die Solidarität beim Impfen appeliert. Wer einem Menschen, der für sich selbst eine „aufgeklärte Entscheidung“ gegen eine Impfung trifft, eine unmoralische Handlungsweise unterstellt, kann sich niemals auf Kant berufen.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach meinte in seiner Bundestagsrede, sich nicht gegen COVID-19 impfen zu lassen, verstoße gegen Immanuel Kants kategorischen Imperativ. Damit versuchte Lauterbach die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht moralisch zu rechtfertigen. Dies ist aber eine eindeutige Fehlinterpretation des KI und das gleich in mehrfacher Hinsicht.

Der kategorische Imperativ ist das grundlegende Prinzip moralischen Handelns in der Philosophie Immanuel Kants. Als Kriterium, ob eine Handlung moralisch sei, wird hinterfragt, ob sie einer Maxime folgt, deren Gültigkeit für alle, jederzeit und ohne Ausnahme akzeptabel wäre, und ob alle betroffenen Personen nicht als bloßes Mittel zu einem anderen Zweck behandelt werden, sondern auch als Zweck an sich.

Der kategorische Imperativ wird als Bestimmung des guten Willens von Kant in der »Grundlegung zur Metaphysik der Sitten« vorgestellt und in der Kritik der praktischen Vernunft ausführlich entwickelt. Er lautet in einer seiner Grundformen: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“
Was kann Kant in Zeiten einer Pandemie die Menschen lehren? - Vor allem, sich moralisch so zu verhalten, als ob eine Handlung Gültigkeit für alle, jederzeit und ohne Ausnahme akzeptabel ist.


Literatur:

Kritik der praktischen Vernunft
Kritik der praktischen Vernunft

Lehre des Konfuzianismus


Konfuzianismus ist der Begriff für Philosophien und politische Vorstellungen, die sich in die Tradition des Konfuzius und seiner Schüler stellen. Konfuzius’ Schule wird in China auch als Rujia bezeichnet, was Schule der Gelehrten bedeutet. Der heutige Begriff Konfuzianismus geht auf christliche Missionare zurück, die im 17. Jahrhundert den Namen des Begründers der Schule, (Kongzi / Kongfuzi) latinisierten.

Konfuzius wurde von seinen Anhängern als Vorbild und Ideal verehrt, seine moralischen Lehren und eigene Lebensweise als mustergültig angesehen. Der Konfuzianismus gehört neben dem Buddhismus und Daoismus zu den „Drei Lehren“. Er prägt seit vielen Jahrhunderten die chinesische Kultur und Gesellschaft und beeinflusst den Alltag in China, Japan, Korea, Singapur, Vietnam und auf Taiwan.

Weil Konfuzius' Meinung nach die Ordnung durch Achtung vor anderen Menschen und Ahnenverehrung erreichbar sei, erhielten Anstand und Sitte sowie kindliche Pietät die wichtigste Stellung im praktischen Leben. Kinder sollen die Ahnenverehrung fortsetzen, weswegen Kinderlosigkeit als großes Unglück gilt. Die Summe aller Tugenden ist die wirkliche Menschlichkeit (chin. 仁 ren). Sie allein zeigt, wer innerhalb der Ordnung loyal, gerecht und ehrlich handelt.

Wer dem Anstand und der Sitte entsprechend lebt – also der Etikette, den Riten und der Sitte nach – und sich für die Ahnen aufopfert, verändert sich allein dadurch zum Guten. Das löst einen Dominoeffekt aus, der auf seine Mitmenschen und schließlich den gesamten Kosmos wirkt, was die eigentliche Urordnung wiederherstellt. Das heißt:

Verhalte ich mich korrekt, ist die Familie in Harmonie.
Wenn die Familien in Harmonie sind, ist es auch das Dorf.
Sind die Dörfer in Harmonie, ist es auch die Provinz.
Sind die Provinzen in Harmonie, dann ist es auch das Reich.
Sind die Reiche in Harmonie, dann ist es auch der Kosmos.

Deswegen soll der Mensch auch stets das Gemeinwesen und das Staatsinteresse im Auge haben.

Samstag, 15. Januar 2022

Über die Lehre der Stoa

Zeonon von Kition

Stoizismus ist in krisenhaften oder unruhigen Zeiten nicht die schlechteste Methode, um ungünstigen Umständen entgegenzutreten.

Der Stoizismus ist viel mehr als nur Philosophie, er ist zugleich eine Weisheit und auch eine Lebenshaltung. Nach den Prinzipien der Stoiker zu leben bedeutet, eine wirkliche und handfeste Gebrauchsanleitung für dein Alltagsleben in den Händen zu halten. Nicht umsonst erleben die Stoiker Seneca, Epiktet und Marc Aurel heute so eine atemberaubende Renaissance.

Der Stoizismus lehrt, nach einer Reihe von Werten zu leben, die zu emotionaler Belastbarkeit, ruhigem Selbstvertrauen und einer klaren Lebensführung beitragen. Er ist ein Leitfaden für das Leben, der auf Vernunft statt auf Glauben basiert, ein Leitfaden, der uns in unserem Streben nach Selbstbeherrschung, Durchhaltevermögen und Weisheit unterstützt.

Die Lehre der Stoa versucht, einen Weg zu bereiten, den Dingen, die uns im Leben stressen oder ängstigen positiv entgegenzutreten und sie zu etwas besserem umzuwandeln. Die Lehre der Stoa macht uns zu besseren Menschen und lehrt uns, wie wir uns im Leben auszeichnen können.

Stoizismus macht uns durch die Herausbildung von beruhigend wirkenden Tugenden zu besseren Menschen und lehrt uns, wie wir uns im Leben tugendhaft auszeichnen können. Ausgeglichenheit sorgt für innere Ruhe. Ruhe ist das Gegenteil von Unruhe, Aufgeregtheit, Nervosität und Stress. Während Gelassenheit den emotionalen Aspekt betont, bezeichnet Besonnenheit die überlegte, selbstbeherrschte Gelassenheit, die besonders auch in schwierigen oder heiklen Situationen den Verstand die Oberhand behalten lässt.

Der Stoizismus hat sich als Vorteil in der praktischen Lebensführung erwiesen, bietet er doch Techniken an, anhand derer Menschen zu innerer Ruhe gelangen können.Viele erfolgreiche Menschen aus allen möglichen Bereich geben an, stark von der stoischen Lebensweise beeinflusst worden zu sein.

Die Stoiker und ihre stoische Lebensweise sind unglaublich alltagstauglich und die Weisheit, die viele hundert Jahre zurück reicht, ist zeitgemäßer denn je. Richtig angewandt können Menschen ein wesentlich entspannteres Leben leben und sich den wirklich wichtigen Aspekten widmen.


Literatur:

Die Macht des Stoizismus: Wie Sie mit Hilfe der antiken Philosophie und der Lehre der Stoa zum eisernen Stoiker werden Die Macht des Stoizismus: Wie Sie mit Hilfe der antiken Philosophie und der Lehre der Stoa zum eisernen Stoiker werden von Manuel Nikolaidis

Mittwoch, 12. Januar 2022

John Locke - Vordenker der Aufklärung

John Locke

John Locke war ein einflussreicher englischer Philosoph und Vordenker der Aufklärung. Er war die ersten dreißig Jahre seines Lebens ein recht zufriedener Mensch. Er war einverstanden mit den Verhältnissen und freute sich, als die Monarchie in England nach der Cromwell-Zeit wieder hergestellt wurde. Er wünschte sich eine Regierung mit starker Hand. Er bekannte sich zur anglikanischen Staatskirche und stand zum „Uniformitätsgesetz“, das für die strikte Einheit der Religion sorgte.

Als Locke 1665 den Kontinent besuchte, verblüffte ihn zwar die tolerante Haltung des Kurfürsten von Brandenburg, der den christlichen Konfessionen Religionsfreiheit zugestand. Er sah darin jedoch keinen Anlass, seine autoritätsgläubige Haltung zu revidieren. Dass er zum Prototyp des Aufklärers wurde, dessen Schriften beinahe das ganze 18. Jahrhundert über für gedankliche Unruhe sorgten, verdankte er nicht der Lektüre eines philosophischen Werks, nicht der konsequenten, entbehrungsreichen Gedankenarbeit, nicht der allmählichen Erhellung durch das Licht der Vernunft und nicht dem Leiden an Intoleranz und Machtanmaßung. Schuld daran war allein eine zufällige Begegnung.


Im Jahr 1666 lernte Locke Anthony Ashley Cooper, den First Earl of Shaftesbury, kennen. Der wendige Hofpolitiker charmierte ihn auf der Stelle. Umgekehrt beeindruckte der junge Gelehrte den Adligen durch seine philosophischen und naturwissenschaftlichen Kenntnisse. So entstand aus dem Bündnis von Weisheit und Klugheit, von Wissenschaft und kultivierten Umgangsformen, von strengem Forschergeist und lebendiger Geselligkeit das Programm religiöser Toleranz, politischer Freiheit und intellektueller Selbständigkeit.

Nach einem Studium von Naturwissenschaft, Medizin und Staatslehre lernte er Lord Shaftesbury kennen. Als dieser Lordkanzler wurde, erhielt Locke ein Staatsamt, das er beim Sturz des Lords wieder verlor.

In seinem Hauptwerk »Ein Versuch über den menschlichen Verstand« ging Locke davon aus, dass sich Erkenntnis nur durch Erfahrung gewinnen lässt und wurde so zum Begründer des englischen Empirismus. Locke widersprach Descartes' Lehre von der Existenz angeborener Ideen.
Locke forderte in seinen politischen Schriften Gewaltenteilung, persönliche Freiheit, Gleichberechtigung und Recht auf Eigentum.

In seinem Werk »Two Treatises of Government« argumentiert Locke, dass eine Regierung nur legitim ist, wenn sie die Zustimmung der Regierten besitzt und die Naturrechte Leben, Freiheit und Eigentum beschützt. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, haben die Untertanen ein Recht auf Widerstand gegen die Regierenden.

Nachdem Locke in seinem »Essay on Toleration« erst einmal den Gedanken gefasst hatte, daß Toleranz ein Regierungssystem besser stabilisiert als der Wille zur strikten Kontrolle, gaben sich die Ideen der Aufklärung in seinem Kopf die Klinke in die Hand. Er entfernte seinem Mentor einen gewaltigen Tumor unter den Rippen, lernte im Freundeskreis Ashleys guten Wein kennen und die richtigen Fragen zu stellen. Dann verfasste er mit dem „Essay concerning Human Understanding“ das erkenntnistheoretische Manifest des Empirismus und bald darauf seine „Abhandlungen über die Regierung“, die die Menschenrechte erkundeten.

Weblink:

John Locke - www.famousphilosophers.org


Video:

Political Theory - John Locke

John Locke und die Volkssouveränität

Philosophenwelt-Blog

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Samstag, 8. Januar 2022

»Weltinnenraum des Kapitalismus« von Peter Sloterdijk

Weltinnenraum des Kapitalismus


Peter Sloterdijks Philosophie lebt von Metaphern, aus denen er erzählende Bilder und Narrative macht. Sloterdijk hat in seiner phantastischen Welterkundungs- und Welteroberungsphilosophie die globalisierte Welt, die in ein Innen und Außen geteilt wird, in einer historisch- und geo-philosophischen Betrachtung in Gedanken gefasst. Sloterdik liefert eine historisch-philosophische Analye der terrestrischen Globalisierung Es ist ein - um in der Terminologie Nietzsches zu sprechen - apollinisches Buch der erhellenden Erkenntnis mit vielen philosophischen Entzückungsspitzen.

Sloterdijk ruft in seinem Werk zu einer Analyse der Globalisierung aus philosophischer Sicht auf - um der "Monopolisierung des Globalisierungsdiskurses durch Politologen und Soziologen" und dem "amateurhaften Gebrauch von Termini" etwas entgegenzusetzen.

Sloterdijk untersucht in seinem hellsichtigen Werk die historische Entwicklung der Globalisierung - angefangen bei Kolumbus Reise nach Indien. Sehr vorausschauend erscheinen einige der Gedanken Sloterdijks: Am Vorabend der Weltfinanzkrise prophezeite er in seinem 2006 erschienenen Werk, daß mit der derzeitigen Form der Globalisierung die Endphase ("Sättigungsphase") einer Entwicklung eingeläutet werde, die vor einem halben Jahrtausend mit den großen Entdeckungsreisen begonnen habe.

»Der kapitalistische Weltinnenraum« ist als sozialtopologischer Ausdruck zu verstehen, der für die interieurschaffene Gewalt der zeitgenössischen Verkehrs- und Kommunikationsmedien eingesetzt wird: Er umschreibt den Horizont der vom Geld umschlossenen Zugangschancen zu Orten, Personen, Waren und Daten. S. 308

Als "Weltinnenraum" versteht Sloterdijk die "Komfortzone" der Globalisierungsgewinner, die lediglich ein Viertel der Weltbevölkerung ausmachen. Den Globalisierungsverlierern aber bleibe der Zugang zu diesem Weltinnenraum durch eine unsichtbare, aber undurchdringlich harte Schale verwehrt. Die der Globalisierung zugrunde liegende Ideenwelt fuße auf einem unverbesserlichen Eurozentrismus, der sich mit kolonialistischer Weltausplünderung verschmolzen habe.

In einigem aber irrte Sloterdijk: So nahm er an, dass die Zeiten vorüber seien, in denen auf einfachen Konzepten basierende Doktrinen attraktiv erscheinen könnten. Das Gegenteil scheint heute der Fall zu sein: Fanatisch unzugängliche Gegenbewegungen haben sich entwickelt, die für den tradierten Diskurs mit Andersdenkenden nicht nur nicht mehr zugänglich sind, sondern in einer Mischung aus Egozentriertheit und Brutalität sogar rücksichtsloseste Gewaltanwendung für ganz natürlich und sogar unerlässlich halten. Und waren es nicht gerade linear-schlicht denkende Geister, die den Nährboden schufen für eine Globalisierung unter dem Vorzeichen einer hemmungslosen Ausbeutung natürlicher und personaler Ressourcen?

Diese auf Machtspiele konzentrierten und in ihnen gefangenen Geister dürfen sich nicht wirklich über die Entstehung irrational erscheinender Gegenbewegungen wundern, die - in einer teilweise unbewussten, jedenfalls aber logisch erscheinenden Reaktion - den Kampf gegen eine wert(e)lose und überhebliche Kultur der Maßlosigkeit aufgenommen haben. Vielleicht hat das Ende der Globalisierung schon begonnen.

»In der nautischen Globalisierung sollte ein Zeitalter lang alles zusammenströmen,
was unruhige Europäer unternahmen, um sich aus ihren
älteren sphärischen Verankerungen und lokaklen Hemmungen loßzureißen.«

»Was man die europäische Expanssion genannt hat, ist nicht ursächlich in der christlichen Expansionsidee verwurzelt; vielmehr wird durch die Expansion und das systematisierte koloniale und merkantile Risikohandeln über große Entfernungen hinweg das Missionieren, Übermitteln und Bringen als ein Tätigkeitstyp eigenen Rechts freigesetzt.«


Ob der allerorten bewunderte "anspruchsvolle" Sprachstil des Autors angemessen oder überzogen kompliziert ist, muss jeder Leser für sich selbst entscheiden: Jedenfalls hätte Sloterdijk ohne Schaden für sein Werk zumindest auf solche Fremdwörter verzichten können, die sich noch nicht einmal in einem Fremdwörterbuch befinden. Der Autor hat es bestimmt nicht nötig, seine (unbestrittene) Autorität durch im Wort-Spieltrieb entstandene (und für den gemeinen landläufigen Leser unverständliche) Wortgeschöpfe noch einmal besonders eindrucksvoll hervorzuheben. (Empfehlung für den Leser: Einfach darüber hinweglesen - der Sinn des Textes verändert sich dadurch kaum...) ;) Einfacher wäre zweifelsohne nicht nur möglich, sondern manchmal auch mehr gewesen.

Literatur:

Weltinnenraum des Kapitalismus von Peter Sloterdijk

Erkenntnistheoretischer Skeptizismus


Philosophie ist ein skeptisches Geschäft, das vom Zweifel der bestehenden Erkenntnis lebt. Der Zweifel ist Grundlage für neue Erkenntnis. Nur wo gezweifelt wird, kann sich auch das Denken verändern. Wo der methodische Zweifel vorherrscht, da ist Philosophie eine Disziplin neuer Erkenntnis.

Der erkenntnistheoretische Skeptizismus, der zu einer undogmatischen Bescheidenheit aufruft, ist philosophiegeschichtlich nicht neu. Er lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen und spielte auch in der neuzeitlichen Philosophie eine große Rolle.

So erhob der Philosoph des methodischen Zweifelns René Descartes den Zweifel sogar zu einem methodischen Prinzip - um ihn freilich mit Hilfe (allerdings nicht überzeugender) "Gottesbeweise" wieder außer Kraft zu setzen. Viel konsequenter und auch bescheidener war da ein anderer Philosoph, einer der wichtigsten: David Hume.

Gegen metaphysische Spekulationen hatte er eine sehr kritische Einstellung. Er plädierte für eine allein auf Erfahrung und Beobachtung gegründete Methode und wurde damit zu einem der einflussreichsten Denker des 18. Jahrhunderts und bis heute.

Zweimal war es dem schottischen Klerus gelungen zu verhindern, dass Hume auf einen Universitätslehrstuhl berufen wurde, trotz seiner weithin anerkannten Verdienste. Er musste als Privatlehrer, Sekretär und schließlich Bibliothekar seinen Lebensunterhalt verdienen, fand aber dennoch genug Kraft und Zeit zum Schreiben.

Schon in "seinem Jugendwerk, dem »Treatise of Human Nature«, analysierte er eine Reihe philosophischer Probleme mit einer Überzeugungskraft und Eleganz, die heute noch auf größtes Interesse stoßen: das Induktionsproblem, die Kausalanalyse, die Frage nach der Existenz einer Außenwelt und des Ichs, das Problem der Einbildungskraft, die Sein-Sollens-Dichotomie, die Verträglichkeit von Freiheit und Notwendigkeit sowie der Ursprung von Recht und Moral", so Streminger.

Hume folgte in der Ausarbeitung dieser Themen ohne Rücksicht auf religiöse Traditionen und Autoritäten allein der Logik seiner Gedanken; und diese führten ihn in seiner Erkenntnistheorie vom vergleichsweise idyllischen Hafen eines dogmatischen Empirismus in den Wirbelsturm eines universellen Zweifels.

Dieser Skeptizismus widerspricht aber nicht der (vorläufigen) Gewinnung von Erkenntnissen und der Widerlegung von falschen Weltbildern und Argumenten. Das zeigt beispielsweise auch Humes (zu Lebezeiten kaum publizierte) gut begründete und bis heute aktuelle Religionskritik.

Hume setzte auf genaue Beobachtung und konzentrierte Erfahrung. Er fixierte sich auf ein eigentliches, letztes Wesen des Geistes oder der Natur sondern versuchte, sich ein Bilod der dinge zu machen, wie sie tatsächlich als Eindrücke und Vorstellungen "perzipiert" werden. Auch die menschlichen Kräfte und Fähgigkeiten, die er in den Mittelpunkt des Philosophierens rückte, wollte er "aus einer sorgfältigen Beobachtung des menschlichen Lebens gewinnen, und sie so nehmen, wie sie im gewöhnlichen Lauf der Welt, in dem Benehemen der Menschen in Gesellschaft, in ihren Beschäftignungen und Vergnügungen sich darbieten.

Wo Erfahrungen dieser Art mit Verständnis gesammelt und miteinander verglichen werden, da können wir hoffen, auf sie eine Wissenschaft zu gründen, die mit Sicherheit den Resultaten andere menschlicher Forschung nicht nachsteht, sie zugleich an Nutzen weit übertrifft."

Die Philosophen kannten nur den traditionellen Weg zum Erkenntnisgewinn, den phänomenologischen: Aus Beobachtungen des Geschehens im Alltag unter Einsatz herausragender analytischer Fähigkeiten Erkenntnisse zu gewinnen und diese zu kommunizieren. Von Sokrates über Epikur, Feuerbach oder Kant bis zum heutigen Tag.

Literatur:

David Hume: Der Philosoph und sein Zeitalter
David Hume: Der Philosoph und sein Zeitalter

von Gerhard Streminger


»Das Prinzip Hoffnung« von Ernst Bloch: Eine konkrete Utopie für eine bessere Welt

Ernst Bloch

Viele sehnten sich im 20. Jahrhundert nach einer besseren, gerechteren Welt. Doch keiner hat sie so beredt in Worte gefasst und ihre Bedingungen und Möglichkeiten so systematisch erarbeitet wie Ernst Bloch in seinem Hauptwerk »Das Prinzip Hoffnung«.

Als Bloch während des Zweiten Weltkriegs im amerikanischen Exil an dem Werk arbeitete, sollte der Titel zunächst »Dreams of a better life« lauten: Hoffnung soll in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Bloch spricht deshalb von der Hoffnung als einer „konkreten Utopie“.

»Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen.«

Ernst Bloch

Er geht von den Wünschen und Tagträumen der Menschen aus, dem Ausdruck vielfältigster Hoffnungen. Die Hoffnung ist das den Menschen in seinen täglichen Geschäften leitende Prinzip, der individuelle Antrieb und das Wissen um das Potenzial, ein erfülltes, besseres Leben führen zu können, frei von Demütigung und Entfremdung.

Dafür muss sich der Mensch noch nicht ausgeschöpfter Möglichkeiten bewusst werden, um diese schließlich realisieren zu können. Bloch hatte als Beispiel die Sowjetunion vor Augen, später dann die DDR und andere Staaten, in denen der Sozialismus Einzug gehalten hatte. Der zeitweise überzeugte Stalinist kritisierte aber bald die neuen Machthaber und entwickelte sich vom Staatsphilosophen allmählich zur Persona non grata.

»Das Prinzip Hoffnung« ist der in der Philosophie des 20. Jahrhunderts einzigartige Versuch, die Hoffnung als Prinzip menschlichen Zusammenlebens aufzuzeigen und zugleich den Beweis zu erbringen, dass die Utopie keine Schimäre, sondern eine reale Möglichkeit ist.


Das Land der Verheißung heißt bei Karl Marx das »Paradies«, bei Ernst Bloch »Heimat«. Bloch hat nach einem Bild für seine Utopie gesucht und es in der Heimat gefunden. Heimat ist für Ernst Bloch nicht einfach die Gegend, aus der jemand her stammt. Das Wort sagt ihm eher das Gegenteil. Heimat ist »etwas, worin noch niemand war«. Sie muß in dieser Welt erst noch entstehen, von den Menschen erst noch begründet werden - so wie Karl Marx »kommunistisches Paradies«.

Literatuzr:

Das Prinzip Hoffnung
Das Prinzip Hoffnung
von Ernst Bloch

Hoffnung-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Marc Aurel und Epikur - zwei unterschiedliche Sichtweisen auf das Leben


Marc Aurel

Marc Aurel und Epikur verkörpern zwei unterschiedliche Sichtweisen auf das Leben. Marc Aurel war ein bedeutender römischer Kaiser und Philosoph. Er war der einzige Philosoph auf dem Thron, der als römischer Kaiser ein Weltreich regierte. Die Zeitumstände jedoch sprachen gegen einen Philosophen als Kaiser, er regierte in Zeiten von Kriegen, Mißernten und Hungersnöten.

Seine philosophischen Betrachtungen sind hergeleitet aus den Ideen der Stoa (ca. 300 v. Chr.), diese dann - von Seneca und Epiktet beeinflusst - prägten sein Gedankengut im Sinne Platons Dualismus von Herrscher und Philosoph in einem zu sein. Marc Aurel war ein Anhänger der Lehren der Stoa und gilt als bedeutender Vertreter des Spät-Stoizismus. Er bekannte sich zu den Lehren der Stoa und begenete allen Widerwärtigkeiten auch mit stoischer Gelassenheit und Weisheit.


Neben Epikur steht der ganz anders denkende und handelnde Marc Aurel mit dem Stoizismus. Zwei zeitgleich vor über 2000 Jahren in Griechenland gelehrte Philosophien, zwei verschiedene Weltsichten. Für unsere jetzt ganz anders geartete Zeit noch von Bedeutung?
Ja! Nichts hat sich geändert, die Fragen und Probleme sind die gleichen. Und somit auch die Antworten der Philosophen.

Es handelt sich um in griechischer Sprache abgefasste, teilweise aphoristisch anmutende Essays, zusammengefasst in 12 Büchern, niedergeschrieben während seines jahrelangen Feldzuges an der Nordgrenze des vom Zerfall bedrohten Römischen Reiches. Titel aus dem Griechischen übersetzt: 'An sich selbst'.

Wenn auch der Stoiker Marc Aurel im Gegensatz zu Epikur an die Göttliche Fügung, das vorbestimmte Schicksal, den höheren Sinn der Natur und des Universums und an die Tugend zu Gunsten des Staates glaubt, kommen doch beide für den einzelnen, so winzigen und schnell vergänglichen Menschen zu dem nahezu gleichen Schluss.

Was bleibt von Marc Aurel? - Es bleiben die einfache Lebensführung, die Bescheidenheit, Überzeugung stets Gutes tun zu sollen, die Lauterkeit der Absichten. Es bleiben der Aufruf zur Sanftmut mit Andersdenkenden und auch die Sanftmut mit aus eigener Sicht falsch Denkenden, denn diese wissen es nicht besser. Es bleibt die Fürsorge und Loyalität gegenüber den Mitbürgern und dem Staat. Im Gegensatz zu Epikur ist Marc Aurel ein politischer Mensch.

Samstag, 1. Januar 2022

Platon - der griechische Gelehrte

Platon

Der griechische Gelehrte Platon (* Athen 427 v. Chr., ϯ Athen 347 v. Chr.), der einem alten Adelsgeschlecht entstammte und Schüler des Sokrates sowie Lehrer des Aristoteles war, zählt zu den bedeutendsten Philosophen der Weltgeschichte. Platon kommt neben Aristoteles unter den Philosophen der Antike der erste Rang zu. Seine Schriften zählen zu den bedeutendsten Werken nicht bloß der Philosophie, sondern der Weltliteratur.

Obwohl er als wohlhabendes Mitglied der athenischen Oberschicht eine politische Laufbahn hätte einschlagen können, entschied er sich wegen aus seiner Sicht abschreckender Erfahrungen sowohl mit der brutalen und despotischen "Herrschaft der Dreißig" (404/03 v.Chr.) als auch der darauf folgenden wiedereingesetzten attischen Demokratie bewusst dagegen.

Ein Platon erschütterndes Ereignis, das diesen Entschluss sicherlich beförderte, war der Tod seines guten Freundes Sokrates (399 v.Chr.) infolge einer Verurteilung wegen angeblicher Asebie (Gottlosigkeit) und des Verderbens der Jugend durch einen athenischen Gerichtshof.

Eben jener Sokrates war es auch, der einen großen Einfluss auf das Leben und Denken Platons ausgeübt hatte. Im großen Maße beeindruckt hat ihn dabei wohl nicht nur Sokrates‘ Persönlichkeit, wie dessen „moralische Integrität, […] einfacher Lebensstil, […] Auseinandersetzung mit seinem Tod, […] Gerechtigkeitssinn, […] Tapferkeit, Zivilcourage und Loyalität gegenüber der Polis Athen, sondern auch seine Art, philosophische Fragen zu stellen und Probleme zu analysieren, die wohl […] als einer der wesentlichen Anstöße für Platons eigene Philosophie anzusehen ist.“

Das spiegelt sich gerade in den frühen platonischen Schriften bzw. Dialogen wider, wo Sokrates als Hauptredner auftritt.

Popper setzt sich insbesondere mit den Werken Platons, des „größten, tiefsten und genialsten aller Philosophen“ und des „Gründers der bedeutendsten professionellen Schule der Philosophie“ auseinander. Dieser habe eine Auffassung vom menschlichen Leben vertreten, die „abstoßend und geradezu erschreckend“ gewesen sei. Seine Schwäche sei gewesen, dass er ganz im Gegensatz zu Sokrates an die „Theorie der Eliten“ glaubte.

Insbesondere mit seinen Werken »Politeia« (»Der Staat«) und »Nomoi« (»Die Gesetze«) habe er das Grundmodell des totalitären Staates ausgearbeitet und propagiert. Damit habe er auch Verrat an seinem Lehrer Sokrates begangen, der, wie Popper darlegen will, in Platons „idealem Staat“ als Aufrührer hingerichtet worden wäre.

Platons Ablehnung der attischen Demokratie und seine Bevorzugung eines autoritären Regimes sogenannter „Philosophenkönige“, die nichts mehr mit dem sokratischen Philosophen zu tun haben und explizit Lügenpropaganda verwenden dürfen, versucht Popper mit vielen Textstellen zu belegen. Platon sei damit der erste und wichtigste Theoretiker einer geschlossenen Gesellschaft gewesen, in der es keine gewaltlose Veränderung geben kann und Eliten diktatorisch herrschen. Popper sah in Platon „den ersten großen politischen Ideologen, der in Klassen und Rassen dachte und Konzentrationslager vorschlug.“

Weblink:

Platons Kritik an der Demokratie - Freidenker - freidenker.cc

Platon-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de


Platon-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Platon - www.famousphilosophers.org

Literatur:

Platon
Platon
von Michael Erler

Der Staat
Der Staat
von Platon

Samstag, 11. Dezember 2021

»Kritik der reinen Unvernunft oder Phänomenologie des Ungeistes«




Philosophie basiert wesentlich auf der Annahme von Vernunft.

Gibt es eine Philosophie der Unvernunft? Bislang nicht, aber es gibt leidglich Ansätze hierzu.

»Kritik der reinen Unvernunft oder Phänomenologie des Ungeistes« von Götz Dahlmüller


Literatur:

Kritik der reinen Unvernunft oder Phänomenologie des Ungeistes
Kritik der reinen Unvernunft oder Phänomenologie des Ungeistes:
von Götz Dahlmüller


Blog-Artikel:


Egoisten: Ein Klassiker der Geisteswissenschaft: Hegels "Phänomologie des Geistes"
- egoistenblog.blogspot.com

Samstag, 4. Dezember 2021

Friedrich Schleiermachers Religion ohne Dogmen

Friedrich Schleiermacher

Wenn Religion ein Gefühl ist, eine Grundstimmung, die im Gemüt des Menschen und nicht durch Reflexion entsteht, dann gerät eine theologische Disziplin in die Schusslinie: die Dogmatik.

Friedrich Schleiermacher hatte einen ganz eigenen Begriff von Religion, der sich von dem der beiden Amtskirchen. unterscheid. Sein umfassender Religionsbegriff war so geräumig, daß er nicht nur Kunst und Poesie Unterkunft bot, sondern auch Mythos und Mythologie anders verstehen lehrte. Der religiöse Kern im Mythos ist für Schleiermacher dort zu suchen, wo beides miteianeiannder verbunden sind: die Verbindung mit dem ungeheuren Ganzen und die Weckung des Bewußtsein von Individualität und das bedeutet die Erfahrung von Freiheit.

Der große Nachteil der Religion ist, daß sie selten ohne Dogmen auskommt. Sein Religionsbegriff kam ganz Dogmen aus. Für ihn war Religion ein Prozess, wirkliche Religion ist nur erfahrbar, wenn der einzelne Mensch sie als ewigen Neuanfang begreift. Und nicht als etwas Gelerntes, einmal Angenommenes, das wie von selbst weiterläuft. Religion ist unfassbar, nicht dingfest zu machen. Um ihrem Wesen näher kommen zu können, muss der Mensch sich nicht in die Einöde oder die Stille eines klösterlichen Lebens zurückziehen. Was er stattdessen braucht, ist Kommunikation mit seinen Mitmenschen.

Schleiermachers Ansichten über die Religion machten ihn für die Romantiker interessant, die eine Verbindung von Kunst, Poesie und Religion suchten. Die Romantiker wollten sich ihre eigene Kunstreligion erschaffen.

Schleiermachers - wie auch Novalis - Religion war eine ästhetische. Es war eine Phantasie-Religion oder die Religion der Phantasie. Es ging um Gefühl und Anschauung, nicht um moralishes Handeln. Der religiös geweckte Sinn für das Universum ist zuglich ein Schönheitssinn. Die Seele des religiösen Menschen sehnt sich danach, die Schönheit der Welt einzusaugen.

Eine Religion der Offenbarung eignete sich nicht, daß man das Spiel der Einbildungskraft an ihr ausließ. Es musste eine Religion sein, die selbst aus dem Spiel erwuchs.

Weblinks:

"Religion ist ein Gefühl" - www.deutschlandfunk.de

"Religion ist ein Gefühl" - www.deutschlandfunk.de

Genialer Denker der Unendlichkeit - www.evangelisch.de
Reihe zum Theologen Friedrich Schleiermacher - www.pro-medienmagazin.de

Samstag, 27. November 2021

Impfpflicht als ultima ratio

Impfung mit Spritze

Eine Impfpflicht ist nur zulässig, wenn sie begrenzt wird. Lebenslang ist ein zu großer Eingriff des Staates. Dafür müsste das Grundgesetz geändert werden. Eine gesetzliche und allgemeine Impfpflicht ist die ultima ratio in einer ziemlich ausweglosen Lage, sind einer gesetzlichen Impfpflicht doch hohe Hürden auferlegt, da diese gegen die Selbstbestimmung verstößt und die Freiheitsrechte der Menschen einschränkt. Dabei ist jedoch zwischen moralischer und gesetzlicher Pflicht unterschieden.

Eine allgemeine Impfpflicht und auch die Begrenzung der Partizipation an der Solidargemeinschaft wiederum darf nicht mit Zwang verwechselt werden: Es geht nicht darum, Unwilligen die Spritze notfalls mit Gewalt in den Arm zu rammen. Vielmehr könnte es für bestimmte Berufsgruppen oder generell eine gesetzliche Anordnung zur Corona-Impfung geben, deren Nichtbefolgung eine Ordnungswidrigkeit wäre und dementsprechend gebüßt werden müsste. Damit stünde es hartleibigen Impfgegnern immer noch frei, die negativen externen Effekte ihrer Handlungen durch das Zahlen des Bußgeldes zu kompensieren.

Aus moralischer Sicht ist das Impfen die Pflicht eines jeden Menschen, um sich, seine nächsten und andere nicht zu gefährden und die Gemeinschaft vor Ansteckung und Weiterverbreitung des Virus zu schützen.

Zu den zur Bekämpfung der Pandemie notwendingen Pflichten gehört auch die Pflicht zur Aufklärung der bisher nicht Geimpften über die Bedrohung durch das Corona-Virus. Die Unwissenden müssen informiert werden, die Gedankenlosen und Trägen mit symbolischen positiven Anreizen und, wenn das nicht reicht, mit einem Stups in die richtige Spur bringen. Aber die dann noch verbliebenen Bockigen, Leugner und Egoisten sollten wir durch strafbewehrte gesetzliche Pflichten und Ausschluss aus bestimmten materiellen, kulturellen oder institutionellen Bereichen der Teilhabe dazu bewegen, ihre moralische Pflicht zu tun.

Warum nicht? Wenn es der einzige Weg zurück zur Normalität ist, der uns unsere wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Strukturen bewahrt, dann soll es so sein. Die allgemeine Impfpflicht muss und wird also kommen. Und auch Kinder werden zwingend geimpft werden. Anders ist die Schulpflicht nicht durchzusetzen. Man wird ein gesetzliches Konstrukt finden, dass auch renitente Eltern zwingen wird, ihre Kinder impfen zu lassen.

Gegner einer allgemeine Impfpflicht betonen, daß es niemals eine allgemeine Impfpflicht geben darf. Denn dadurch wird eine massive Grundfeste unserer Demokratie. Einer für Alle - alle für Einen! Dieser aktive Einfgriff in die Gesundheit von gesunden Menschen, darf nur das letzte Mittel bleiben. Und da sind wir genau dort, wo ich uns jetzt sehe.

Wir haben eine Situation, die sehr deutlich kennzeichnet, dass auch die Impfung nicht das Alheilmittel ist, da sie nur temporär schützt und jederzeit von neuen Viren ausgehebelt werden kann. Ich denke die Wissenschaft ist hier in der Pflicht noch weitere, effizientere Wege aus der Pandemie zu finden. Bevor ich guten Gewissens solch eine Entscheidung fällen darf, muss ich zu 100 Prozent sicher sein, dass sonst nichts funktioniert. Das ist hier nicht der Fall.

Pandemie als globale Herausforderung

Pandemie

Eine Pandemie ist ein globales Phänomen - abgeleitet aus dem Wort »Pandemie« - griechisch pandemios - heißt "alle Völker betreffend". Man kann eine Pandemie prinzipiell nicht nationalstaatlich lösen. Nationalstaatlich kann man Impfstoffe verteilen, Impfstoff-Zulassungen auf eine bestimmte Weise prüfen, Statistiken erheben, Gesundheitssysteme finanzieren, aber keine Pandemie überwinden.

Spätestens dann, wenn sich eine Pandemie zu einer gesundheitlichen Notlage internationaler Tragweite auswächst, kann ihre nachhaltige Bewältigung nur durch das weltweite Zusammenwirken einer Vielzahl von Akteuren gelingen.

Dieser globalen Dimension der Pandemiebekämpfung muss sich Politik folgrich weltweit annehmen, um COvdi19 wikrusngvoll bekämpfen zu können. Dies erfordert einen Akt der internationalen Solidarität.

Samstag, 20. November 2021

Nietzsche und der Tod Gottes

Friedrich Nietzsche

Friedrich Nietzsche wandte sich angesichts des Leidens und frühen Sterbens seines Vaters an Gott, betend und bittend, aber seine Bitten blieben ohne göttliche Antwort.

Kein Gott hatte ihm geantwortet und Nietzsche lernte daraus: Gott erhört uns nicht. Die Frommen verehren eine Art Phantom, ein illusorisches Himmelswesen, unerreichbar und tyrannisch. Dieser Glaube, sagt Nietzsche später, führt die Menschen dazu, das Beste ihrer Ideen und Energien an einen illusorischen Himmel zu verschleudern … anstatt „fröhlich“ auf Erden zu leben. Es kommt für Nietzsche entschieden darauf an, dass die Menschen die Freude am Lebendigen bewahren, dass sie sich am Genuß der Sinne erfreuen, dass sie Stärke erleben. Bleibt der Erde treu, heißt dann sein Prinzip.

Diogenes taucht bei Nietzsche in der »Fröhlichen Wissenschaft« als "toller Mensch" auf, der Gott mit der Laterne sucht, um dann festzustellen, daß Gott tot ist. - In Nietzsches »Die fröhliche Wissenschaft« verkündet der "tolle Mensch2 im Jahr 1882: »Gott ist todt! … Wir haben ihn getödtet!« Hundert Seiten weiter heißt es dann, freilich erst ab 1887 in der zweiten Auflage: „Der Horizont ist wieder frei… jedes Wagnis des Erkennenden ist wieder erlaubt.“ Jetzt spricht nicht mehr der tolle Mensch, sondern ein freier Geist, selbstbewusst und zuversichtlich. Während sich Nietzsche in seinem Buch »Morgenröthe« noch 1881 „Am Sterbebett des Christentums“ gesehen hatte, geht 1887 die Fahrt nach dem Tode Gottes hinaus in die Morgenröte und aufs offene Meer.

Was meinte Friedrich Nietzsche mit seinem berühmten "Gott ist tot"? Die Antwort auf die Frage zum Ausspruch "Gott ist tot" wird für manche überraschend sein. Es stellt sich heraus, dass Nietzsche gar kein Atheist war und auch die Parallelen seiner Prophezeiung über das Kommen eines neuen Gottes und seinem Konzept des Übermenschen sind erstaunlich.

Nimmt man aber die zentrale Textstelle aus der »Fröhlichen Wissenschaft« (Nr. 125, Der tolle Mensch) wird deutlich, dass er nicht einfach behauptet, Gott sei tot (wie man sagen kann, die Dronte ist ausgestorben), sondern dass er einen Suchenden beschreibt, der zur Erkenntnis kommt, die Menschen haben Gott getötet! Nietzsche gesteht also durchaus zu, dass Gott das "Heiligste und Mächtigste" war, was es bislang auf Erden gab.

Nietzsches Kritik richtete sich also in erster Linie gegen die Menschen und ihre Taten.

Weblinks:

Der Tod Gottes - www.brg-lienz.tsn.at

... - www.dober.de

Nietzsche erklärt: Gott ist tot - der Gott jenseits von Gut und Böse - www.youtube.com

Literatur:


Der Antichrist: Versuch einer Kritik des Christentums
von Friedrich Nietzsche Die Fröhliche Wissenschaft
Die Fröhliche Wissenschaft
von Friedrich Nietzsche

Morgenröte / Idyllen aus Messina / Die fröhliche Wissenschaft.
Morgenröte / Idyllen aus Messina / Die fröhliche Wissenschaft.
von Giorgio Colli und Mazzino Montinari

Samstag, 13. November 2021

Ethik in Zeiten der Pandemie


In Zeiten der Pandemie hat das größte Glück - verstanden als Gesundheit aller Menschen - klaren Vorrang gegenüber dem Glück Einzelner - verstanden als Freiheit des einzelnen Menschen, um die umgehinderte Ausbreitung der Pandemie und eine ansteckende Infektion einer immer größer werdenden Zahl der Bevölkerung zu verhindern.

Es kann in der Pandemie nicht um das Glück Einzelner (Freiheit) gehen, sondern um das größte Glück (Gemeinwohl und Gesundheit) aller Menschen gehen. Die Regierungen haben es den Menschen überlassen, in Eigenverantwortung diese Pandemie in den Griff zu bekommen. Das Resultat war der jeweils nächste Lockdown.Ein konkretes Beispiel für bestehende Spannungen zwischen Freiheit und Gemeinwohl, zwischen Eigenverantwortung und Verantwortung anderen gegenüber, ist es daher, sich impfen zu lassen.

Die Gesundheit der Bevölkerung erfordert jedoch zwingend die Einhaltung von vorgeschriebenen Verhaltensregeln durch die jedem einzelnen. Regeln einzuhalten scheint in einer Gesellschaft, wo Individualität und Egoismus beinahe schon beliebig austauschbare Begriffe geworden sind, extrem schwer zu sein. Es ist eine Sache der Disziplin. Die Nachlässigkeit gegenüber den AHA-Regeln zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zeugt von einer Ignoranz der moralischen Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft. Daher sind mehr Rücksicht und Verantwortung der Menschen und der ganzen Bevölkerung zur Erhaltung der Gesundheit in dieser schweren Zeit erforderlich.

Angesichts der ethischen Grundspannung, in der Pandemie unter Aufrechterhaltung des gesamtgesellschaftlichen Systems Lebens- und Gesundheitsschutz einerseits und Freiheitsermöglichung andererseits auszubalancieren, muss man nicht nur vor allen Formen moralischer oder politischer "Alternativlosigkeit" warnen, sondern auch – deskriptiv wie normativ – proaktiv auf Pluralität setzen. Diese Pluralitätsoption ist nicht nur Realität moderner Demokratien oder ein Klugheitsimperativ in einer komplexen Gesellschaft, möglichst viele Kompetenzen und auch Positionen zu berücksichtigen, um höchst komplexen Herausforderungen wie der Corona-Pandemie zu begegnen. Vielmehr ist die Anerkennung unterschiedlicher Positionen auch (bis zu einem gewissen Grade) normativ geboten, wenn sich die Partizipation an öffentlichen Debatten und politischen Entscheidungen aus Menschenwürde und Menschenrechten ableitet.

In diesem Zusammenhang ist auf die Ethik hinzuweisen, welche die Moralität von Handlungen danach bewertet, ob sie das Glück der Menschen maximieren oder reduzieren. Diesem auf Nützlichkeit basierenden ethischen Prinzip, dem wir alle verpflichtet sind, hat Jeremy Bentham (1748 bis 1832) den Namen »Utilitarismus« gegeben. Es bezeichnet die zweckorientierte Ethik: Das größte Glück für die größte Anzahl.

»Die Freiheit des einzelnen hört dort auf, wo die Freiheit des anderen beginnt.«

Leibniz oder die beste der möglichen Welten

Gottfried Wilhelm Leibniz

Dem Philosophen Leibniz verdanken wir die Behauptung, dass unsere Welt "unter allen möglichen die beste" sei. Wie aber lassen sich dann Kriege und Katastrophen erklären? Diesen scheinbaren Widerspruch versucht Leibniz in seinem Theodizee-Argument aufzulösen. Schließlich ist Gott für ihn der größte Rechenkünstler überhaupt.

Leibniz geht dabei von der Vollkommenheit von Gottes Schöpfung aus. So kam er zu der Überzeugung, daß auch die von Gott erschaffene Welt eine vollkommene Schöpfung sein müsse. Nach Leibniz´ Lehre wäre Gott nicht das vollkommene Wesen, wenn er etwas anderes als die „beste aller möglichen Welten“ für die Menschen erschaffen hätte.


Das Postulat, dass wir in der besten aller möglichen Welten leben, ist Teil des größeren philosophischen Arguments des 17. Jahrhunderts, dem zufolge Gott mit dem Kosmos nichts Geringeres als eben die beste unter allen möglichen Welten hervorbringen konnte.


„Gott sah unendlich viele Welten als möglich vor sich;

aber aus diesen unendlich vielen wählte er die wirkliche als die beste.“


Gottfried Wilhelm Leibniz



Die wirkliche Welt ist die beste u. a. in dem Sinne, dass das Gute in ihr auch von Gott nicht mit einem geringeren Maß an Übel verwirklicht werden kann. Außerdem ist die „beste aller möglichen Welten“ dynamisch gedacht: Nicht der derzeitige Zustand der Welt ist der bestmögliche, sondern die Welt mit ihrem Entwicklungspotential ist die beste aller möglichen Welten.

Der berühmte Satz von der „besten aller möglichen Welten“ ist oft missverstanden worden, unter anderem hat ihn Voltaire in seinem Roman Candide parodiert. Die Idee der „besten aller möglichen Welten“ soll nicht in naiver Weise tatsächliches und großes Übel in der Welt leugnen oder schönreden. Vielmehr weist Leibniz auf einen notwendigen Zusammenhang zwischen Gutem und Üblem hin: Es gebe nämlich Gutes, das nur zum Preis der Existenz von Übel zu haben ist.

Weblink:

Leibniz oder die beste der möglichen Welten
Leibniz oder die beste der möglichen Welten
von Jean Paul Mongin und Julia Wauters

Sonntag, 7. November 2021

Sisyphos als ein moderner Mensch

Sisyphos antiker Held

Camus’ Kronzeuge der Absurdität ist Sisyphos, der von den Göttern mit einer grausigen Strafe belegt wurde: Unsterblich, ist er auf alle Ewigkeit dazu verdammt, einen schweren Felsbrocken einen steilen Hang hinaufzurollen, der ihm jedes Mal kurz vor dem Gipfel entgleitet, sodass er wieder von vorn beginnen muss. Kann es ein sinnloseres Leben geben? Doch Camus erklärt feierlich: »Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen. Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.«

Können wir uns Sisyphos als modernen Menschen vorstellen? - Durchaus, denn Sisyphos ist ein moderner Mensch, dessen Sinn und Gehalt sich in der Moderne gewandelt hat: Statt Steine dene Berg hinauf zu rollen, trägt er Laptops, Handys bei sich, um sein Leben mit Sinn zu füllen. Die ewig gleichen Meetings, Anzüge, Kostüme, Hotelzimmer und Apartments- das sind die Steine, welche Menschen heute wieder und wieder den Berg hochwälzen - keine Felsbrocken, sondern Kieselsteine.

Der "Held" des Absurden ist Sisyphos, eine Figur aus der griechischen Mythologie, der laut Camus als von den Göttern bestrafter sein Schicksal meistert. Durch die Betrachtung des Schicksals von Sisyphos "entdeckte" Camus eine "ewige Auflehnung" des Menschen gegen die "Bedingungen seines Daseins". Darin gleicht der Mensch der mythologischen Figur des Sisyphos, dessen Tun gerade in seiner äußersten und beharrlichen Sinnlosigkeit als Selbstverwirklichung erscheint -- wenn es denn gelingt, wie Camus schreibt, sich Sisyphos glücklich vorzustellen.

Albert Camus ist ein moderner Sisyphos, und wie wir dank ihm wissen: »Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen". - Wir sind so daran gewöhnt, von der Absurdität unserer Existenz zu sprechen, dass wir vergessen haben, mit welcher einmaligen Intensität und Klarheit Albert Camus sie Anfang der 1940er Jahre literarisch in Szene setzte.

Der "Vordenker des Absurden" hat den antiken Helden Sisyphos entmythifiziert. Sisyphos und sein Stein sind seit Camus kein Mythos mehr und wir ahnen es bereits: »Wir alle sind Sisyphos. Wir sind der neuzeitliche Sisyhos.« - Wir modernen Menschen ruckeln alltäglich immer wieder den Stein den Berg hinauf und sehen ihn dann ins Tal stürzen. Manchmal können wir uns - befreit von der Last - mit dem talwärts rollenden Stein auch einen glücklichen Menschen nennen.

Egal wie sinnlos alles erscheinen mag, so teilen doch alle Menschen dieses Schicksal. Deshalb ist die Solidarität und Liebe unter den Menschen das höchste anzustrebende Gut, wie Camus in seinem Tagebuch notiert: »Elend und Grösse dieser Welt: sie bietet keine Wahrheiten, sondern Liebesmöglichkeiten. Es herrscht das Absurde, und die Liebe errettet davor.«

Blog-Artikel:

Albert Camus zum 100. Geburtstag

Albert Camus sls »Vordenker des Absurden«

»Der Mensch in der Revolte« von Albert Camus

Weblink:

Aus dem Absurden rettet die Liebe - www.woz.ch