Philosophie ist ein skeptisches Geschäft, das vom Zweifel der bestehenden Erkenntnis lebt. Der Zweifel ist Grundlage für neue Erkenntnis. Nur wo gezweifelt wird, kann sich auch das Denken verändern. Wo der methodische Zweifel vorherrscht, da ist Philosophie eine Disziplin neuer Erkenntnis.
Der erkenntnistheoretische Skeptizismus, der zu einer undogmatischen Bescheidenheit aufruft, ist philosophiegeschichtlich nicht neu. Er lässt sich bis in die Antike zurückverfolgen und spielte auch in der neuzeitlichen Philosophie eine große Rolle.
So erhob der Philosoph des methodischen Zweifelns René Descartes den Zweifel sogar zu einem methodischen Prinzip - um ihn freilich mit Hilfe (allerdings nicht überzeugender) "Gottesbeweise" wieder außer Kraft zu setzen. Viel konsequenter und auch bescheidener war da ein anderer Philosoph, einer der wichtigsten: David Hume.
Gegen metaphysische Spekulationen hatte er eine sehr kritische Einstellung. Er plädierte für eine allein auf Erfahrung und Beobachtung gegründete Methode und wurde damit zu einem der einflussreichsten Denker des 18. Jahrhunderts und bis heute.
Zweimal war es dem schottischen Klerus gelungen zu verhindern, dass Hume auf einen Universitätslehrstuhl berufen wurde, trotz seiner weithin anerkannten Verdienste. Er musste als Privatlehrer, Sekretär und schließlich Bibliothekar seinen Lebensunterhalt verdienen, fand aber dennoch genug Kraft und Zeit zum Schreiben.
Schon in "seinem Jugendwerk, dem »Treatise of Human Nature«, analysierte er eine Reihe philosophischer Probleme mit einer Überzeugungskraft und Eleganz, die heute noch auf größtes Interesse stoßen: das Induktionsproblem, die Kausalanalyse, die Frage nach der Existenz einer Außenwelt und des Ichs, das Problem der Einbildungskraft, die Sein-Sollens-Dichotomie, die Verträglichkeit von Freiheit und Notwendigkeit sowie der Ursprung von Recht und Moral", so Streminger.
Hume folgte in der Ausarbeitung dieser Themen ohne Rücksicht auf religiöse Traditionen und Autoritäten allein der Logik seiner Gedanken; und diese führten ihn in seiner Erkenntnistheorie vom vergleichsweise idyllischen Hafen eines dogmatischen Empirismus in den Wirbelsturm eines universellen Zweifels.
Dieser Skeptizismus widerspricht aber nicht der (vorläufigen) Gewinnung von Erkenntnissen und der Widerlegung von falschen Weltbildern und Argumenten. Das zeigt beispielsweise auch Humes (zu Lebezeiten kaum publizierte) gut begründete und bis heute aktuelle Religionskritik.
Hume setzte auf genaue Beobachtung und konzentrierte Erfahrung. Er fixierte sich auf ein eigentliches, letztes Wesen des Geistes oder der Natur sondern versuchte, sich ein Bilod der dinge zu machen, wie sie tatsächlich als Eindrücke und Vorstellungen "perzipiert" werden. Auch die menschlichen Kräfte und Fähgigkeiten, die er in den Mittelpunkt des Philosophierens rückte, wollte er "aus einer sorgfältigen Beobachtung des menschlichen Lebens gewinnen, und sie so nehmen, wie sie im gewöhnlichen Lauf der Welt, in dem Benehemen der Menschen in Gesellschaft, in ihren Beschäftignungen und Vergnügungen sich darbieten.
Wo Erfahrungen dieser Art mit Verständnis gesammelt und miteinander verglichen werden, da können wir hoffen, auf sie eine Wissenschaft zu gründen, die mit Sicherheit den Resultaten andere menschlicher Forschung nicht nachsteht, sie zugleich an Nutzen weit übertrifft."
Die Philosophen kannten nur den traditionellen Weg zum Erkenntnisgewinn, den phänomenologischen: Aus Beobachtungen des Geschehens im Alltag unter Einsatz herausragender analytischer Fähigkeiten Erkenntnisse zu gewinnen und diese zu kommunizieren. Von Sokrates über Epikur, Feuerbach oder Kant bis zum heutigen Tag.
Literatur:
David Hume: Der Philosoph und sein Zeitalter
von Gerhard Streminger
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