Samstag, 8. August 2020

Die Philosophie Hegels



Georg Wilhelm Friedrich Hegel


Hegel war ein Philosoph des Geistes und der bedeutendste Vertreter des deutschen Idealismus. Viele halten den deutschen Idealismus und allen voran Hegel für den Gipfelpunkt der Philosophie. Die Bewunderung für Hegel entstammt nicht nur der aus heutiger Sicht geradezu abenteuerlich erscheinenden Vorstellung, wahre Philosophie müsse einem Systemanspruch gerecht werden, also einen umfassenden Welterklärungscharakter besitzen, sondern auch der Überzeugung, Philosophie solle in einem christlichen Sinne religiös sein.

Hegels Philosophie erhebt den Anspruch, die gesamte Wirklichkeit in der Vielfalt ihrer Erscheinungsformen einschließlich ihrer geschichtlichen Entwicklung zusammenhängend, systematisch und definitiv zu deuten. In ihrer Wirkung auf die westliche Geistesgeschichte ist sie mit dem Werk von Platon, Aristoteles und Kant vergleichbar. Sein philosophisches Werk Phänomenologie des Geistes aus dem Jahre 1807 zählt zu den wirkmächtigsten Werken der Philosophiegeschichte überhaupt.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel


Die Philosophie Hegels ist eine Theorie über den Wahrheitsgehalt philosophischer Theorien und über die Entwicklungslogik. Nie in der Geschichte der Philosophie ist ein höherer Anspruch erhoben worden. Und nie hat es eine Philosophie gegeben, die so wie die Hegelsche die Geschichte der Philosophie in sich resümiert, und dies aus einem tiefen Verständnis ihrer Klassiker wie Platon, die Vorsokratiker, Aristoteles, Plotin, Proklos, Descartes, Spinoza oder Leibniz. Halfwassen: "Wir stehen heute grundsätzlich auf den Schultern Hegels. Er lehrt uns die Geschichte der Philosophie als ein Wahrheitsgeschehen."

Hegel vertritt eine idealistische Lehre vom in dialektischen Entwicklungschritten zu sich selbst kommenden absoluten Geist.

Kant glaubt in der »Kritik der reinen Vernunft« alles Wesentliche für ein System der Metaphysik - "die Vollendung aller Kultur der menschlichen Vernunft" - versammelt. Hegel will mit der »Wissenschaft der Logik« Kants transzendentale Logik vollenden, und seine politische Philosophie basiert auf ebendem "freien Willen, der den freien Willen will", den Kant als Grundlage herausgearbeitet hatte.

Kant hat den Prinzipien der Synthesis a priori und der Autonomie des Willens, auf denen auch Hegel fußt, nicht ausreichend materiale Geltung verschafft. Deshalb unternimmt Hegel in der "Wissenschaft der Logik" eine kritische Prüfung aller historisch relevanten Grundbegriffe der Philosophie wie der damaligen Fachwissenschaften. Und in der Rechtsphilosophie wie in der Geschichtsphilosophie untersucht er die Institutionen der Freiheit und ihr Werden.

Vor seiner Berufung nach Heidelberg hat Hegel sein revolutionäres philosophisches System nicht zusammenfassend dargestellt. Die beiden Hauptwerke sind keine Darstellungen des Systems, sondern dessen Grundlegung. "Die Phänomenologie des Geistes" befreit das Bewusstsein aus seiner Befangenheit in den endlichen Gestalten des Bewusstseins und führt es aus seiner Selbstvergessenheit hinauf zu dem Punkt, an dem das Selbstbewusstsein sich und seine Einheit mit der Wahrheit denkend erfasst. Hegel nennt ihn das "absolute Wissen" und meint damit die Identität von Denken und Sein.

Den Inhalt des "absoluten Wissens" entfaltet "Die Wissenschaft der Logik". Sie ist eine Metaphysik des absoluten Denkens und seiner grundlegenden Bestimmungen. Hegel nennt das Sichselbst als das die Totalität aller reinen Bestimmungen wissende Denken mit dem Ausdruck Platons die "absolute Idee". Und diese interpretiert er mit Plotin als den göttlichen Geist. Und weil Gott Geist ist, handelt es sich um Theologie. Diese theologische Metaphysik ist die erste Philosophie Hegels.

Weblinks:

Georg Wilhelm Friedrich Hegel-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Georg Wilhelm Friedrich Hegel-Zitate - Zitate-Portal www.die-zitate.de

Samstag, 1. August 2020

Hegel und der Weltgeist


Hegel


Für Hegel, den bedeutendsten Vertreter des deutschen Idealismus, bestand die Welt aus Geist. Zu den gedanklichen Figuren, welche Philosoophiegeschichte geschrieben haben, gehört zweifelsohne auch Hegels Weltgeist.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel


Georg Wilhelm Friedrich Hegel sah die Welt von einem sog. Weltgeist beherrscht, der sich großer, tatkräftiger Persönlichkeiten bedient, um die Geschichte in einem dialektischen Prozess voranzutreiben. Der Weltgeist ist bei Hegel eine bestimmende Kraft, die etwas Göttliches hat. Der Weltgeist hat bei Hegel etwas Göttliches. Eine Kraft wirkt, eine andere stellt sich ihr entgegen, und auf einer höheren Ebene strebt der geschichtliche Prozess weiter seinem Ziel, einer Idealwelt, entgegen.

Das Gegenständliche Sein ist auch Geist. Es ist das Denken des Weltgeistes. Alles ist in diesem Weltgeist begründet: Denken des Individuums, Wahrheit und Sein sind alle Ausdruck des Weltgeistes. Alles ist in ihm enthalten. Deshalb spricht man auch von absolutem Idealismus.


Weht der Weltgeist wie oder wo er will? - "Die List der Vernunft, so Hegel, sorgt auf schönste Weise dafür, dass wir uns alle im großen Ganzen wieder finden. Und da der Weltgeist auf die "List der Vernunft" setzt, indem er eigennützige Individuen für seine übergeordneten Ziele arbeiten lässt, gelangt Hegel zu dem gewagten Schluss: "Was vernünftig ist, das ist wirklich, und was wirklich ist, das ist vernünftig." Das war eine Rechtfertigung nicht nur des preußischen Staates, sondern auch der Welt insgesamt.


Als der Philosoph Hegel in seinen Berliner Vorlesungen einst den preußischen Staat besang, verblüffte er seine Studenten mit folgendem Gedanken. Warum ist der preußische Staat ein so herrliches Gebilde? Die Antwort: weil er den höchsten Stand der geschichtlichen Vernunft verkörpert. Oder um Hegels Hammersatz aus dem Jahr 1820 noch einmal in seiner ganzen Pracht zu zitieren: "Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig."

Und jeder sah, dass diese Feststellung angesichts des Leids auf Erden nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmte. Allerdings wusste auch Hegel: "Die Weltgeschichte ist nicht der Boden des Glücks. Die Perioden des Glücks sind leere Blätter in ihr." Wieder so ein Satz, dem eher die Mächtigen zustimmen werden als diejenigen, die unter Krieg, Unterdrückung und anderen Zwängen unmittelbar zu leiden haben.

Einmal spürte Hegel den Weltgeist, der die Geschicke der Menschheit lenkt, ganz in seiner Nähe. Hegel war gerade Professor in Jena geworden, als Napoleon vor den Mauern der Stadt stand. Der Philosoph hatte davon nichts Gutes zu erwarten, musste Plünderungen erdulden und war dennoch voller Hochachtung für den kleinen, großen Franzosen: "Es ist in der Tat eine wunderbare Empfindung, ein solches Individuum zu sehen, das hier auf einen Punkt konzentriert auf einem Pferde sitzend, über die Welt übergreift und sie beherrscht."


Der Weltgeist, der sich in Gestalt Napoleons so überraschend körperlich zu erkennen gab, war im Übrigen ein recht theoretisches Konstrukt Hegels. Auf der ersten Stufe, so legte er in seiner "Wissenschaft der Logik" dar, befindet sich der Weltgeist im Zustand des An-sich-Seins; dem entspricht als philosophische Disziplin die Logik.

Wo der Geist weht, da verschwindet das Materielle, Profane, das «gesellschaftliche Sein». Das hat schon Marx dem deutschen Idealismus vorgeworfen. Philosophische Bildung ist mehr noch als Kunstkenntnis angewandte Distinktion.

Weblinks:

Was macht der Weltgeist? - www.zeit.de

Hegel und seine Philosophie des Weltgeistes - www.dw.com

Hegel – Preußens Staatsphilosoph - www.rp-online.de

Hegel-Biografie - www.die-biografien.de


Literatur:

Mit Hegel dem Weltgeist auf der Spur
Mit Hegel dem Weltgeist auf der Spur
von Hans J Neubauer

Samstag, 25. Juli 2020

Das Geschichtsbild Hegels

Georg Wilhelm Friedrich Hegel


Jedem Philosophen haftet explizit auch ein eigenes Geschichtsbild an. Anders als Immanuel Kant, der große Erkenntnistheoretiker, war Hegel in erster Linie Geschichtsphilosoph. Die Geschichte war für den Denker zwar vernünftig, aber sie war, wie es eben dem Verliebten vorkommt, von einer hinreißender und mitteilenden Vernunft. Sie galt ihm als der "bacciantisiche Taumel, an dem kein Glied mehr trunken ist".

Georg Wilhelm Friedrich Hegel


Hegel sah die Weltgeschichte als Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit. "Die Weltgeschichte ist der Fortschritt im Bewußtsein der Freiheit."

»Was die Erfahrung aber und die Geschichte lehren, ist dieses, daß Völker und Regierungen niemals etwas aus der Geschichte gelernt und nach Lehren, die aus derselben zu ziehen gewesen wären, gehandelt haben.«

Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 - 1831)

Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, 1837

Dass das Bewusstsein der Freiheit noch nicht deren Realisierung in der gesellschaftlich-politischen Wirklichkeit bedeutet, wusste Hegel selbst sehr gut.

Hegels Geschichtsphilosophie vertritt die These vom "Ende der Geschichte", in der die Geschichte welthistorisch zur Vernunft gekommen sei.


Hegel glaubte, dass mit seiner Philosophie eine Art geschichtlicher Endzustand heraufgezogen sei – das "Ende der Geschichte", wie es einige Denker nach Ende des Kalten Krieges im 20. Jahrhundert noch einmal ausriefen, wiederum zu Unrecht.

Geschichte mit Hegel als Freiheitsgeschichte zu denken, bedeutet also, die jeweilige politisch-gesellschaftliche Wirklichkeit kritisch vom egriff der Freiheit und den Realisierungsmöglichkeiten der Freiheit her zu denken.

Hegels Lehre hatte grossen Einfluss auf die Philosophie und Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts, insbes. auf Karl Marx.

Er stellte die idealistische - im Sinne von Platon - Philosophie Hegles vom Kopf "auf die Füße". Er übernahm Hegels Erkenntnismethode und die Ansicht, daß die Geschichte mit ihrem Elend einem dynamischemn Prinzip gehorche, sich nach dem Gesetz des Widerspruches entwickle, sich also dialektisch auf ein bestimmtes Ziel zubewege, doch deutete er die Menschheitsgeschichte radikal anders - ohne Gott, ohne Weltgeist, ganz vom Menschen und vom materiellen Dasein her.

Marx hielt dagegen, dass im preußischen Staat seiner Zeit das Ziel der Weltgeschichte noch nicht erreicht sei. Darin jedenfalls hat er recht behalten.



Weblinks:

Warum heute noch Hegel? - warumheutenochhegel.blogspot.de

Hegel-Biografie - Biografie-Portal

Samstag, 18. Juli 2020

»Grammatologie« von Jacques Derrida



Nicht selten lassen sich die originellsten Entwürfe in der Philosophie auf eingängige Thesen zurückführen: Bei Jacques Derridas Buch Grammatologie aus dem Jahre 1967 ist es die Umkehrung der nach seiner Auffassung für das abendländische Denken charakteristischen Privilegierung der gesprochenen Sprache gegenüber der Schrift. Hinter dem merkwürdigen Namen Grammatologie verbirgt sich demnach das Programm einer Wissenschaft von der Schrift.


Die Originalität von Derridas Ansatz besteht darin, auf eine Struktur aufmerksam gemacht zu haben, die für eine bestimmte Gestalt der abendländischen Tradition charakteristisch ist: Die Bestimmung des Seins als Präsenz in der stimmlichen Verlautbarung, der Phonie, in der das Subjekt sich selbst gegenwärtig ist.

Die Originalität von Derridas Ansatz besteht darin, auf eine Struktur aufmerksam gemacht zu haben, die für eine bestimmte Gestalt der abendländischen Tradition charakteristisch ist: Die Bestimmung des Seins als Präsenz in der stimmlichen Verlautbarung, der Phonie, in der das Subjekt sich selbst gegenwärtig ist. Man kann die darin implizierte Degradierung der Schrift zu einer bloßen Hilfsform, einem Supplement der gesprochenen Sprache daher auch als logozentrisch bzw. als phonozentrisch bezeichnen. Abwechselnd wird in der logozentrischen Metaphysik des Abendlandes die Schrift als Verstellung der unmittelbaren Präsenz von Sinn und Rede im Logos oder als bloße Repräsentation des gesprochenen Wortes bestimmt.

Unter dem Titel der Dekonstruktion unternimmt es Derrida, diese Denkfigur zu unterlaufen, um an ihre Stelle die Ursprünglichkeit der Schrift als einer Struktur geltend zu machen. Dekonstruktion ist demzufolge nicht so sehr eine Methode, sondern vielmehr eine bestimmte Weise Texte zu lesen, die darauf abzielt, die von der metaphysischen Tradition verschwiegene und verdrängte Textualität und Rhetorizität philosophischer Gedankenfiguren freizulegen.

In der Grammatologie erscheint das Modell einer ursprünglichen Schrift vor allem als Programm für eine postlogozentrische Philosophie. Seiner Ausführung und Erprobung ist Derrida in späteren Schriften und Lektüren philosophischer und literarischer Texte nachgegangen. Eine aufgeschlossene Rezeption hat er in Deutschland vor allem in der Literaturwissenschaft erfahren. In der akademischen Philosophie ist er hierzulande nach wie vor ein Außenseiter.

Weblinks:

Dekonstruktion - Wikipedia

Derrida und die Dekonstruktion - philomag.de

Literatur:

Grammatologie

Grammatologie von Jacques Derrida

Mittwoch, 15. Juli 2020

Jacques Derrida 90. Geburtstag


Jacques Derrida wurde vor 90 Jahren am 15. Juli 1930 in El Biar in der Nähe von Algier als Sohn jüdischer Eltern geboren. Jacques Derrida war ein französischer Philosoph, der als Begründer und Hauptvertreter der Dekonstruktion gilt.

Bei Jacques Derrida handelt es sich um einen aus der Gilde französischer Philosophen aus den 1960er/1970 er Jahren, die weit über ihre Landesgrenzen hinaus Bekanntheit erlangten mit ihren Ideen. Sie können als Kontrastfolie zur Frankfurter Schule um Adorno, später Habermas betrachtet werden. Dazu gehören Lyotard, Baudrillard, Serres, Deleuze, Guattari, Foucault. Was diese Denker alle auszeichnete, war ihre dichte Beschreibung, über die Leser tagelang, nächtelang sitzen konnten, bis sie halbwegs verstanden hatten, was die Autoren wollten.

Derrida war ein von Platon, Hegel, Kierkegaard, Marx, Nietzsche, Jean-Jacques Rousseau, Freud, Saussure, Husserl, Heidegger und Foucault beeinflußter Denker. Sein Werk beeinflusste maßgeblich die Philosophie und Literaturwissenschaft in Europa und den USA in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Von 1952 bis 1954 studierte er an der »École Normale Supérieure«, wo er Vorlesungen bei Louis Althusser und Michel Foucault besuchte und sich mit Pierre Bourdieu anfreundete. 1956 gewann er ein Stipendium für einen Studienaufenthalt an der Harvard University.

Während seines Militärdienstes von 1957 bis 1959 lehrte er Englisch und Französisch in Algerien. Von 1960 bis 1964 war er wissenschaftlicher Assistent an der Sorbonne. Ab 1965 bis 1984 bekleidete er eine Professur für Geschichte der Philosophie an der »École Normale Supérieure«.

Den Durchbruch erlangte Derrida im Jahr 1967, als er nahezu zeitgleich in drei bekannten Verlagen drei wichtige Schriften veröffentlichte: »De la grammatologie«, »La Voix et le phénomène« sowie »L'écriture et la différence«.

Derridas Beitrag zur Philosophie ist die Anwendung einer Methodik der Dekonstruktion
Seiner Ansicht nach ist die traditionelle Suche der westlichen Philosophie nach einem metaphysischen Sinn vergeblich. Derrida lehnte die klassischen philosophischen Standpunkte ab und forderte als Alternative die Analyse der Sprache.

Jacques Derrida war nicht nur ein Schreibender. Er war auch und vor allem ein Lesender. Rousseau, Hegel, Marx, Heidegger und viele andere bedeutende Denker der abendländischen Philosophiegeschichte wieder zu lesen und ihren Texten einen anderen, neuen Sinn abzuringen: Das war ein wesentliches Ziel des französischen Philosophen. Entsprechend lassen sich auch Derridas wohl wirkmächtigste Schriften »Grammatologie« sowie »Die Schrift und die Differenz« (beide 1967) als Versuche beschreiben, durch die tiefe Auseinandersetzung mit großen Denkern vermeintliche Gewissheiten zu erschüttern – und auf diese Weise eine radikal andere Weltsicht zu ermöglichen.

Mit der von ihm angewandten Methode der "Dekonstruktion" von Texten wollte der Philosoph die eigentliche Bedeutung philosophischer Schriften freilegen.

Zu seinen Hauptwerken zählen »Die Stimme und das Phänomen« (1967), »Grammatologie« (1967), »Die Schrift und die Differenz« (1967) und »Randgänge der Philosophie« (1972). Sein wohl einflussreichstes Werk ist das 1967 erschienene Buch »Grammatologie«.

Derrida verfolgte von Plato über Rousseau, Hegel, Husserl, Saussure bis zu Lévi-Strauss das Funktionieren und die Problematik (die historischen Kosten) der logozentrischen Begrifflichkeit des abendländischen Denkens. Derridas Denkweg erstreckt sich von den frühen Texten zur Grammatologie über die mittlere Phase der „Randgänge“ zwischen Philosophie und Literatur bis zu den ethischen und politischen Entwürfen des späteren Werkes.

Jacques Derrida starb am 9. Oktober 2004 in Paris.


Weblink:

Dekonstruktion - Wikipedia

Literatur:

Grammatologie

Grammatologie von Jacques Derrida

Jacques Derrida zur Einführung


Jacques Derrida zur Einführung
von Susanne Lüdemann

Samstag, 11. Juli 2020

John Stuart Mills Begriff der Freiheit

John Stuart Mill

John Stuart Mill war ein britischer Ökonom und Philosoph und gilt als Begründer des modernen Liberalismus, der den Staat in der Pflicht sah, die Freiheit jedes Individuums zu schützen und zu verteidigen.

»Die Urteilskraft ist den Menschen gegeben, damit sie sie gebrauchen.
Sollen wir sie darum nicht anwenden, weil wir uns irren können?«

In seinem wichtigsten Werk "Über die Freiheit" verteidigt John Stuart Mill das Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Bürgers gegen Einschränkungen durch den Staat und durch die "Meinung der Mehrheit".

Mill plädiert für verantwortungsbewusste Individuen gegen die Übernahme von Konventionen von Dritten. Jeder Mensch sollte sich sein eigenes Weltbild schaffen und nach seinen Regeln und Vorstellungen leben können, auch wenn er dabei Fehler macht. Fehler zu machen ist besser als nichts zu machen bzw. als der "Mehrheit" nachzueifern.

Die Freiheit ist für John Stuart Mill der „erste und stärkste Wunsch der menschlichen Natur“ und ermöglicht es dem Individuum erst, seine Fähigkeiten, seinen Geist und seine Moral voll zu entwickeln. Er sieht die Notwendigkeit zur Bildung starker, selbstbewusster, innerlich freier Persönlichkeit. Diese Notwendigkeit wird aber vom Staat und von der öffentlichen Meinung boykottiert.




Über die Freiheit
Über die Freiheit

von John Stuart Mill

Alexis de Tocqueville beeinflusste Mill in dem Gedanken der "Tyrannei der Mehrheit": die entstehende Massendemokratie bildet eine neue Form der öffentlichen sozialen Macht und die führt zur "Tyrannei der Mehrheit". Der Druck der öffentlichen Meinung ist in den modernen Demokratien die größte Gefahr für die Freiheit und Entwicklung des Individuums. Nach dem Modell der Mehrheit zu leben ist auch eine Art Unfreiheit. Der einzige Grund ein Individuum in seiner Freiheit zu beschränken ist, wenn dieser einer anderen Person Schaden zufügt. Was keinem anderen schadet ist erlaubt. Der Einzelne weiß selbst am Besten was für ihn gut ist. Je freier der Bürger desto mehr profitiert die ganze Gesellschaft davon. Je mehr sich das Individuum "Lebensexperimenten" unterstellt, desto mehr wird sich eine Gesellschaft nach vorne bewegen.

Mill verteidigt die Freiheit des Denkens und der Lebensführung. Für Mill war die ideale Staatsform die repräsentative Demokratie, d.h. die Möglichkeit letztendlich schlechte Herrscher durch "Kontrolleure" bzw. Abgeordnete die vom Volk gewählt wurden, absetzen zu können. Sogenannte "Kontrolleure" sollte es meiner Meinung nach auch in alle Berufssparten geben, vor allem bei "Lehrern" und "Erziehern". Wer bestimmt jedoch wer ein Kontrolleur sein soll? Und wer kontrolliert die Kontrolleure?

Mill geht es in diesem Essay um die bürgerliche und soziale Freiheit. Es geht ihm um den Kampf zwischen Individuum und Gesellschaft, zwischen Freiheit und Autorität. Es geht auch um die Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir leben?

Er verteidigt in seiner Schrift das Recht, anders sein zu dürfen und setzt sich für Minderheiten und Außenseitern gegen gesellschaftlichen Konventionen und Meinungen ein. Vielseitigkeit wird von ihm hoch geschätzt und ist auch der Grund warum Europa derart fortschrittlich werden konnte.

Mill macht sich auch Gedanken über die Befolgung der Lehre Christi. Menschen befolgen die Lehre Jesu nicht, sie orientieren sich an die allgemein anerkannten, von jedem befolgten Glaubensregeln. Das Christentum ist zu einer Farce geworden, die voll mit Scheinheiligkeit ist, denn kaum jemand lebt wirklich nach den Evangelien. Die ersten Christen gaben sogar ihr Leben für ihren Glauben. Zur Lebenszeit Mills hingegen ging man nur in die Kirche, weil alle in die Kirche gingen, ohne jedoch an irgendetwas zu glauben.

Eine seiner Überzeugungen war, dass bevor man andere liebe, man beginnen müsse sich, selbst zu lieben. Geistige und kulturelle Genüsse sollten in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation gesteigert werden.

"Über die Freiheit" wurde zur Programmschrift des modernen Liberalismus. Der Philosoph Popper hat viel von Mill übernommen, z.B. die Falsifikationstheorie wonach wissenschaftliche Erkenntnisse aus Aufdeckung von Irrtümern gewonnen werden Popper hat aber auch einiges an Mills Kritik an totalitären Systemen in seinem Werk einfließen lassen.


Literatur:

Über die Freiheit
Über die Freiheit
von John Stuart Mill

Über die Freiheit
Über die Freiheit
von John Stuart Mill

Weblinks:

John Stuart Mill - www.famousphilosophers.org

Samstag, 4. Juli 2020

Gedanken in einer idyllischen Welt



Stellen Sie sich vor, es herrscht eine Krise im Land und Sie haben die Möglichkeit, sich auf ein idyllisches Schloss auf dem Lande zurückzuziehen und sich dort in einem rund gemauerten Turm ihre Gedanken über Gott und die Welt und über die Menschen zu machen und diese tiefsinnigen Gedanken niederzuschreiben. - Die Bewältigung der Krise durch Rückzug in ein Idyll - Wer könnte diesem verlockenden Gedanken widerstehen?


Es gibt unterschiedliche Wege und Denkhaltungen, einer Krise zu begegnen: Rückzug, innere Einkehr, Reflektion, Kontemplation und Muße.



In dieser idyllischen Umgebung ist es ruhig auf dem Lande, es herrscht andächtige Stille wie in einer idyllischen Landschaft und die Idylle nimmt Sie in ihren kontemplativen Schoß. In einer solchen Landschaft schuf Michel de Montaigne mit seinen »Essais« und der darin meisterlich entwickelten Kunst der Reflexion eine neue Philosophie und ein neues Bild vom Menschen.


Michel Montaigne


»Die Nützlichkeit des Lebens liegt nicht in seiner Länge,
sondern in seiner Anwendung.«


Es ist sogar ein Genuss, nicht andauernd Flugzeuge am Himmel zu sehen und zu hören, und auch daß der Autoverkehr so eingeschränkt existiert. Diese Entschleunigung ist sehr heilsam für uns alle.

Wir können uns darauf konzentrieren, was wirklich für ein gutes Leben notwendig ist. Die allemeisten Dinge und Besitztümer sind es nicht.

Die Menschen haben und nehmen sich in der Krise Zeit zur Muße, anderen als den für sie gewohnten Geschäften nachzugehen - und da ist auch Michel de Montaigne nicht fern, für den die Erfahrung der Stille ein prägendes Erlebnis war, welches ihn zum Nachdenken anregt hat.

Samstag, 20. Juni 2020

»Die Gedanken« von Blaise Pascal

Blaise Pascal

Acht Jahre nach seinem Tod erschienen Pascals Aufzeichnungen erstmals in einer Buchausgabe. Sie wurden erstmals 1670 unter dem Titel »Pensées sur la religion et autres sujets« von Freunden Pascals auszugsweise und unter Herstellung einer vermeintlich sinnvollen Ordnung veröffentlicht.

»Die Gedanken« (»Les Pensées«) sind ein Werk von Blaise Pascal (1623–1663) und einer der meistgelesenen philosophischen bzw. theologischen Texte der europäischen Geistesgeschichte. Seine »Gedanken« gelten den großen Fragen der Menschheit und sind eindrückliche Zeugnisse eines tief im Glauben wurzelnden Geistes.

Der geniale französische Physiker und Mathematiker arbeitete während seiner letzten Lebensjahre an einer Schrift zum Christentum, die jedoch unvollendet blieb. Es handelt sich bei den »Gedanken« um kein geschlossenes, fertiges Werk, sondern um eine von Ausgabe zu Ausgabe divergierende Zusammenstellung von Notizen aus dem Nachlass des Autors.

Die Notizen entstanden ab ca. 1657 und dienten der Vorbereitung eines Werkes zum Lob und zur Rechtfertigung des christlichen Glaubens aus der Sicht eines Jansenisten.

Tropfen Liebe



Drei Gründe sind es, warum Pascal für uns heute noch ungemein anregend ist. Erstens stellt er sich sehr intensiv den Ungeheuerlichkeiten menschlicher Existenz, seiner Schwäche und seiner Endlichkeit, ohne zu vergessen, dass dem Menschen auch eine unendlich großen Würde innewohnt. Zweitens wendet er sich radikal nach innen als dem einzigen Ort, wo Wahrheit zu finden ist. Damit wird er zugleich zum scharfzüngigen Kritiker der modernen Gesellschaft. Und drittens setzt er sich mit seiner Gotteserfahrung auseinander. Und darin wird er zum ersten Kritiker des blinden Vertrauens in die Leistungen des Verstandes.

Denn es gibt da etwas vor allem Verstand in uns, das unser Leben bestimmt und sicher leitet. Pascal nennt es das Herz. Es ist der Sitz für all das, was wir als für unser Leben gesichert annehmen, ohne es rational begründen zu können, es ist unsere grundsätzliche Lebensorientierung, unsere Intuition, es sind innere, unmittelbare, nicht beweisbare Erkenntnisse, die die persönliche Lebensführung bestimmen. Es ist auch unser moralisches Gewissen, unsere Glücksdisposition und schließlich unsere Empfänglichkeit für die Gotteserfahrung. Das Herz ist die - die menschliche Existenz umgreifende - Grunddisposition, das Ganze eines Menschen und die einen Menschen tragende und durchs Leben führende Substanz.

Das Herz, und nicht der Verstand, ist auch Sitz der Gotteserfahrung. Das Herz hat seine Gründe, von denen der Verstand nichts weiß. Nur im Herzen kann die Wahrheit und Gott auf einen Blick gesehen werden und ist eine Gottesliebe möglich, in der der Mensch das Sein und sich selbst auf natürliche Weise liebt. Pascals Nähe zur Mystik ist offensichtlich.

Es gibt also neben der Ratio ein Vermögen, das Pascal auch manchmal Einbildung nennt, das Menschen von innen heraus überzeugt - eine zweite Natur, die über uns verfügt. Dieses Vermögen lenkt den Verstand als vorgängige Lebenskraft. Menschenbildung bedeutet daher in erster Linie Bildung des Geistes, des Herzens und der Empfindung. Wie ein Samenkorn in gutes Erdreich getan, gute Frucht bringt, so bringt ein Grundsatz in einem guten Geist verankert reichlich gute Frucht.

Pascal steht in der Tradition derjenigen, für die das Wahre nur in einem Selbst zu finden ist. Nur in der Selbsterkenntnis kann ich das Wahre finden, oder zumindest das eigene Leben in geordnete Bahnen lenken. Zur weisen Lebensführung gehört die Selbsterkenntnis. Aber woran liegt es, dass wir an keiner Stunde des Tages über uns nachdenken wollen, und uns lieber mit allem möglichen Äußerlichkeiten herumtreiben?

Ein weiterer Schwerpunkt Pascals ist seine Kritik an dem äußerlichen Menschen. So entlarvt er schonungslos die menschliche Geschäftigkeit als Zerstreuung, die keinen anderen Zweck hat als die Ablenkung von einer radikalen Besinnung auf sich selbst. Er hat bereits erkannt, dass wir uns lieber zu Tode amüsieren als das wir uns mit uns selbst beschäftigen. Und die Neugier erkennt Pascal als eitles Treiben: man will nur wissen, um darüber reden zu können. Und wer denkt nicht an die heutige Situation, wenn Pascal beschreibt, wie schnell es den Menschen vor Langeweile in äußere Aktivitäten treibt. Wir hassen die Ruhe und lieben die Sensation, das Abenteuer, den Lärm und das Getümmel.

In seinen Notizen setzt sich Pascal auch den Grunderfahrung menschlichen Seins aus: etwa seiner Endlichkeit, Ungesichertheit, Widersprüchlichkeit und seinem schicksalhaften Ausgesetztsein. In vielem nimmt er den Existenzialismus vorweg. Wenn ich, so schreibt er, die kurze Dauer meines Lebens betrachte, das von der Ewigkeit davor und danach aufgesogen wird, gerate ich in Schrecken und Erstaunen, dass ich gerade hier und jetzt lebe. Wer hat mich hierhin gestellt?

Pascal ist heute - in einer Situation, in der wir die Nachteile und Gefahren der modernen wissenschaftlich geprägten, materialistischen und konsumorientieren Lebensweise kennen lernen - vielleicht mehr denn je wichtig als Gegenentwurf. Freilich deutet er vieles nur an. Wer sich einmal daran machen wird, denkend einen neuen Weg aufzuzeigen, wird aber wahrscheinlich an Pascal nicht ganz vorbei gehen können.

Literatur:

Gedanken
Gedanken
von Blaise Pascal

Spinoza und die wiederwachende Lebenslust








Baruch de Spinoza


Es gibt ein Leben nach der Krise! - Die Lockerungen in der Corona-Krise läßt die Menschen aufatmen und neuen Lebensmut schöpfen. Es ist ein schöner Moment nach einer Krise, wenn das Leben und die Lebenslust wieder erwacht. Nach Wochen der Einschränkungen überwiegt die Freude an der neuen Freiheit und es kommen auch wieder menschliche Grundzüge ans Licht, ein Gefühl welches auch Baruch Spinoza (1632-1677) unter dem Gesichtspunkt von Vernunft und Lebenslust philosophisch betrachtet hat.

„Freude ist ein Übergang des Menschen von einer geringeren zu einer größeren Vollkommenheit.“ Aufbauend auf dieser Grundüberzeugung revolutionierte Baruch de Spinoza das Denken seiner Zeit durch das Sich-leiten-lassen des Menschen durch die Vernunft. Der Amsterdamer Philosoph entwarf ein Bild der menschlichen Existenz, in dem eine vernunftgeleitete Maximierung der Lebenslust das eigentliche Erkenntnisziel darstellte. Für Spinozas Philosophie prägend ist der Dreiklang von Steigerung der Selbsterkenntnis, Welterkenntnis und einer gesteigerten Lebensqualität.

Bei Spinoza musste es auch gleich die Maximierung der Lebenslust sein, die Optimierung wäre sicherlich besser gewesen, denn die Lebenslust ist nicht von Dauer und auch nicht so beschaffen, daß die fortwährend maximiert werden könnte.

Eitel und gierig sei der Mensch, nur auf seinen eigenen Vorteil aus. Er vergesse über dem Genuss der Lust das Gemeinwohl, die Arbeit, das aus Vernunft Notwendige.

Baruch Spinoza
So wie ein Astronom geometrisch bestimmen kann, wann die Sonne am höchsten stehen oder sich verfinstern wird, ob und wenn ja, wann ein Meteorit einschlägt, ebenso wollte Spinoza geometrisch über Unfreiheit und Freiheit, das gelingende und misslingende Leben, über Schmerz, Trübsal, Lust und Liebe nachdenken.

Das Empfinden von Lust ist für den Hedonisten Spinoza gut. Denn gut ist, was uns nützt, uns erhält, unser Tätigkeitsvermögen steigert. Doch um uns dem auszusetzen, was für uns gut ist, müssen wir wissen, was für Individuen wir sind. Und wir müssen wissen, was in der Welt unser Tätigkeitsvermögen steigert. Selbsterkenntnis und Welterkenntnis können unsere Lust steigern. Überhaupt sind wir, wenn wir erkennen, tätig, und wenn wir dabei Neues herausbekommen, steigern wir unsere Selbsterhaltungsfähigkeiten und empfinden Lust. Diese Tatsache in einer epidemischen Krise zu erkennen und sich zu vergegenwärtigen, kann für Menschen sogar geradezu überlebenswichtig sein.



Weblinks:

Baruch de Spinoza-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Baruch de Spinoza-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Samstag, 13. Juni 2020

Wie wird sich die Gesellschaft durch die Corona-Krise verändern?

Die Welt aus dem All gesehen


»Das Sein bestimmt das Bewußtsein«, hat Karl Marx gesagt. Die Krise wird das Leben verändern, doch wie wird sich das Bewußtsein verändern? Gibt es nach der Krise eine bessere Gesellschaft, welche aus der Krise etwas gelernt hat?

Die Pandemie verändert die Sicht des Bürgers auf den Staat. Der Staat als „allumfassender Helfer“ hat ausgedient. Ohne den Goodwill der Bürger ist die Corona-Pandemie nicht auf Dauer beherrschbar. Die Verweigerung der Maskenpflicht hat subversiven Charakter. Die Pandemie offenbarte die Hilflosigkeit der Behörden und der staatlichen Akteure. Einerseits wird versucht „hoheitliche“ Aufgaben wahrzunehmen, andererseits erfährt der Bürger das er sich telefonisch auf dem Amt mit seinem Anliegen anmelden muss.

Dies wird wohl nicht ohne Folgen für die (Zivil-)Gesellschaft bleiben.

Die sozialen und gesellschaftlichen Gegensätze werden sich durch Corona verschärfen. Karl Marx hätte in der Corona-Krise attestiert, daß sich die gesellschaftlichen Gegensätze verschärfen werden - allerdings ohne das daraus eine rervolutionäre Situation entstehen könnte, denn es fehlt an politischen Bewußtsein zur Veränderung einer Gesellschaft. Bessergestellte werden sich Lebensbedingungen verschaffen, welche die Gefahr von Corona erträglich machen.


Hegels Geist strebt nach Freiheit und Selbsterkenntnis. Um dieses Ziel zu erreichen, muss er sich notwendigerweise verkörpern. Der Geist braucht die Welt genauso, wie wir als denkende Wesen auf einen Körper angewiesen sind – wir schweben ja auch nicht einfach als Geister durch die Luft.



Das klingt zunächst, als sei der Geist nichts anderes als ein Schöpfergott. Aber Hegels Geist entwirft die Welt nicht einfach von außen, vielmehr schafft er die Bedingungen seiner eigenen
Existenz: Der Geist setzt sich selbst. Aber indem er sich in der Welt verkörpert, setzt er sich auch selbst in einen Widerspruch. Existieren kann er nur, wenn er diesen Widerspruch über windet.
Das ist die Kernidee von Hegels berühmter »Dialektik«.


Für Marx ist das Privateigentum und seine ungerechte Verteilung der Grund für die Herausbildung gesellschaftlicher Gegensätze und Ausbreitung von Elend, die Ausdruck der Herrschaft der herrschenden Klasse sidn und sich so verschärfen, daß die Klassengegensätze nur durch eine vom Proletariat durchzuführenden Revolution überwunden werden können.

Das Defizit pro Jahr wird insgesamt deutlich hoeher ausfallen als 81 Milliarden Euro. Denn es sind ja nicht nur Einnahmeausfaelle zu beklagen, sondern auch die Ausgaben steigen drastisch. Ich rechne insgesamt mit einem Defizit von 160-180 Milliarden Euro. Gut, daß Deutschland in den vergangenen Jahren so fleißig gespart und sogar Schulden abgebaut hat. Denn diese Krise wird finanziell ganz gewaltig zuschlagen!

Entscheidend ist, was aus einer Krise resultieren und hervorgebracht werden wird. - Wird am Ende der Krise die Gesellschaft noch die gleiche sein oder wird es eine andere geben? - Wenn Karl Marx recht hatte, dann wird die Kraft der Reproduktion, welcher der Bürgerlichen Gesellschaft immanent ist, die alten Verhältnisse wiederherstellen und Corona lediglich als häßliche Narbe hinterlassen.

Durch Corona hat das Land unfreiwillig ein gutes Stück Weg zum Klimaschutz zurückgelegt. Massive Einsparung von fossilen Energien, bei gleichzeitigen Verlust von Hunderttausenden Arbeitsplätzen. Wenn die Regierung nun noch Wege findet, die Löcher in den öffentlichen Haushalten zu stopfen, den sozialen Frieden zu sichern und den Wohlfahrtsstaat am Leben erhalten, hat sie ganz nebenbei auch die Klimaziele erreicht.

Die Pandemie ist ein Brennspiegel der Probleme, welche die Gesellschaft in sich trägt und die durch die Krise offen an das Tageslicht gekommen sind.

Nur weil zufällig eine Pandemie ausgebrochen ist, sind doch die Probleme, welche die Gesellschaft vorher hatte, nicht verschwunden. Weder die Klimaveränderung noch die ungerechte Verteilung von Vermögen, um nur zwei Beispiele zu nennen. Es mag ja sein, dass wir kurzfristig andere Probleme haben, aber ein Verhalten wie bei kleinen Kindern, die die Hand vor Augen halten und dann glauben, es sähe sie niemand, ist doch bei vernunftbegabten Erwachsenen eher unangemessen.

Natürlich hat es kurzfristig Auswirkungen, wenn kaum noch ein Flugzeug fliegt und die Produktion zurückgefahren wird, aber das wird sich wieder ändern. Und dann brauchen wir ein Konzept, wie wir die schädlichen Auswirkungen auf Umwelt und Klima möglichst gering halten.

Durch Corona haben wir ein gutes Stück Weg zum Klimaschutz zurückgelegt. Massive Einsparung von Fossilen Energien, bei gleichzeitigen Verlust von Hunderttausenden Arbeitsplätzen. Wenn wir nun noch Wege finden die Löcher in den öffentlichen Haushalten zu stopfen, den sozialen Frieden zu sichern und den Wohlfahrtsstaat am Leben erhalten, haben wir die Klimaziele erreicht.

Der Klimaschutz kann nur dauerhaft von der Corona-Krise profitieren, wenn wir Menschen begreifen, dass wir unser Leben in vielerlei Hinsicht verändern müssen. Auch die rasend schnelle Verbreitung des Virus hängt ja von Voraussetzungen ab, die letztlich von uns Menschen geschaffen werden.

Die Formen des Reisens und das Reiseverhalten wird sich ändern. Viele finanziell Schwache werden sich gar keinen Urlaub mehr leisten können. Finanziell Bessergestellte werden sich Bedingungen schaffen, welches das Infektiosnreisiko mindern.

Die ganze Corona-Geschichte wird nur dann einen Sinn gehabt haben, wenn man sie mit dem verbindet, was sie abschließt und vollendet: den Staat, in dem die Menschen endlich wie Menschen leben können.

Jeder Bürger sollte sich dieser Gefahr und der eigenen Verantwortung bewusst sein, von sich aus alle inzwischen allgemein bekannten Möglichkeiten zu nutzen, um zu verhindern, dass es nicht zu einer neuen Ausbreitung der Pandemie kommen kann.

Samstag, 6. Juni 2020

»Das Prinzip Hoffnung« von Ernst Bloch








Ernst Bloch


Träume in der Hoffnung auf eine bessere Gesellschaft stehen in Krisenzeiten hoch im Kurs. Im Laufe der Geschichte sind vielerlei Arten von Zukunftsvisionen geträumt worden. Die bekannteste davon ist »Utopia« von Thomas Morus.

Das Noch-nicht-Sein wird auch im Werk von Ernst Bloch als Utopie beschrieben. In seinem Werk »Das Prinzip Hoffnung« geht es um das Denken, was ist und die Darstellung dessen, was in Zukunft sein soll.

»Das Prinzip Hoffnung« ist das philosophische Hauptwerk von Ernst Bloch und entstand in den Jahren 1938 bis 1947. Das Werk gilt als epochales philosophisches Werk des 20. Jahrhunderts.

Der Titel des Buches ist bereits Programm: In fünf Teilen wird der Begriff der Hoffnung klar definiert und sehr breitgefächert analysiert. »Die Sehnsucht scheint mir die einzige ehrliche Eigenschaft des Menschen.« Hoffnung soll in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Bloch spricht deshalb von der Hoffnung als einer „konkreten Utopie“. Für Ernst Block hatte die Hoffnung eine besondere Grundschattierung des Lernens:


»Es gehört zum Wesen der Hoffnung, dass sie enttäuscht
werden kann, sonst wäre sie ja Zuversicht.«


»Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen.«

Ernst Bloch

Nun hier einige Ausführungen zur Erhellung der Grundgedanken von Ernst Bloch:

»Das Prinzip Hoffnung« handelt von Kunst, Literatur, Musik, von Religion und Sozialtheorien, der Technik und den Einzelwissenschaften sowie deren vorwissenschaftlichen Frühstadien. In philosophiegeschichtlicher Hinsicht bekennt sich Bloch zur Humanität des Marxismus.

Ernst Bloch


Ernst Blochs Opus magnum einer Seinslehre (Ontologie) des "Noch-nicht-Seins" enthält eine Menschheitsgeschichte, die von jeher für qualitativ Neues offen ist. Unter dem Titel »Der Traum vom besseren Leben« entstand »Das Prinzip Hoffnung« während der Emigration in den USA. Als Bloch mit seiner Schreibarbeit begann, war er 50 Jahre alt. Bloch ging von seinem Grundgedanken aus, den er bereits als Student hatte: von »Noch-Nicht -Bewußten« und »Noch-Nicht-Gewordenen«. Bloch meinte damit, daß die Menschen noch kein richtiges Bewußtsein von sich und der Welt haben. Ihr Bewußtsein ist noch im Werden, so wie die Welt noch nicht ist, was sie sein soll.


Im Gegensatz zur Bibel, welche die Welt als geschaffen und vollendet beschreibt, glaubt Bloch, daß die Schöpfung (Genesis) noch am Anfang steht. Sowohl die Menschen als auch die Welt sind noch gar nicht aus sich herausgekommen, sind noch nicht richtig geboren.

Ein Schwerpunkt der philosophischen Untersuchung Blochs war die Kategorie der Möglichkeit oder um mit Ernst Bloch zu sprechen: das "Noch-Nicht-Sein". Der Mensch ist »die reale Möglichkeit all dessen, was in der Geschichte aus ihm geworden ist und vor allem mit ungesperrtem Fortschritt noch werden kann«.

Die Möglichkeit ist der »Seinszustand der Welt«, dem Bloch eine enzyklopädische Gesamtschau von Indizien des Noch-nicht-Erschienenen widmet.

Auch in der Krise ist der Mensch dem "Noch-nicht-Sein" in besonderem Maße unterworfen, aber es ist natürlich eine Illusion, daß Krisen eine bessere Welt hervorbringen werden, denn dazu braucht schließlich auch noch Bewßsein, Mut, Tatkraft und natürlich den politischen Willen zur Veränderung. Die Krise wird bewältigt, wenn Vernunft auf Augenmaß trifft. Auch das Ende der Corona-Krise ist ein "Noch-Nicht-Sein" im Sinne von Ernst Bloch. Es kommt auch nach der Corona-Krise darauf an, wieder das Hoffen zu lernen. Vielleicht hat die Krise ja die Möglichkeit auf einen besseren »Seinszustand der Welt« geweckt.

Und noch etwas Trost zum Schluß: Wer in der Krise vom »Prinzip Hoffnung« lebt, wird nicht enttäuscht werden, denn die Hoffnung, daß Krisen eine bessere Welt, die für den selbstbewußten Philosophen Bloch »Heimat« war, hervorbringen, stirbt zuletzt.


Das Land der Verheißung heißt bei Karl Marx das »Paradies«, bei Ernst Bloch »Heimat«. Bloch hat nach einem Bild für seine Utopie gesucht und es in der Heimat gefunden. Heimat ist für Ernst Bloch nicht einfach die Gegend, aus der jemand her stammt. Das Wort sagt ihm eher das Gegenteil. Heimat ist »etwas, worin noch niemand war«. Sie muß in dieser Welt erst noch entstehen, von den Menschen erst noch begründet werden - so wie Karl Marx »kommunistisches Paradies«.

Literatur:

Das Prinzip Hoffnung
Das Prinzip Hoffnung
von Ernst Bloch


Weblinks:

Ernst-Biografie - www.die-biografien.de

Ernst Bloch -Zitate - www.die-zitate.de






Die Krise und das Verständnis von einem guten Leben (E)


Die Krise und das Verständnis von einem guten Leben

Corona musste kommen, damit sich unsere Gesellschaft neu formieren wird.
Vom wirtschaftlichen Desaster in den nächsten 5 - 10 Jahren ganz abgesehen, welches ihren Anteil an allen Veränderungen maßgeblich zeigen wird, werden sich viele Menschen enorm verändern!
Sicher nicht alle - aber je nach Kultur, Lebensform und Regierung gehe ich davon aus, dass sich nach einem langen mühsamen Weg Licht im Tunnel zeigen wird!

Angst und Bedrohungsszenarien funktionieren immer. Damit wird seit Jahren Politik gemacht. Wenn die Angst vor Corona schwindet, geht es weiter so wie davor. Auch in der Krise steht bei der Ellbogengesellschaft das eigene Wohlergehen an erster Stelle und deshalb werden die Maßnahmen auch weitgehend akzeptiert. Es wird keine großen Änderungen geben, außer das man für den Hass auf alles Fremde noch mehr Munition hat.

Schön wäre es ja, wenn die Leute daraus lernen würden, verantwortungsbewusster mit der Natur, der Welt und den Ressourcen umzugehen, aber ich bezweifle es. Ich fürchte, die Mehrheit wird viel zu schnell in ihr hirn- und rücksichtsloses Verhalten zurück fallen.

An den ganzen Menschen, deren größte Qual nun die irrsinnige Langeweile ist, merkt man gut, wie viele Menschen ein im Grunde sinnloses Leben führen und ihre Zeit mit Sinnlosigkeit vergeuden.

Alles muss Spaß machen, nichts darf jemals langweilig sein, Dauerkonsum und Dauersensation soll die Regel sein. Unser Belohnungszentrum muss permanent befriedigt werden, die Aufmerksamkeitsspanne verringert sich. Sich alleine zu Hause beschäftigen, in dem man ein sinnvolles Sachbuch liest: Unmöglich. Eine Sensation muss her.

Normalitäten und Lebensstile, Werthaltungen und Ansichten vieler Menschen im Laufe dieser Krise werden sich - mal mehr und mal weniger - sicher verändern.

Familie wird wieder wichtiger werden. Privateigentum wird wieder wichtiger werden. Jetzt lernen die Menschen: Familie ist der letzte Hafen von Loyalität/Solidarität und vor allem, daß nur Eigentum das Wahre ist.

In der Krise kann man sich auf Gemeinschaftsgüter öffentliche nicht verlassen. Das wird tief sitzen.

...


Ein gutes Leben

Auch wenn der vor der Krise herrschende Lebensstil derzeit stark eingeschränkt scheint, glaubt Hahn nicht daran, dass wir alle an diesen Punkt zurückkehren werden. Seiner Meinung nach werden sich "Normalitäten und Lebensstile vieler Menschen" im Laufe dieser Krise verändern: "Und so ist im Grunde gar nicht gesagt, dass sich in den kommenden Monaten unser Lebensstandard verschlechtert, weil sich unser Verständnis von einem guten Leben selbst zu transformieren beginnt. Viele machen derzeit eine geradezu läuternde Erfahrung von Nähe, Entschleunigung und Zwischenmenschlichkeit", so Hahn.

Die eigentliche Frage sei somit nicht, welchen Preis die Erhaltung der alten Normalität hat, "sondern wie wir eine neue Normalität mitgestalten können. Sollen wir sie nationalistischen und kompetitiven Kräften überlassen, oder gelingt es uns, in der Krise solidarische Praktiken der Achtsamkeit und Genügsamkeit zu pflegen? Dies ist der politische Konflikt, der sich derzeit anbahnt – und für den die Krise ein aufregendes Möglichkeitsfenster öffnet.

Weil sich unser Verständnis von einem guten Leben selbst zu transformieren beginnt. Viele machen derzeit eine geradezu läuternde Erfahrung von Nähe, Entschleunigung und Zwischenmenschlichkeit"
An den ganzen Menschen, deren größte Qual nun die irrsinnige Langeweile ist, merkt man gut, wie viele Menschen ein im Grunde sinnloses Leben führen und ihre Zeit mit Sinnlosigkeit vergeuden.

Alles muss Spaß machen, nichts darf jemals langweilig sein, Dauerkonsum und Dauersensation soll die Regel sein. Unser Belohnungszentrum muss permanent befriedigt werden, die Aufmerksamkeitsspanne verringert sich. Sich alleine zu Hause beschäftigen, in dem man ein sinnvolles Sachbuch liest: Unmöglich. Eine Sensation muss her.

„Sinn“ wird häufig mit „Bedeutung“ (Zweck, Grund) übersetzt, für mich ist Sinn aber in erster Linie entweder das, was ich mit meinen Sinnen wahrnehme, deshalb heißt das Wort vermutlich auch so, sowie das, wo dieser Sinn der anderen sich ausdrückt (also alles, was unter Kultur fällt).

Wenn jemand um die Welt reist, wird seine Reise nicht besonders viel Sinn enthalten, wenn er sii mit seinen Sinnen nicht besonders wahrnimmt. Wer hingegen die Sprache des Landes lernt, dessen Wörter voll mit Sinn versehen sind, so ist seine Erfahrung tatsächlich „sinnvoll“.

Sinn ist in all dem aber nicht vorhanden. Es fehlt an Sinn.

Wo die Philosophen vom Grundsätzlichem reden, kommen sie mit quantitativen Unterschieden daher.
Da können Sie noch so viel mit Exponentialfunktionen herumrechnen, die grundsätzliche Frage bleibt: Wie hoch sind die Opfer, die wir bereit sind zu erbringen, um Leben zu retten? Wie viel Lebensqualität für alle sind wir bereit aufzugeben, um relativ wenigen das eine oder andere Lebensjahr mehr ermöglichen? Oder: Wenn es nur noch darum geht, um jeden Preis Leben zu erhalten, was bleibt dann noch vom Leben? Wo ist da die Grenze, wo man sagen müsste, da sind wir alle besser dran, wenn wir tot sind, als dass wir in unseren Wohnungen eingesperrt sind?


Weblink:

Philosoph: Unser Verständnis von einem guten Leben wird sich durch die Krise verändern - www.derstandard.de


Samstag, 30. Mai 2020

Thomas Piketty und das Kapital in der Krise


Thomas Piketty - geboren am 7. Mai 1971 in Clichy, Département Hauts-de-Seine - ist ein französischer Wirtschaftswissenschaftler. Der Ökonom ist Professor an der »École d’Économie de Paris« und der »École des Hautes Études en Sciences Sociales« (EHESS) und Publizist.

2014 sorgte die Veröffentlichung seines Werkes »Das Kapital im 21. Jahrhundert« weltweit, besonders in den USA, für sehr große Aufmerksamkeit. Der Ökonom wurde 2014 mit dem Buch »Das Kapital im 21. Jahrhundert« bekannt. Darin beschäftigte der Gesellschaftsanalytiker sich mit dem Zusammenhang zwischen Kapital und wirtschaftlicher Ungleichheit.

Sein neues Werk trägt den Titel »Kapital und Ideologie«, in dem er den Zusammenhang zur Regierungsform aufarbeitet. Piketty legt mit einem gewaltigen Werk nach: Kapital und Ideologie ist eine so noch niemals geschriebene Globalgeschichte der sozialen Ungleichheit und ihrer Ursachen, eine unnachsichtige Kritik der zeitgenössischen Politik und zugleich der kühne Entwurf eines neuen und gerechteren ökonomischen Systems. »Kapital und Ideologie« hilft nicht nur, die Welt von heute zu verstehen, sondern sie zu verändern.

Für den Ökomomen ist klar, daß jede Gesellschaft eine Ideologie braucht, eine Rechtfertigung für ihre Organisationsform und die damit verbundene Ungleichheit. Aber die Herrschenden würden den Vorteil, den sie der Gesellschaft bringen, übertreiben, um ihre Privilegien zu rechtfertigen.

Grundsätzlich bemängelt Piketty, daß heutzutage kaum mehr über Alternativen zum marktwirtschaftlichen Kapitalismus nachgedacht werde. Dabei sei die Geschichte eine Abfolge von oft radikalen Veränderungen im Wirtschaftssystem und diese würden nicht nur durch Kriege ausgelöst, wie Schwedens Wandel von einem Land mit sehr großer Ungleichheit Anfang des 20. Jahrhunderts zur heutigen relativ ausgeglichenen Gesellschaft zeige.

Die Krise führe Regierungen vor Augen, wie sehr sie die Wirtschaft regulieren können, so Piketty bei der Vorstellung seines neuen Buches. Den Arbeitenden werde bewusst, dass Home-Office funktioniert.


Vor ein paar Monaten, als es darum ging, Flüge zu reduzieren und den CO2-Ausstoß abzubauen, hätten das viele unter Verweis auf die ökonomischen Kosten ausgeschlossen. „Und jetzt, ganz plötzlich, wegen einer Gesundheitskrise, blockieren wir Flüge und schicken Leute nach Hause“, sagte Piketty. Das zeige, daß Europa ein ausgefeiltes System im Umgang mit Gesundheitsrisiken habe, aber keine vergleichbaren Entscheidungsstrukturen bei langfristigen Risiken wie Umweltproblemen.

Die Krise wird die gesellschaftliche Ungleichheit nicht verändern, da diese struktureller Natur ist. Piketty plädierte für eine Erhöhung der Vermögenssteuer und einer Einmalzahlung von 120.000 Euro als Finanzierung, um sicher durch die Krise zu kommen.

Was aus einer Krise zu lernen ist? - Der smarte französische Ökonom des Kapitals der Gegenwart Thomas Piketty kann sich vorstellen, daß das verstärkte Home-Office und die Umsetzung drastischer Eingriffe in die Wirtschaft im Rahmen der Corona-Krise ganz im Sinne von Karl Marx zu einer Bewusstseinsänderung führen könnten.

Literatur:

»Kapital und Ideologie« von Thomas Piketty

Kapital und Ideologie von Thomas Piketty

Mittwoch, 27. Mai 2020

Oswald Spengler 140. Geburtstag

Oswald Spengler


Oswald Spengler war ein deutscher Geschichtsphilosoph, Kulturhistoriker und anti-demokratischer politischer Schriftsteller. Spengler lernte in seinem Studium einerseits die Naturwissenschaften kennen, andererseits die Philosophie. Prägend wirkten auf ihn Ernst Haeckel, die fiktionale Philosophie Hans Vaihingers (Philosophie des Als Ob), in besonderem Ausmaß aber die Kulturkritik Friedrich Nietzsches, besonders seine Konzepte von Dekadenz und dem Willen zur Macht. Außerdem verehrte er lebenslang Goethe als einen Gipfel der abendländischen Kultur.

Er war ein Kulturhistoriker und Zeitkritiker mit pessimistischem Grundton. Oswald Spengler wurde bekannt durch seine scharfe Analyse der (Kultur)Geschichte, welche er anhand von schöpferischen Impulsen betrachtete, welche der jeweiligen Epoche ihr Wesen geben. Er war strikter ablehner eines leeren rein linearen Verständnises der Kultur.

Hauptthema aller seiner dichterischen und philosophischen Arbeiten ist seine morphologische Sicht der Geschichte. Sein Hauptwerk Der Untergang des Abendlandes. Umrisse einer Morphologie der Weltgeschichte stellt dieses Thema in aller Ausführlichkeit dar. Hauptthese seiner geschichtsphilosophischen Sicht ist die kulturpessimistische Aussage, seine Zeit sei unfähig, kreativ zu wirken. Daraus folge die Verpflichtung, die von früheren Generationen geschaffene Kultur zu bewahren und sich angesichts der politischen Herausforderungen in Zeiten des Verfalls zu bewähren. dabei soll der „Blick über die Kulturen hin“ den Weg weisen. Erkenntnistheoretisch berief er sich dabei auf Goethe.

Zu seinen Hauptwerken zählen "Der Untergang des Abendlandes", "Der Mensch und die Technik" und das hierauf folgende "Jahre der Entscheidung".


Der Geschichtsphilosoph hegte einm Unbehagen an der Zeit und diagnostizierte die Leere der Zeit. In den Tagebuch-Aufzeichnungen Spenglers blickt der Betrachter tiefer in die Seele des als kühl erscheinden Analytikers. Dies schadet seinen Werk nicht, im Gegenteil es gibt ihm gerade die seelische und persönliche Grundlage aus welchen jenes entstand.

Getreu Schopenhauer steigt mit einen Grade der Sensibilität für die Dinge auch das Leiden an seiner Zeit, in Spenglers Aufzeichnungen sehen wir einen sensiblen Geist der an der Moderne scheitert und scheitern muss, welchen schließlich nurmehr der Rückzug auf sich selbst übrig bleibt. Dies macht jenes Werk in der heutigen erstarrten Zeit aktueller den je.

Weblinks:

Oswald Spengler-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Oswald Spengler-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Karl Marx - www.famousphilosophers.org


Literatur:

Der Untergang des Abendlandes
Der Untergang des Abendlandes
von Oswald Spengler

Samstag, 16. Mai 2020

Karl Marx, die Gegensätze und die sozialen Folgen der Krise









Der Corona-Shutdown hat die Wirtschaft in Europa lahmgelegt. Besonders betroffen sind südeuropäische Länder wie Spanien und Italien. Die Krise läßt die wirtschaftliche Mißstände, unternehmerische Unterlassungen und soziale Verwerfungen offen an das Tageslicht treten. Corona hat deutlich aufgezeigt, daß das 70 Jahre gelebte Wirtschaftsmodell nicht krisensicher ist, immer wieder von Krisen erschüttert wird und daß Krisen einfach zum strukturellen Wesen des Kapitalismus gehören.

Bei Karl Marx kommt in der Krise die Ökonomie ins Spiel, kein Wunder, denn mit Krisen kannte Karl Marx sich aus, denn er hat diese Erscheinungen als persönliche auch als gesellschaftliche Krisen erfahren müssen. Gesellschaftliche Krisen haben immer die Tendenz, gesellschaftliche Gegensätze zu verschärfen und von der Gegensteuerung der Politik hängt es in Zeiten der Krise ab, wie diese gemeistert werden kann.

Der Lauf der Geschichte wird dialektisch als Abfolge von Klassenkämpfen interpretiert, die jeweils einen gesellschaftlichen Fortschritt in dessen Ablauf markieren. Das Endziel der Geschichte sieht Marx in der klassenlosen Gesellschaft des Kommunismus verwirklicht.

Der Marximus hat zwar fundamentale Mechanismen der Industriegesellschaft und des Kapitalismus erkannt und durchschaubar gemacht, in der politischen Praxis versagt durch einen Mangel an Anthropologie. Ideologische Vernachlässung unseres natürlichen Bedarfes an Emotionalizät und Subjektivität.


»Die Analysen des großen Denkers waren vielfach richtig. Teile seines Instrumentariums und seiner Methode sind auf faszinierende Weise modern geblieben. Seine Antworten erwiesen sich vielfach als falsch, seine Hoffnungen als trügerisch.« Willy Brandt

Ein Verweis auf die Fehlentwicklungen, die schon bei Marx angelegt waren: Er war ein Kind des neunzehnten Jahrhunderts und bewunderte die Dampfmaschinen in den Fabriken. Da war er Modernisierungstheoretiker mit all den teleologischen Fallstricken, die wir inzwischen kennen. Nachfolger von ihm bastelten daraus ein plumpes Stufenmodell der Weltgeschichte. Marx selbst war aber ein komplexerer Denker, der seine eigenen Hauptthesen durchaus auch reflektierte und in Frage stellte.



Für Karl Marx ist die Herrschaft immer eine Herrschaft der herrschenden Klasse - der Bourgeoisie - und der Staat ist ein Instrument der herrschende Klasse, welche den Staat nach ihren jeweiligen Interessen und Vorstellungen einrichtet.


Der bürgerlichen Gesellschaft geht es um die Reproduktion der herrschenden Verhältnisse. Die Reproduktion der Gesellschaft und der bestehende Verhältnisse ist das Ziel der Herrschaft. Zu tief der Einschnitt in des gesellschaftliche Leben. Nur durch staatliche Hilfen wird die Gesellschaft in der Krise überleben, ohne fremde Hilfen dagegen zerbrechen.


Bei Karl Marx geht es letztlich immer um Produktion und Reproduktion von gesellschaftlichen und damit auch wirtschaftlichen Verhältnissen. So wird der Kapitalismus sich auch in Zeiten der Krise neu erfinden und viele neue Innovationen hervorbringen und Geschäftsmodelle erfinden, um sich zu Reproduzieren. In der Krise sind viele innovative Ideen von kreativen Köpfen entstanden, doch nur wenige davon taugen zum Geschäftsmodell.

Für Karl Marx sind wirtschaftliche Krisen immer der Ausdruck von Krisen des Kapitals - resp. Kapitalismus - für Milton Friedman gehören sie sogar zum Kapitalismus dazu. Die sozialen und gesellschaftlichen Gegensätze werden sich verschärfen. Karl Marx hätte in der Corona-Krise attestiert, daß sich die gesellschaftlichen Gegensätze verschärfen werden - allerdings ohne das daraus eine rervolutionäre Situation entstehen könnte, denn es fehlt an politischen Bewußtsein zur Veränderung einer Gesellschaft.


Für Marx ist das Privateigentum und seine ungerechte Verteilung der Grund für die Herausbildung gesellschaftlicher Gegensätze und Ausbreitung von Elend, die Ausdruck der Herrschaft der herrschenden Klasse sidn und sich so verschärfen, daß die Klassengegensätze nur durch eine vom Proletariat durchzuführenden Revolution überwunden werden können.

Diejenigen, welche die Interessen der Wirtschaft über die Gesundheit stellen, sind überzeugt davon, daß Profit und Wohlstand wichitger sind als die Gesundheit der Bevölkerung.

»Das Sein bestimmt das Bewußtsein«, hat Karl Marx gesagt. Die Krise wird das Leben verändern, doch wie wird sich das Bewußtsein verändern? Gibt es nach der Krise eine bessere Gesellschaft, welche aus der Krise etwas gelernt hat?

Entscheidend ist, was aus einer Krise resultieren und hervorgebracht werden wird. - Wird am Ende der Krise die Gesellschaft noch die gleiche sein oder wird es eine andere geben? - Wenn Karl Marx recht hatte, dann wird die Kraft der Reproduktion, welcher der Bürgerlichen Gesellschaft immanent ist, die alten Verhältnisse wiederherstellen und Corona lediglich als häßliche Narbe hinterlassen.

Der Kapitalismus ist wie ein Chamäleon, dessen weitere Entwicklung auch ein kluger analytischer Kopf wie Karl Marx nicht voraussehen konnte. Die Welt hat sich dank der Arbeit, dem technischen Fortschritt und der Verteilung des Wohlstands anders entwickelt wie Karl Marx sie vorausgesehen hatte. Leiharbeit, Werksverträge, Scheinselbständigkeit - kein Mittel ist den Kapitalisten ungeeignet genug, um die Würde des Menschen durch die ökonomische Hintertüre nach Kräften zu unterminieren.




Die Corona-Krise wird zu einer Wirtschaftkrise mit steigender Arbeitslosigkeit führen und viele Verlierer wie Alleinerziehende, Hartz IV-Bezieher und weitere Mini-Jobber produzieren. Die Krise wird die sozialen Gegensätze in Europa und zwischen Arbeit und Kapital verschärfen und zu einer erheblichen Spaltung der Gesellschaft führen, ohne daß sich dabei eine Klasse bilden wird, welche die Gegensätze überwindet.

Wenn gegen die soziale Armut nichts getan wird, werden die Populisten das Rennen. Die werden ebenfalls einen Teufel tun, die soziale Armut bekämpfen, bis die Empörten aufstehen und die dann Regierenden mit Gewalt aus dem Amt jagen.Wer politisch keine Orbanisierung der Gesellschaft möchte, sollte als Politiker anfangen, etwas gegen Rechts zu tun

Doch hört man kritische Stimmen in der Krise, daß es kein Zurück zur bürgerlich-kapitalistischen Struktur geben darf. Der aktuelle Zustand des Landes erinnert an jenen der Ostzone 1970: kein Individualverkehr, keine Fereinflüge, keine Kreuzfahrten, keine Veranstaltungen mit Lebensfreude und Versorgung nur mit dem absolut Notwendigsten.

In der Corona-Krise sind zwei Tendenzen zu beobachten: Der Corona-Kapitalismus wappnet sich durch die Gewährung von Krediten, um sein Überleben zu sichern und ruft auf der anderen Seite auch seine Kritiker auf den Plan, welche eine andere Wirtschaftsordnung für die Zeit danach fordern und anstreben.

Man muss nicht Karl Marx heißen oder Ökonom sein, um festzustellen zu können, daß am Ende der Corona-Krise nur diejenigen überleben werden, die über ausreichend Einfluß verfügen, um durch Geltendmachung desselbigen ihre weitere Existenz und ihr Überleben - und damit gleichzeitig auch des Kapitalismus - zu sichern.

Vom wirtschaftlichen Desaster in den nächsten fünf bis zehn Jahren ganz abgesehen, welches ihren Anteil an allen Veränderungen maßgeblich zeigen wird, werden sich viele Menschen enorm verändern. Sicher nicht alle - aber je nach Kultur, Lebensform und Regierung gehe ich davon aus, dass sich nach einem langen mühsamen Weg Licht im Tunnel zeigen wird.

Angst und Bedrohungsszenarien funktionieren immer. Damit wird seit Jahren Politik gemacht. Wenn die Angst vor Corona schwindet, geht es »Weiter so wie zuvor«. Auch in der Krise steht bei der Ellbogengesellschaft das eigene Wohlergehen an erster Stelle und deshalb werden die Maßnahmen auch weitgehend akzeptiert. Es wird keine großen Änderungen geben, außer das man für den Hass auf alles Fremde noch mehr Munition hat.


Die Pandemie wird durch die steigende Arbeitslosigkeit die sozialen Gegensätze weiter verschärfen und die Spannungen erhöhen. Im weiteren Verlauf der Krise wird das Prekariat aus Geringverdienern und Beschäftigten weiter ansteigen.

Infolge der notwendigen Inanspruchnahme sozialer Dienste wird eine starke soziale Aufwertung von prekär Beschäftigten in den sozialen Berufen stattfinden, die für ihre in der Krise erbrachten Dienste viel Anerkennung erfahren.

Wenn die Politik ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden will, muss sie Risikogruppen schützen, ggf. deren Freiheitsrechte - dem Zweck des Infektionsschutzrechts gemäß - gezielt einschränken, aber nicht noch länger die gesamte Gesellschaft in Haftung nehmen.


Weblinks:

Karl Marx-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Karl Marx-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Karl Marx - www.famousphilosophers.org

Max Frisch "Am Ende steht ..." - Youtube - www.youtube.com


Blog-Artikel:

Karl Marx und das Kapital im 21. Jahrhundert

Wie aktuell sind Marx Ideen heute?

Karl Marx 200. Geburtstag

Die Irrtümer des Karl Marx

Kapitalismuskritik und der Grundkonflikt der Moderne