Samstag, 6. Juni 2020

Die Krise und das Verständnis von einem guten Leben (E)


Die Krise und das Verständnis von einem guten Leben

Corona musste kommen, damit sich unsere Gesellschaft neu formieren wird.
Vom wirtschaftlichen Desaster in den nächsten 5 - 10 Jahren ganz abgesehen, welches ihren Anteil an allen Veränderungen maßgeblich zeigen wird, werden sich viele Menschen enorm verändern!
Sicher nicht alle - aber je nach Kultur, Lebensform und Regierung gehe ich davon aus, dass sich nach einem langen mühsamen Weg Licht im Tunnel zeigen wird!

Angst und Bedrohungsszenarien funktionieren immer. Damit wird seit Jahren Politik gemacht. Wenn die Angst vor Corona schwindet, geht es weiter so wie davor. Auch in der Krise steht bei der Ellbogengesellschaft das eigene Wohlergehen an erster Stelle und deshalb werden die Maßnahmen auch weitgehend akzeptiert. Es wird keine großen Änderungen geben, außer das man für den Hass auf alles Fremde noch mehr Munition hat.

Schön wäre es ja, wenn die Leute daraus lernen würden, verantwortungsbewusster mit der Natur, der Welt und den Ressourcen umzugehen, aber ich bezweifle es. Ich fürchte, die Mehrheit wird viel zu schnell in ihr hirn- und rücksichtsloses Verhalten zurück fallen.

An den ganzen Menschen, deren größte Qual nun die irrsinnige Langeweile ist, merkt man gut, wie viele Menschen ein im Grunde sinnloses Leben führen und ihre Zeit mit Sinnlosigkeit vergeuden.

Alles muss Spaß machen, nichts darf jemals langweilig sein, Dauerkonsum und Dauersensation soll die Regel sein. Unser Belohnungszentrum muss permanent befriedigt werden, die Aufmerksamkeitsspanne verringert sich. Sich alleine zu Hause beschäftigen, in dem man ein sinnvolles Sachbuch liest: Unmöglich. Eine Sensation muss her.

Normalitäten und Lebensstile, Werthaltungen und Ansichten vieler Menschen im Laufe dieser Krise werden sich - mal mehr und mal weniger - sicher verändern.

Familie wird wieder wichtiger werden. Privateigentum wird wieder wichtiger werden. Jetzt lernen die Menschen: Familie ist der letzte Hafen von Loyalität/Solidarität und vor allem, daß nur Eigentum das Wahre ist.

In der Krise kann man sich auf Gemeinschaftsgüter öffentliche nicht verlassen. Das wird tief sitzen.

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Ein gutes Leben

Auch wenn der vor der Krise herrschende Lebensstil derzeit stark eingeschränkt scheint, glaubt Hahn nicht daran, dass wir alle an diesen Punkt zurückkehren werden. Seiner Meinung nach werden sich "Normalitäten und Lebensstile vieler Menschen" im Laufe dieser Krise verändern: "Und so ist im Grunde gar nicht gesagt, dass sich in den kommenden Monaten unser Lebensstandard verschlechtert, weil sich unser Verständnis von einem guten Leben selbst zu transformieren beginnt. Viele machen derzeit eine geradezu läuternde Erfahrung von Nähe, Entschleunigung und Zwischenmenschlichkeit", so Hahn.

Die eigentliche Frage sei somit nicht, welchen Preis die Erhaltung der alten Normalität hat, "sondern wie wir eine neue Normalität mitgestalten können. Sollen wir sie nationalistischen und kompetitiven Kräften überlassen, oder gelingt es uns, in der Krise solidarische Praktiken der Achtsamkeit und Genügsamkeit zu pflegen? Dies ist der politische Konflikt, der sich derzeit anbahnt – und für den die Krise ein aufregendes Möglichkeitsfenster öffnet.

Weil sich unser Verständnis von einem guten Leben selbst zu transformieren beginnt. Viele machen derzeit eine geradezu läuternde Erfahrung von Nähe, Entschleunigung und Zwischenmenschlichkeit"
An den ganzen Menschen, deren größte Qual nun die irrsinnige Langeweile ist, merkt man gut, wie viele Menschen ein im Grunde sinnloses Leben führen und ihre Zeit mit Sinnlosigkeit vergeuden.

Alles muss Spaß machen, nichts darf jemals langweilig sein, Dauerkonsum und Dauersensation soll die Regel sein. Unser Belohnungszentrum muss permanent befriedigt werden, die Aufmerksamkeitsspanne verringert sich. Sich alleine zu Hause beschäftigen, in dem man ein sinnvolles Sachbuch liest: Unmöglich. Eine Sensation muss her.

„Sinn“ wird häufig mit „Bedeutung“ (Zweck, Grund) übersetzt, für mich ist Sinn aber in erster Linie entweder das, was ich mit meinen Sinnen wahrnehme, deshalb heißt das Wort vermutlich auch so, sowie das, wo dieser Sinn der anderen sich ausdrückt (also alles, was unter Kultur fällt).

Wenn jemand um die Welt reist, wird seine Reise nicht besonders viel Sinn enthalten, wenn er sii mit seinen Sinnen nicht besonders wahrnimmt. Wer hingegen die Sprache des Landes lernt, dessen Wörter voll mit Sinn versehen sind, so ist seine Erfahrung tatsächlich „sinnvoll“.

Sinn ist in all dem aber nicht vorhanden. Es fehlt an Sinn.

Wo die Philosophen vom Grundsätzlichem reden, kommen sie mit quantitativen Unterschieden daher.
Da können Sie noch so viel mit Exponentialfunktionen herumrechnen, die grundsätzliche Frage bleibt: Wie hoch sind die Opfer, die wir bereit sind zu erbringen, um Leben zu retten? Wie viel Lebensqualität für alle sind wir bereit aufzugeben, um relativ wenigen das eine oder andere Lebensjahr mehr ermöglichen? Oder: Wenn es nur noch darum geht, um jeden Preis Leben zu erhalten, was bleibt dann noch vom Leben? Wo ist da die Grenze, wo man sagen müsste, da sind wir alle besser dran, wenn wir tot sind, als dass wir in unseren Wohnungen eingesperrt sind?


Weblink:

Philosoph: Unser Verständnis von einem guten Leben wird sich durch die Krise verändern - www.derstandard.de


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