Samstag, 14. März 2020

Ein Virus, die Angst und die Freiheit








Corona Virus

Eine Krise verunsichert Menschen und läßt deren Bedarf in Informationen über diesen Zustand steigen, weil die Menschen informiert sein wollen. Mit jeder neuen Meldung über die sich ausbreitende Pandemie dringt auch etwas ein in unser tieferes kollektives Bewusstsein. Etwas, das rational schwer steuerbar erscheint. Vorbei ist es mit der „Eudaimonia“, das „gute Leben“ des Aristoteles.

Keine Panik, denn allgemeine Hysterie ist der schlechteste Ratgeber - auch jetzt - in der Abwehr des medial schon allgegenwärtigen Corona-Virus. Doch mischt sich die notwendige Vorsorge inzwischen nicht nur mit der vernünftigen Sorge.

Das Virus aus dem längst nicht mehr Fernen Osten hält schneller und heftiger als geahnt auch die westliche Welt in Atem. Niemand hätte sich eben noch vorstellen können, dass über die Möglichkeit einer Abriegelung von Millionenstädten wie Mailand oder Berlin überhaupt ernsthaft nachgedacht werden könnte.

Die Angst oder mindestens Sorge, so sie nicht zur kopflosen Panik gerät, ist ein strenger Lehrmeister nicht nur des medizinischen Fortschritts. Anders als beim Klimawandel geht es beim Corona-Virus nicht um das Überleben des Planeten. Aber die Begegnung mit Seuchen berührt die Urängste vor dem Unsichtbaren, Unreinen, Unheimlichen. Macht den Infizierten potenziell auch zum Aussätzigen.

Der Staat ist gezwungen, zu reagieren und begegnet der weiteren Ausbreitung des Virus mit massiven Einschränkungen des sozialen Lebens, z.B. mit dem Verbot von Veranstaltungen. Die weitgehendste Einschränkung ist die Anordnung einer Quarantäne für infizierte Personen, die damit vom sozialen Leben ausgeschlossen werden.



Die Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt. Die Menschen können sich nicht mehr uneingeschränkt fortbewegen. Der Mensch ist von Natur aus ein soziales Wesen, dem es schwerfällt, soziale Distanz zu wahren und soziale Distanzierung vorzunehmen. Der Mensch lebt immer schon in Gemeinschaft.

John Locke hatte in seinem »Essay on Toleration« erst einmal den Gedanken gefasst , daß Toleranz ein Regierungssystem besser stabilisiert als der Wille zur strikten Kontrolle. Es stellt sich auch die Frage nach dem Zusammenhang von Freiheit und Ordnung. Nach Hegel sind wir dann frei, wenn wir der sittlichen Idee des Staates Folge tragen. Denn der Staat hat keinen Zweck außer sich. In ihm verwirklicht sich der Mensch selbst, aber ist das auch in der Krise so?.

Nach Thomas Hobbes ist das Ziel des Staates nicht das Erreichen eines höchsten Guts (summum bonum), sondern nur das Vermeiden des größten Übels (summum malum). Allerdings geht Hobbes davon aus, dass durch die Sicherung von Leib und Leben die Verfolgung anderer Bedürfnisse (Anerkennung, Güter) überhaupt erst rational wird.

Die Corona-Krise engt - leider - auch die Willensfreiheit der Menschen - erheblichem Maße ein. In der Krise wirkt der Mensch nicht mehr selbst- sondern eher fremdbestimmt. - Willensfreiheit beruht nach John Locke erstens auf der Fähigkeit, vor dem Handeln innezuhalten und zu überlegen, was man in der jeweiligen Situation tun sollte, welche Gründe für die eine oder andere Alternative sprechen. Zweitens setzt Willensfreiheit aber auch voraus, dass wir nach dem Überlegen dem Ergebnis der Überlegung gemäß entscheiden (und handeln) können.

Locke

Gemäß John Locke ist es sogar keine Einschränkung der Freiheit, wenn sich unsere Entscheidungen und Handlungen mit kausaler Notwendigkeit aus dem Ergebnis unserer Überlegungen ergeben. Im Gegenteil: Wenn es anders wäre, wäre unserer Wille gar nicht durch uns selbst bestimmt: "Deshalb unterliegt jeder Mensch kraft seiner Eigenart als vernunftbegabtes Wesen der Notwendigkeit, sich beim Wollen durch seine eigenen Gedanken und durch sein Urteil über das, was für ihn das beste ist, bestimmen zu lassen; sonst wäre er der Entscheidung eines andern als ihm selbst unterworfen, was ein Fehlen der Freiheit bedeuten würde."


In Zeiten der Bedrohung wirken die Menschen verunsichert, wobei der Eindruck entstanden ist, daß es so manchem Bürger auch wieder nicht recht ist, nachdem sehr deutliche Maßnahmen ergriffen wurden. Es wurde von einigen Politikern deutlich empfohlen, sich auf nur ganz wenige Sozialkontakte selbst zu begrenzen. Jetzt können sehr viele zeigen, wie sie es mit der sozialen Verantwortung so halten, auf möglichst viele Kontakte verzichten, für ein besseres Miteinander und Füreinander.

Klares Denken beginnt mit einer kritischen Auseinandersetzung mit Fakten. Dazu gibt es in unserer komplexen Welt Experten. Denn nur sie beschäftigen sich tagtäglich ihr ganzes Leben lang mit denjenigen Themen, für die sie eben Experten sind. Wer diese Experten einfach ignoriert und stattdessen blind auf zweifelhafte Informationsquellen vertraut, kann, mit Verlaub, nicht ernsthaft behaupten, er würde klar denken.


Das Leben in der Krise ist oft eine recht mißliche Sache, begleitet von einem häufigen Lavieren zwischen Optimismus und Pessimismus. Der Optimist Hegel, der in Berlin blieb, starb an der Cholera. Der Pessimist Schopenhauer, der vor ihr aus Berlin nach Frankfurt floh, blieb unangesteckt und überlebte.

Weblink:

John Locke - www.philosophieverstaendlich.de




»Der Staat« von Platon

Der Staat
Der Staat

In seinem Werk »Der Staat«, »Politeia«, entwirft Platon (427 bis 347 v. Chr.) die Idee eines gerechten Staates. »Der Staat« von Platon ist eine Staatsutopie - eine ideele Vorstellung also. Die »Politeia« ist auch ein Grundbuch abendländischer Metaphysik. Die im Zentrum des Werkes stehenden drei Gleichnisse: Das Sonnen-, Höhlen- und Liniengleichnis, in denen Platon seine Ideenlehre, Wissenschaftstheorie und Ethik darstellt, gehören nicht nur zu den literarisch eindrucksvollsten Zeugnissen des antiken Denkens.

Platons Verfassungsmodell

Der Staat als die Gemeinschaft der Bürger wird in ein isomorphes Verhältnis zu einer geordneten und vernunftgeleiteten Seele gebracht und in beiden spiegelt sich eine kosmische Ordnung. Um die Frage zu beantworten, was Gerechtigkeit in der Seele des Menschen ist, entwirft Platon das Muster einer guten Polis, in der drei Stände (Bauern, Handwerker, Kaufleute etc. - Wächter - Philosophen) jeweils durch ihr spezifisches Tun zum Gelingen des Gemeinwesens beitragen.

In seiner »Politeia« ausformulierten Gedanken zu einem Philosophenstaat sah er sich laut eigenen Aussagen gezwungen, nur noch „die wahre Philosophie anzuerkennen und festzustellen, daß man allein von ihr vollständig erkennen könne, worin Gerechtigkeit im Staat und Privatleben bestehe“ und hielt nur das Szenario, dass „ein Schlag wahrer und echter Philosophen an die Staatsverwaltung gelangt, oder […] die regierenden Kreise in den Städten durch ein göttliches Wunder ernsthaft zu philosophieren begännen“, für die Lösung der von ihm aufgezählten Probleme.

Wenn man Platons Schilderungen im Siebten Brief Glauben schenken mag, war die politische Situation in der wiederhergestellten attischen Demokratie äußerst krisenhaft. Zumindest für die Zeit kurz nach dem Sturz der Dreißig mag das zutreffend gewesen sein. Denn der vorausgehende, viele Jahre anhaltende Krieg, die bittere Niederlage gegen Sparta und die darauf folgende Oligarchenherrschaft waren einschneidende Ereignisse für Athen gewesen, die noch lange Zeit nachwirkten.

Platons Modell ist geradezu kulturrevolutionär mit seinen Paradoxien, den Anweisungen, die gegen den zeitgenössischen gesunden Menschenverstand der Athener verstossen. Frauen und Männer sollen gleich sein; der Wächter- und Philosophenstand soll über kein Privateigentum verfügen und auch Frauen und Kinder sollen ihnen gemeinsam sein; schliesslich sollen die Philosophen regieren.

Den Grund dafür veranschaulicht Platon im Höhlengleichnis. Die Philosophen, aufgestiegen aus der Höhle der Unwissenheit zur Erkenntnis der Idee des Guten, haben die Pflicht, wieder zu den Mitmenschen hinabzusteigen und deren Seelen aus der gewöhnlichen Verirrung zum Wahren umzulenken.

Seine »Politeia« hielt jedoch der Erprobung in der Realität nicht statt. Platon musste schon Jahrtausende zuvor die Erfahrung des Scheiterns als Politiker machen, nämlich beim Versuch, die in seinem großangelegten Dialog »Politeia«, »Der Staat«, dargestellten staatspolitischen Idealforderungen in die Realität umzusetzen.

Platon ist ein Gegner der Volksherrschaft. Die Grundfehler der Demokratie liegen für ihn in einem Übermaß an individueller Freiheit zu Lasten des Gemeinwesens und in der politischen Teilhabe unvernünftiger, eigennütziger Personen. Seine Staatstheorie verrät deutlich Züge eines bevormundenden Geistes, der das Individuum zu einem Glück zwingen will, dessen Sinn ihm verborgen ist und wohl auch verborgen bleiben wird (Andreas Graeser: Die Philosophie der Antike 2, 1993, S. 198).

Gegenstand seiner Staatstheorie ist die konsensuale Grundordnung eines Stadtstaats (polis). Dabei spricht sich Platon zumindest teilweise, nämlich beim Stand der Wächter, für die Aufhebung der Privatsphäre, die Auflösung der Familie und die Abschaffung des Privateigentums aus. Seine Befürwortung der Euthanasie, die noble Lüge als legitimes Mittel der Politik (Platon, Politeia 389b) sowie die Lebensweise des Wächterstands wirken autokratisch, ebenso das generelle Verbot der überlieferten Dichtung und das Verbot der verweichlichenden oder enthemmenden Musik. Platon gehört zu den Vordenkern einer biologistischen Eugenik.

Er plädiert ausdrücklich dafür, bestimmte wünschenswerte Eigenschaften von Menschen durch gezielte Kombination elterlicher Merkmale zu züchten (Platon, Politeia 458c-461e). Die Staatstheorie Platons ist deshalb im 20. Jahrhundert massiv kritisiert worden.

Platons Ablehnung der attischen Demokratie und seine Bevorzugung eines autoritären Regimes sogenannter „Philosophenkönige“, die nichts mehr mit dem sokratischen Philosophen zu tun haben und explizit Lügenpropaganda verwenden dürfen, versucht Popper mit vielen Textstellen zu belegen. Platon sei damit der erste und wichtigste Theoretiker einer geschlossenen Gesellschaft gewesen, in der es keine gewaltlose Veränderung geben kann und Eliten diktatorisch herrschen. Popper sah in Platon „den ersten großen politischen Ideologen, der in Klassen und Rassen dachte und Konzentrationslager vorschlug.“

Alle Staatsphilosophien lassen sich auf Platons »Politeia« zurückführen. Nicht zuletzt wegen dieser Staatsutopie mit ihren ebenso spektakulären revolutionären Forderungen - man denke an die Abschaffung des Privatbesitzes oder die Gleichstellung von Mann und Frau - ist Platon von Karl Popper einer vehementen Kritik unterzogen worden: Die Idee, Philosophen mögen über das Staatswesen herrschen, gehört nach Popper zu den Kernstücken, antiliberalen und autoritären Denkens.

Seit Platons „Politeia“ herrscht die Idee vor, daß der Staatsmann ein guter Steuermann sein sollte.

Platon hat seine Bücher über den Staat siebenmal umgearbeitet.

Weblink:

Platons Staatstheorie

Literatur:

Der Staat
Der Staat
von Platon

Platon
Platon
von Michael Erler

Samstag, 7. März 2020

Das Gespenst des Populismus geht in Europa um





Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Populismus - so könnte man frei nach Karl Marx im Jahr 2020 formulieren. Das Gespenst bewegt sich immer weiter fort in Europa und in den Ländern, in denen es auftaucht, verbreitet es Angst und Schrecken.

Der Populismus ist der etwas vornehmere Bruder der Demagogie und ein augenzwinkerndes Stiefkind der Politik - von der Politik immer etwas stiefmütterlich behandelt. Populismus und Demagogie - derzeit in vieler Munde - sind Lehnwörter aus den klassischen Sprachen. Das eine leitet sich von dem lateinischen Begriff für Volk, populus, ab, das andere ist ein Gräzismus für das, was Volksführer – oder eben auch Volksverführer tun. Als Prototypen der - demagogischen - Populisten gelten die Brüder Tiberius und Gaius Gracchus, deren Politik am Ende des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts die römische Republik erschütterte.

Das Wort Populismus leitet sich von populus, dem Begriff für Volk, ab. Der populus Romanus war die Gesamtheit der römischen Bürger, die sich in unterschiedlichen Gliederungen zur Volksversammlung auf dem Forum traf. Dort wurden Magistrate gewählt und Gesetze beschlossen. Politische Debatten indes fanden nicht auf dem Forum statt, sondern hinter den verschlossenen Türen des Senates – ganz anders als etwa in Athen, wo die Agora ein Ort hitziger Diskussion war. Dass die römische Führungsschicht, die Nobilität, den populus aus der politischen Entscheidungsfindung heraushalten wollte, hatte seinen guten Grund: Die Politisierung der Volksversammlung würde das Ende des Grundkonsenses bedeuten, der die oligarchische Elite an der Macht hielt.

Als "populistisch" werden vor allem zwei Positionen bezeichnet, die immer zugleich eingenommen werden: Einerseits eine Haltung, die gegen das Establishment und gegen das Elitäre auftritt, und andererseits wird der Anspruch erhoben, daß nur die Populisten allein das wahre Volk repräsentieren würden. Letzteres wird nicht als eine empirische Aussage behauptet, sondern wird als ein moralischer Auftrag vom „Volk“ verstanden.

Populismus ist die Neigung der Politik, bei Unzufriedenheit in Abgrenzung zu den bestehenden Parteien vereinfachende Lösungen anzubieten, welche bei großen Teilen der Bevölkerung allgemeine Akzeptanz finden. Steigt die Anzahl der Wähler populistischer Parteien, dann steigt deren Einfluß und mit ihm der politische Gestaltungsspielraum und somit der Druck auf die etablierten Parteien, sich in ihrer Politik nebst dringend erforderlichen Debatten (!) inhaltlich-programmtisch wieder dem Volk zuzuwenden und Politik für das Volk zu machen, um den Populismus einzudämmen. Das Gespenst des Populismus läßt sich somit auf politischem Wege durchaus zum Verschwinden bringen.

Mehrere Entwicklungen der vergangenen Jahre haben das Phänomen des Populismus befördert: der drohende Zerfall Europas, die mangelnde Integrationsfähigkeit Europas, die mangelnde Solidarität der Länder Europas untereinander (!), die Demokratie-Müdigkeit, die eine neue Form des Populismus hervorgebracht hat und die Frage der Menschenrechte und der Hospitalität, welche Flucht und Migration stellen.

Den Populismus philosophisch zu betrachten und zu verstehen, heißt, diesen als gesellschaftliches Phänomen wahrzunehmen und diesen in eine Phänomenologie einzuordnen, denn mit dem Populismus gehen weitere Phänomene einher wie die Kritik an den Eliten und den Medien, Verschwörungsparanoia, das Misstrauen in staatliche Institutionen, Klientelismus. Die Erklärung des Populismus ist dagegen spektakulär ungespenstisch.

So verstanden zeichnet sich Populismus als Phänomen durch folgende Merkmale aus: Berufung auf den common sense, Anti-Elitarismus, Anti-Intellektualismus, Antipolitik, Institutionenfeindlichkeit sowie Moralisierung, Polarisierung und Personalisierung der Politik. Das Grundaxiom ist die Berufung auf den common sense.

Aus populistischer Sicht ist der "gesunde Menschenverstand" dem Reflexionswissen von Intellektuellen nicht nur ebenbürtig, sondern überlegen, weil er auf konkreter, lebensweltlicher Erfahrung beruhe, noch nicht vom Virus des modernen Skeptizismus infiziert sei und daher noch einen unverfälschten, "gesunden" Zugang zu Recht und Wahrheit habe.

Die Zeit und das, was Menschen durchlebten, kann man mit Kleist gut durchleben. Er ergriff das, was ihm in seinem Leben begegnet so entschieden, dass man durch ihn verstehen kann, was die Dinge einmal bedeutet haben. Kleist ließ sich von Ereignissen, Begegnungen und Erlebnissen regelrecht entzünden.

"Jede große und umfassende Gefahr gibt, wenn ihr wohl begegnet wird,
dem Staat, für den Augenblick, ein demokratisches Ansehen."


Heinrich Kleist


Literatur:

Was ist Populismus?: Ein Essay
Was ist Populismus?: Ein Essay
von Jan-Werner Müller




Populismus-Essay-suhrkamp/dp/3518075225

Samstag, 29. Februar 2020

Wie die rasante Digitalisierung die Welt verändern wird

Die rasante Digitalisierung wird die Welt in Zukunft verändern und die Menschen vor ganz neue Herausforderungen stellen.

Philosophisch betrachtet wird die rasante Digitalisierung der Welt die negativen Auswüchse des Kapitalismus noch beschleunigen und somit auch zu dessen Ende beitragen. Ob das ein Ende mit Schrecken wird, hängst ganz alleine von uns selbst ab.

Aufgrund der feindlichen Übernahme der Politik durch die Wirtschaft, sprich durch den Kapitalismus, brauchen wir deshalb ganz neue Strategien und Plattformen, um das, was von der Demokratie noch übrig geblieben ist, zu retten und mit den neuen technischen Möglichkeiten zu reformieren. Aber wer hört heute noch auf einen Philosophen?

Samstag, 22. Februar 2020

Der Thüringer Karneval als kynische Offensive


Im Thüringer Karneval herrscht in diesem Jahr totale Narrenfreiheit, denn die Narren sind los - besser gesagt: politische Narren wurden auf das Volk losgelassen und jeder darf sich diesesmal als Narr fühlen. Wehe, wenn die Narren losgelassen werden, dann herrscht nackte Chaos. Höhepunkt der diesjährigen Saison war ein politischer Kokolors-Beitrag bei der Inthronisierung von Prinz Kemmerich I. und seiner Ranzengarde.

In Thüringen sind die Narren in diesem Jahr die Narren reichlich neben der Kappe, , daß all die Satire und der Spott nicht mehr hinterherkommen, all das zu verarbeiten, was politisch vorgefallen ist. Die Organistoren der Festumzüge und die Gestalter all der bunten Motivwagen im Karneval sind schier überfordert, denn so viel Narren passen gar nicht auf die vielen Wagen, wie sie satirisch dargestellt werden und unbedingt gezeigt werden müssten.


Das jubelnde Volk wird sich am Spott erfreuen und delektieren. Der Karneval erfüllt seinen gesellschaftlichen Zweck, denn er dient als ein Ventil für die Ausgelassenheit Massen. Dampf abladen und seinen Gefühlen freien Lauf lassen, wo es sonst im Alltag nichts zu lachen gibt. Eine Zeit der Maskierung, Feierstimmung und Enthemmung.

Ein närrischer Aufstand zieht mit Konfetti-Regen in der Karnevalszeit ein. Der Karneval zeigt im närrischen Trubel eine Gesellschaft im politisch-närrschen Ausnahmezustand. Maskierung ist Pflicht in Karneval und der Narr lupft nur zu gerne seine Maske. Die Herrschenden verlieren ihr wirkliches Selbstbewußtsein an die Narren, Clowns, Kyniker.

Der Narr dient dazu, der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Die Mächtigen werden bei dieser »Eulenspiegelei« dabei aufs Korn genommen und sind vor Spott und Hähme nicht sicher.

In Thüringen ist die kynische Offensive grenzenlos. Auch bei bunten Karnevalsumzügen geht der Kynismus gnadenlos in die Offensive. Die Erbauer der Motivwagen wissen gar nicht mehr, wie sie dise bie all dem herrschenden Chaos gestalten sollen. So viele Narren wie Thürigen passen gar nicht auf die Motivwagen. Es erscheint so, als würde Diogenes in seiner Tonne stets bei den Umzügen mitfahren, um dem närrischen Volk zu huldigen und aus der Tonne zuzuwinken.


Die Tradition des Karnevals hat anarchische Wurzeln.

Beim Karneval im Mittelalter wählte man einen Narrenkönig, der für einen Tag und eine Nacht über eine prinzipiell verkehrte Welt regierte. In ihr erwachten die die Armen und Ordentlichen zum Leben ihrer Träume, als kostümierte Rabauken und Bacchanten, frech, geil, turbulent und lästerlich.

Der Karneval hat ein antikes Vorbild: den Kynismus. Die athenische Öffentlichkeit wurde von der kynischen Offensive elektrisiert.


Der antike Kynismus war philosophisch betrachtet, eine plebejische Antithese gegen den Idealismus des Athener Bürgertums. Der antike Kynismus ist eine erste Replik auf den athenischen Herrenidealisimus. Er redet nicht gegen den Idealismus, er lebt gegen ihn. Doch damit nicht genug, der Kynismus gibt der Frage, wie man die Wahrheit sagt, eine neue Wendung.

Der antike Kynismus ist prinzipiell frech. In seiner Frechheit liegt seine Methode. Der antike Kynismus begann mit einem Prozeß der nackten Argumente aus der Opposition, getragen von der Macht, die von unten kommt. Der Kyniker furzt, scheißt, pißt, masturbiert auf offener Straße vor den Augen des athenischen Marktes. Er verachtet den Ruhm. Er liegt in der Sonne, scherzt mit den Huren und sagt zu Alexander dem Großen, er möge ihm aus der Sonne gehen.

All die politische Umarmungen und all das Küssen werden die Narren in Thüringen noch büßen müssen.
Am Aschermittwoch ist alles vorbei die Schwüre von Treue, sie brechen entzwei. Von all deine Küssen darf sie nichts mehr wissen, so schön es auch sein, seist alles vorbei

Weblink:

Nicht lachen - Philosophie Runde

Blog-Artikel Gastbeitrag

Narrenspiegel-Blog


Samstag, 15. Februar 2020

Der Staat und die bedrängte Wahrheit

Maximilien de Robespierre

Wird die strukturelle Gewalt der Staatsmacht unkontroliert gegen Bedrängte und Verfolgte angewendet, ist dies ein deutlicher Ausdruck der Jakobiner-Herrschaft unter Maximilien de Robespierre von 1793 bis 1796.




Hölderlin erwähnt in seinem Gedicht »An den Bruder« in den Zeilen die Bedingung einer verwerflichen Freiheit "unter der eiskalten Zone des Despotismus". Wenn der Staat strukturele Gewalt anwendet, lupft er damit auch die Mütze des Jakobinismus.


In welchem Verhältnis steht der Staat zu Recht und Wahrheit? Der Staat ist einerseits an Recht und Wahrheit gebunden und hält sich doch nicht daran, wenn seine eigenen Interessen gefährdet sind - wie der Fall des Wikileaks-Gründers Julian Assange beweist.

"Jede große und umfassende Gefahr gibt, wenn ihr wohl begegnet wird,
dem Staat, für den Augenblick, ein demokratisches Ansehen."


Heinrich Kleist



Das Wesen eines Staates zeigt sich darin, wie er auf Gefahren reagiert. Der Staat hat einen recht variablen Spielraum in der Anwendung von Recht und Gesetz. Er hält sich nur dann an Recht und Gesetz, wenn seine eigenen Interessen nicht gefährdet sind, geht aber rigoros und mit beängstiegender Bedrängung gegen Personen vor, welche die Interessen des Staates durch investigative Ermittlungen gefährden und schreckt dabei vor Folter, Verfolgung und Manipulation von Beweisen und unberchtigten Vorwürfen nicht zurück.

Voltaire

»Es ist gefährlich Recht zu haben, wenn die Regierung falsch liegt.«

Voltaire

Für Personen, welche durch ihr Handeln die Wahrheit des Staates bedrängen oder in Verruf bringen, finden sich schnell in einer Welt des persönlichen Elends wieder und für sie wird die Welt zu einer Erfahrung des Leides.

Der Fall Assange ist ein gutes Beispiel dafür, wie der Staat reagiert, wenn dieser seine Interessen als gefährdet sieht: Manipulierte Beweise, konstruierte Vorwürfe gegen Julian Assange. Ihm drohen im Falle einer Abschiebung in die USA 175 Jahre Haft, weil er auf seiner Internet-Plattform WikiLeaks Dokmente über Kriegsverbrechen der Amerikaner im Irak-Krieg veröffenlicht hatte. 175 Jahre Gefängnis sind ein tranzendent hohes Strafmaß, welches sich jeder irdischen Gerechtigkeit entzieht!

»Wenn ein Whistleblower härter bestraft wie ein Mörder, ist es etwas faul im Staate Dänemark.«

Und auch die schwedische Staatsanwaltschaft war nicht zimperlich in der Strafverfolgung, sorgte sich doch dafür, daß Assange wegen versuchter Vergewaltigung angeklagt wurde. Wie die Staatsanwaltschaft jetzt bekannt gab, wird der Vorwurf der Vergewaltigung gegen Julian Assange nicht länger aufrechterhalten.

Voltaire war ein entschiedener Gegner des monarchistiscchen und klerikalen Staates, welcher das Volk unterdrückt hat. Bereits Voltaire wußte, daß es gefährlich ist, Recht zu haben, wenn die Regierung falsch liegt. - Nur ein Whistleblow von einiger Brisanz und schon lupft der Jakobiner die Mütze! - Whistleblower leben tatsächlich noch immer - was die staatliche Verfolgung ihrer auklärerischen Aktionen angebelangt - um es mit den Worten von Schopenhauer zu sagen - in der »Schlechtesten aller Welten«.

»Es gibt keine Freiheit ohne Mut und keine Tugend ohne Kampf.«

Voltaire

Voltaire wußte auch, daß es keine Freiheit ohne Mut und keine Tugend ohne Kampf gibt - notwendige Tugenden im Kampf für die Freiheit und gegen staatliche Unterdrückung, Willkür und Vertuschung von Verbrechen und könnte somit durchaus auch als Ahnherr der Aufklärung für Julian Assange dastehen.

Für die Beschuldigten und Bedrängten kann dann Hilfe nur noch von außen durch Proteste und öffentliche Aktionen kommen. Auf Druck von Außen läßt sich Einiges bewirken und auf den Weg bringen. - Wie die schwedische Staatsanwaltschaft bekannt gab, wird der Vorwurf der Vergewaltigung gegen Julian Assange nicht länger aufrechterhalten.

Der Kyniker setzt dem Aufgeklärtheit simulierenden Mainstream seine Direktheit und Vulgarität als Gegenpart entgegen. Er entlarvt die angebliche Alternativlosigkeit des Handelns als Farce, als Ausrede, indem er Alternativen öffentlich vorlebt: "Der Herrenzynismus ist eine Frechheit, die die Seite gewechselt hat [...]. Machtzwang, Sachzwang!" (222).

In der menschlichen Krise haben Denker und Philosophen Konjunktur, denn gerade in der Krise sind Meinungen gefragt, welche die Menschen als Hilfe, Ratgeber und Anweisungen verstehen können.

Und so gibt immer wieder Philosophen, welche selber leidhafte Erfahrungen gemacht oder Leid erfahren haben und aus dieser Grunderfahrung heraus das Leid zu einer Philosophie ausgebaut haben.

Arthur Schopenhauer

"Das Leben ist eine missliche Sache, ich habe mir vorgesetzt, es damit hinzubringen über dasselbe nachzudenken." So begründete der junge Arthur Schopenhauer gegenüber dem 78jährigen Dichter Wieland in Weimar seine Absicht Philosophie zu studieren.

Schopenhauer gilt als Vertreter des Pessimismus, der das Leben als Leiden definiert hat. "Die Welt ist die Äußerung einer unvernünftigen und blinden Kraft; in ihr zu leben heißt leiden."


Weblinks:

Arthur Schopenhauer Biografie - www.die-biografien.de

Friedrich Hölderlin-Biografie - www.die-biografien.de


Torpedo-Blog:

10 Jahre Wikikleaks - Torpedo-Blog

<-- Die Novelle »Michael Kohlhaas«, die Heinrich von Kleist im kühlen Stil der Chronik geschrieben, hat, gilt als Kleists berühmtestes und berüchtigstes Werk. -->

Samstag, 8. Februar 2020

Der Populismus als wiederkommendes Phänomen




Der aufgekommene Populismus ist ein wiederkehrendes Phänomen, läßt sich als zeitlich begrenztes Phänomen deuten und einordnen läßt. Die Betrachtung des Populismus als Phänomen erlaubt die Zuordnung in den Bereich der Phänomenologie.

Die Phänomenologie ist ein Zweig der Philosophie, einer der wichtigen – neben der sprachanalytischen Philosophie, der Hermeneutik (Theorie des Verstehens), der Transzendentalphilosophie (nach Kant) und der Dialektik (nach Hegel). Die Phänomenologie befasst sich mit den Erscheinungen und deren Deutung, nicht mit ewigen Wahrheiten, sondern mit Erfahrungen. Die Phänomenologie fragt, ob wir wirklich wissen, was ist, bevor danach die Deutung einsetzt. Begründer ist Edmund Husserl, bekannte Vertreter sind Heidegger und Sartre.

»Der Populismus ist der politisch ungezogene Bruder des Vulgarimus.«

Können die Philosophen dem Populismus etwas wirksam entgegensetzen? - Der Populismus macht deutlich und zeigt auf, daß es ein Irrtum ist zu glauben, es gebe einen gemeinsamen Boden an selbstverständlichen Werten. Die Menschen machen in einer Gesellschaft verschiedene Erfahrungen. Daraus leiten sich verschiedene Vorstellungen darüber ab, wer wir sind und wie wir leben wollen. Darüber müssen wir uns auseinandersetzen. Und dazu brauchen wir die Fähigkeit, Differenzen ­auszuhalten.

Was den etablierten westlichen Demokratien fehlt, ist das Bewußtsein für die Prekarität des eigenen Modells. Das kann auch wieder verschwinden. Die Geschichte ist nicht zu Ende. Was Francis Fukuyama 1992 voreilig konstatierte – Liberalismus und Marktwirtschaft hätten sich ­endgültig durchgesetzt – widerspricht fundamental den Prinzipien der Phänomenologie.

Diesen Prozess der Entpolitisierung, welcher mit dem neuen Populismus verbunden ist, hat Hannah Arendt (1906-1975) bereits früh vorausgesehen. Für sie steht Politik immer in einem losen Verhältnis zur Wahrheit, weil es in der Politik darauf ankommt wie wir etwas deuten.


Weblink:

Was die Philosophen dem Populismus entgegensetzen können - www.wp.de


Samstag, 25. Januar 2020

Die Mutlosigkeit der Philosophie

Forum Fridericanum

Forum Fridericanum Berlin *

Die akademische Philosophie ist zu einer mutlosen Disziplin verkommen. Die Mutlosigkeit drückt sich da aus, wo Philosophie als rein akademische Veranstaltung seltsam verschult daherkommt, welche an den Lehrstühlen nur noch Wissen vermittelt und wenig inspiriert ist, da das eigentliche Philosophieren zu kurz kommt. Diese Fakultät geriert sich sozusagen als eine Wissenschaft unter anderen Wissenschaften und wagt das Wagnis des Querdenkens nicht mehr, obwohl gerade in der Interdisziplinarität die größten Chancen der Erkenntnismehrung liegen (sic!). Wie erfrischend wäre in solchen verschulten Betrieb wohl ein frischer Diskurshopser?

Das hat institutionelle Gründe, da die Universität gehegt und gepflegt im universitären Kontext wird, da muss sie sich sozusagen als Wissenschaft aufführen, aber auch im populären Kontext gilt das zumindest in einer gewissen Weise.

Menschen mit angeborenem philosophischen Talent werden daher stets wenig Interesse an der Philosophie als Fach und als Wissenschaft zeigen.

Humboldt-Universität

Philosophie soll dann da einfach eine Art von Lebensberatung sein, der philosophische Briefkastenonkel, die philosophische Briefkastentante ist in den Gazetten und in den Medien ein beliebter Auftritt.

Aber Philosophie ist sehr viel stärker als wir das gewöhnlich wahrhaben wollen. Philosophie ist auch das Drängen in das Unbekannte, in das unbekannte Meer hinein, in das noch nicht Gedachte hin. Und das lässt sich dann nicht so einfach einhegen. Das Wagnis muss Auch das Drängen ins Unbekannte, ins noch nicht Gedachte hin. Und das lässt sich dann nicht so einfach einhegen. Das Wagnis muss sozusagen immer wieder reaktiviert werden, das Philosophie darstellt.

Philosophie ist seit 1945 weithin Philosophieverwaltungswissenschaft. Sie verwaltet die intellektuellen Wagnisse vergangener Tage. In akademischer Sicht ist sie eine emutlose Disziplin, die keine großen Visionen mehr hervorbringen kann bzw. hervorzubringen instande ist.

Gerde diese seit Aristoteles und Sokrates vom Diskurs lebende Disziplin ist doch keine ausgestopfte zoolgische Veranstaltung! - Was soll da helfen? - Eine Revitalisierung und Neuausrichtung der Lehrpläne und Unterrichtsstoffe zum Andenken auf neue Visionen hin. Denn die Zukunft der Philosophie als Wissenschaft - sollte sie noch eine haben - in der interdisziplinären Arbeit mit anderen Wissenschaften und in der Beschäftigung mit Visionen bzw. mit der Entwicklung visionärer Projekte liegen.

Einer lebendigen Philosophie muß es ein besondereres Anliegen sein, den interdisziplinäre Diskurs zwischen Philosophie und anderen Fachbereichen und auch der Kunst anzuregen und praktisch zu erproben. Denn ist es doch gerade eine lebendige Philosophie, die den gesellschaftlichen Wandel anregen und begleiten sollte, angefeuert durch den Diskurs und diskutiert in Debatten über die Gestaltung der Zukunft.


Forum Fridericianum *

Das Forum Fridericianum (heute Bebelplatz) ist die historische Bezeichnung für eine Platzanlage am Beginn der Straße Unter den Linden in der Mitte Berlins, die im 18. Jahrhundert in sehr großen Dimensionen als architektonisches Zentrum Preußens geplant und dann in reduzierter Form verwirklicht worden ist.

Aristoteles auf der Suche nach dem Weg zum glücklichen Leben


Aristoteles war ein Philosoph, der von einem unerschütterlichen Glauben an die eigene Mission angetrieben war: der Suche nach einem glücklichem Leben und die Frage: "Wie ist ein glückliches Leben möglich?"

Vor mehr als zwei Jahrtausenden unternahm es der griechische Philosoph Aristoteles, auf diese uralte Menschheitsfrage eine umfassende Antwort zu finden. Das Resultat seines Denkens ist eine systematische Abhandlung ethischer Fragen, die die Ethik als eigenständigen Zweig der Philosophie etablierte und das Philosophieren endgültig auf den Boden der praktischen Realität stellte.

Wo sich die Vorsokratiker in kosmischen Überlegungen ergingen und Platon vor allem idealistische Antworten suchte, gelang es Aristoteles, mit seiner "Nikomachischen Ethik" (die nach seinem Sohn benannt ist) eine Grundlage der praktischen Philosophie zu legen. Sie sollte die Jahrhunderte überdauern und zu einem Kernelement der westlichen Kultur werden.

Angesichts des zunehmenden Werteverfalls wirkt Aristoteles' Tugendethik auch heute noch erstaunlich aktuell - sofern man davon absieht, dass er, trotz allem ein Kind seiner Zeit, nur den männlichen, reifen Staatsbürgern das Vermögen zu Tugend und Glückseligkeit zutraute und es Frauen, Kindern und Nichtgriechen generell absprach.

Samstag, 18. Januar 2020

»Die verborgene Harmonie« von Heraklit

Heraklit


Die verborgene Harmonie ist besser als die offensichtliche.

Aus Zwietracht entsteht Eintracht, aus Missklang entsteht die Höchste Harmonie.

Erst durch dauernden Wechsel kommen die Dinge zur Ruhe.

Die Menschen sehen nicht, dass alles, was sich widerspricht,

Dadurch mit sich in Einklang kommt.

Es liegt Harmonie im Widerstreit, das zeigen Bogen und Leier.

Der Name des Bogens ist Leben, aber sein Werk ist Tod.

Menschen sind selbst in wachen Augenblicken wie Blinde,
und beachten das, was um sie her geschieht, so wenig wie in ihrem Schlaf.

Narren sind, obwohl sie hören können, genau wie taube.

Für sie gilt das Sprichwort: Selbst anwesend, sind sie abwesend.

Handelt nicht- und sprecht nicht wie im Schlaf !

Wachende haben eine Welt gemeinsam –
Schlafende haben jeder eine Welt für sich.

Wachend sehen wir nichts als Tod, Schlafend – nichts als Träume.

Es ist die Aufgabe eines jeden Menschen, sich selbst zu kennen
Und das rechte Mass zu Wissen.
Das rechte Mass zu wissen, ist die höchste Kunst.

Weisheit besteht in nichts als diesem: Wahr reden, wahr handeln,
Der Natur der Dinge folgen.

Wer den Logos nicht hört, der höre auf mich: Der Weise sieht ein, das alle Dinge Eins sind.

Es gibt nur eine Wahrheit: Erkenne die Intelligenz, die alle Dinge mit allen Dingen verwebt.

Weisheit ist Eins und Einzig.

Unwillig und doch willig lässt sie sich beim Namen des Zeus nennen.

Gott ist Tag und Nacht, Winter und Sommer, Krieg und Frieden, Überfluss und Mangel.

Das Wasser des Meeres ist zugleich rein und ungeniessbar:
Es ist geniessbar und gesund für Fische, aber ungeniessbar und tödlich für Menschen.

Tag und Nacht sind ihrem Wesen nach Eins.

Der Weg nach oben und der Weg nach unten ist ein und derselbe.

Selbst Schlafende arbeiten und helfen mit bei dem, was im Universum vor sich geht.

In einem Kreis sind Anfang und Ende Eins.

Lasst uns keine beliebigen Vermutungen anstellen über die höchsten Dinge.

Vielwisserei führt nicht zum Erkennen.

Wer nach Gold gräbt, wirft viel Erde auf und findet wenig.

Die Grenzen der Seele wirst du nie entdecken,
und folgtest du auch allen Strassen der Welt – so tief ist ihr Sinn.

Einmal kamen Besucher zu Heraklit und waren überrascht,
ihn am Herdfeuer zu finden, wo er sich wärmte.

Er sagte zu ihnen: Auch hier sind die Götter zu hause.

Ich habe mich selbst durchforst.

Die Zeit ist ein Kind, das in einem Brettspiel Steine hin- und herschiebt:
Königliche Macht eines Kindes !

Fanatismus ist die „heilige Seuche“.

Ein betrunkener Mann muss sich von einem Kind führen lassen;
er Folgt ihm strauchelnd, ohne zu wissen wohin,
Denn seine Seele ist feucht.

Seelen werden gerne feucht.

Eine trockene Seele ist die weiseste und beste.

Obwohl der Logos ewig gilt, kann der Mensch in nicht verstehen –
Nicht nur, bevor er ihn vernimmt, sondern auch, nachdem er ihn vernommen hat.

Wir sollten uns nach dem richten, was für alle gemeinsam gilt.

Obwohl der Logos für alle gilt, leben die meisten so,
als besässe jeder eine Privatintelligenz für sich.

Die menschliche Natur ist nur begrenzt intelligent.

Die göttliche Natur aber versteht alles.

Der Mensch ist kein Vernunftwesen; aber er ist von Intelligenz umgeben.

Das Göttliche entgeht dem Menschen, weil er es nicht für möglich hält.

Obwohl aufs innigste mit dem Logos verbunden, widersetzt der Mensch sich ihm ständig.

Wie kann sich jemand vor dem Licht verstecken, das niemals untergeht ?

Diese Weltordnung, die für alle gilt, – weder Gott noch Mensch hat sie geschaffen,
sie war schon immer da, ist und wird sein:

Ein ewig lebendiges Feuer, das regelmässig auflodert, und regelmässig erlischt.
Die Gezeiten des Feuers sind Hunger und Sättigung.

Die Sonne ist jeden Tag neu.

Es wäre nicht besser für die Menschen, wenn alle ihre Wünsche in Erfüllung gingen.

Wer nicht hofft, das das Unhoffbare eintritt, wird nie zur Wahrheit vordringen;
denn sie ist unaufspürbar und unzugänglich.

Die Natur versteckt sich gern.
Der Gott des Orakels von Delphi verrät nichts
und verschweigt Nichts – Er gibt Zeichen.

Wir steigen in den selben Fluss und tun es doch nicht.
Niemand kann zweimal in den selben Fluss steigen.

Alles fliesst, nichts ruht.

Alles vergeht, Nichts ist dauerhaft.

Kaltes wird warm, warmes wird kalt.
Feuchtes trocknet, und Trockenes wird feucht.

Durch Krankheit wird Gesundheit schön;
Durch das Schlechte wird das Gute gut;

Durch Hunger: Sättigung
Durch Mühe: Schlaf.

Lebendig oder tot sein,
Schlafend oder wach, jung oder alt – alles ist eins.

Das eine schlägt jeweils in das andere um,
und umgekehrt –
Mit einer schnellen, unverhofften Wendung.

Erst werden die Dinge auseinandergesprengt, dann wieder Zusammengefügt.

Alles kommt zu seiner Zeit.


Weblink:

»Die verborgene Harmonie« von Heraklit - www.klarerblick.de

Samstag, 11. Januar 2020

Heraklit 2500. Geburtstag




Heraklit

Heraklit wurde um 520 v. Chr. in Ephesos geboren. Heraklit war ein vorsokratischer Philosoph aus dem ionischen Ephesos. Heraklit stammte aus einer vornehmen Familie. Der antike Denker lebte sehr zurückgezogen.

Heraklit, wegen seiner oft rätselhaften Sprache auch „der Dunkle“ genannt, war im fünften Jahrhundert vor Christus vor allem in seiner Heimatstadt Ephesos an der kleinasiatischen Küste tätig. Wie von vielen Vorsokratikern sind von ihm nur Fragmente überliefert, die allerdings alle ein eindeutiges Thema haben. Heraklit vertritt eine Lehre des Gegensätzlichen: Jedes Ding beinhaltet seine eigene Negation, ja der gesamte Kosmos ist der ewige Widerstreit aneinandergebundener Gegensätze, der sich in stetem Werden und Vergehen äußert. Die Welt ist also nicht wie im Volksglauben stabil und unveränderlich, sondern ein steter Prozess und ein ewiges Fließen.
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Heraklit beanspruchte eine von allen herkömmlichen Vorstellungsweisen verschiedene Einsicht in die Weltordnung. Daraus ergibt sich eine nachhaltige Kritik der oberflächlichen Realitätswahrnehmung und Lebensart der meisten Menschen. Ein wiederkehrendes Thema seines Philosophierens ist neben dem auf vielfältige Weise interpretierbaren Begriff des Logos, der die vernunftgemäße Weltordnung und ihre Erkenntnis und Erklärung bezeichnet, der natürliche Prozess beständigen Werdens und Wandels.

In späterer Zeit wurde dieser Wandel auf die populäre Kurzformel »Panta rhei« (»Alles fließt«) gebracht. Des Weiteren setzte sich Heraklit mit dem Verhältnis von Gegensätzen auseinander, wie etwa von Tag und Nacht, Wachsein und Schlafen, Eintracht und Zwietracht. Diese Gegensätze sah er in einer spannungsgeladenen Einheit stehend.

Heraklit


Das Grundprinzip des Kosmos ist nach Heraklit nicht – wie etwa für Parmenides von Elea – ein statisches, gleichbleibendes Sein, sondern das Werden. Während Parmenides das Nicht-Sein und damit das Werden radikal leugnet, betont Heraklit das gegensätzliche, aber in untrennbarer Einheit verschränkte Verhältnis von Sein und Werden.

Heraklit lehrte in seiner kosmischen Lehre die Einheit der Gegensätze. Das Weltprinzip bildet die Vereinigung der Gegensätze durch eine Zusammenhaltende Kraft (der Logos). Durch den Widerstreit der verschiedenen Elemente entsteht eine Harmonie. Alles Wirkliche ist in einem ewigen Fliessen begriffen.

Heraklit betrachtet die Erfahrungswelt des Menschen als ein Ganzes von Gegensätzen, die ineinander umschlagen und sich von einem Pol zum anderen wandeln. Die Gegensatzpaare folgen dabei nicht nur einem äußerlichen Prozess, sondern sind als Gegensätze schon ineinander verschränkt. Das Umschlagen der Gegensätze geschieht dabei wohl „gemäß Streit und Schuldigkeit“ (κατ᾽ ἔριν καὶ χρεών, kat' érin kaì chreōn)[55] im Spannungsverhältnis der jeweiligen Bezugspole.

Bilder, die Heraklit selbst verwendet, um seine Lehre zu verdeutlichen, sind das Bild des Bogens oder das Bild der Leier. In beiden Fällen entsteht der Nutzen erst im Zusammenbinden des Widerstrebenden. Als Metapher für die ganze Welt als unsteten Prozess und Übergang wählt Heraklit das Feuer. Mehr noch, irgendwann, meint er, vergeht jede Welt als Ganzes im reinen Feuer, im Weltenbrand, aus dem dann eine neue Welt des Gegensätzlichen hervorgeht.

Heraklit von Ephesos starb um 460 v. Chr.

Weblink:

Heraklit - philosophische Grundgedanken - www.anderegg-web.ch


Utopische Gesellschaft ohne moralische Gesetze

In der utopischen Gesellschaft gibt es keine gesellschaftlichen Notwendigkeiten mehr, die nicht jeder Mensch unmittelbar einsehen kann, ohne dazu durch irrationale Glaubenssätze gezwungen zu werden. Man kann sehr vereinfachend sagen: Die moralische Gesellschaft bedarf keiner moralischen Gesetze mehr. Das ist der tiefere Grund für das Absterben der Religionen.

Christus sagte zu seinen Jüngern: "Mein Reich ist nicht von dieser Welt." Käme der Nazarener in unseren Tagen wieder herab von Gottes Thron zu den Menschen in Utopia, so würde er leben und nicht den Tod am Kreuz erleiden müssen, um die Menschen von ihren Sünden zu erlösen, weil sie sich selbst und auch nicht ganz ohne seine Hilfe von ihnen erlöst hat.

Und der würde sagen können: "Ja, das ist mein Reich, es ist von dieser Welt." Havemann, Seite 132

Samstag, 4. Januar 2020

Albert Camus 60. Todestag

Albert Camus


Albert Camus starb vor 60 Jahren am 4. Januar 1960 in Villeblevin / Yonne in Frankreich bei einem tragischen Autounfall auf dem Weg nach Paris. Er wollte mit dem Zug fahren, lies sich aber zur Autofahrt überreden und fand den Tod, als das Auto in Folge eines geplatzten Reifens verunglückte - die Bahnfahrkarte in der Tasche. »Die fröhliche Wissenschaft« wurde in der Mappe gefunden, die Albert Camus mit sich führte, als am 4. Januar 1960 Michel Gallimards Wagen bei geschätzten hundertfünfzig Stundenkilometern aus nie geklärten Gründen von der schnurgeraden Straße abkam und gegen einen Baum prallte.


Camus war ein bedeutender und einflußreicher französischer Schriftsteller und Philosoph des 20. Jahrhunderts. Albert Camus war ein unabhängiger, unbeirrbarer Geist, der weder Ideologien noch Intrigen oblag. Der Denker war einer der bekanntesten französischen Autoren und ein bedeutender Vertreter des Existentialismus.



Er sei kein Philosoph, betonte Albert Camus, er glaube nicht genug an die Vernunft, um an ein System zu glauben, »mich interessiert die Frage, wie man sich verhalten sollte«. - Der französische Schriftsteller und Philosoph beeinflusste nach 1945 als Schlüsselfigur des Existenzialismus maßgeblich die Entwicklung des geistigen Lebens in Europa. Camus gilt als unbestechlicher Intellektueller, der auch heute noch als einer der größten Denker des 20. Jahrhunderts gefeiert wird.

Nach dem Studium der Philosophie war Camus Schauspieler und Bühnenautor und gehörte während des Zweiten Weltkrieges der französischen Widerstandsbewegung an, der er 1942 beitrat. Im Zweiten Weltkrieg war Camus einer der Führer der französischen Résistance.

Der Fremde

Der Roman »Der Fremde« und der philosophische Essay »Der Mythos des Sisyphos« wurden 1942 veröffentlicht. Darin setzt sich Camus mit dem Sinnlosen und dem Absurden auseinander und erlangte erstmalig literarisches Ansehen. Camus wurde 1943 Mitbegründer der illegalen Zeitung "Combat". Ende 1943 arbeitete Camus als Lektor bei dem Verlag Gallimard und veröffentlichte den ersten "Brief an einen deutschen Freund".

Albert Camus-Werke
Der Fremde
Der Fremde
Die Pest
Die Pest
Der Fall
Der Fall
Der glückliche Tod
Der glück
liche Tod
Der erste Mensch
Der erste
Mensch
Der Mensch in der Revolte
Der Mensch in
der Revolte
Albert Camus
Er wurde früh sehr stark vom französischen Existenzialismus und von dem Philosophen Jean-Paul Satre geprägt, Bekanntschaft er 1944 machte. Der Existenzialismus entsprach einem Lebensgefühl, das von der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs, des politischen Widerstands in der Résistance und des Zerfalls traditioneller Wertordnungen und Orientierungen geprägt ist. Es findet seinen Ausdruck in einer besonderen Sensibilität für die Absurdität der menschlichen Existenz, die für diese Generation von Philosophen charakteristisch ist.

Der Mensch in der Revolte

In den Nachkriegsjahren war er zusammen mit Jean-Paul Sartre - mit dem ihn kurze Zeit auch ein freundschaftliches Verhältnis verband - einer der Vordenker des Existentialismus. Sein bekanntestes philosophisches Werk aus dieser Zeit ist die Essay-Sammlung »Der Mensch in der Revolte« (1947-1951), die ihm neben viel Beifall auch vielerlei Polemik eintrug, nicht zuletzt die von Sartre, der ihm den Verrat linker Ideale vorwarf.

Sein literarisches Schaffen bewegt sich zwischen Dichtung und Essayistik auf der Grundlage einer Philosophie von der Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins und vom Versagen des Gewissens. Den Existenzialismus deutete er in eine Philosophie von der Sinnlosigkeit des menschlichen Daseins.

Die Ausgangsposition von Camus atheistischer Weltanschauung lautet: Es gibt keinen Gott. Die Existenz des Menschen ist sinnlos. Was dem Einzelnen in dieser Situation bleibt, ist die Revolte. Die "permanente Revolte" sah er als Weg zur Überwindung des Absurden an. Der Mensch muss in der Lage sein, die Last der Sinnlosigkeit zu ertragen, Selbstverantwortung übernehmen und nach Glück streben. Nur so wird er Herr seines Schicksals und kann der die Absurdität des Lebens überwinden.

Camus prägende Erfahrung war der Zweite Weltkrieg und die Besetzung Frankreichs. Wer erkannt hat, was absurd ist, muss danach handeln und leben. Er entwickelte sein Denken aus den Erfahrungen des Krieges. Camus Philosophie ohne Gott ist der Versuch, dem Leben durch bewußte Anerkennung des Absurden einen Sinn zu geben. In seinen Werken schildert die Verantwortung des Menschen in einer absurden Welt, d.h. in einer Welt, in der der Mensch ohne Gott, sich selbst überlassen ist.

Camus Philosophie ist das, was Nietzsche aktiven Nihilismus nennt. Der Mensch weiß, daß das Leben sinnlos ist und versucht, dem Leben einen Sinn zu geben.

Nach Albert Camus lebt der Mensch - wie zur Zeit des Zweiten Weltkrieges - in einer absurden Welt, welche ihm kein lebenswertes Dasein ermöglicht. Da diese Welt immer stärker als das Individuum ist, hat der Mensch auch keine Chance sich gegen dieses Schicksal aufzulehnen. Das Absurde hat nur insofern einen Sinn, als man sich nicht mit ihm abfindet. Gegen die Absurdität des Lebens hilft nur die menschliche Solidarität.

Albert Camus wurde am 7. November 1913 in der Stadt Mondovi in Nordalgerien als Sohn ein es Landarbeiters geboren.

Blog-Artikel:

Albert Camus als »Vordenker des Absurden«

»Der Mythos von Sisyphos« von Albert Camus

»Der Mensch in der Revolte« von Albert Camus


Weblinks:

Albert Camus-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de


Albert Camus-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Jean-Paul Satre-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Nackt in der Welt - 100. Geburtstag von Albert Camus - www.taz.de

Albert Camus: Die Welt, die Wüste, das Meer - www.tagesspiegel.de

Camus lebt - www.camus-lebt.de

Philosophisches Kopfkino - Was ist Existentialismus? - 3 Sat - www.3sat.de/specials

Neues Denken ist in Deutschland nicht wirklich erwünscht

Angela Merkel bei ihrer Neujahrsansprache zum Jahreswechsel 2019/2020

Bundeskanzlerin Merkel sagte in ihrer Neujahrsrede: "Die 20er-Jahre können gute Jahre werden." Es ist diese Botschaft, die sich durch Merkels Neujahrsrede zieht: der Aufruf zu Mut und Zuversicht, zu Vertrauen und dazu, keine Angst zu haben.

Wie immer im Leben kommt es bei der Bewertung dieser Aussage auf den Blickwinkel an. Von unten gesehen ist der Blickwinkel aber anders, Vertrauen ist eher ein schwindendes Gut, fast tägliche Berichte und Änderungen sind nicht sehr positiv. Viele sind fast täglich überrascht, oder manchmal überrollt, meist weniger gut.

Daher wolle sie all ihre Kraft dafür einsetzen, dass Deutschland seinen Beitrag leiste, den Klimawandel in den Griff zu bekommen, ökologisch, ökonomisch und sozial. Das gerade beschlossene Gesetz bietet dazu den - im Wortsinne - notwendigen Rahmen.


Die 20er-Jahre können tatsächlich gute Jahre werden, denn diese Jahre werden sich nicht unbedingt daran hindern lassen, gute Jahre zu werden, aber es kommt auf die politische Gestaltung der Zukunft an. Ob sie das auch werden, hängt in Zeiten des überall auf der Welt wiedererstarkenden Faschismus und der damit einhergehenden und immer schneller fortschreitenden, durch den menschenverursachten Klimawandel noch weiter befeuerten Zerstörung ihrer gemeinsamen Existenzgrundlage Erde unter den derzeit „herrschenden“ Bedingungen aber davon ab, ob genug Bürger der Welt die Zeichen der Zeit erkennen und Zutrauen in das Land und ihrer politische Führung haben:

Dass es ganz allein auf ihr eigenes Verantwortungsbewusstsein, vor allem aber ihr auf diesem beruhendes gemeinsames Handeln ankommt - und darauf, dass sie die digitalen Medien sinnvoll, also zu einem konstruktiven, auf respektvolle, einander wertschätzende Art geführten Austausch nutzen, um sich über die Lösungen „abzustimmen“.


Damit die 20er-Jahre tatsächlich gute Jahre werden, ist ein grundlegender Mentalitätswandel in der Gesellschaft und Politik nötig. Der ökologische Umbau erscheint dringend notwendig. Für den ökologischen Umbau ist ökologisches Denken und eine Herbeiführung sowie Verankerung ökologischen Bewußtseins in der Bevölkerung notwendig, aber grüne Vordenker für den erforderlichen grünen Umbau gibt es in Deutschland kaum.

Zu verkrustet die politischen Strukturen und Abläufe. Deutschland hat keinen Plan für nichts. Keine einzige Zukunfstaufgabe wurde angegangen und demokratisch gelöst. Von jeder Problematik wurde Merkel vor Tatsachen gestellt. Sie hat nichts voraussehend geplant oder hangehabt. - Oder gibt es etwa eine Vision für den Integrationsnotstand, den Bildungsnotstand, den Pflegenotstand , den Infrastrukturnotstand, die Agrarwirtschaft, die Umweltpolitik?



Damit die 20er-Jahre tatsächlich gute Jahre werden, sind kluge und herausragende Köpfe in der Gesellschaft und Politik nötig. Die notwendigen Ingredenzien neues Denken, Konventionen aufbrechen, sachliche Kritik üben ist doch gerade hier in Deutschland nicht wirklich erwünscht! Ein neues Denken in der Gesellschaft und ein neues Denken des Staatswesens ist geboten. Deutschland scheint eher als ein Land, in dem das Denken den Denkern überlassen wird. Bezogen auf das Staatswesen läge es dann in den Händen von Staatstheoretikern und Philosophen.Zu den Denkern, welche die Zeichen jeweils ihrer Zeit erkannt haben, gehören Macchiavelli, Hobbes, Montesqieu, Rousseau und Hegel.



Mit guten Vorsätzen in das neue Jahr

Mit guten Vorsätzen in das neue Jahr


Der Jahresbeginn eignet sich gut für einen symbolischen Neubeginn. Das alte Jahr mit all seinen Problemen und den begangenen Lastern ist vorbei, im neuen Jahr soll alles anders und vor allem besser werden. Immerhin gut ein Drittel der Deutschen fasst den Vorsatz, sich im kommenden Jahr zu ändern. An den häufigsten guten Vorsätzen ändert sich dabei von Jahr zu Jahr wenig, wie eine jährliche Umfrage des Forsa-Instituts zeigt: Seit Jahren sind "Weniger Stress", "Mehr Zeit für die Familie" und "Mehr Sport oder Bewegung" die Spitzenreiter.
Nur etwa die Hälfte aller Menschen mit guten Vorsätzen setzt diese jedoch tatsächlich in die Tat um. Das liegt auch daran, dass viele Vorsätze erst spontan am Silvesterabend getroffen werden.

Ein Vorsatz sollte daher durchdacht sein – dann wächst auch die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht allein beim Vorsatz bleibt. Wer sich beispielsweise mehr Bewegung verordnet, sollte bereits vorher planen, wie und wann das tatsächlich möglich ist. Wenn der Terminkalender ohnehin für die nächsten drei Monate restlos ausgebucht ist, bleibt vom geplanten "zwei Mal pro Woche ins Fitness-Studio" wahrscheinlich nicht viel übrig.

Deshalb ist es sinnvoller, kleinere Ziele zu stecken, die sich dann jedoch auch erreichen lassen. Statt zweimal in der Woche ins Fitness-Studio reicht vielleicht bereits ein ausgedehnter Spaziergang am Wochenende. Dabei lässt sich gleichzeitig auch gut entspannen und Stress abbauen, vielleicht sogar zusammen mit der Familie.



Weblink:

Warum man das neue Jahr mit guten Vorsätzen beginnt - FAZ - www.faz.net

Samstag, 14. Dezember 2019

Klimaschutz als ethisches Problem


Klimaschutz ist nicht nur ein globales, sondern auch ein grundlegendes ethisches Problem, handelt dieser doch von der Notwendigkeit der Rettung des Planeten und der Unmöglichkeit der Vereinbarung für alle verbindlicher Regeln. Beim Klimaschutz schimmert immer auch in bischen das Thema "Ethik" durch.

Der Mensch betreibt Raubbau an seiner Lebensgrundlage der Erde. Hinzu kommen jedes Jahre verheerendere Waldbrände, längere Dürreperioden und heftigere Regenfälle, die Häuser, Ernten und den Lebensraum von Tieren vernichten. Geht es diesem Planeten gut? Nein. Raubbau, Umweltzerstörung, Erderwärmung bedrohen seine Existenz. Doch ein Phänomen setzt ihm ebenso zu: der Klimawandel.

Das Klimaproblem ist überaus komplex und mehrdimensional. Es muss in seinen wichtigsten Dimensionen ausgelegt werden. Das ist eine hermeneutische Aufgabe. In der Dimensionierung dieser Problematik, in der Ordnung, die wir in den Problemen erkennen und in der Formulierung der ethischen Fragen geht es immer auch um Politik.

Beim Klimaschutz geht es zunächst einmal um die Übernahme globaler Verantwortung und dringend notwendiges Handeln. Dazu ist ein ökologischer Umbau der Gesellschaft notwendig wie eine ökologische Veränderung des Bewußtseins. Beim Klimaschutz nichts zu tun, ist gerade für die kommenden Generationen verantwortungslos.

Deren Sinn besteht, wie Hannah Arendt (1994, S. 201) ihn bestimmte, in nichts weniger als in der Freiheit. Die Freiheit ist es, die auf dem Spiel steht, wenn Menschen das Klima verändern. Verschiedenartige Menschen leben mit unterschiedlichen Kulturen und Hintergründen räumlich und zeitlich weit entfernt, begegnen sich aber in einer klimatischen Nachbarschaft.

Ein Klimaschutzabkommen ist kein verbindlicher Gesellschaftsvertrag, da die Verbindlichkeit an den nationalen Grenzen der Beitrittsländer aufhört und viele Länder weiterhin konsequent ihre eigene, klimaschädliche Energiepolitik betreiben. Viele Länder kochen ihr eigenes Süppchen und blockieren einen Fortschritt im Klimaschutz.

Klimakonferenz in Bonn

Das Grundproblem ist, daß viele Industrieländer den Klimaschutz weiter nicht ernst nehmen und die Politik keine politische Handhabe gegen Energieunternehemen trifft, welche schädlichen CO2-Ausstoß in die Luft pussten, anstatt endlich den CO2-Ausstoß durch Stillegung von Klimaschleudern zu begrenzen. Immer wenn es um konkrete Vereinbarungen mit den Unternehemen geht, stockt die Politik. Ohne ein stärkeres Bekenntnis der Regierungen zum Handeln, können die Klimaschutzziele nicht erreicht werden. Der Klimawandel trifft jene am stärksten, die nicht das Geld haben sich davor zu schützen. Eine CO2-Bepreisung ist ein effektives und effizientes Mittel um unsere CO2-Bilanz zu verbessern.

Klimaschutz ist auch eine Bewußtseinsfrage, er gelingt nur, wenn sich das ökologische Bewußtsein in der Bevölkerung ändert. Der Klimaschutz ist eine Möglichkeit, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Die Klimaerwärmung beinhaltet die Freiheit der Einen und die bedrohte Freiheit und das verunmöglichte Leben der Anderen. Klimaschutz geht nur durch Einschränkung von Freiheit. Politische Philosophie, politische Ethik denkt über die Bedingungen von Freiheit nach: nicht nur im globalen Zusammenleben mit den Gegenwärtigen, sondern auch in intergenerationellen Beziehungen.

Es geht um Ungerechtigkeit und um Fairness, darum, wie legitime oder illegitime kollektive Entscheidungen getroffen werden. Es geht um Gewalt und Anerkennung, um Verletzbarkeit in Beziehungen und in politisch-ökologischen Strukturen, um Ideen von menschlich-kulturellem Fortschritt und menschlichem Wohl, um die zentralen kulturellen Werte, um die Gestaltung von Gesellschaften in einer postkolonialen Weltordnung. Nicht immer gelingt es den Klimaforschern oder den Akteuren der Umweltpolitik, diese Fragen zu erkennen. Deshalb braucht es hierfür auch philosophische SpezialistInnen und allgemein möglichst viele Menschen mit philosophischem Interesse und Verstand.

Wenn es so weitergeht wie bisher, dann wird es weltweit wahrscheinlich rasch und akut schlimmer werden. Nicht weil wir faul wären und nichts tun, sondern umgekehrt, gerade weil wir alles weiter so tun, wie wir es zu tun gewohnt sind und es für richtig halten. Gerade wenn Menschen die gesellschaftlichen Anforderungen, denen sie tagtäglich begegnen, erfüllen und positiv richtig handeln, handeln sie falsch. Denn was gesellschaftlich heute von uns TeilnehmerInnen der Konsumgesellschaft erwartet wird und insofern als richtig gilt, ist in vielen Punkten ökologisch katastrophal.

Wir erleben heute bereits eine Erwärmung von durchschnittlich +0,8 o C gegenüber der vorindustriellen Zeit. Das wärmere Klima schmilzt die Polkappen ab, tötet Korallenriffe, lässt den Meeresspiegel steigen, Dürren entstehen, Wirbelstürme und Extremwetter häufiger und stärker werden. Menschen, Tiere und Pflanzen verlieren ihre Lebensgrundlage. Das sehen wir alles jetzt. Und man konnte es schon seit Jahrzehnten kommen sehen.

Die Schäden würden selbst dann noch schlimmer werden, wenn die Kohlendioxidemissionen sofort weltweit gestoppt würden - was ja völlig illusorisch ist. Es wird einfach deswegen schlimmer, weil die Verweildauer von CO 2, des hauptsächlichen Problemgases in der Atmosphäre, relativ lang ist. In dieser Zeit entfaltet es seine unheilvolle Wirkung immer weiter.

Aber noch schlimmeres Unheil lässt sich verhindern. Es scheint ziemlich offensichtlich, dass es eine ethisch begründete Pflicht gibt, sich gegen dieses Unheil einzusetzen, um zu verhindern, dass Menschen und Tiere, ebenso wie Ökosysteme, verletzt, gequält, getötet und vertrieben werden. Niemand kann das ernsthaft bestreiten. Man kann höchstens wegsehen oder es bewusst ignorieren.

Warnende Stimmen riefen schon vor Jahrzehnten, dass es „5 vor 12“ sei. Nur eine umfassendende Kraftanstrengung und neue grüne Visionen mit ökologischen Bewußtsein können den Planeten noch retten.





Weblink:

Klimawandel – und die Philosophie? - www.philosophie.ch

Samstag, 30. November 2019

Zeit der Besinnung

Adventszeit

Alle Jahre wieder, wenn wir in den vorweihnachtlichen Stress verfallen und von der der besinnlichen Zeit nicht viel zu spüren ist, ist die Zeit gekommen, um inne zu halten. In der Adventszeit geht es um den Abschluss mit dem Alten und den Aufbruch ins Neue. Das erfordert die Bereitschaft, eigene Gewissheiten zu hinterfragen, und den Mut, zu neuen Ufern aufzubrechen. Die Adventszeit ist eine Zeit der Besinnung und wie eine Aufforderung zur Besinnung zu kommen.

Die Weihnachtszeit wird gerne als die Zeit der Besinnlichkeit beschrieben. Das sagt sich so leicht, auch weil es so schön klingt. In Wirklichkeit ist diese Jahreszeit jedoch für viele eher eine Zeit der Besinnungslosigkeit, in der schon die bloße Ankündigung, der Einzelhandel könne es wagen, die Ladentüren bereits drei Stunden, bevor das Christkind kommt, zu schließen, so manche heiligabendliche Krise auslöst.

Vielen Menschen, die keine tiefe Verbundenheit zum christlichen Glauben spüren, wird die Hektik des ausklingenden Altjahres zu einer Zeit der Sinnlosigkeit, in der sie noch weniger zur Ruhe kommen als sonst. Dabei geht es bei der „Besinnlichkeit“ eigentlich tatsächlich um das Sinnige und Geistige: Sie wird in Wörterbüchern erklärt als „stimmungsvolle Zeit, in der Menschen zum Nachdenken und Innehalten kommen“.

Besinnlichkeit entsteht aus dem Umstand, daß Menschen zur Besinnung kommen. Zur Besinnugn ko9mmt der Menschg, wenn er sich Zeit für sich nimmt. Besinnlichkeit, die mehr mit Besinnung und Geist als mit Sinnlichkeit und Geistlichkeit zu tun hat, keine weitverbreitete Übung. Nicht, dass dies anderswo unbedingt anders wäre, jedoch deuten englische Begriffe für „Besinnlichkeit“, nämlich „contemplation“, „thoughtfulness“ oder „reflectiveness“, zumindest stärker auf den die Ratio mit einschließenden Ursprung des Begriffes hin.

Weblink:

- www.cicero.de

Der neue Zynismus der Gesellschaft




Kritik der zynischen Vernunft

Der neue Zynismus greift in der Gesellschaft munter um sich, ohne daß diesem Einhalt geboten wurde.
Zynische Denkhaltung ist eine in Politik und Wirtschaft weit verbreitete Einstellung, die auf Gehorsam und Loyalität gründet. Zynische Denkstrukturen bestimmen die Gesellschaft. Und der wirklich versierte Zyniker trägt bei seinem - im praktischen Handeln angelegten - gepflegten Zynismus natürlich ein Siegerlächeln im Gesicht.

Der neue Zyniker ist nach Peter Sloterdijk derjenige, der eine Machtposition innehat: „Dem diffusen Zynismus gehören längst die Schlüsselstellungen der Gesellschaft in Vorständen, Parlamenten, Aufsichtsräten, Betriebsführungen, Lektoraten, Praxen, Fakultäten, Kanzleien und Redaktionen.“ (S. 37). Er erinnert daran, wie Gottfried Benn, „selber einer der profilierten Sprecher der modernen zynischen Struktur“ in dieser formuliert hat: „Dumm sein und Arbeit haben, das ist das Glück.“

Natürlich gibt es auch eine Umkehrung diseer Medaille - soz. als genauer analoger Spiegeleffekt! Was in der Umkehrung eben heißt: „Intelligent sein und dennoch seine Arbeit verrichten – das ist unglückliches Bewusstsein in der modernen, aufklärungskranken Form“ (S. 40). Dabei steht einem Zynismus der Mittel ein Moralismus der Zwecke gegenüber: Um moralisch hohe Ziele zu erreichen, kann man jedes, auch das tückischste Mittel einsetzen. Und genau so hat ja seit jeher die Macht, um ihre moralisch und demokratisch maskierten Zwecke zu erreichen, nie gezögert, unschuldige Opfer niederzumachen.

»Zynismus ist der geglückte Versuch,
die Welt so zu sehen, wie sie ist.«

Jean Genet

Der neue Zynismus kennt - besonders in der Krise - viele Gesichter: habgierige Bankmanager, welche sich Boni genehmigen nachdem sie Schrottaktien emittiert haben, und dabei nebenbei die Weltwirtschaft kollabieren lassen, und den Schaden durch Steuergeld bezahlen lassen, oder großartige Übernahmen deutscher Firmen, die solche Firmen wie Chrysler, Rover, oder Monsanto einkauften, die die eigene Firma in die roten Zahlen trieb, und sich weiterhin Boni genehmigen. Automobil-Manager, die Automobilkäufer arglistig betrogen haben, und sich weiter Boni genehmigen.

Die von dem schottischen Ökonomen Adam Smith beschworene "unsichtbare Hand" ("invisible hand") wirkt tatsächlich, allerdings ganz anders, als sich das der berühmte Ökonom aus Edinburgh vorgestellt hat, dann diese Leute sind es einfach gewohnt, Geld und Vorteile aus einem pervertierten neoliberalen Wirtschaftssystem zu ziehen, obwohl sie durch ihr Handeln Firma und die Bürger schädigen. Das hat nichts mit Neid zu tun, sondern mit Unrecht. Ich kann verstehen, daß das so manchem Niedriglöhner zynisch vorkommt.

Kritik der zynischen Vernunft
Kritik der zynischen Vernunft


Sloterdijk analysiert die Unwuchten einer zynischen Geisteshaltung, die der westlichen, durch "Vernunft" gesteuerten Kultur zugrunde liege. Der Aufruf zur Vernunft ("Wissen ist Macht") führe zu einer künstlichen Trennung von Intellekt und Sinnlichkeit. Es gelte den Zwang der europäischen Neurose zu brechen, die durch Vernunftanstrengung Glück zu erreichen suche.

Der Zynismus geht einher mit zu wenig erzeugtem Problembewußtsein. Es ist eine Gerechtigkeitsdiskussion notwendig, um den neuen Zynismus und desesen Strukturen aufzudecken und diesem entschieden entgegenzutreten.