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Samstag, 11. Juli 2020

John Stuart Mills Begriff der Freiheit

John Stuart Mill

John Stuart Mill war ein britischer Ökonom und Philosoph und gilt als Begründer des modernen Liberalismus, der den Staat in der Pflicht sah, die Freiheit jedes Individuums zu schützen und zu verteidigen.

»Die Urteilskraft ist den Menschen gegeben, damit sie sie gebrauchen.
Sollen wir sie darum nicht anwenden, weil wir uns irren können?«

In seinem wichtigsten Werk "Über die Freiheit" verteidigt John Stuart Mill das Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Bürgers gegen Einschränkungen durch den Staat und durch die "Meinung der Mehrheit".

Mill plädiert für verantwortungsbewusste Individuen gegen die Übernahme von Konventionen von Dritten. Jeder Mensch sollte sich sein eigenes Weltbild schaffen und nach seinen Regeln und Vorstellungen leben können, auch wenn er dabei Fehler macht. Fehler zu machen ist besser als nichts zu machen bzw. als der "Mehrheit" nachzueifern.

Die Freiheit ist für John Stuart Mill der „erste und stärkste Wunsch der menschlichen Natur“ und ermöglicht es dem Individuum erst, seine Fähigkeiten, seinen Geist und seine Moral voll zu entwickeln. Er sieht die Notwendigkeit zur Bildung starker, selbstbewusster, innerlich freier Persönlichkeit. Diese Notwendigkeit wird aber vom Staat und von der öffentlichen Meinung boykottiert.




Über die Freiheit
Über die Freiheit

von John Stuart Mill

Alexis de Tocqueville beeinflusste Mill in dem Gedanken der "Tyrannei der Mehrheit": die entstehende Massendemokratie bildet eine neue Form der öffentlichen sozialen Macht und die führt zur "Tyrannei der Mehrheit". Der Druck der öffentlichen Meinung ist in den modernen Demokratien die größte Gefahr für die Freiheit und Entwicklung des Individuums. Nach dem Modell der Mehrheit zu leben ist auch eine Art Unfreiheit. Der einzige Grund ein Individuum in seiner Freiheit zu beschränken ist, wenn dieser einer anderen Person Schaden zufügt. Was keinem anderen schadet ist erlaubt. Der Einzelne weiß selbst am Besten was für ihn gut ist. Je freier der Bürger desto mehr profitiert die ganze Gesellschaft davon. Je mehr sich das Individuum "Lebensexperimenten" unterstellt, desto mehr wird sich eine Gesellschaft nach vorne bewegen.

Mill verteidigt die Freiheit des Denkens und der Lebensführung. Für Mill war die ideale Staatsform die repräsentative Demokratie, d.h. die Möglichkeit letztendlich schlechte Herrscher durch "Kontrolleure" bzw. Abgeordnete die vom Volk gewählt wurden, absetzen zu können. Sogenannte "Kontrolleure" sollte es meiner Meinung nach auch in alle Berufssparten geben, vor allem bei "Lehrern" und "Erziehern". Wer bestimmt jedoch wer ein Kontrolleur sein soll? Und wer kontrolliert die Kontrolleure?

Mill geht es in diesem Essay um die bürgerliche und soziale Freiheit. Es geht ihm um den Kampf zwischen Individuum und Gesellschaft, zwischen Freiheit und Autorität. Es geht auch um die Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir leben?

Er verteidigt in seiner Schrift das Recht, anders sein zu dürfen und setzt sich für Minderheiten und Außenseitern gegen gesellschaftlichen Konventionen und Meinungen ein. Vielseitigkeit wird von ihm hoch geschätzt und ist auch der Grund warum Europa derart fortschrittlich werden konnte.

Mill macht sich auch Gedanken über die Befolgung der Lehre Christi. Menschen befolgen die Lehre Jesu nicht, sie orientieren sich an die allgemein anerkannten, von jedem befolgten Glaubensregeln. Das Christentum ist zu einer Farce geworden, die voll mit Scheinheiligkeit ist, denn kaum jemand lebt wirklich nach den Evangelien. Die ersten Christen gaben sogar ihr Leben für ihren Glauben. Zur Lebenszeit Mills hingegen ging man nur in die Kirche, weil alle in die Kirche gingen, ohne jedoch an irgendetwas zu glauben.

Eine seiner Überzeugungen war, dass bevor man andere liebe, man beginnen müsse sich, selbst zu lieben. Geistige und kulturelle Genüsse sollten in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation gesteigert werden.

"Über die Freiheit" wurde zur Programmschrift des modernen Liberalismus. Der Philosoph Popper hat viel von Mill übernommen, z.B. die Falsifikationstheorie wonach wissenschaftliche Erkenntnisse aus Aufdeckung von Irrtümern gewonnen werden Popper hat aber auch einiges an Mills Kritik an totalitären Systemen in seinem Werk einfließen lassen.


Literatur:

Über die Freiheit
Über die Freiheit
von John Stuart Mill

Über die Freiheit
Über die Freiheit
von John Stuart Mill

Weblinks:

John Stuart Mill - www.famousphilosophers.org

Samstag, 16. Mai 2020

Karl Marx, die Gegensätze und die sozialen Folgen der Krise









Der Corona-Shutdown hat die Wirtschaft in Europa lahmgelegt. Besonders betroffen sind südeuropäische Länder wie Spanien und Italien. Die Krise läßt die wirtschaftliche Mißstände, unternehmerische Unterlassungen und soziale Verwerfungen offen an das Tageslicht treten. Corona hat deutlich aufgezeigt, daß das 70 Jahre gelebte Wirtschaftsmodell nicht krisensicher ist, immer wieder von Krisen erschüttert wird und daß Krisen einfach zum strukturellen Wesen des Kapitalismus gehören.

Bei Karl Marx kommt in der Krise die Ökonomie ins Spiel, kein Wunder, denn mit Krisen kannte Karl Marx sich aus, denn er hat diese Erscheinungen als persönliche auch als gesellschaftliche Krisen erfahren müssen. Gesellschaftliche Krisen haben immer die Tendenz, gesellschaftliche Gegensätze zu verschärfen und von der Gegensteuerung der Politik hängt es in Zeiten der Krise ab, wie diese gemeistert werden kann.

Der Lauf der Geschichte wird dialektisch als Abfolge von Klassenkämpfen interpretiert, die jeweils einen gesellschaftlichen Fortschritt in dessen Ablauf markieren. Das Endziel der Geschichte sieht Marx in der klassenlosen Gesellschaft des Kommunismus verwirklicht.

Der Marximus hat zwar fundamentale Mechanismen der Industriegesellschaft und des Kapitalismus erkannt und durchschaubar gemacht, in der politischen Praxis versagt durch einen Mangel an Anthropologie. Ideologische Vernachlässung unseres natürlichen Bedarfes an Emotionalizät und Subjektivität.


»Die Analysen des großen Denkers waren vielfach richtig. Teile seines Instrumentariums und seiner Methode sind auf faszinierende Weise modern geblieben. Seine Antworten erwiesen sich vielfach als falsch, seine Hoffnungen als trügerisch.« Willy Brandt

Ein Verweis auf die Fehlentwicklungen, die schon bei Marx angelegt waren: Er war ein Kind des neunzehnten Jahrhunderts und bewunderte die Dampfmaschinen in den Fabriken. Da war er Modernisierungstheoretiker mit all den teleologischen Fallstricken, die wir inzwischen kennen. Nachfolger von ihm bastelten daraus ein plumpes Stufenmodell der Weltgeschichte. Marx selbst war aber ein komplexerer Denker, der seine eigenen Hauptthesen durchaus auch reflektierte und in Frage stellte.



Für Karl Marx ist die Herrschaft immer eine Herrschaft der herrschenden Klasse - der Bourgeoisie - und der Staat ist ein Instrument der herrschende Klasse, welche den Staat nach ihren jeweiligen Interessen und Vorstellungen einrichtet.


Der bürgerlichen Gesellschaft geht es um die Reproduktion der herrschenden Verhältnisse. Die Reproduktion der Gesellschaft und der bestehende Verhältnisse ist das Ziel der Herrschaft. Zu tief der Einschnitt in des gesellschaftliche Leben. Nur durch staatliche Hilfen wird die Gesellschaft in der Krise überleben, ohne fremde Hilfen dagegen zerbrechen.


Bei Karl Marx geht es letztlich immer um Produktion und Reproduktion von gesellschaftlichen und damit auch wirtschaftlichen Verhältnissen. So wird der Kapitalismus sich auch in Zeiten der Krise neu erfinden und viele neue Innovationen hervorbringen und Geschäftsmodelle erfinden, um sich zu Reproduzieren. In der Krise sind viele innovative Ideen von kreativen Köpfen entstanden, doch nur wenige davon taugen zum Geschäftsmodell.

Für Karl Marx sind wirtschaftliche Krisen immer der Ausdruck von Krisen des Kapitals - resp. Kapitalismus - für Milton Friedman gehören sie sogar zum Kapitalismus dazu. Die sozialen und gesellschaftlichen Gegensätze werden sich verschärfen. Karl Marx hätte in der Corona-Krise attestiert, daß sich die gesellschaftlichen Gegensätze verschärfen werden - allerdings ohne das daraus eine rervolutionäre Situation entstehen könnte, denn es fehlt an politischen Bewußtsein zur Veränderung einer Gesellschaft.


Für Marx ist das Privateigentum und seine ungerechte Verteilung der Grund für die Herausbildung gesellschaftlicher Gegensätze und Ausbreitung von Elend, die Ausdruck der Herrschaft der herrschenden Klasse sidn und sich so verschärfen, daß die Klassengegensätze nur durch eine vom Proletariat durchzuführenden Revolution überwunden werden können.

Diejenigen, welche die Interessen der Wirtschaft über die Gesundheit stellen, sind überzeugt davon, daß Profit und Wohlstand wichitger sind als die Gesundheit der Bevölkerung.

»Das Sein bestimmt das Bewußtsein«, hat Karl Marx gesagt. Die Krise wird das Leben verändern, doch wie wird sich das Bewußtsein verändern? Gibt es nach der Krise eine bessere Gesellschaft, welche aus der Krise etwas gelernt hat?

Entscheidend ist, was aus einer Krise resultieren und hervorgebracht werden wird. - Wird am Ende der Krise die Gesellschaft noch die gleiche sein oder wird es eine andere geben? - Wenn Karl Marx recht hatte, dann wird die Kraft der Reproduktion, welcher der Bürgerlichen Gesellschaft immanent ist, die alten Verhältnisse wiederherstellen und Corona lediglich als häßliche Narbe hinterlassen.

Der Kapitalismus ist wie ein Chamäleon, dessen weitere Entwicklung auch ein kluger analytischer Kopf wie Karl Marx nicht voraussehen konnte. Die Welt hat sich dank der Arbeit, dem technischen Fortschritt und der Verteilung des Wohlstands anders entwickelt wie Karl Marx sie vorausgesehen hatte. Leiharbeit, Werksverträge, Scheinselbständigkeit - kein Mittel ist den Kapitalisten ungeeignet genug, um die Würde des Menschen durch die ökonomische Hintertüre nach Kräften zu unterminieren.




Die Corona-Krise wird zu einer Wirtschaftkrise mit steigender Arbeitslosigkeit führen und viele Verlierer wie Alleinerziehende, Hartz IV-Bezieher und weitere Mini-Jobber produzieren. Die Krise wird die sozialen Gegensätze in Europa und zwischen Arbeit und Kapital verschärfen und zu einer erheblichen Spaltung der Gesellschaft führen, ohne daß sich dabei eine Klasse bilden wird, welche die Gegensätze überwindet.

Wenn gegen die soziale Armut nichts getan wird, werden die Populisten das Rennen. Die werden ebenfalls einen Teufel tun, die soziale Armut bekämpfen, bis die Empörten aufstehen und die dann Regierenden mit Gewalt aus dem Amt jagen.Wer politisch keine Orbanisierung der Gesellschaft möchte, sollte als Politiker anfangen, etwas gegen Rechts zu tun

Doch hört man kritische Stimmen in der Krise, daß es kein Zurück zur bürgerlich-kapitalistischen Struktur geben darf. Der aktuelle Zustand des Landes erinnert an jenen der Ostzone 1970: kein Individualverkehr, keine Fereinflüge, keine Kreuzfahrten, keine Veranstaltungen mit Lebensfreude und Versorgung nur mit dem absolut Notwendigsten.

In der Corona-Krise sind zwei Tendenzen zu beobachten: Der Corona-Kapitalismus wappnet sich durch die Gewährung von Krediten, um sein Überleben zu sichern und ruft auf der anderen Seite auch seine Kritiker auf den Plan, welche eine andere Wirtschaftsordnung für die Zeit danach fordern und anstreben.

Man muss nicht Karl Marx heißen oder Ökonom sein, um festzustellen zu können, daß am Ende der Corona-Krise nur diejenigen überleben werden, die über ausreichend Einfluß verfügen, um durch Geltendmachung desselbigen ihre weitere Existenz und ihr Überleben - und damit gleichzeitig auch des Kapitalismus - zu sichern.

Vom wirtschaftlichen Desaster in den nächsten fünf bis zehn Jahren ganz abgesehen, welches ihren Anteil an allen Veränderungen maßgeblich zeigen wird, werden sich viele Menschen enorm verändern. Sicher nicht alle - aber je nach Kultur, Lebensform und Regierung gehe ich davon aus, dass sich nach einem langen mühsamen Weg Licht im Tunnel zeigen wird.

Angst und Bedrohungsszenarien funktionieren immer. Damit wird seit Jahren Politik gemacht. Wenn die Angst vor Corona schwindet, geht es »Weiter so wie zuvor«. Auch in der Krise steht bei der Ellbogengesellschaft das eigene Wohlergehen an erster Stelle und deshalb werden die Maßnahmen auch weitgehend akzeptiert. Es wird keine großen Änderungen geben, außer das man für den Hass auf alles Fremde noch mehr Munition hat.


Die Pandemie wird durch die steigende Arbeitslosigkeit die sozialen Gegensätze weiter verschärfen und die Spannungen erhöhen. Im weiteren Verlauf der Krise wird das Prekariat aus Geringverdienern und Beschäftigten weiter ansteigen.

Infolge der notwendigen Inanspruchnahme sozialer Dienste wird eine starke soziale Aufwertung von prekär Beschäftigten in den sozialen Berufen stattfinden, die für ihre in der Krise erbrachten Dienste viel Anerkennung erfahren.

Wenn die Politik ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden will, muss sie Risikogruppen schützen, ggf. deren Freiheitsrechte - dem Zweck des Infektionsschutzrechts gemäß - gezielt einschränken, aber nicht noch länger die gesamte Gesellschaft in Haftung nehmen.


Weblinks:

Karl Marx-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Karl Marx-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Karl Marx - www.famousphilosophers.org

Max Frisch "Am Ende steht ..." - Youtube - www.youtube.com


Blog-Artikel:

Karl Marx und das Kapital im 21. Jahrhundert

Wie aktuell sind Marx Ideen heute?

Karl Marx 200. Geburtstag

Die Irrtümer des Karl Marx

Kapitalismuskritik und der Grundkonflikt der Moderne



Samstag, 21. März 2020

Mit Kant unter Gebrauch der Vernunft gegen die Ausbreitung der Pandemie













Immanuel Kant



Seit Kant und Hegel ist die Philosophie von der Vernunft bestimmt. So ist in der derzeitigen Krise zu fragen: »Wie wäre der Königsberger Philosoph, welcher Zeit seines Lebens seine Heimatstadt bekanntlich nie verlassen hat, wie wäre Immanuel Kant einer Pandemie begegnet?«

Vernunft ist für Kant nach Wahrnehmung und Verstand die oberste menschliche Erkenntnisfähigkeit. Sie kontrolliere den Verstandesgebrauch und sei dazu in der Lage, nach höchsten allgemeinsten Grundsätzen für das theoretische Erkennen wie für das praktische Handeln zu suchen.

Als Teil des menschlichen Erkenntnisapparates wird Vernunft seit Kant nach Wahrnehmung und Verstand als die oberste menschliche Erkenntnisinstanz angesehen.

Als praktische Vernunft bezeichnet man die Fähigkeit zu zweckmäßigem Handeln. Aber auch in der Tradition Kants die Fähigkeit zu einem Handeln, dass mit den Sittengesetzen übereinstimmt. (Ethik) Die reine praktische Vernunft ist nach Kant das Vermögen, aus Gründen zu handeln, die nicht auf interessegeleiteten Motiven beruhen und ohne Bezug auf die Erfahrung erhoben werden.

Kant hätte sich der Vernunft und seiner Kategorien zur profunden Wahrnehmung der Krise bedient und andere entschieden zum Gebrauch der Vernunft angehalten und der grassierenden Unwissenheit über die Möglichkeiten und Gefahren der Infektion seinen Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, entschieden entgegengesetzt.




Johns Hopkins University

Johns Hopkins University

Vor Corona schützen Sie sich durch praktische Vernunft am besten durch umsichtiges und vorsichtiges Verhalten, in dem Sie Abstand wahren, ihre Sozialkontakte einschränken, sich regelmäßig die Hände waschen und beim Einkaufen Handschuhe und ggf. Mundschutz tragen.

Doch nicht immer ist die Welt so von Vernunft bestimmt, wie Kant und Hegel glauben machen wollten und es geht vernünftig zu auf dieser Welt, häufig waltet die Unvernunft sowie das Nicht-Rationale, welches das Handeln der Menschen bestimmt. Im Hintergrund lauert hier immer dessen dunkler Bruder: die Unvernunft, mit der sich dann Nietzsche philosophisch auseinandergesetzt hat.

»Die Unvernünftigkeit einer Sache ist kein Argument gegen ihre Existenz,
sondern eher eine Voraussetzung dafür.«


Friedrich Nietzsche

Der Gebrauch des Verstandes setzt beim Menschen kognitive Fähigkeiten voraus: Wo keine Kognition stattfindet, wird auch der Verstand schwerlich etwas bewirken können. Das zweite Problem ist, etwas begreifen zu wollen. Viele Menschen nehmen die Pandemie nicht Ernst ernst - oder ernst genug. Freiwilligkeit ist gut, funktioniert aber hier nicht.

Das nächste Problenmfeld ist das Handeln zur rechten Zeit und mit den angemessenen Mitteln. Die Frage ist aber, inwieweit Vernunft zu Erkenntnis und wiederum zu vernünftigem Handeln führen können. Wenn der Mensch eine drohende Gefahr erkennt und vernünftig handelt, wird er sich zu schützen wissen und entsprechend praktisch durch Vorbeuge und Schutzmaßnehmen präventiv handeln.

In der Krise sind gerade Weitsicht und Vernunft gefragt, dessen Anleitung - wenn Menschen sich nicht freiwillig vernünftig verhalten - durch den Staat zu erfolgen hat, welcher klare Regeln für die Krise und deren Bewältigung aufzustellen hat.

Wenn es die Aufgabe der Philosophie ist, zum Gebrauch der Vernunft anhalten, so ist es die Aufgabe der Vernunft, Menschen zu vernünftigem Verhalten anzuleiten. Der Staat will die Menschen zur Vernunft bringen, indem man sie dazu anleitet, soziale Kontakte strikt zu vermeiden, denn nichts ist tödlicher als ein grassierender Mangel an Vernunft, welcher auch den Corona-Virus - diesen »Virus des Absurden« - erst hat entstehen lassen.

Die Krise wird bewältigt, wenn Vernunft auf Augenmaß trifft. Es scheint angeraten, sich in der Krise gerade von der Vernunft leiten zu lassen, denn andere Kategorien der Wahrnehmnung oder gar Gefühle sind keine guten Ratgeber. Hierzu gehört auch die Einhaltung des »Kategorischen Imperativs«, welchse Kant folgendermaßen formuliert hat:


Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich
als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.

Dazu gehört, sich vor dem Virus weitgehend und bestmöglich gegen die Übertragung zu schützen, das soziale Verhalten einzuschränken, Menschenansammlungen zu meiden und Informationen über Verlauf und Verbreitung der Pandemie sorgsam auf die darin enthaltene und verbreitete Wahrheit oder Unwahrheit zu prüfen. - Und mit Kant lässt es sich es gut die durch die Krise kommen!

Bleibt noch die Kommunikation einer Krise. Das Erklären der Wirkungsweise einer Pandemie stellt für Kant eine Form der kommunikativen Vernunft dar. Im Notfall ist das Sozialverhalten massiv einzuschränken und in der guten Stube zu bleiben. Das passt wirklich gut zu Kant, denn der Philosoph aus Königsberg war ein geradezu begnadeter Stubenhocker.

Weblinks:

Immanuel Kant - www.famousphilosophers.org


Johns Hopkins University

Johns Hopkins University


Vernunft-Zitate - Grosser Zitatenschatz




Samstag, 14. März 2020

Ein Virus, die Angst und die Freiheit








Corona Virus

Eine Krise verunsichert Menschen und läßt deren Bedarf in Informationen über diesen Zustand steigen, weil die Menschen informiert sein wollen. Mit jeder neuen Meldung über die sich ausbreitende Pandemie dringt auch etwas ein in unser tieferes kollektives Bewusstsein. Etwas, das rational schwer steuerbar erscheint. Vorbei ist es mit der „Eudaimonia“, das „gute Leben“ des Aristoteles.

Keine Panik, denn allgemeine Hysterie ist der schlechteste Ratgeber - auch jetzt - in der Abwehr des medial schon allgegenwärtigen Corona-Virus. Doch mischt sich die notwendige Vorsorge inzwischen nicht nur mit der vernünftigen Sorge.

Das Virus aus dem längst nicht mehr Fernen Osten hält schneller und heftiger als geahnt auch die westliche Welt in Atem. Niemand hätte sich eben noch vorstellen können, dass über die Möglichkeit einer Abriegelung von Millionenstädten wie Mailand oder Berlin überhaupt ernsthaft nachgedacht werden könnte.

Die Angst oder mindestens Sorge, so sie nicht zur kopflosen Panik gerät, ist ein strenger Lehrmeister nicht nur des medizinischen Fortschritts. Anders als beim Klimawandel geht es beim Corona-Virus nicht um das Überleben des Planeten. Aber die Begegnung mit Seuchen berührt die Urängste vor dem Unsichtbaren, Unreinen, Unheimlichen. Macht den Infizierten potenziell auch zum Aussätzigen.

Der Staat ist gezwungen, zu reagieren und begegnet der weiteren Ausbreitung des Virus mit massiven Einschränkungen des sozialen Lebens, z.B. mit dem Verbot von Veranstaltungen. Die weitgehendste Einschränkung ist die Anordnung einer Quarantäne für infizierte Personen, die damit vom sozialen Leben ausgeschlossen werden.



Die Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt. Die Menschen können sich nicht mehr uneingeschränkt fortbewegen. Der Mensch ist von Natur aus ein soziales Wesen, dem es schwerfällt, soziale Distanz zu wahren und soziale Distanzierung vorzunehmen. Der Mensch lebt immer schon in Gemeinschaft.

John Locke hatte in seinem »Essay on Toleration« erst einmal den Gedanken gefasst , daß Toleranz ein Regierungssystem besser stabilisiert als der Wille zur strikten Kontrolle. Es stellt sich auch die Frage nach dem Zusammenhang von Freiheit und Ordnung. Nach Hegel sind wir dann frei, wenn wir der sittlichen Idee des Staates Folge tragen. Denn der Staat hat keinen Zweck außer sich. In ihm verwirklicht sich der Mensch selbst, aber ist das auch in der Krise so?.

Nach Thomas Hobbes ist das Ziel des Staates nicht das Erreichen eines höchsten Guts (summum bonum), sondern nur das Vermeiden des größten Übels (summum malum). Allerdings geht Hobbes davon aus, dass durch die Sicherung von Leib und Leben die Verfolgung anderer Bedürfnisse (Anerkennung, Güter) überhaupt erst rational wird.

Die Corona-Krise engt - leider - auch die Willensfreiheit der Menschen - erheblichem Maße ein. In der Krise wirkt der Mensch nicht mehr selbst- sondern eher fremdbestimmt. - Willensfreiheit beruht nach John Locke erstens auf der Fähigkeit, vor dem Handeln innezuhalten und zu überlegen, was man in der jeweiligen Situation tun sollte, welche Gründe für die eine oder andere Alternative sprechen. Zweitens setzt Willensfreiheit aber auch voraus, dass wir nach dem Überlegen dem Ergebnis der Überlegung gemäß entscheiden (und handeln) können.

Locke

Gemäß John Locke ist es sogar keine Einschränkung der Freiheit, wenn sich unsere Entscheidungen und Handlungen mit kausaler Notwendigkeit aus dem Ergebnis unserer Überlegungen ergeben. Im Gegenteil: Wenn es anders wäre, wäre unserer Wille gar nicht durch uns selbst bestimmt: "Deshalb unterliegt jeder Mensch kraft seiner Eigenart als vernunftbegabtes Wesen der Notwendigkeit, sich beim Wollen durch seine eigenen Gedanken und durch sein Urteil über das, was für ihn das beste ist, bestimmen zu lassen; sonst wäre er der Entscheidung eines andern als ihm selbst unterworfen, was ein Fehlen der Freiheit bedeuten würde."


In Zeiten der Bedrohung wirken die Menschen verunsichert, wobei der Eindruck entstanden ist, daß es so manchem Bürger auch wieder nicht recht ist, nachdem sehr deutliche Maßnahmen ergriffen wurden. Es wurde von einigen Politikern deutlich empfohlen, sich auf nur ganz wenige Sozialkontakte selbst zu begrenzen. Jetzt können sehr viele zeigen, wie sie es mit der sozialen Verantwortung so halten, auf möglichst viele Kontakte verzichten, für ein besseres Miteinander und Füreinander.

Klares Denken beginnt mit einer kritischen Auseinandersetzung mit Fakten. Dazu gibt es in unserer komplexen Welt Experten. Denn nur sie beschäftigen sich tagtäglich ihr ganzes Leben lang mit denjenigen Themen, für die sie eben Experten sind. Wer diese Experten einfach ignoriert und stattdessen blind auf zweifelhafte Informationsquellen vertraut, kann, mit Verlaub, nicht ernsthaft behaupten, er würde klar denken.


Das Leben in der Krise ist oft eine recht mißliche Sache, begleitet von einem häufigen Lavieren zwischen Optimismus und Pessimismus. Der Optimist Hegel, der in Berlin blieb, starb an der Cholera. Der Pessimist Schopenhauer, der vor ihr aus Berlin nach Frankfurt floh, blieb unangesteckt und überlebte.

Weblink:

John Locke - www.philosophieverstaendlich.de




Samstag, 11. Januar 2020

Heraklit 2500. Geburtstag




Heraklit

Heraklit wurde um 520 v. Chr. in Ephesos geboren. Heraklit war ein vorsokratischer Philosoph aus dem ionischen Ephesos. Heraklit stammte aus einer vornehmen Familie. Der antike Denker lebte sehr zurückgezogen.

Heraklit, wegen seiner oft rätselhaften Sprache auch „der Dunkle“ genannt, war im fünften Jahrhundert vor Christus vor allem in seiner Heimatstadt Ephesos an der kleinasiatischen Küste tätig. Wie von vielen Vorsokratikern sind von ihm nur Fragmente überliefert, die allerdings alle ein eindeutiges Thema haben. Heraklit vertritt eine Lehre des Gegensätzlichen: Jedes Ding beinhaltet seine eigene Negation, ja der gesamte Kosmos ist der ewige Widerstreit aneinandergebundener Gegensätze, der sich in stetem Werden und Vergehen äußert. Die Welt ist also nicht wie im Volksglauben stabil und unveränderlich, sondern ein steter Prozess und ein ewiges Fließen.
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Heraklit beanspruchte eine von allen herkömmlichen Vorstellungsweisen verschiedene Einsicht in die Weltordnung. Daraus ergibt sich eine nachhaltige Kritik der oberflächlichen Realitätswahrnehmung und Lebensart der meisten Menschen. Ein wiederkehrendes Thema seines Philosophierens ist neben dem auf vielfältige Weise interpretierbaren Begriff des Logos, der die vernunftgemäße Weltordnung und ihre Erkenntnis und Erklärung bezeichnet, der natürliche Prozess beständigen Werdens und Wandels.

In späterer Zeit wurde dieser Wandel auf die populäre Kurzformel »Panta rhei« (»Alles fließt«) gebracht. Des Weiteren setzte sich Heraklit mit dem Verhältnis von Gegensätzen auseinander, wie etwa von Tag und Nacht, Wachsein und Schlafen, Eintracht und Zwietracht. Diese Gegensätze sah er in einer spannungsgeladenen Einheit stehend.

Heraklit


Das Grundprinzip des Kosmos ist nach Heraklit nicht – wie etwa für Parmenides von Elea – ein statisches, gleichbleibendes Sein, sondern das Werden. Während Parmenides das Nicht-Sein und damit das Werden radikal leugnet, betont Heraklit das gegensätzliche, aber in untrennbarer Einheit verschränkte Verhältnis von Sein und Werden.

Heraklit lehrte in seiner kosmischen Lehre die Einheit der Gegensätze. Das Weltprinzip bildet die Vereinigung der Gegensätze durch eine Zusammenhaltende Kraft (der Logos). Durch den Widerstreit der verschiedenen Elemente entsteht eine Harmonie. Alles Wirkliche ist in einem ewigen Fliessen begriffen.

Heraklit betrachtet die Erfahrungswelt des Menschen als ein Ganzes von Gegensätzen, die ineinander umschlagen und sich von einem Pol zum anderen wandeln. Die Gegensatzpaare folgen dabei nicht nur einem äußerlichen Prozess, sondern sind als Gegensätze schon ineinander verschränkt. Das Umschlagen der Gegensätze geschieht dabei wohl „gemäß Streit und Schuldigkeit“ (κατ᾽ ἔριν καὶ χρεών, kat' érin kaì chreōn)[55] im Spannungsverhältnis der jeweiligen Bezugspole.

Bilder, die Heraklit selbst verwendet, um seine Lehre zu verdeutlichen, sind das Bild des Bogens oder das Bild der Leier. In beiden Fällen entsteht der Nutzen erst im Zusammenbinden des Widerstrebenden. Als Metapher für die ganze Welt als unsteten Prozess und Übergang wählt Heraklit das Feuer. Mehr noch, irgendwann, meint er, vergeht jede Welt als Ganzes im reinen Feuer, im Weltenbrand, aus dem dann eine neue Welt des Gegensätzlichen hervorgeht.

Heraklit von Ephesos starb um 460 v. Chr.

Weblink:

Heraklit - philosophische Grundgedanken - www.anderegg-web.ch


Samstag, 4. Januar 2020

Neues Denken ist in Deutschland nicht wirklich erwünscht

Angela Merkel bei ihrer Neujahrsansprache zum Jahreswechsel 2019/2020

Bundeskanzlerin Merkel sagte in ihrer Neujahrsrede: "Die 20er-Jahre können gute Jahre werden." Es ist diese Botschaft, die sich durch Merkels Neujahrsrede zieht: der Aufruf zu Mut und Zuversicht, zu Vertrauen und dazu, keine Angst zu haben.

Wie immer im Leben kommt es bei der Bewertung dieser Aussage auf den Blickwinkel an. Von unten gesehen ist der Blickwinkel aber anders, Vertrauen ist eher ein schwindendes Gut, fast tägliche Berichte und Änderungen sind nicht sehr positiv. Viele sind fast täglich überrascht, oder manchmal überrollt, meist weniger gut.

Daher wolle sie all ihre Kraft dafür einsetzen, dass Deutschland seinen Beitrag leiste, den Klimawandel in den Griff zu bekommen, ökologisch, ökonomisch und sozial. Das gerade beschlossene Gesetz bietet dazu den - im Wortsinne - notwendigen Rahmen.


Die 20er-Jahre können tatsächlich gute Jahre werden, denn diese Jahre werden sich nicht unbedingt daran hindern lassen, gute Jahre zu werden, aber es kommt auf die politische Gestaltung der Zukunft an. Ob sie das auch werden, hängt in Zeiten des überall auf der Welt wiedererstarkenden Faschismus und der damit einhergehenden und immer schneller fortschreitenden, durch den menschenverursachten Klimawandel noch weiter befeuerten Zerstörung ihrer gemeinsamen Existenzgrundlage Erde unter den derzeit „herrschenden“ Bedingungen aber davon ab, ob genug Bürger der Welt die Zeichen der Zeit erkennen und Zutrauen in das Land und ihrer politische Führung haben:

Dass es ganz allein auf ihr eigenes Verantwortungsbewusstsein, vor allem aber ihr auf diesem beruhendes gemeinsames Handeln ankommt - und darauf, dass sie die digitalen Medien sinnvoll, also zu einem konstruktiven, auf respektvolle, einander wertschätzende Art geführten Austausch nutzen, um sich über die Lösungen „abzustimmen“.


Damit die 20er-Jahre tatsächlich gute Jahre werden, ist ein grundlegender Mentalitätswandel in der Gesellschaft und Politik nötig. Der ökologische Umbau erscheint dringend notwendig. Für den ökologischen Umbau ist ökologisches Denken und eine Herbeiführung sowie Verankerung ökologischen Bewußtseins in der Bevölkerung notwendig, aber grüne Vordenker für den erforderlichen grünen Umbau gibt es in Deutschland kaum.

Zu verkrustet die politischen Strukturen und Abläufe. Deutschland hat keinen Plan für nichts. Keine einzige Zukunfstaufgabe wurde angegangen und demokratisch gelöst. Von jeder Problematik wurde Merkel vor Tatsachen gestellt. Sie hat nichts voraussehend geplant oder hangehabt. - Oder gibt es etwa eine Vision für den Integrationsnotstand, den Bildungsnotstand, den Pflegenotstand , den Infrastrukturnotstand, die Agrarwirtschaft, die Umweltpolitik?



Damit die 20er-Jahre tatsächlich gute Jahre werden, sind kluge und herausragende Köpfe in der Gesellschaft und Politik nötig. Die notwendigen Ingredenzien neues Denken, Konventionen aufbrechen, sachliche Kritik üben ist doch gerade hier in Deutschland nicht wirklich erwünscht! Ein neues Denken in der Gesellschaft und ein neues Denken des Staatswesens ist geboten. Deutschland scheint eher als ein Land, in dem das Denken den Denkern überlassen wird. Bezogen auf das Staatswesen läge es dann in den Händen von Staatstheoretikern und Philosophen.Zu den Denkern, welche die Zeichen jeweils ihrer Zeit erkannt haben, gehören Macchiavelli, Hobbes, Montesqieu, Rousseau und Hegel.



Samstag, 14. Dezember 2019

Klimaschutz als ethisches Problem


Klimaschutz ist nicht nur ein globales, sondern auch ein grundlegendes ethisches Problem, handelt dieser doch von der Notwendigkeit der Rettung des Planeten und der Unmöglichkeit der Vereinbarung für alle verbindlicher Regeln. Beim Klimaschutz schimmert immer auch in bischen das Thema "Ethik" durch.

Der Mensch betreibt Raubbau an seiner Lebensgrundlage der Erde. Hinzu kommen jedes Jahre verheerendere Waldbrände, längere Dürreperioden und heftigere Regenfälle, die Häuser, Ernten und den Lebensraum von Tieren vernichten. Geht es diesem Planeten gut? Nein. Raubbau, Umweltzerstörung, Erderwärmung bedrohen seine Existenz. Doch ein Phänomen setzt ihm ebenso zu: der Klimawandel.

Das Klimaproblem ist überaus komplex und mehrdimensional. Es muss in seinen wichtigsten Dimensionen ausgelegt werden. Das ist eine hermeneutische Aufgabe. In der Dimensionierung dieser Problematik, in der Ordnung, die wir in den Problemen erkennen und in der Formulierung der ethischen Fragen geht es immer auch um Politik.

Beim Klimaschutz geht es zunächst einmal um die Übernahme globaler Verantwortung und dringend notwendiges Handeln. Dazu ist ein ökologischer Umbau der Gesellschaft notwendig wie eine ökologische Veränderung des Bewußtseins. Beim Klimaschutz nichts zu tun, ist gerade für die kommenden Generationen verantwortungslos.

Deren Sinn besteht, wie Hannah Arendt (1994, S. 201) ihn bestimmte, in nichts weniger als in der Freiheit. Die Freiheit ist es, die auf dem Spiel steht, wenn Menschen das Klima verändern. Verschiedenartige Menschen leben mit unterschiedlichen Kulturen und Hintergründen räumlich und zeitlich weit entfernt, begegnen sich aber in einer klimatischen Nachbarschaft.

Ein Klimaschutzabkommen ist kein verbindlicher Gesellschaftsvertrag, da die Verbindlichkeit an den nationalen Grenzen der Beitrittsländer aufhört und viele Länder weiterhin konsequent ihre eigene, klimaschädliche Energiepolitik betreiben. Viele Länder kochen ihr eigenes Süppchen und blockieren einen Fortschritt im Klimaschutz.

Klimakonferenz in Bonn

Das Grundproblem ist, daß viele Industrieländer den Klimaschutz weiter nicht ernst nehmen und die Politik keine politische Handhabe gegen Energieunternehemen trifft, welche schädlichen CO2-Ausstoß in die Luft pussten, anstatt endlich den CO2-Ausstoß durch Stillegung von Klimaschleudern zu begrenzen. Immer wenn es um konkrete Vereinbarungen mit den Unternehemen geht, stockt die Politik. Ohne ein stärkeres Bekenntnis der Regierungen zum Handeln, können die Klimaschutzziele nicht erreicht werden. Der Klimawandel trifft jene am stärksten, die nicht das Geld haben sich davor zu schützen. Eine CO2-Bepreisung ist ein effektives und effizientes Mittel um unsere CO2-Bilanz zu verbessern.

Klimaschutz ist auch eine Bewußtseinsfrage, er gelingt nur, wenn sich das ökologische Bewußtsein in der Bevölkerung ändert. Der Klimaschutz ist eine Möglichkeit, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Die Klimaerwärmung beinhaltet die Freiheit der Einen und die bedrohte Freiheit und das verunmöglichte Leben der Anderen. Klimaschutz geht nur durch Einschränkung von Freiheit. Politische Philosophie, politische Ethik denkt über die Bedingungen von Freiheit nach: nicht nur im globalen Zusammenleben mit den Gegenwärtigen, sondern auch in intergenerationellen Beziehungen.

Es geht um Ungerechtigkeit und um Fairness, darum, wie legitime oder illegitime kollektive Entscheidungen getroffen werden. Es geht um Gewalt und Anerkennung, um Verletzbarkeit in Beziehungen und in politisch-ökologischen Strukturen, um Ideen von menschlich-kulturellem Fortschritt und menschlichem Wohl, um die zentralen kulturellen Werte, um die Gestaltung von Gesellschaften in einer postkolonialen Weltordnung. Nicht immer gelingt es den Klimaforschern oder den Akteuren der Umweltpolitik, diese Fragen zu erkennen. Deshalb braucht es hierfür auch philosophische SpezialistInnen und allgemein möglichst viele Menschen mit philosophischem Interesse und Verstand.

Wenn es so weitergeht wie bisher, dann wird es weltweit wahrscheinlich rasch und akut schlimmer werden. Nicht weil wir faul wären und nichts tun, sondern umgekehrt, gerade weil wir alles weiter so tun, wie wir es zu tun gewohnt sind und es für richtig halten. Gerade wenn Menschen die gesellschaftlichen Anforderungen, denen sie tagtäglich begegnen, erfüllen und positiv richtig handeln, handeln sie falsch. Denn was gesellschaftlich heute von uns TeilnehmerInnen der Konsumgesellschaft erwartet wird und insofern als richtig gilt, ist in vielen Punkten ökologisch katastrophal.

Wir erleben heute bereits eine Erwärmung von durchschnittlich +0,8 o C gegenüber der vorindustriellen Zeit. Das wärmere Klima schmilzt die Polkappen ab, tötet Korallenriffe, lässt den Meeresspiegel steigen, Dürren entstehen, Wirbelstürme und Extremwetter häufiger und stärker werden. Menschen, Tiere und Pflanzen verlieren ihre Lebensgrundlage. Das sehen wir alles jetzt. Und man konnte es schon seit Jahrzehnten kommen sehen.

Die Schäden würden selbst dann noch schlimmer werden, wenn die Kohlendioxidemissionen sofort weltweit gestoppt würden - was ja völlig illusorisch ist. Es wird einfach deswegen schlimmer, weil die Verweildauer von CO 2, des hauptsächlichen Problemgases in der Atmosphäre, relativ lang ist. In dieser Zeit entfaltet es seine unheilvolle Wirkung immer weiter.

Aber noch schlimmeres Unheil lässt sich verhindern. Es scheint ziemlich offensichtlich, dass es eine ethisch begründete Pflicht gibt, sich gegen dieses Unheil einzusetzen, um zu verhindern, dass Menschen und Tiere, ebenso wie Ökosysteme, verletzt, gequält, getötet und vertrieben werden. Niemand kann das ernsthaft bestreiten. Man kann höchstens wegsehen oder es bewusst ignorieren.

Warnende Stimmen riefen schon vor Jahrzehnten, dass es „5 vor 12“ sei. Nur eine umfassendende Kraftanstrengung und neue grüne Visionen mit ökologischen Bewußtsein können den Planeten noch retten.





Weblink:

Klimawandel – und die Philosophie? - www.philosophie.ch

Samstag, 30. November 2019

Zeit der Besinnung

Adventszeit

Alle Jahre wieder, wenn wir in den vorweihnachtlichen Stress verfallen und von der der besinnlichen Zeit nicht viel zu spüren ist, ist die Zeit gekommen, um inne zu halten. In der Adventszeit geht es um den Abschluss mit dem Alten und den Aufbruch ins Neue. Das erfordert die Bereitschaft, eigene Gewissheiten zu hinterfragen, und den Mut, zu neuen Ufern aufzubrechen. Die Adventszeit ist eine Zeit der Besinnung und wie eine Aufforderung zur Besinnung zu kommen.

Die Weihnachtszeit wird gerne als die Zeit der Besinnlichkeit beschrieben. Das sagt sich so leicht, auch weil es so schön klingt. In Wirklichkeit ist diese Jahreszeit jedoch für viele eher eine Zeit der Besinnungslosigkeit, in der schon die bloße Ankündigung, der Einzelhandel könne es wagen, die Ladentüren bereits drei Stunden, bevor das Christkind kommt, zu schließen, so manche heiligabendliche Krise auslöst.

Vielen Menschen, die keine tiefe Verbundenheit zum christlichen Glauben spüren, wird die Hektik des ausklingenden Altjahres zu einer Zeit der Sinnlosigkeit, in der sie noch weniger zur Ruhe kommen als sonst. Dabei geht es bei der „Besinnlichkeit“ eigentlich tatsächlich um das Sinnige und Geistige: Sie wird in Wörterbüchern erklärt als „stimmungsvolle Zeit, in der Menschen zum Nachdenken und Innehalten kommen“.

Besinnlichkeit entsteht aus dem Umstand, daß Menschen zur Besinnung kommen. Zur Besinnugn ko9mmt der Menschg, wenn er sich Zeit für sich nimmt. Besinnlichkeit, die mehr mit Besinnung und Geist als mit Sinnlichkeit und Geistlichkeit zu tun hat, keine weitverbreitete Übung. Nicht, dass dies anderswo unbedingt anders wäre, jedoch deuten englische Begriffe für „Besinnlichkeit“, nämlich „contemplation“, „thoughtfulness“ oder „reflectiveness“, zumindest stärker auf den die Ratio mit einschließenden Ursprung des Begriffes hin.

Weblink:

- www.cicero.de

Dienstag, 15. Oktober 2019

Friedrich Nietzsche 175. Geburtstag


Friedrich Nietzsche


Friedrich Nietzsche wurde vor 175 Jahren am 15. Oktober 1844 in Röcken bei Leipzig als Sohn eines evangelischen Pfarres geboren. Nietzsche stellte bestehende Grundsätze in Frage und gilt als einer der bedeutendsten und einflussreichsten Denker. Der unzeitgemäße Philosoph entwickelte in Abkehr vom Christentum eine neue Morallehre und später eine eigene Philosophie, welche den Willen in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt. Nietzsche gilt als unzeitgemäßer Philosoph, der mit dem Hammer philosophierte und dabei bestehende Moralvorstellungen zertrümmert hat.



Friedrich Nietzsche  wurde 1870 im Alter von 25 Jahren und noch ohne Promotion als Professor nach Basel berufen. Mit seinem ersten Buch "Die Geburt der Tragödie aus dem Geist der Musik" (1871) erregte er einen handfesten Skandal, welcher seine akademische Karriere ruinierte. Darin verherrlichte er das tragische Lebensgefühl und feierte den umstrittenen Komponisten und Operndichter Richard Wagner als Neubegründer der deutschen Kultur.

Nietzsche, desen unzeitgemäßes Denken in Aphorismen seine Form gefunden hat, war ein Religionskritiker, der das Christentum und sein Werte hinterfragte. Sein Ziel war es, die Hintergründe und Motive, welche die Grundlage der westlichen Philosophie, Kunst und Kultur bilden, freizulegen und zu interpretieren. Seine Philosophie in der Tradition der Aufklärung war eine Abrechnung mit den tradierten Moralvorstellungen des Christentums.

Seine Haltung kommt durch seinen berühmten Satz »Gott ist tot« gut zum Ausdruck. Er stand in seinen Betrachtungen für einen radkikalen Wechsel der Perspektive und propagierte die »Umwertung aller Werte« und die Schaffung eines "Übermenschen" anstelle des traditionellen Christentums. Als seine wohl wichtigste Schrift gilt sein vierbändiges Hauptwerk »Also sprach Zarathustra« (1883-1885). Weitere bedeutende Veröffentlichungen des Philosophen sind »Unzeitgemäße Betrachtungen« (1873-1876) und der nach seinem Tod erschienene Band »Der Wille zur Macht« (1901).



Nietzsche begann seine Laufbahn als Philologe, begriff sich selbst aber zunehmend als Philosoph oder als „freier Denker“. Er durchlief in seinen Werken auf dem Weg zum eigenständigen Denker einen Reifungs- und Emanzipationsprozeß: an dem er an die Stelle der Kunst die Philosophie als den Gipfelpunkt der Kultur setzte und seine allmähliche Loslösung von seinen Vorbildern Arthur Schopenhauer und Richard Wagner betrieb.

Der scharfsinnige Denker hat wie kaum ein Zweiter mit den Lehrsätzen der Philosophie und Theologie aufgeräumt und abgerechnet. Mit der Kritik der Moral hängt eine Kritik bisheriger Philosophien zusammen. Sein Werk enthält scharfe Kritiken an Moral, Religion, Philosophie, Wissenschaft und Formen der Kunst Er kritisierte die überkommenen Werte der christlichen Moral und forderte eine Abkehr vom Christentum. In seinen Werken wandte sich der Moralphilosoph gegen die überkommenen christlichen Werte. Das Christentum lehnte er als eine Religion für die Schwachen ab.

Seine Philosophie betonte den Wert des Lebens für die Moral. Die Frage nach dem Wert der Moral für das Leben bildete eine Grundfrage seiner Moralkritik. Nach Nietzsche haben Menschen des »Ressentiment«, deren Wille sich gegen das Leben richtet, eine Moral, ein System von Werten erfunden, das ihnen über ihre Schwäche hinweghilft.

Nietzsche war ein Philosoph der Erkenntnis.
Der radikale Denker erhob den Menschen selbst zum Schöpfer und forderte einen neuen, vollkommenen höchsten Menschen - den »Übermenschen« als Verkünder einer neuen, höherwertigen Moral.

Nietzsche philosophierte mit dem Hammer und zertrümmerte bestehende Moralvorstellungen und entwickelte eine höhere Moral »Jenseits von Gut und Böse«. Der Philosoph sah im »Willen zur Macht« die Triebfeder allen Lebens. Ziel und Sinn aller Entwicklung war für Nietzsche der »Übermensch«.

Jenseits von Gut und Böse

Bekannt wurde Nietzsche auch für seine versierte Sprachschöpfung und die sprachlich anspruchsvolle Dichtkunst. Zu seinen bekanntesten - zumeist aphoristischen Werken - gehören »Also sprach Zarathustra«, »Genealogie der Moral«, »Jenseits von Gut und Böse«, »Menschliches, Allzumenschliches«.

Nietzsche beeinflusste durch sein vielseitiges Werk nachhaltig die Philosophie der Neuzeit. Er gilt als der einflussreichste Philosoph der Neuzeit. Grossen Einfluss übte er durch seinen Ansatzpunkt, den Menschen in den Mittelpunkt seiner Philosophie zu stellen, auf die spätere Existenzphilosopie aus.

Der Anti-Metaphysiker und Religionskritiker Friedrich Nietzsche bot mit seiner Philosophie Perspektiven in zweifacher Hinsicht an. Zum einen bot er einen Gegenentwurf zu den Erlösungs- und Heilsvorstellungen der Religion an. Zum anderen entwickelte er eine Utopie der Selbstverantwortung des Menschen - repräsentiert durch den Übermenschen.

Selten hat jemand einen so hohen Preis für sein Genie bezahlt. Bereits im Alter von 45 Jahren kam es endgültigen Zusammenbruch, dem sich ein letztes Lebensjahrzehnt in geistiger Umnachtung anschloss.

Weblinks:

Friedrich Nietzsche-Biografie

-

Biografien-Portal

- www.die-biografien.de

Friedrich Nietzsche-Zitate - Zitate-Portal

- www.die-zitate.de

Friedrich Nietzsche - philosophiestudium.blogspot.com


Friedrich Nietzsche-Werke:

Also sprach Zarathustra
Also sprach Zarathustra
von Friedrich Nietzsche

Ecce Homo, Sonderausgabe
Ecce Homo - Sonderausgabe


Genealogie der Moral
Genealogie der Moral


Zarathustra
Zarathustra



Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik

Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik

Samstag, 14. September 2019

Michel de Montaigne »Essais«

Michel Montaigne



Michel de Montaigne zog sich bereits im Alter von 38 Jahren in das Schloss Montaigne zurück, welches malerisch gelegen auf einer Anhöhe, 30 Kilometer östlich von Bordeaux, in der historischen Landschaft des Périgord liegt.

In der Abgeschiedenheit seines ländlichen Anwesens beschäftigte er sich vor allem mit der Erforschung seiner selbst. Die zeitgenössische Philosophie, die bisherige Philosophie überhaupt schien ihm nicht in der Lage, die tatsächliche Befindlichkeit menschlicher Existenz wiederzuspiegeln.

Und so schuf Michel de Montaigne mit seinen »Essais« und der darin meisterlich entwickelten Kunst der Reflexion eine neue Philosophie und ein neues Bild vom Menschen.

»Die Nützlichkeit des Lebens liegt nicht in seiner Länge, sondern in seiner Anwendung.«

Michel de Montaigne war passionierter Reisender, Berater der wichtigsten Politiker seiner Zeit und Bürgermeister von Bordeaux, er interessierte sich für die Trunksucht ebenso wie für Fragen der Kindererziehung (»Bei den heutigen Schulmeistern, die mit ein und dem selben Unterrichtsstoff und nach ein und dem selben Maß eine Vielzahl junger Geister von so unterschiedlichen Maßen und Begabungen unter ihre Fuchtel nehmen, ist es kein Wunder, wenn sich in der ganzen Herde Kinder kaum zwei oder drei finden, die aus solcher Erziehung nennenswerten Gewinn davontragen.«), schreibt über die Sinnlosigkeit der Folter, über Zorn, Eitelkeit, Alter, den Genuss von Melonen und Alkohol (»Sogar manche Stoiker geben den Rat, gelegentlich eins über den Durst zu trinken, um die Seele zu lockern«), Daumen, Gerüche, Namen, Streitrosse und Bücher, über seine sexuellen Vorlieben, Nierensteine und gelegentliche Impotenz, über das Schlafen und den Brauch, Kleider zu tragen, über Gesetze gegen den Luxus, die Macht der Fantasie u.v.m. und schuf mit seinen unkonventionellen Betrachtungen „grandiose Literatur“ (FAZ).


Mit seinen »Essais« begründete der gascognische Gutsherr und Edelmann Michel de Montaigne eine neue literarische Gattung, denn sein Name steht für den Beginn der Moderne. Überzeugt davon, dass der Mensch ein zutiefst irrationales Subjekt, randvoll mit Widersprüchen sei, notierte Montaigne seine Beobachtungen und Erfahrungen - scharf- und tiefsinnig, voller Witz und dabei mit einem „vorbehaltlosen Ja zum Leben“ . In seinen »Essais« enthalten sind philosophische Betrachtungen und literarische Fundstücke, Alltägliches, Politisches und sehr Persönliches, Sonderbarkeiten, Anekdoten sowie historisch überlieferte Begebenheiten und jede Menge schonungsloser Selbsterkenntnis.

»Wer klug wäre, würde den wahren Wert jeder Sache daran messen,
wie weit sie für sein Leben nützlich und verwertbar ist.«

Mit seinen »Essais« erwarb sich Montaigne die glühende Bewunderung der unkonventionellsten und brillantesten Denker seiner Nachwelt: Shakespeare, Diderot, Voltaire, Rousseau, Goethe, Schopenhauer, Karl Kraus, Walter Benjamin, Marcel Proust und Elias Canetti waren neben vielen anderen bekennende Montaigneros. „Dass ein solcher Mensch geschrieben hat, dadurch ist wahrlich die Lust auf dieser Erde zu leben vermehrt worden“, beschrieb Nietzsche die stimulierende Wirkung, der sich auch Die Zeit nicht entziehen konnte: „Ein bezauberndes Buch, ein großes Lese- und Lehrbuch vom richtigen Leben, das man nicht auf einmal und nie zu Ende lesen kann, sondern so aufnehmen muss, wie es geschrieben wurde, schweifend, abbrechend und wieder neu anfangend.“

Dienstag, 6. August 2019

Theodor W. Adorno 50. Todestag

Theodor W. Adorno

Theodor W. Adorno - eigentlich Theodor Ludwig Wiesengrund - starb vor 50 Jahren am 6. August 1969 in Visp, Schweiz. Adorno war ein deutscher Philosoph, Soziologe, Musiktheoretiker und Komponist. Er stand in dem Ruf, ein vermeintlich pessimistischer Sozialphilosoph und resignativer Intellektuelle zu sein.

Theodor W. Adorno war einer der prominentesten Vertreter der „Frankfurter Schule“, deren Kritische Theorie entscheidenden Einfluss auf das kulturelle Bewusstsein der Bundesrepublik hatte. Mit Max Horkheimer zählt Adorno zu den Hauptvertretern der als „Frankfurter Schule“ oder Kritische Theorie bekannten Denkrichtung. Seine Kritische Theorie verfolgte einen aufklärerischen Anspruch. Der Soziologe prägte den philosophischen Diskurs der Nachkreigszeit.

Der in behüteten großbürgerlichen Verhältnissen in Frankfurt aufgewachsene Adorno war bereits früh der Musik und der Philosophie zugetan. Nach dem Studium der Philosophie widmete er sich der Kompositionslehre im Rahmen der Zweiten Wiener Schule um Arnold Schönberg.

Nachdem der Theoretiker während der Zeit des Nationalsozialismus in die USA emigriert war, wurde er nach seiner Rückkehr einer der Direktoren des wiedereröffneten Frankfurter Instituts für Sozialforschung.

Wie nur wenige Vertreter der akademischen Elite hat er als „öffentlicher Intellektueller“ mit seinen Reden, Rundfunkvorträgen und Publikationen auf das kulturelle und intellektuelle Leben Nachkriegsdeutschlands eingewirkt und zur demokratischen Umerziehung des deutschen Volkes beigetragen – trotz seiner anspruchsvollen Diktion.

Adornos Arbeit als Philosoph und Soziologe steht in der Tradition von Immanuel Kant, Karl Marx und Sigmund Freud, welche intellektuelle Einflüsse auf den Philosophen und Soziologen ausübten. Theodor Adorno ist von deutlicher Sympathie für Kant getragen, nicht aber für Hegel und erst recht nicht für Heidegger. Solange man nicht 'debil' sei, erfahre man 'den Tod und seine Vorboten, die Krankheiten, als lebensfeindlich, als ichfremd'.

Wegen der Resonanz, die seine schonungslose Kritik an der spätkapitalistischen Gesellschaft unter den Studenten fand, galt er als einer der theoretischen Väter der deutschen Studentenbewegung. Adorno war das ideale Vorbild für ihre Vorstellungen und ihren Protest gegen die etablierte Gesellschaft in Nachkriegsdeutschland.

Für Adorno war die Kunst ein einzigartiger Ort der Erkenntnis, ja der Erlösung von dem Grauen der Welt.

Theodor W. Adorno wurde am 11. September 1903 in Frankfurt am Main geboren. Das Grab von Theodor W. Adorno befindet sich auf dem Frankfurter Hauptfriedhof.

Samstag, 27. Juli 2019

Was ist das gute Leben?


Es ist eine uralte Frage der Menschheit und bedeutet für jeden etwas anderes. Trotzdem scheint eine klare Antwort in unserer Gegenwart schwieriger denn je: Was ist heute das "gute Leben"?

In der Antike war man der Auffassung, daß eine gelungene Lebensführung nach den Anforderungen und Grundsätzen einer philosophischen Ethik und den damit verbundenen ausgeglichenen Gemütszustand. Als Kennzeichen des guten Lebens, daß man das „Glück“ nicht von äußeren Faktoren erhofft, sondern es in sich selbst findet, indem man sich richtig verhält. Es wurde erwartet, dass man dann in allen Lebenslagen eine unerschütterliche Gemütsruhe bewahrt. Benötigt und erarbeitet wurden Regeln für eine Lebensweise, die Eudaimonie ermöglichen sollte. Dazu gehörte in erster Linie, dass man Grundtugenden verinnerlichte. Stark umstritten war die Frage, ob die Tugenden allein ausreichen oder auch körperliche und äußere Güter benötigt werden.

Das ist zunächst nicht mehr als ein Befund. Doch ist die Frage nach dem "guten Leben" eine uralte Menschheitsfrage, die in allen Kulturen zu allen Zeiten gestellt - und eben auch ganz unterschiedlich beantwortet wurde. Erst in der Moderne wurde die Vorstellungen darüber, was Glück ist, recht verschieden. Doch daß eine Zeit wie die unsere, nicht mehr verbindlich weiß, was das gute Leben ist, muss als ungeheuerliches historisches Novum bewertet werden. Es fällt ja kaum mehr auf, dass im späten Kapitalismus nur noch solipsistische Ziele verfolgt werden - die von der Werbung dann als Ausdruck eines souveränen Individualismus propagiert werden.

Wie konnte es dazu kommen? Peter Sloterdijk sieht die moderne Welt im Steigerungswahn einer Losung von Karl V. gefangen: "Plus Ultra" hatte der letzte römisch-deutsche Herrscher zu Beginn des 16. Jahrhunderts ausgegeben. Ein Motto, so anmaßend wie erfolgreich: Karl V. hatte das "Non" aus "non plus ultra" gestrichen und aus: "Bis hierher und nicht weiter!" ein: "Immer weiter" gemacht. "Plus Ultra" steht heute noch in der spanischen Flagge.

Sloterdijk erkennt darin den Appell zu einer zügellosen Steigerung, die man Wachstum und Fortschritt nennt. Doch selbst dem Steigerungswilligsten erscheinen Aufwand und Ertrag, Kosten und Nutzen irgendwann unvereinbar. Man erlebt dann nur noch den Exzess des Konsumierens und - wie der französische Essayist Pascal Bruckner sagt - "die Routine der Ausschweifung". Oder, um es mit dem Vorschlaghammer Adornos zu sagen: Was Frau Merkel da beim Bürgerdialog erlebt hat, war die Erfahrung, daß es kein richtiges Leben im falschen geben kann.

Weblink:

Was ist das gute Leben? -www.sueddeutsche.de/kultur

Samstag, 13. Juli 2019

Ethik des Widerstands


In Zeiten der Bedrohung oder in moralisch fragwürdigen Zeiten zwingt das Leben Menschen, ihre politische Meinung zu offenbaren als auch zu handeln, um drohenden Schaden für eine Gemeinschaft abzuwenden. Um existierende Übel und herrschndes Unrecht zu überwinden, bedarf es einer grundlegenden geistigen Haltung.

Widerstand ist eine ablehnende Haltung, welche Abneigung gegen bestehende Verhältnisse und Mißstände, moralischen Verfall und drohende Gefahren signalisiert, welche es deutlich zu machen und abzuwehren gilt. Widerstand gegen herrschendes Unrecht zu leisten, ist ein mioralisches Gebot und für Moralisten gar eine moralische Pflicht.

"Voraussetzung für Widerstand ist das Bewusstsein für das Unrecht, für die Verbrechen,
die im Namen von Ideologie und Staatsräson begangen werden."


Wolfgang Benz

Opposition und Widerstand wird aus einer zugrundeliegenden Ethik heraus geformt und gebildet und ist eine Gewissensfrage. Widerstand, der in einer Tat mündet, ist eine ethische Praxis bzw. praktische Ethik zur Beseitigung eines Mißstandes oder grundlegenden Übels, dabei den Preis des eigenen Lebens in Kauf nehmend.

Widerstand ist nicht immer eine einheitliche Gruppierung, sondern oft eine Zusammensetzug unterschiedlicher Kreise, welche zumeist spezifische Zwecke nach Beseitigung des Grundes für den Widerstand verfolgen.

Aus psychologischer Sicht ist zwischen Innen- und Außenwirkung zu unterscheiden. Bei der Innenwirkung geht es meist um die Entlastung des Gewissens und die Bereitschaft zur Tat, bei der Außenwirkung um die Abwehr von Gefahren für eine Gemeinschaft resp. Gesellschaft oder Nation und die Signalisierung von handlungsfähiger Opposition dritten Mächten gegenüber.

Wenn Widerstand gegen ein Unrechtssystem mehr sein soll, als die Bezeugung einer ablehnenden Haltung, dann muß daraus die praktische Tat folgen. Beim praktischen Widerstand kommt es neben der entschiedenen Bereitschaft zur Tat stets auf den praktischen Zweck an und darauf, den entscheidenden Wurf zu wagen.

In seinem Werk »Two Treatises of Government« argumentiert Locke, dass eine Regierung nur legitim ist, wenn sie die Zustimmung der Regierten besitzt und die Naturrechte Leben, Freiheit und Eigentum beschützt. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, haben die Untertanen ein Recht auf Widerstand gegen die Regierenden.


Literatur:

Im Widerstand: Größe und Scheitern der Opposition gegen Hitler
Im Widerstand: Größe und Scheitern der Opposition gegen Hitler
von Wolfgang Benz


Mittwoch, 5. Juni 2019

Michel Serres ist tot


Michel Serres ist tot. Der französische Philosoph starb im Alter von 88 Jahren. Serres ist ein französischer Mathematiker und Philosoph. Michel Serres war ein visionärer Philosoph: Die Grenzen zwischen Geistes- und Naturwissenschaften aufheben, um die Menschheit vor dem globalen Inferno zu bewahren. In seinem Heimatland galt er als ein ganz großer Denker.

Er absolvierte die École navale, um eine Laufbahn als Marineoffizier zu beginnen. Ab 1952 besuchte er die École normale supérieure, an der er 1955 seine Agrégation in Philosophie erhielt. Im folgenden Jahr trat er erneut in die Marine ein und fuhr jahrelang zur See. Serres ist seit 1969 Professor für Wissenschaftsgeschichte an der Sorbonne und wurde 1984 parallel zum Professor an der Stanford University ernannt. Seit 1990 ist er außerdem einer der vierzig »Unsterblichen« der »Académie Française«.

Bei Michel Serres handelt es sich um einen aus der Gilde französischer Philosophen aus den 60er/70er Jahren, die weit über ihre Landesgrenzen hinaus Bekanntheit erlangten mit ihren Ideen. Sie können als Kontrastfolie zur Frankfurter Schule um Adorno, später Habermas betrachtet werden. Dazu gehören Lyotard, Baudrillard, Derrida, Deleuze, Guattari, Foucault. Was diese Denker alle auszeichnete, war ihre dichte Beschreibung, über die (zumindest ich) tagelang, nächtelang sitzen konnte, bis ich halbwegs verstanden habe, was die Autoren wollten.

Der französische Philosoph Michel Serres wollte die Welt von Morgen vorbereiten. Er wäre gern die Hebamme der kommenden Welt, erklärte er einmal in einem Interview der französischen Zeitung "Le Figaro". Sein Ziel war es, ein ganzheitliches Wissensverständnis zu schaffen, um auf die Herausforderungen der zeitgenössischen Welt zu reagieren.

Serres ging es stets um Brückenschlagen, Übergänge und Verbindungen. In seinen Werken reiste er deshalb durch die verschiedenen Wissenschaften. Unter dem Haupttitel »Hermes«, dem Namen des Schutzpatrons der Reisenden, hat er zwischen 1969 und 1980 auch fünf Bände veröffentlicht, die unter anderem von Kommunikation und Verteilung des Wissens handeln.

Zu seinen bekanntesten Werken gehören »Hermes«, »Der Naturvertrag«, »Die fünf Sinne«, »Der Parasit«. Viele seiner 50 Bücher sind in Deutschland erschienen. In »Das eigentliche Übel« geht es ihm um die schmarotzerhafte Aneignung der Welt durch den Menschen, und in »Erfindet euch neu! Eine Liebeserklärung an die vernetzte Generation« fordert er, den technologischen Wandel als Chance zu nutzen, um alles neu zu erdenken - angefangen vom Bildungssystem bis zur Gesellschaft.

Für seine Arbeiten erhielt der Philosoph 2012 den deutschen »Meister-Eckhart-Preis« mit der Begründung: "Brillante Einsichten in die Strukturen unseres Denkens."

Michel Serres wurde am 1. September 1930 in Agen im Südwesten des Landes geboren.


Weblinks:

Michel Serres ist tot - www.spiegel.de

Michel Serres - Wikipedia - de.wikipedia.org

Michel Serres-Portrait - GEO (FR) - www.geo.fr

Literatur:

Der Naturvertrag von Michel Serres
Der Naturvertrag
von Michel Serres

Freitag, 26. April 2019

Ludwig Wittgenstein 130. Geburtstag


Ludwig Wittgenstein wurde vor 130 Jahren am 26. April 1889 als Sohn des Großindustriellen Karl Wittgenstein in Wien geboren. Ludwig Wittgenstein war ein berühmter österreichisch-britischer Philosoph, der durch sein Denken und seine Methodik die Philosophie des 20. Jahrhunderts maßgeblich beeinflußte.

Wittgenstein gilt als einer der grössten des 20. Jahrhunderts und Erneuerer der Philosophie. Er gilt als Hauptvertreter der analytischen Philosophie und war der Schüler des Mathematikers und Philosophen Bertrand Russell. Er war ein analytischer Philosoph der Sprache und sprachkritischer Philosoph und gilt als Begründer der sprachanalytischen Philosophie.


Wittgenstein war ein Ingenieur, der Klarheit in die Philosophie brachte. Er lieferte einen neuen Denkansatz in der neuzeitlichen Philosophie: Er war der Auffassung, das philosophische Probleme aus der Verwendung von Wörtern aus unpassenden Kontexten entstehen.

Er ist der Schöpfer bahnbrechender Herangehensweisen für die Philosophie der Logik, der Sprache und des Bewusstseins. Der wortgewandte Philosoph definierte Sprache neu und setzte dabei auch gleich die Grenzen hinsichtlich der Begreifbarkeit von Sprache.



»Wovon man nicht sprechen kann,

darüber muss man schweigen.«



Sprachskepsis bezeichnet an der Wende zum 20. Jahrhundert den Zweifel an einer objektiv wahrnehmbaren Wirklichkeit und an der Fähigkeit der Sprache diese Wirklichkeit abzubilden. Die theoretische Grundlage geht auf den Wiener Kreis, vor allem auf Ludwig Wittgensteins »Tractatus logico-philosophicus« zurück.

Die Besonderheit an Ludwig Wittgenstein war sein radikal neuer Denkstil. Ein unreflektierter Sprachgebrauch und die konventionelle Verwendung von Begriffen innerhalb der Philosophie sind für Wittgenstein die Ursache der Ver wirrung beim Lösen philosophischer Probleme. Die sinnvolle Sprachverwen dung einer normalen Sprache in sinnvollen Kontexten ist sein Lösungsansatz. Wittgenstein lieferte jedoch keine explizit formulierte Theorie und ließ trotz seiner konzisen, klaren Sprache Spielraum für die eigenen Gedanken des Lesers.

Ludwig Wittgenstein schrieb zwei Hauptwerke, früh die strenge »Logisch-philosophische Abhandlung«, spät die offeneren, lebendig in immer neuen Anläufen vorgetragenen »Philosophischen Untersuchungen«, mit denen der Begriff des »Sprachspiels« in die Welt gekommen ist.

1922 veröffentlichte Wittgenstein eine zweisprachige Ausgabe seines einzigen zu Lebzeiten erschienen Werkes, welches unter dem heute bekannten Titel der englischen Übersetzung erschien: »Tractatus Logico-Philosophicus«. - Mit der Veröffentlichung der »Logisch-philosophischen Abhandlung« glaubte Wittgenstein, seinen Beitrag für die Philosophie geleistet zu haben, und wandte sich anderen Tätigkeiten zu.

Noch während der Kriegsgefangenschaft als österreichischer Freiwilliger im Ersten Weltkrieg entschied der Soldat und Weltkriegsteilnehmer in Italien sich - vermutlich unter dem Eindruck der Lektüre von Leo Tolstoi - für den Beruf des Lehrers, den er nach dem Ersten Weltkrieg ausübte.

Wittgenstein war überzeugt, ale Probleme des Seins gelöst zu haben. 1929 gab Wittgenstein seinen Job als Volksschullehrer auf und kehrte auf Umwegen nach Cambridge zurück. Während der dreißiger Jahre gab Wittgenstein zahlreiche Kurse und Vorlesungen. Immer wieder versuchte er, seine neuartigen Gedanken, die er unter anderem in Auseinandersetzung mit seinem Erstlingswerk entwickelte, in Buchform zu verfassen.

Ludwig Wittgenstein starb am 29. April 1951 in Cambridge an einêm Krebsleiden. Sein philosophisches Werk hatte großen Einfluss auf die sprachanalytische Philosophie und die Geisteswissenschaften des 20. Jahrhunderts.

Weblinks:

Ludwig Wittgenstein-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de


Ludwig Wittgenstein-Zitate - Zitate-Portal www.die-zitate.de


Ludwig Wittgenstein - www.famousphilosophers.org


Literatur:

Ludwig Wittgenstein
Ludwig Wittgenstein
von Joachim Schulte


Blog-Artikel:

Ludwig Wittgenstein