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Samstag, 9. Januar 2021

Warum brauchen wir die Philosophie?


Sokrates


Philosophen sind auch nur Menschen, wie andere auch, aber sie haben durch ihre Sicht auf die Dinge Besonderes geleistest. Sie vermochten aber auf große, bedrängende Herausforderungen ihres Lebens produktiv zu antworten - sie gaben philosophische Antworten, die den Anspruch stellen, nicht nur eine Lösung für ein beliebiges, nebensächliches Problem zu sein. Groß und bedeutend sind die genannten Philosophen zu nennen, weil sie den Anspruch erheben können, das Wesentliche, den Grund, die Wurzel jedes menschlichen Lebens erkannt und entfaltet zu haben. Philosophie bedeutet gedankliche Bewältigung des Lebens.

Sokrates zum Beispiel war eine recht häßliche Natur. Sein Äußeres brachte ihn dazu, ganz auf seinen Verstand zu setzen. Er verstand sich als jemanden, der andere von der Trägheit im eigenen Denken und Handeln befreien wollte; jeder sollte lernen selbst zu denken und zu urteilen. Die Vernunft war für ihn der alleinige Maßstab der Wahrheit, nicht das gesellschaftlich Sanktionierte. Alle Aussagen und Meinungen, gerade die selbstverständlichen müssen geprüft und auf ihre Wahrheit hin befragt werden.

Der Epikureer dagegen benötigten zum Glück kein Geld, sondern Freundschaft, Freiheit und die Besinnung auf das Notwendige. Der Stoiker Seneca wieder entwickelte eine ganz andere Philosophie: Schraube deine Ansprüche herunter, um nicht enttäuscht zu werden. Wir werden weniger zornig sein, wenn wir weniger erhoffen. "Nichts gibt das Schicksal zu festem Besitz", daher wende dich dir selbst zu. Der Weise ist sich selbst genug.

DescartesDescartische Zweifel ist noch heute eine verbreitete Methode der wissenschaftlichen Erkenntnis.

Montaigne erkannte in seinem Leben wiederum, dass die Rolle der Vernunft maßlos übertrieben wird. Der Mensch besteht eben auch aus einem Leib, der animalisch ist und sein Recht verlangt.

Hegels so ausgreifender wie beweglicher Geist war Widerspruchsgeist. Denn Philosophie war für ihn gelebtes Krisenbewusstsein, Denken eines in Widersprüchen, eine ständig bewegte, in Bewegung gehaltene Reflexion. Hegel betonte ebenso ausdrücklich, daß sich das Denken, etwa nur über das Hier und das Jetzt, oder aber das Sein oder das Werden, die Freiheit und die unveräußerlichen Freiheitsrechte, über Recht, Moral oder Sittlichkeit, Religion oder Ästhetik nicht popularisieren, geschweige denn, wie Ostritsch schreibt, „plattmachen“ ließe.


Kant hatte es vorgemacht, und so war eine der wichtigen unter den eminenten Erkenntnissen Hegels die, daß er das Subjekt in die Verantwortung nahm. Der auf Hegel folgende Marx machte die materiellen Verhältnisse verantwortlich für die Umstände, unter denen sich die Menschen an der Natur und den gesellschaftlichen Verhältnissen abarbeiten. Das Sein, so offenbarte sich ein versimpelter Marxismus immer wieder dogmatisch, bestimme das Bewusstsein.

Bereits Hegel durchdachte die Frage, inwieweit die von Menschenhand geschaffenen Verhältnisse für das Schicksal des Menschen verantwortlich sind. Doch undenkbar dieser Gedanke ohne den Gedanken Hegels, wonach das Wissen von der Welt nicht von den Objekte ausgehe, sondern auf der Seite des Subjekts liege, seines Bewusstseins – mit allen Folgen für den menschlichen Verstand, seine Vernunft.

Fichte brachte es philosophisch auf den Punkt: "Was für eine Philosophie man wähle, hängt davon ab, was man für ein Mensch ist; denn ein philosophisches System ist nicht ein toter Hausrat, den man ablegen oder abnehmen könnte, sondern ist beseelt durch die Seele des Menschen, der es hat."

"Was für eine Philosophie man wähle, hängt davon ab, was man für ein Mensch ist; denn ein philosophisches System ist nicht ein toter Hausrat, den man ablegen oder abnehmen könnte, sondern ist beseelt durch die Seele des Menschen, der es hat."
Johann Gottlob Fichte


Arthur Schopenhauer



Schopenhauer war ein Pessimist, der aus Enttäuschung am Leben zum Philantrophen geworden ist und eine Philosophie des Pessimismus entwickelt hat.Sein Pessimismus war seine Art der Bewältigung des Lebens. Schopenhauer war ein Philantroph. Er begriff die Welt als Wille und Vorstellung und erhob den Willen zum bestimmenden Prinzip des Lebens.


Friedrich Nietzsche

Nietzsche ist inspirierend und wichtig als Kritik und Impuls. Er verstand sich selbst als Experimentalphilosoph, und das ist eine bleibende Leistung, Neuland zu betreten, zu analysieren und vor allem, keine Scheu zu haben vor neuen Vorschlägen.

Das Werk Nietzsches ist ebenfalls aus seinem Leben heraus verstehen. Seine grundlegende Erfahrung lautet: Wir müssen schmerzliche und bittere Erfahrungen machen und Schwierigkeiten überwinden, wenn wir Großes leisten wollen. Nietzsche verarbeitete in seiner Philosophie seine eigenen Krankheiten, seine Enttäuschungen und erlittenen Zurückweisungen, nicht indem er wie Schopenhauer mit Abscheu und pessimistisch auf das Treiben der Menschen blickt.

Vielmehr hielt er an großen Zielen fest und verstand die täglichen Mühen und Schwierigkeiten als notwendige Herausforderungen des Menschen, die ihn immer wieder zu Höchstleistungen antreiben. Das Glück und das Unglück sind zwei Geschwister, die miteinander groß werden und wachsen können. Leistung erwächst nicht auf dem Humus der Behaglichkeit.Von Schopenhauer übernahm der den Willen als bestimmendes Prinzip und deutete ihn um als Willen zur Macht. Für Nietzsche ist alles Leben Wille zur Macht.

Der »Trost der Philosophie« ist auch nur am Rande als Ratgeber zu verstehen - es ist vor allem eine originelle und auf jeder Seite lesenswerte Einführung in philosophisches Denken und Handeln.

Weblink:


Trost der Philosophie: Eine Gebrauchsanweisung
von Alain de Botton

Samstag, 2. Januar 2021

Die gesellschaftliche Bedeutung der Philosophie (E)


Die Philosophie sieht sich in Zeiten einer sich rasant verändernden Welt in der Verantworung, Beiträge für die notwendige Gestaltung der Gesellschaft zu liefern. Es gibt eine Einsicht: Nur ein verantwortungsvoller Umgang mit der Welt kann die Welt noch retten.

Es ist die Aufgabe der Philosophie, durch gedanklich Auseindersetzung mit den relevanten Themen der Zeit Diskurse anzustoßen und gesellschaftliche Debatten zu entfachen

Demokratie braucht die Möglichkeit zur Diskussion, denn dort wo diskutiert wird, können im Wettstreit der Ideen bessere Lösungen gefunden werden. Die Debatte ist die Grundlage für eine Diskussion über relevante Themen. Dort, wo keine Debatte geführt wird, gibt es keine Diskussion über notwendige Veränderungen

Die Philosophie sieht sich nicht in der Verantwortung, notwendige Debatten zur aktuellen Themen wie Klimaschutz, Energiewende, etc. anzustoßen, um einen Konsons für die notwendige Umgestaltung zu finden.

Für eine Debatte ist eine kritische Reflektion der Gesellschaft nötig.

Samstag, 31. Oktober 2020

Das schnelle Pferd des Gedankens




Prof. Dr. Wang-Hui in Peking gilt als der "chinesische Habermas". Sein besonderes Interesse widmet er der Rekonstruktion und Verankerung der Phänomene des 21. Jahrhunderts in der 4.000-jährigen Tradition Chinas. Auf dem Hintergrund dieser Vielfalt zeigt sich die Differenz zwischen europäischem und chinesischem Denken, wobei die Worte und Begriffe, auch wenn sie ähnlich oder gleich klingen, etwas höchst Verschiedenes bezeichnen können. Akzeptiert man aber diese Verschiedenheit, entsteht Verständigung.

"Begriffe sind Lebewesen" - In dem Gespräch mit Prof. Dr. Wang-Hui geht es um die Phänomene „Masse“, „Staat“, „Liebe“, „Gemeinwesen“ und „Sprache“. Schon die Namen großer europäischer Philosophen erhalten in der chinesischen Sprache eine interessante Bedeutung. So heißt Karl Marx wörtlich übersetzt „das schnelle Pferd des Gedankens“, Immanuel Kant heißt „der große und körperlich robuste Tugendhafte“, Hegel kann man mit „das tiefe Meer“ übersetzen.

Weblink:

Das schnelle Pferd des Gedankens - www.dctp.tv

Samstag, 17. Oktober 2020

Arthur Schopenhauers Pessimismus

Arthur Schopenhauer

Arthur Schopenhauer Denken wurde stark geprägt zum einen von Platon, insbesondere von dem sogenannten "Höhlen-Gleichnis". Dort zeigt sich für ihn eben das "Erkennen", das zugleich ein "anderes Sein" bedeutet. Es ging für Schopenhauer nicht mehr darum die Gegenstände besser zu sehen, sondern in der Sonne zu sein.

Arthur Schopenhauer war Pessimist und er war auch Misanthrop, beiden Einstellung sollten sein Leben prägen und seine Philosophie beeinflussen. Der Pessimismus war eine Schlussfolgerung, die Schopenhauer aus seiner Philosophie, die sehr tiefgründig und weitreichend ist, und durchaus nicht wissenschaftlichen Beweisen entbehrt, wie manche etwa behaupten mögen, gezogen hat, und bloß eine von vielen "möglichen" Schlussfolgerungen.

Was ist denn eigentlich Pessimismus? Der Pessimismus besagt ja bloß: "Der Mensch ist ein nach Glück und Freude strebendes Wesen. Er kann aber Glück und Freude nicht erreichen, weil beides bloß Illusionen sind. Das Böse und das Leid prägt unser aller Existenz, nichts ist gewisser als das Leiden. Daher steht uns von diesem Lebens nichts zu erwarten. Wir müssen uns vom Leben, von jeder Möglichkeit des Lebens befreien."

Diese Aussage gleicht auch der von Buddha, der einst gesagt hat: "Alles ist Leiden. Geburt ist Leiden, Leben ist Leiden, Alter ist Leiden, Tod ist Leiden. Das nicht bekommen, was man will, ist Leiden; dass einem das, was man vermeiden möchte, zuteil wird, ist Leiden. Von Liebendem getrennt sein ist Leiden, usw."

Es ist nichtalles Pessimismus, war trübe ercheint. Als Ausweg aus dem Leid der Menschen sah Schopenhauer, die Kunst, die Musik und Muße an.br />

Samstag, 19. September 2020

Hegels Bedeutung heute

Georg Wilhelm Friedrich Hegel

Viele halten den deutschen Idealismus und allen voran Hegel für den Gipfelpunkt der Philosophie. Die Bewunderung für Hegel entstammt nicht nur der aus heutiger Sicht geradezu abenteuerlich erscheinenden Vorstellung, wahre Philosophie müsse einem Systemanspruch gerecht werden, also einen umfassenden Welterklärungscharakter besitzen, sondern auch der Überzeugung, Philosophie solle in einem christlichen Sinne religiös sein.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel gehörte mit Kant und Schelling zu den wichtigsten Vertretern des deutschen Idealismus. Seine Werke zur Logik, Naturphilosophie und Philosophie des Geistes beeinflussten die Wissenschaften über die Grenzen der Philosophie hinaus und prägten über lange Zeit das Denken großer Philosophen wie Adorno und Feuerbach.

Hegels System ist ein begriffliches System, das helfen kann, die Denkbegriffe des alten europäischen Denkens von der Antike bis hin zu Kant zu ordnen. Durch seine Schüler, und das waren nicht nur Marx, Engels und Lenin, ist es immer noch in uns vorhanden und hat unser Denken und Sprechen durchzogen.

Hegel brachte ein neues Denken in die Philosophie, Geschichte mit Fortschritt durch die Überwindung von Gegensätzen zu verbinden.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel


Die Philosophie Hegels ist eine Theorie über den Wahrheitsgehalt philosophischer Theorien und über die Entwicklungslogik. Nie in der Geschichte der Philosophie ist ein höherer Anspruch erhoben worden. Und nie hat es eine Philosophie gegeben, die so wie die Hegelsche die Geschichte der Philosophie in sich resümiert, und dies aus einem tiefen Verständnis ihrer Klassiker wie Platon, die Vorsokratiker, Aristoteles, Plotin, Proklos, Descartes, Spinoza oder Leibniz. Halfwassen: "Wir stehen heute grundsätzlich auf den Schultern Hegels. Er lehrt uns die Geschichte der Philosophie als ein Wahrheitsgeschehen."

Vor seiner Berufung nach Heidelberg hat Hegel sein revolutionäres philosophisches System nicht zusammenfassend dargestellt. Die beiden Hauptwerke sind keine Darstellungen des Systems, sondern dessen Grundlegung. "Die Phänomenologie des Geistes" befreit das Bewusstsein aus seiner Befangenheit in den endlichen Gestalten des Bewusstseins und führt es aus seiner Selbstvergessenheit hinauf zu dem Punkt, an dem das Selbstbewusstsein sich und seine Einheit mit der Wahrheit denkend erfasst. Hegel nennt ihn das "absolute Wissen" und meint damit die Identität von Denken und Sein.

Den Inhalt des "absoluten Wissens" entfaltet "Die Wissenschaft der Logik". Sie ist eine Metaphysik des absoluten Denkens und seiner grundlegenden Bestimmungen. Hegel nennt das Sichselbst als das die Totalität aller reinen Bestimmungen wissende Denken mit dem Ausdruck Platons die "absolute Idee". Und diese interpretiert er mit Plotin als den göttlichen Geist. Und weil Gott Geist ist, handelt es sich um Theologie. Diese theologische Metaphysik ist die erste Philosophie Hegels.


Weblinks:

Weltgeist Schäuble - www.zeit.de

Warum heute noch Hegel? - warumheutenochhegel.blogspot.de

Hegel und Luhmann


Hegels System ist ein begriffliches System, das helfen kann, die Denkbegriffe des alten europäischen Denkens von der Antike bis hin zu Kant zu ordnen. Durch seine Schüler, und das waren nicht nur Marx, Engels und Lenin, ist es immer noch in uns vorhanden und hat unser Denken und Sprechen durchzogen.

Mit dem Weltgeistlichen Hegel verband Luhmann die Spannbreite der Themen: Religion, Wissenschaft, Erziehung, Wirtschaft, Politik, Recht, Liebe, dazu noch Massenmedien untersuchte der Bielefelder Ordinarius. Doch im Gegensatz zu Hegel gibt es bei Luhmann keinen vom Weltgeist getriebenen dialektischen Zusammenschluß der in Sphären zerfallenen Welt.

Luhmann verabschiedet Phantasien von omnipotenter Lenkung in der Politik und weist auch die Ethik in die Schranken. Das Operieren mit Gut und Böse, so der Lüneburger Bürgersohn mit dem listigen Blick, weiß nicht, ob das Gute wirklich gut ist - Moral ist nicht letztbegründbar.

Die Funktionssysteme der Gesellschaft haben ihre eigenen, beinharten Gesetze: In der Ökonomie zählt Bezahlen oder Nicht-Bezahlen. In der Politik Macht oder Nicht-Macht. Im Informationskreislauf der Medien neu oder nicht so neu. Sogar die Liebe gehört nicht den Liebenden. Sie folgt eigenen Mustern, den Liebesidealen einer Epoche zum Beispiel.

Was sich an spezialisierten Bereichen wie Wirtschaft, Politik oder Medien in der Gesellschaft herausgebildet hat, hält ein tautologisch klingendes Gesetz stabil: "Die Systeme produzieren die Elemente, aus denen sie bestehen, durch die Elemente, aus denen sie bestehen."

Weblink:

Hegel ohne Weltgeist - www.spiegel.de



Samstag, 15. August 2020

Hegel und der Geist in der Freiheit

Hegel

Für Hegel, den bedeutendsten Verreter des deutschen Idealismus, bestand die Welt aus Geist. Für Hegel ist die Geschichte ein Prozeß, der das Kommen der Wahrheit - des Geistes vollbringt. Nach Hegel zeigt sich dieser Geist in der Freiheit, genauer: den Freiheitskämpfen der Menschen. Nur wenn Unterdrückte um ihre Freiheit ringen, unter Umständen sogar ihr Leben dafür geben, kann Geschichte sich vollziehen und Fortschritt sich ereignen.

Geschichte bestätigt also den allmählichen, aber unvermeindlichen Siegeszug der Freiheit. In den ersten Reichen des Orients war ein einziger Mensch frei: der Tyrann. Später, mit den ersten Demokratien in Griechenland oder Rom werden . mehrere Menschen frei sein: die Bürger. Schließlich am Ende der Geschichte, sobald das Christentum die Idee der individuellen Freiheit einen entscheidenen Sprung vollziehen lässt und die Französische Revolution sie in das Recht aufgenommen hat, werden alle Menschen frei sein.

Die ganze Geschichte wird nur dann einen Sinn gehabt haben, wenn man sie mit dem verbindet, was sie abschließt und vollendet: den Staat, in dem die Menschen endlich wie Menschen leben können.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel


Hegels Geist strebt nach Freiheit und Selbsterkenntnis. Um dieses Ziel zu erreichen, muss er sich notwendiger weise verkörpern. Der Geist braucht die Welt genauso, wie wir als denkende Wesen auf einen Körper angewiesen sind – wir schweben ja auch nicht einfach als Geister durch die Luft.

Das klingt zunächst, als sei der Geist nichts anderes als ein Schöpfergott. Aber Hegels Geist entwirft die Welt nicht einfach von außen, vielmehr schafft er die Bedingungen seiner eigenen
Existenz: Der Geist setzt sich selbst. Aber indem er sich in der Welt verkörpert, setzt er sich auch selbst in einen Widerspruch. Existieren kann er nur, wenn er diesen Widerspruch über windet.
Das ist die Kernidee von Hegels berühmter »Dialektik«.

Weblinks:

Hegel-Biografie - Biografie-Portal

Hegel, der Weltgeist und die Freiheit - www.zdf.de

Samstag, 1. August 2020

Hegel und der Weltgeist


Hegel


Für Hegel, den bedeutendsten Vertreter des deutschen Idealismus, bestand die Welt aus Geist. Zu den gedanklichen Figuren, welche Philosoophiegeschichte geschrieben haben, gehört zweifelsohne auch Hegels Weltgeist.

Georg Wilhelm Friedrich Hegel


Georg Wilhelm Friedrich Hegel sah die Welt von einem sog. Weltgeist beherrscht, der sich großer, tatkräftiger Persönlichkeiten bedient, um die Geschichte in einem dialektischen Prozess voranzutreiben. Der Weltgeist ist bei Hegel eine bestimmende Kraft, die etwas Göttliches hat. Der Weltgeist hat bei Hegel etwas Göttliches. Eine Kraft wirkt, eine andere stellt sich ihr entgegen, und auf einer höheren Ebene strebt der geschichtliche Prozess weiter seinem Ziel, einer Idealwelt, entgegen.

Das Gegenständliche Sein ist auch Geist. Es ist das Denken des Weltgeistes. Alles ist in diesem Weltgeist begründet: Denken des Individuums, Wahrheit und Sein sind alle Ausdruck des Weltgeistes. Alles ist in ihm enthalten. Deshalb spricht man auch von absolutem Idealismus.


Weht der Weltgeist wie oder wo er will? - "Die List der Vernunft, so Hegel, sorgt auf schönste Weise dafür, dass wir uns alle im großen Ganzen wieder finden. Und da der Weltgeist auf die "List der Vernunft" setzt, indem er eigennützige Individuen für seine übergeordneten Ziele arbeiten lässt, gelangt Hegel zu dem gewagten Schluss: "Was vernünftig ist, das ist wirklich, und was wirklich ist, das ist vernünftig." Das war eine Rechtfertigung nicht nur des preußischen Staates, sondern auch der Welt insgesamt.


Als der Philosoph Hegel in seinen Berliner Vorlesungen einst den preußischen Staat besang, verblüffte er seine Studenten mit folgendem Gedanken. Warum ist der preußische Staat ein so herrliches Gebilde? Die Antwort: weil er den höchsten Stand der geschichtlichen Vernunft verkörpert. Oder um Hegels Hammersatz aus dem Jahr 1820 noch einmal in seiner ganzen Pracht zu zitieren: "Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig."

Und jeder sah, dass diese Feststellung angesichts des Leids auf Erden nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmte. Allerdings wusste auch Hegel: "Die Weltgeschichte ist nicht der Boden des Glücks. Die Perioden des Glücks sind leere Blätter in ihr." Wieder so ein Satz, dem eher die Mächtigen zustimmen werden als diejenigen, die unter Krieg, Unterdrückung und anderen Zwängen unmittelbar zu leiden haben.

Einmal spürte Hegel den Weltgeist, der die Geschicke der Menschheit lenkt, ganz in seiner Nähe. Hegel war gerade Professor in Jena geworden, als Napoleon vor den Mauern der Stadt stand. Der Philosoph hatte davon nichts Gutes zu erwarten, musste Plünderungen erdulden und war dennoch voller Hochachtung für den kleinen, großen Franzosen: "Es ist in der Tat eine wunderbare Empfindung, ein solches Individuum zu sehen, das hier auf einen Punkt konzentriert auf einem Pferde sitzend, über die Welt übergreift und sie beherrscht."


Der Weltgeist, der sich in Gestalt Napoleons so überraschend körperlich zu erkennen gab, war im Übrigen ein recht theoretisches Konstrukt Hegels. Auf der ersten Stufe, so legte er in seiner "Wissenschaft der Logik" dar, befindet sich der Weltgeist im Zustand des An-sich-Seins; dem entspricht als philosophische Disziplin die Logik.

Wo der Geist weht, da verschwindet das Materielle, Profane, das «gesellschaftliche Sein». Das hat schon Marx dem deutschen Idealismus vorgeworfen. Philosophische Bildung ist mehr noch als Kunstkenntnis angewandte Distinktion.

Weblinks:

Was macht der Weltgeist? - www.zeit.de

Hegel und seine Philosophie des Weltgeistes - www.dw.com

Hegel – Preußens Staatsphilosoph - www.rp-online.de

Hegel-Biografie - www.die-biografien.de


Literatur:

Mit Hegel dem Weltgeist auf der Spur
Mit Hegel dem Weltgeist auf der Spur
von Hans J Neubauer

Samstag, 4. Juli 2020

Gedanken in einer idyllischen Welt



Stellen Sie sich vor, es herrscht eine Krise im Land und Sie haben die Möglichkeit, sich auf ein idyllisches Schloss auf dem Lande zurückzuziehen und sich dort in einem rund gemauerten Turm ihre Gedanken über Gott und die Welt und über die Menschen zu machen und diese tiefsinnigen Gedanken niederzuschreiben. - Die Bewältigung der Krise durch Rückzug in ein Idyll - Wer könnte diesem verlockenden Gedanken widerstehen?


Es gibt unterschiedliche Wege und Denkhaltungen, einer Krise zu begegnen: Rückzug, innere Einkehr, Reflektion, Kontemplation und Muße.



In dieser idyllischen Umgebung ist es ruhig auf dem Lande, es herrscht andächtige Stille wie in einer idyllischen Landschaft und die Idylle nimmt Sie in ihren kontemplativen Schoß. In einer solchen Landschaft schuf Michel de Montaigne mit seinen »Essais« und der darin meisterlich entwickelten Kunst der Reflexion eine neue Philosophie und ein neues Bild vom Menschen.


Michel Montaigne


»Die Nützlichkeit des Lebens liegt nicht in seiner Länge,
sondern in seiner Anwendung.«


Es ist sogar ein Genuss, nicht andauernd Flugzeuge am Himmel zu sehen und zu hören, und auch daß der Autoverkehr so eingeschränkt existiert. Diese Entschleunigung ist sehr heilsam für uns alle.

Wir können uns darauf konzentrieren, was wirklich für ein gutes Leben notwendig ist. Die allemeisten Dinge und Besitztümer sind es nicht.

Die Menschen haben und nehmen sich in der Krise Zeit zur Muße, anderen als den für sie gewohnten Geschäften nachzugehen - und da ist auch Michel de Montaigne nicht fern, für den die Erfahrung der Stille ein prägendes Erlebnis war, welches ihn zum Nachdenken anregt hat.

Samstag, 20. Juni 2020

Spinoza und die wiederwachende Lebenslust








Baruch de Spinoza


Es gibt ein Leben nach der Krise! - Die Lockerungen in der Corona-Krise läßt die Menschen aufatmen und neuen Lebensmut schöpfen. Es ist ein schöner Moment nach einer Krise, wenn das Leben und die Lebenslust wieder erwacht. Nach Wochen der Einschränkungen überwiegt die Freude an der neuen Freiheit und es kommen auch wieder menschliche Grundzüge ans Licht, ein Gefühl welches auch Baruch Spinoza (1632-1677) unter dem Gesichtspunkt von Vernunft und Lebenslust philosophisch betrachtet hat.

„Freude ist ein Übergang des Menschen von einer geringeren zu einer größeren Vollkommenheit.“ Aufbauend auf dieser Grundüberzeugung revolutionierte Baruch de Spinoza das Denken seiner Zeit durch das Sich-leiten-lassen des Menschen durch die Vernunft. Der Amsterdamer Philosoph entwarf ein Bild der menschlichen Existenz, in dem eine vernunftgeleitete Maximierung der Lebenslust das eigentliche Erkenntnisziel darstellte. Für Spinozas Philosophie prägend ist der Dreiklang von Steigerung der Selbsterkenntnis, Welterkenntnis und einer gesteigerten Lebensqualität.

Bei Spinoza musste es auch gleich die Maximierung der Lebenslust sein, die Optimierung wäre sicherlich besser gewesen, denn die Lebenslust ist nicht von Dauer und auch nicht so beschaffen, daß die fortwährend maximiert werden könnte.

Eitel und gierig sei der Mensch, nur auf seinen eigenen Vorteil aus. Er vergesse über dem Genuss der Lust das Gemeinwohl, die Arbeit, das aus Vernunft Notwendige.

Baruch Spinoza
So wie ein Astronom geometrisch bestimmen kann, wann die Sonne am höchsten stehen oder sich verfinstern wird, ob und wenn ja, wann ein Meteorit einschlägt, ebenso wollte Spinoza geometrisch über Unfreiheit und Freiheit, das gelingende und misslingende Leben, über Schmerz, Trübsal, Lust und Liebe nachdenken.

Das Empfinden von Lust ist für den Hedonisten Spinoza gut. Denn gut ist, was uns nützt, uns erhält, unser Tätigkeitsvermögen steigert. Doch um uns dem auszusetzen, was für uns gut ist, müssen wir wissen, was für Individuen wir sind. Und wir müssen wissen, was in der Welt unser Tätigkeitsvermögen steigert. Selbsterkenntnis und Welterkenntnis können unsere Lust steigern. Überhaupt sind wir, wenn wir erkennen, tätig, und wenn wir dabei Neues herausbekommen, steigern wir unsere Selbsterhaltungsfähigkeiten und empfinden Lust. Diese Tatsache in einer epidemischen Krise zu erkennen und sich zu vergegenwärtigen, kann für Menschen sogar geradezu überlebenswichtig sein.



Weblinks:

Baruch de Spinoza-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Baruch de Spinoza-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Samstag, 13. Juni 2020

Wie wird sich die Gesellschaft durch die Corona-Krise verändern?

Die Welt aus dem All gesehen


»Das Sein bestimmt das Bewußtsein«, hat Karl Marx gesagt. Die Krise wird das Leben verändern, doch wie wird sich das Bewußtsein verändern? Gibt es nach der Krise eine bessere Gesellschaft, welche aus der Krise etwas gelernt hat?

Die Pandemie verändert die Sicht des Bürgers auf den Staat. Der Staat als „allumfassender Helfer“ hat ausgedient. Ohne den Goodwill der Bürger ist die Corona-Pandemie nicht auf Dauer beherrschbar. Die Verweigerung der Maskenpflicht hat subversiven Charakter. Die Pandemie offenbarte die Hilflosigkeit der Behörden und der staatlichen Akteure. Einerseits wird versucht „hoheitliche“ Aufgaben wahrzunehmen, andererseits erfährt der Bürger das er sich telefonisch auf dem Amt mit seinem Anliegen anmelden muss.

Dies wird wohl nicht ohne Folgen für die (Zivil-)Gesellschaft bleiben.

Die sozialen und gesellschaftlichen Gegensätze werden sich durch Corona verschärfen. Karl Marx hätte in der Corona-Krise attestiert, daß sich die gesellschaftlichen Gegensätze verschärfen werden - allerdings ohne das daraus eine rervolutionäre Situation entstehen könnte, denn es fehlt an politischen Bewußtsein zur Veränderung einer Gesellschaft. Bessergestellte werden sich Lebensbedingungen verschaffen, welche die Gefahr von Corona erträglich machen.


Hegels Geist strebt nach Freiheit und Selbsterkenntnis. Um dieses Ziel zu erreichen, muss er sich notwendigerweise verkörpern. Der Geist braucht die Welt genauso, wie wir als denkende Wesen auf einen Körper angewiesen sind – wir schweben ja auch nicht einfach als Geister durch die Luft.



Das klingt zunächst, als sei der Geist nichts anderes als ein Schöpfergott. Aber Hegels Geist entwirft die Welt nicht einfach von außen, vielmehr schafft er die Bedingungen seiner eigenen
Existenz: Der Geist setzt sich selbst. Aber indem er sich in der Welt verkörpert, setzt er sich auch selbst in einen Widerspruch. Existieren kann er nur, wenn er diesen Widerspruch über windet.
Das ist die Kernidee von Hegels berühmter »Dialektik«.


Für Marx ist das Privateigentum und seine ungerechte Verteilung der Grund für die Herausbildung gesellschaftlicher Gegensätze und Ausbreitung von Elend, die Ausdruck der Herrschaft der herrschenden Klasse sidn und sich so verschärfen, daß die Klassengegensätze nur durch eine vom Proletariat durchzuführenden Revolution überwunden werden können.

Das Defizit pro Jahr wird insgesamt deutlich hoeher ausfallen als 81 Milliarden Euro. Denn es sind ja nicht nur Einnahmeausfaelle zu beklagen, sondern auch die Ausgaben steigen drastisch. Ich rechne insgesamt mit einem Defizit von 160-180 Milliarden Euro. Gut, daß Deutschland in den vergangenen Jahren so fleißig gespart und sogar Schulden abgebaut hat. Denn diese Krise wird finanziell ganz gewaltig zuschlagen!

Entscheidend ist, was aus einer Krise resultieren und hervorgebracht werden wird. - Wird am Ende der Krise die Gesellschaft noch die gleiche sein oder wird es eine andere geben? - Wenn Karl Marx recht hatte, dann wird die Kraft der Reproduktion, welcher der Bürgerlichen Gesellschaft immanent ist, die alten Verhältnisse wiederherstellen und Corona lediglich als häßliche Narbe hinterlassen.

Durch Corona hat das Land unfreiwillig ein gutes Stück Weg zum Klimaschutz zurückgelegt. Massive Einsparung von fossilen Energien, bei gleichzeitigen Verlust von Hunderttausenden Arbeitsplätzen. Wenn die Regierung nun noch Wege findet, die Löcher in den öffentlichen Haushalten zu stopfen, den sozialen Frieden zu sichern und den Wohlfahrtsstaat am Leben erhalten, hat sie ganz nebenbei auch die Klimaziele erreicht.

Die Pandemie ist ein Brennspiegel der Probleme, welche die Gesellschaft in sich trägt und die durch die Krise offen an das Tageslicht gekommen sind.

Nur weil zufällig eine Pandemie ausgebrochen ist, sind doch die Probleme, welche die Gesellschaft vorher hatte, nicht verschwunden. Weder die Klimaveränderung noch die ungerechte Verteilung von Vermögen, um nur zwei Beispiele zu nennen. Es mag ja sein, dass wir kurzfristig andere Probleme haben, aber ein Verhalten wie bei kleinen Kindern, die die Hand vor Augen halten und dann glauben, es sähe sie niemand, ist doch bei vernunftbegabten Erwachsenen eher unangemessen.

Natürlich hat es kurzfristig Auswirkungen, wenn kaum noch ein Flugzeug fliegt und die Produktion zurückgefahren wird, aber das wird sich wieder ändern. Und dann brauchen wir ein Konzept, wie wir die schädlichen Auswirkungen auf Umwelt und Klima möglichst gering halten.

Durch Corona haben wir ein gutes Stück Weg zum Klimaschutz zurückgelegt. Massive Einsparung von Fossilen Energien, bei gleichzeitigen Verlust von Hunderttausenden Arbeitsplätzen. Wenn wir nun noch Wege finden die Löcher in den öffentlichen Haushalten zu stopfen, den sozialen Frieden zu sichern und den Wohlfahrtsstaat am Leben erhalten, haben wir die Klimaziele erreicht.

Der Klimaschutz kann nur dauerhaft von der Corona-Krise profitieren, wenn wir Menschen begreifen, dass wir unser Leben in vielerlei Hinsicht verändern müssen. Auch die rasend schnelle Verbreitung des Virus hängt ja von Voraussetzungen ab, die letztlich von uns Menschen geschaffen werden.

Die Formen des Reisens und das Reiseverhalten wird sich ändern. Viele finanziell Schwache werden sich gar keinen Urlaub mehr leisten können. Finanziell Bessergestellte werden sich Bedingungen schaffen, welches das Infektiosnreisiko mindern.

Die ganze Corona-Geschichte wird nur dann einen Sinn gehabt haben, wenn man sie mit dem verbindet, was sie abschließt und vollendet: den Staat, in dem die Menschen endlich wie Menschen leben können.

Jeder Bürger sollte sich dieser Gefahr und der eigenen Verantwortung bewusst sein, von sich aus alle inzwischen allgemein bekannten Möglichkeiten zu nutzen, um zu verhindern, dass es nicht zu einer neuen Ausbreitung der Pandemie kommen kann.

Samstag, 6. Juni 2020

»Das Prinzip Hoffnung« von Ernst Bloch








Ernst Bloch


Träume in der Hoffnung auf eine bessere Gesellschaft stehen in Krisenzeiten hoch im Kurs. Im Laufe der Geschichte sind vielerlei Arten von Zukunftsvisionen geträumt worden. Die bekannteste davon ist »Utopia« von Thomas Morus.

Das Noch-nicht-Sein wird auch im Werk von Ernst Bloch als Utopie beschrieben. In seinem Werk »Das Prinzip Hoffnung« geht es um das Denken, was ist und die Darstellung dessen, was in Zukunft sein soll.

»Das Prinzip Hoffnung« ist das philosophische Hauptwerk von Ernst Bloch und entstand in den Jahren 1938 bis 1947. Das Werk gilt als epochales philosophisches Werk des 20. Jahrhunderts.

Der Titel des Buches ist bereits Programm: In fünf Teilen wird der Begriff der Hoffnung klar definiert und sehr breitgefächert analysiert. »Die Sehnsucht scheint mir die einzige ehrliche Eigenschaft des Menschen.« Hoffnung soll in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Bloch spricht deshalb von der Hoffnung als einer „konkreten Utopie“. Für Ernst Block hatte die Hoffnung eine besondere Grundschattierung des Lernens:


»Es gehört zum Wesen der Hoffnung, dass sie enttäuscht
werden kann, sonst wäre sie ja Zuversicht.«


»Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen.«

Ernst Bloch

Nun hier einige Ausführungen zur Erhellung der Grundgedanken von Ernst Bloch:

»Das Prinzip Hoffnung« handelt von Kunst, Literatur, Musik, von Religion und Sozialtheorien, der Technik und den Einzelwissenschaften sowie deren vorwissenschaftlichen Frühstadien. In philosophiegeschichtlicher Hinsicht bekennt sich Bloch zur Humanität des Marxismus.

Ernst Bloch


Ernst Blochs Opus magnum einer Seinslehre (Ontologie) des "Noch-nicht-Seins" enthält eine Menschheitsgeschichte, die von jeher für qualitativ Neues offen ist. Unter dem Titel »Der Traum vom besseren Leben« entstand »Das Prinzip Hoffnung« während der Emigration in den USA. Als Bloch mit seiner Schreibarbeit begann, war er 50 Jahre alt. Bloch ging von seinem Grundgedanken aus, den er bereits als Student hatte: von »Noch-Nicht -Bewußten« und »Noch-Nicht-Gewordenen«. Bloch meinte damit, daß die Menschen noch kein richtiges Bewußtsein von sich und der Welt haben. Ihr Bewußtsein ist noch im Werden, so wie die Welt noch nicht ist, was sie sein soll.


Im Gegensatz zur Bibel, welche die Welt als geschaffen und vollendet beschreibt, glaubt Bloch, daß die Schöpfung (Genesis) noch am Anfang steht. Sowohl die Menschen als auch die Welt sind noch gar nicht aus sich herausgekommen, sind noch nicht richtig geboren.

Ein Schwerpunkt der philosophischen Untersuchung Blochs war die Kategorie der Möglichkeit oder um mit Ernst Bloch zu sprechen: das "Noch-Nicht-Sein". Der Mensch ist »die reale Möglichkeit all dessen, was in der Geschichte aus ihm geworden ist und vor allem mit ungesperrtem Fortschritt noch werden kann«.

Die Möglichkeit ist der »Seinszustand der Welt«, dem Bloch eine enzyklopädische Gesamtschau von Indizien des Noch-nicht-Erschienenen widmet.

Auch in der Krise ist der Mensch dem "Noch-nicht-Sein" in besonderem Maße unterworfen, aber es ist natürlich eine Illusion, daß Krisen eine bessere Welt hervorbringen werden, denn dazu braucht schließlich auch noch Bewßsein, Mut, Tatkraft und natürlich den politischen Willen zur Veränderung. Die Krise wird bewältigt, wenn Vernunft auf Augenmaß trifft. Auch das Ende der Corona-Krise ist ein "Noch-Nicht-Sein" im Sinne von Ernst Bloch. Es kommt auch nach der Corona-Krise darauf an, wieder das Hoffen zu lernen. Vielleicht hat die Krise ja die Möglichkeit auf einen besseren »Seinszustand der Welt« geweckt.

Und noch etwas Trost zum Schluß: Wer in der Krise vom »Prinzip Hoffnung« lebt, wird nicht enttäuscht werden, denn die Hoffnung, daß Krisen eine bessere Welt, die für den selbstbewußten Philosophen Bloch »Heimat« war, hervorbringen, stirbt zuletzt.


Das Land der Verheißung heißt bei Karl Marx das »Paradies«, bei Ernst Bloch »Heimat«. Bloch hat nach einem Bild für seine Utopie gesucht und es in der Heimat gefunden. Heimat ist für Ernst Bloch nicht einfach die Gegend, aus der jemand her stammt. Das Wort sagt ihm eher das Gegenteil. Heimat ist »etwas, worin noch niemand war«. Sie muß in dieser Welt erst noch entstehen, von den Menschen erst noch begründet werden - so wie Karl Marx »kommunistisches Paradies«.

Literatur:

Das Prinzip Hoffnung
Das Prinzip Hoffnung
von Ernst Bloch


Weblinks:

Ernst-Biografie - www.die-biografien.de

Ernst Bloch -Zitate - www.die-zitate.de






Samstag, 30. Mai 2020

Thomas Piketty und das Kapital in der Krise


Thomas Piketty - geboren am 7. Mai 1971 in Clichy, Département Hauts-de-Seine - ist ein französischer Wirtschaftswissenschaftler. Der Ökonom ist Professor an der »École d’Économie de Paris« und der »École des Hautes Études en Sciences Sociales« (EHESS) und Publizist.

2014 sorgte die Veröffentlichung seines Werkes »Das Kapital im 21. Jahrhundert« weltweit, besonders in den USA, für sehr große Aufmerksamkeit. Der Ökonom wurde 2014 mit dem Buch »Das Kapital im 21. Jahrhundert« bekannt. Darin beschäftigte der Gesellschaftsanalytiker sich mit dem Zusammenhang zwischen Kapital und wirtschaftlicher Ungleichheit.

Sein neues Werk trägt den Titel »Kapital und Ideologie«, in dem er den Zusammenhang zur Regierungsform aufarbeitet. Piketty legt mit einem gewaltigen Werk nach: Kapital und Ideologie ist eine so noch niemals geschriebene Globalgeschichte der sozialen Ungleichheit und ihrer Ursachen, eine unnachsichtige Kritik der zeitgenössischen Politik und zugleich der kühne Entwurf eines neuen und gerechteren ökonomischen Systems. »Kapital und Ideologie« hilft nicht nur, die Welt von heute zu verstehen, sondern sie zu verändern.

Für den Ökomomen ist klar, daß jede Gesellschaft eine Ideologie braucht, eine Rechtfertigung für ihre Organisationsform und die damit verbundene Ungleichheit. Aber die Herrschenden würden den Vorteil, den sie der Gesellschaft bringen, übertreiben, um ihre Privilegien zu rechtfertigen.

Grundsätzlich bemängelt Piketty, daß heutzutage kaum mehr über Alternativen zum marktwirtschaftlichen Kapitalismus nachgedacht werde. Dabei sei die Geschichte eine Abfolge von oft radikalen Veränderungen im Wirtschaftssystem und diese würden nicht nur durch Kriege ausgelöst, wie Schwedens Wandel von einem Land mit sehr großer Ungleichheit Anfang des 20. Jahrhunderts zur heutigen relativ ausgeglichenen Gesellschaft zeige.

Die Krise führe Regierungen vor Augen, wie sehr sie die Wirtschaft regulieren können, so Piketty bei der Vorstellung seines neuen Buches. Den Arbeitenden werde bewusst, dass Home-Office funktioniert.


Vor ein paar Monaten, als es darum ging, Flüge zu reduzieren und den CO2-Ausstoß abzubauen, hätten das viele unter Verweis auf die ökonomischen Kosten ausgeschlossen. „Und jetzt, ganz plötzlich, wegen einer Gesundheitskrise, blockieren wir Flüge und schicken Leute nach Hause“, sagte Piketty. Das zeige, daß Europa ein ausgefeiltes System im Umgang mit Gesundheitsrisiken habe, aber keine vergleichbaren Entscheidungsstrukturen bei langfristigen Risiken wie Umweltproblemen.

Die Krise wird die gesellschaftliche Ungleichheit nicht verändern, da diese struktureller Natur ist. Piketty plädierte für eine Erhöhung der Vermögenssteuer und einer Einmalzahlung von 120.000 Euro als Finanzierung, um sicher durch die Krise zu kommen.

Was aus einer Krise zu lernen ist? - Der smarte französische Ökonom des Kapitals der Gegenwart Thomas Piketty kann sich vorstellen, daß das verstärkte Home-Office und die Umsetzung drastischer Eingriffe in die Wirtschaft im Rahmen der Corona-Krise ganz im Sinne von Karl Marx zu einer Bewusstseinsänderung führen könnten.

Literatur:

»Kapital und Ideologie« von Thomas Piketty

Kapital und Ideologie von Thomas Piketty

Samstag, 16. Mai 2020

Karl Marx, die Gegensätze und die sozialen Folgen der Krise









Der Corona-Shutdown hat die Wirtschaft in Europa lahmgelegt. Besonders betroffen sind südeuropäische Länder wie Spanien und Italien. Die Krise läßt die wirtschaftliche Mißstände, unternehmerische Unterlassungen und soziale Verwerfungen offen an das Tageslicht treten. Corona hat deutlich aufgezeigt, daß das 70 Jahre gelebte Wirtschaftsmodell nicht krisensicher ist, immer wieder von Krisen erschüttert wird und daß Krisen einfach zum strukturellen Wesen des Kapitalismus gehören.

Bei Karl Marx kommt in der Krise die Ökonomie ins Spiel, kein Wunder, denn mit Krisen kannte Karl Marx sich aus, denn er hat diese Erscheinungen als persönliche auch als gesellschaftliche Krisen erfahren müssen. Gesellschaftliche Krisen haben immer die Tendenz, gesellschaftliche Gegensätze zu verschärfen und von der Gegensteuerung der Politik hängt es in Zeiten der Krise ab, wie diese gemeistert werden kann.

Der Lauf der Geschichte wird dialektisch als Abfolge von Klassenkämpfen interpretiert, die jeweils einen gesellschaftlichen Fortschritt in dessen Ablauf markieren. Das Endziel der Geschichte sieht Marx in der klassenlosen Gesellschaft des Kommunismus verwirklicht.

Der Marximus hat zwar fundamentale Mechanismen der Industriegesellschaft und des Kapitalismus erkannt und durchschaubar gemacht, in der politischen Praxis versagt durch einen Mangel an Anthropologie. Ideologische Vernachlässung unseres natürlichen Bedarfes an Emotionalizät und Subjektivität.


»Die Analysen des großen Denkers waren vielfach richtig. Teile seines Instrumentariums und seiner Methode sind auf faszinierende Weise modern geblieben. Seine Antworten erwiesen sich vielfach als falsch, seine Hoffnungen als trügerisch.« Willy Brandt

Ein Verweis auf die Fehlentwicklungen, die schon bei Marx angelegt waren: Er war ein Kind des neunzehnten Jahrhunderts und bewunderte die Dampfmaschinen in den Fabriken. Da war er Modernisierungstheoretiker mit all den teleologischen Fallstricken, die wir inzwischen kennen. Nachfolger von ihm bastelten daraus ein plumpes Stufenmodell der Weltgeschichte. Marx selbst war aber ein komplexerer Denker, der seine eigenen Hauptthesen durchaus auch reflektierte und in Frage stellte.



Für Karl Marx ist die Herrschaft immer eine Herrschaft der herrschenden Klasse - der Bourgeoisie - und der Staat ist ein Instrument der herrschende Klasse, welche den Staat nach ihren jeweiligen Interessen und Vorstellungen einrichtet.


Der bürgerlichen Gesellschaft geht es um die Reproduktion der herrschenden Verhältnisse. Die Reproduktion der Gesellschaft und der bestehende Verhältnisse ist das Ziel der Herrschaft. Zu tief der Einschnitt in des gesellschaftliche Leben. Nur durch staatliche Hilfen wird die Gesellschaft in der Krise überleben, ohne fremde Hilfen dagegen zerbrechen.


Bei Karl Marx geht es letztlich immer um Produktion und Reproduktion von gesellschaftlichen und damit auch wirtschaftlichen Verhältnissen. So wird der Kapitalismus sich auch in Zeiten der Krise neu erfinden und viele neue Innovationen hervorbringen und Geschäftsmodelle erfinden, um sich zu Reproduzieren. In der Krise sind viele innovative Ideen von kreativen Köpfen entstanden, doch nur wenige davon taugen zum Geschäftsmodell.

Für Karl Marx sind wirtschaftliche Krisen immer der Ausdruck von Krisen des Kapitals - resp. Kapitalismus - für Milton Friedman gehören sie sogar zum Kapitalismus dazu. Die sozialen und gesellschaftlichen Gegensätze werden sich verschärfen. Karl Marx hätte in der Corona-Krise attestiert, daß sich die gesellschaftlichen Gegensätze verschärfen werden - allerdings ohne das daraus eine rervolutionäre Situation entstehen könnte, denn es fehlt an politischen Bewußtsein zur Veränderung einer Gesellschaft.


Für Marx ist das Privateigentum und seine ungerechte Verteilung der Grund für die Herausbildung gesellschaftlicher Gegensätze und Ausbreitung von Elend, die Ausdruck der Herrschaft der herrschenden Klasse sidn und sich so verschärfen, daß die Klassengegensätze nur durch eine vom Proletariat durchzuführenden Revolution überwunden werden können.

Diejenigen, welche die Interessen der Wirtschaft über die Gesundheit stellen, sind überzeugt davon, daß Profit und Wohlstand wichitger sind als die Gesundheit der Bevölkerung.

»Das Sein bestimmt das Bewußtsein«, hat Karl Marx gesagt. Die Krise wird das Leben verändern, doch wie wird sich das Bewußtsein verändern? Gibt es nach der Krise eine bessere Gesellschaft, welche aus der Krise etwas gelernt hat?

Entscheidend ist, was aus einer Krise resultieren und hervorgebracht werden wird. - Wird am Ende der Krise die Gesellschaft noch die gleiche sein oder wird es eine andere geben? - Wenn Karl Marx recht hatte, dann wird die Kraft der Reproduktion, welcher der Bürgerlichen Gesellschaft immanent ist, die alten Verhältnisse wiederherstellen und Corona lediglich als häßliche Narbe hinterlassen.

Der Kapitalismus ist wie ein Chamäleon, dessen weitere Entwicklung auch ein kluger analytischer Kopf wie Karl Marx nicht voraussehen konnte. Die Welt hat sich dank der Arbeit, dem technischen Fortschritt und der Verteilung des Wohlstands anders entwickelt wie Karl Marx sie vorausgesehen hatte. Leiharbeit, Werksverträge, Scheinselbständigkeit - kein Mittel ist den Kapitalisten ungeeignet genug, um die Würde des Menschen durch die ökonomische Hintertüre nach Kräften zu unterminieren.




Die Corona-Krise wird zu einer Wirtschaftkrise mit steigender Arbeitslosigkeit führen und viele Verlierer wie Alleinerziehende, Hartz IV-Bezieher und weitere Mini-Jobber produzieren. Die Krise wird die sozialen Gegensätze in Europa und zwischen Arbeit und Kapital verschärfen und zu einer erheblichen Spaltung der Gesellschaft führen, ohne daß sich dabei eine Klasse bilden wird, welche die Gegensätze überwindet.

Wenn gegen die soziale Armut nichts getan wird, werden die Populisten das Rennen. Die werden ebenfalls einen Teufel tun, die soziale Armut bekämpfen, bis die Empörten aufstehen und die dann Regierenden mit Gewalt aus dem Amt jagen.Wer politisch keine Orbanisierung der Gesellschaft möchte, sollte als Politiker anfangen, etwas gegen Rechts zu tun

Doch hört man kritische Stimmen in der Krise, daß es kein Zurück zur bürgerlich-kapitalistischen Struktur geben darf. Der aktuelle Zustand des Landes erinnert an jenen der Ostzone 1970: kein Individualverkehr, keine Fereinflüge, keine Kreuzfahrten, keine Veranstaltungen mit Lebensfreude und Versorgung nur mit dem absolut Notwendigsten.

In der Corona-Krise sind zwei Tendenzen zu beobachten: Der Corona-Kapitalismus wappnet sich durch die Gewährung von Krediten, um sein Überleben zu sichern und ruft auf der anderen Seite auch seine Kritiker auf den Plan, welche eine andere Wirtschaftsordnung für die Zeit danach fordern und anstreben.

Man muss nicht Karl Marx heißen oder Ökonom sein, um festzustellen zu können, daß am Ende der Corona-Krise nur diejenigen überleben werden, die über ausreichend Einfluß verfügen, um durch Geltendmachung desselbigen ihre weitere Existenz und ihr Überleben - und damit gleichzeitig auch des Kapitalismus - zu sichern.

Vom wirtschaftlichen Desaster in den nächsten fünf bis zehn Jahren ganz abgesehen, welches ihren Anteil an allen Veränderungen maßgeblich zeigen wird, werden sich viele Menschen enorm verändern. Sicher nicht alle - aber je nach Kultur, Lebensform und Regierung gehe ich davon aus, dass sich nach einem langen mühsamen Weg Licht im Tunnel zeigen wird.

Angst und Bedrohungsszenarien funktionieren immer. Damit wird seit Jahren Politik gemacht. Wenn die Angst vor Corona schwindet, geht es »Weiter so wie zuvor«. Auch in der Krise steht bei der Ellbogengesellschaft das eigene Wohlergehen an erster Stelle und deshalb werden die Maßnahmen auch weitgehend akzeptiert. Es wird keine großen Änderungen geben, außer das man für den Hass auf alles Fremde noch mehr Munition hat.


Die Pandemie wird durch die steigende Arbeitslosigkeit die sozialen Gegensätze weiter verschärfen und die Spannungen erhöhen. Im weiteren Verlauf der Krise wird das Prekariat aus Geringverdienern und Beschäftigten weiter ansteigen.

Infolge der notwendigen Inanspruchnahme sozialer Dienste wird eine starke soziale Aufwertung von prekär Beschäftigten in den sozialen Berufen stattfinden, die für ihre in der Krise erbrachten Dienste viel Anerkennung erfahren.

Wenn die Politik ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden will, muss sie Risikogruppen schützen, ggf. deren Freiheitsrechte - dem Zweck des Infektionsschutzrechts gemäß - gezielt einschränken, aber nicht noch länger die gesamte Gesellschaft in Haftung nehmen.


Weblinks:

Karl Marx-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Karl Marx-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Karl Marx - www.famousphilosophers.org

Max Frisch "Am Ende steht ..." - Youtube - www.youtube.com


Blog-Artikel:

Karl Marx und das Kapital im 21. Jahrhundert

Wie aktuell sind Marx Ideen heute?

Karl Marx 200. Geburtstag

Die Irrtümer des Karl Marx

Kapitalismuskritik und der Grundkonflikt der Moderne



Samstag, 2. Mai 2020

Blaise Pascal oder die Unrast des Menschen








Blaise Pascals berühmtestes Werk sind seine »Gedanken«. Die »Pensées« (»Gedanken«) - eine Sammlung von Fragmenten, findet sich an einer Stelle in der er die prekäre Stellung des Menschen in der Welt mit unüberbietbarer Lakonie festhält:

»Das ganze Unglück der Menschen kommt daher,
daß sie nicht ruhig in einem Zimmer bleiben können.«

Folgt man dem aphoristischen Gedanken Blaise Pascals, dann sucht der Mensch sein Glück in rastloser Beschäftigung, aus Angst, sich mit dem Tod, Elend und Not auseinanderzusetzen, statt ruhig in einem Zimmer zu sitzen und sich mit sich sebst zu bechäftigen. An den ganzen Menschen, deren größte Qual nun die irrsinnige Langeweile ist, merkt man gut, wie viele Menschen ein im Grunde sinnloses Leben führen und ihre Zeit mit Sinnlosigkeit vergeuden.

Alles muss Spaß machen, nichts darf jemals langweilig sein, Dauerkonsum und Dauersensation soll die Regel sein. Unser Belohnungszentrum muss permanent befriedigt werden, die Aufmerksamkeitsspanne verringert sich. Sich alleine zu Hause beschäftigen, in dem man ein sinnvolles Bbuch liest scheint unmöglich. Da muss schon bald eine neue Sensation her.

Für den praktisch orientierten Menschen bedeutet Pascals Gedanke in coronalen Zeiten, daß der Mensch sein ganzes Glück in der guten Stube suche!


Ein weiterer Schwerpunkt Pascals ist seine Kritik an dem äußerlichen Menschen. So entlarvt er schonungslos die menschliche Geschäftigkeit als Zerstreuung, die keinen anderen Zweck hat als die Ablenkung von einer radikalen Besinnung auf sich selbst. Er hat bereits erkannt, dass wir uns lieber zu Tode amüsieren als das wir uns mit uns selbst beschäftigen. Und die Neugier erkennt Pascal als eitles Treiben: man will nur wissen, um darüber reden zu können. Und wer denkt nicht an die heutige Situation, wenn Pascal beschreibt, wie schnell es den Menschen vor Langeweile in äußere Aktivitäten treibt. Wir hassen die Ruhe und lieben die Sensation, das Abenteuer, den Lärm und das Getümmel.


In seinen Notizen setzt sich Pascal auch den Grunderfahrung menschlichen Seins aus: etwa seiner Endlichkeit, Ungesichertheit, Widersprüchlichkeit und seinem schicksalhaften Ausgesetztsein. In vielem nimmt er den Existenzialismus vorweg. Wenn ich, so schreibt er, die kurze Dauer meines Lebens betrachte, das von der Ewigkeit davor und danach aufgesogen wird, gerate ich in Schrecken und Erstaunen, dass ich gerade hier und jetzt lebe. Wer hat mich hierhin gestellt?

Den allgegenwärtigen Wunsch nach Zerstreuung, wie er vor allem beim Adel zu Hause ist, deutet er als Ausdruck einer „gefallenen“ menschlichen Natur, einer inneren Not, eines Getrieben-Seins, das unter dem Druck von Einsamkeitsangst und Langeweile nach Ablenkung sucht. Weil sie mit sich nichts anzufangen wissen, flüchten die Menschen in den Tumult, der sie ihr Elend vergessen lässt.

Pascal lebte in einer unruhigen Zeit von Kriegen, Not und Elend und in einer Zeit absoluter Herrscher. Der König heilt sich einen Hofstaat einzig und allein, um zu verbergen, daß er allein sei.

Der gläubige Katholik Pascal versuchte, die Existenz Gottes durch das ordnende Prinzip zu beweisen, welches der Welt zugrunde liegt. Auch in den Menschen spiegelt sich das ordnende Prinzip wieder. Als Beweis für die Existenz Gottes führte Pascal die Tatsache an, daß der Mensch Gedanken verkettet und Vernunftgründe ordnet und in sich selbst das Prinzip jeden Gedankens und jeder Vernunft offenbart. Indem der Mensch Gedanken verkettet und Vernunftgründe ordnet und in sich selbst das Prinzip jeden Gedankens und jeder Vernunft offenbart, offenbart sich Gott.

»Das Weltall ist ein Kreis, dessen Mittelpunkt überall, dessen Umfang nirgends ist.«
Indem der Mensch sich mit dem Weltall auseiandersetzt, gelangt er zur Würde.

Blaise Pascal war ein tief religiöser Mensch. Sein Glaube war tief in der Religion verwurzelt. Glaube an Gott, Religion als Ausweg.

Pascals Wette lautet: »Wenn es Gott wirklich gibt, gewinnt der Mensch Alles und wenn es ihn nicht gibt, verliert er nichts.«

Der Denker stellts sich sehr intensiv den Ungeheuerlichkeiten menschlicher Existenz, seiner Schwäche und seiner Endlichkeit, ohne zu vergessen, dass dem Menschen auch eine unendlich großen Würde innewohnt. Zweitens wendet er sich radikal nach innen als dem einzigen Ort, wo Wahrheit zu finden ist. Damit wird er zugleich zum scharfzüngigen Kritiker der modernen Gesellschaft. Und drittens setzt er sich mit seiner Gotteserfahrung auseinander. Und darin wird er zum ersten Kritiker des blinden Vertrauens in die Leistungen des Verstandes.

Pascal sagt, daß es von entscheidender Wichtigkeit sei, zu wissen, ob die Seele unsterblich ist oder nicht ist wichtiger als die Lehre von Kopernikus zu ergründen, das sollte zu denken geben und zwar deswegen, weil man eben auch heute noch nicht wissenschaftlich genau sagen kann, was eigentlich Vita ausmacht.

Soweit sind wir also auf dem wissenschaftlichen Weg der Erkenntnisse fortgeschritten, daß wir immer noch nach dem Schlüssel zum Leben suchen? Das gibt uns zu denken und das zeigt uns, daß Pascal eventuell im Recht ist mit seiner Meinung, daß es es eine Zukunft gibt trotz Tod und daß ein Mittler schon einmal hier auf der Erde war, der uns dieses vermittelt hat. Nun, der Glaube ist wichtig in diesem Fall und nicht etwa das Wissen.

Berühmt wurde Pascal durch sein philosophisches Hauptwerk »Pensées« (»Gedanken«), einem Werk aus 1.000 Fragmenten, Epigrammen und Essays. Neben weiteren mathematischen Arbeiten widmete er sich theologischen Studien und religiösen Meditationen.

1640 erschien auch das erste Werk von Pascal »Essais sur les Coniques« (»Abhandlung über Kegelschnitte«).
Diese mathematische Meisterleistung ließ ihn schlagartig in der wissenschaftlichen Welt bekannt werden.


Weblinks:

Blaise Pascal-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Blaise Pascal-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de



Samstag, 25. April 2020

Michel de Montaigne und die Stille

Michel Montaigne




Vor dem wachen Auge des Wanderers liegt eine sanft hügelige Landschaft, die von dunklen Wäldern umgeben ist und auf einem Hügel ragt in der Idylle ein Schloß empor. Das Schloss Montaigne liegt malerisch gelegen auf einer Anhöhe, 30 Kilometer östlich von Bordeaux, in der historischen Landschaft des Périgord. Hierhin zog sich Michel de Montaigne bereits im Alter von 38 Jahren zurück.

In der Abgeschiedenheit seines ländlichen Anwesens beschäftigte er sich vor allem mit der Erforschung seiner selbst. Die zeitgenössische Philosophie, die bisherige Philosophie überhaupt schien ihm nicht in der Lage, die tatsächliche Befindlichkeit menschlicher Existenz wiederzuspiegeln.

Und so schuf Michel de Montaigne mit seinen »Essais« und der darin meisterlich entwickelten Kunst der Reflexion eine neue Philosophie und ein neues Bild vom Menschen.


Nun ist es ruhig im Lande, es herrscht andächtige Stille wie in einer idyllischen Landschaft. In einer solchen Landschaft schuf Michel de Montaigne mit seinen »Essais« und der darin meisterlich entwickelten Kunst der Reflexion eine neue Philosophie und ein neues Bild vom Menschen.

»Die Nützlichkeit des Lebens liegt nicht in seiner Länge, sondern in seiner Anwendung.«


Es gibt unterschiedliche Wege und Denkhaltungen, einer Krise zu begegnen: Rückzug, innere Einkehr, Reflektion, Kontemplation und Muße.


Die Menschen haben und nehmen sich in der Krise Zeit zur Muße, anderen als den für sie gewohnten Geschäften nachzugehen - und da ist auch Michel de Montaigne nicht fern, für den die Erfahrung der Stille ein prägendes Erlebnis war, welches ihn zum Nachdenken anregte.

Auch die Krise schenkt den Menschen ungewohnte Momente der Stille, die Menschen nachdenklich stimmen werden. Der Hauch Ödnis auf den Straßen und Plätzen erinnert daran, wie viel wir Menschen einander verdanken. Der Mensch ist dann er selbst, wenn er sich anderen darstellt, sich vor ihnen inszeniert.

Deshalb sollten die Menschen jetzt, da sie zu Einschränkungen gezwungen sind und Zeit zur Besinnung haben, darüber nachdenken, was in unserer Gesellschaft und speziell in der Wirtschaft schief gelaufen ist, was uns wirklich wichtig, was sinnvoll und wertvoll ist, und daraus Konsequenzen ziehen.

"Erst im Anderen", bemerkt Michel de Montaigne, "begegnen wir uns selbst, ganz gleich, ob wir nun einen Pinsel in die Hand nehmen oder einen Stift."

»Indem ich mich für einen anderen zeichne, stelle ich mich in deutlicheren Farben dar als sie eigentlich sind. Ich habe mein Buch nicht mehr geschrieben als es mich geschrieben hat, ein Buch, das mit seinem Autor identisch ist.«

Wie oft und inständig wünschen Menschen sich gerade die Stille, manch einer geht für ein Schweige-Wochenende zur inneren Einkehr ins Kloster, andere wollen auf eine einsame Insel. Aber kaum ist sie da, die Stille, wird sie uns unheimlich. Oder liegt es doch an dieser speziellen, etwas unwägbaren Situation, dass sie uns merkwürdig erscheint?


Weblinks:

Michel de Montaigne-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Michel de Montaigne-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de/">www.die-zitate.de


Blog-Artikel:

Michel de Montaigne »Essais«

Samstag, 18. April 2020

Wie Hegels Gedanken in der Corona-Krise helfen können


Wie lange noch schränkt der Staat wegen der Corona-Pandemie die Freiheit seiner Bürger ein? Das fragen sich gegenwärtig viele Menschen, denn Freiheit bedeutet für sie, jederzeit das tun zu können, was man will.

Ein berühmter deutscher Philosoph hatte eine Richtschnur für dieses Dilemma. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der vor 250 Jahren, im August 1770, in Stuttgart geboren wurde und 1831 in Berlin starb, hat einen Gedanken entwickelt, der in der heutigen Krise hilfreich sein kann. Freiheit erscheint als die Losung des Zeitalters, in dem Hegel groß geworden ist. John Locke hatte sie der Politik zugrunde gelegt, mit Rousseau war sie zu einer menschheitlichen Forderung geworden und Kant konnte zeigen, dass sie der Ursprung aller humanen Leistungen ist, ohne im Widerspruch zur strengen Naturgesetzlichkeit zu stehen.

Die Freiheit tritt bei Hegel nun im "Geist" hervor, den Kant als die "belebende Kraft im Gemüthe" versteht. Damit war nicht nur der Grund für die Erfahrung des Schönen, sondern auch für einen neuen Begriff des Lebens gelegt. Nur vor diesem Hintergrund ist das Freiheitspathos Friedrich Schillers zu verstehen, der seine Ideale bereits im realen Prozess des Lebens - und damit auch in der Geschichte - wirksam sieht.

Hegels Geist strebt nach Freiheit und Selbsterkenntnis. Um dieses Ziel zu erreichen, muss er sich notwendiger weise verkörpern. Der Geist braucht die Welt genauso, wie wir als denkende Wesen auf einen Körper angewiesen sind – wir schweben ja auch nicht einfach als Geister durch die Luft.

Das klingt zunächst, als sei der Geist nichts anderes als ein Schöpfergott. Aber Hegels Geist entwirft die Welt nicht einfach von außen, vielmehr schafft er die Bedingungen seiner eigenen
Existenz: Der Geist setzt sich selbst. Aber indem er sich in der Welt verkörpert, setzt er sich auch selbst in einen Widerspruch. Existieren kann er nur, wenn er diesen Widerspruch über windet.
Das ist die Kernidee von Hegels berühmter »Dialektik«

Wer frei sein will, muss vernünftige Einschränkungen der Allgemeinheit akzeptieren – eine Einsicht, die auf Hegel zurückgeht. "Wer unter den Corona-Maßnahmen der Regierung eine Einschränkung von Freiheitsrechten versteht, der irrt" - sagt der Hegel-Forscher Klaus Vieweg. Denn:

»Das höchste Freiheitsrecht ist das Recht auf Leben. Das heißt es wird Freiheit nicht eingeschränkt, sondern Freiheit in ihrem Fundament garantiert.«


"Die Freiheit ist das Denken selbst", lehrte Hegel und meinte damit, daß Freiheit das Denken voraussetzt. "Wer das Denken verwirft und von Freiheit spricht, der weiß nicht, was er redet. (...) Der Wille ist nur als denkender frei." Das bedeutet: Auswählen zu können zwischen vielen Möglichkeiten ist lediglich Willkür. Freiheit wird daraus erst in dem Moment, wenn die Vernunft den Willen bestimmt. "Der Willkür mangelt es am Denken, sie impliziert Unwissenheit."

Wenn Menschen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden wollen, müssen sie sich vor Risikogruppen schützen. Wenn aber die Freiheit von Menschen durch ihr Handeln zu einer Gefährdung der Freiheit anderer führt, dann liegt für Hegel willkürliches Handeln vor. Ebenso ist für Hegel Freiheit ohne Denken lediglich Willkür. bzw. eine Haltung, die sich in willkürlichen Akten ausdrückt.

Der Staat ist in der Krise ein Beschränker der Freiheit. Wenn der Staat also aus vernünftigen Gründen Ausgangsbeschränkungen erlässt und Corona-Partys verboten hat, dann schränkt er Hegel zufolge keine Freiheit ein, sondern lediglich Willkür. Was Hegel damit sagen wollte, ist, daß die Freiheit des Einzelnen dort aufhört, wo sie zur Gefahr für andere wird. Von einer Gängelung oder Repression der Bürger kann dann keine Rede sein. "Die Teilnehmer an Corona-Partys machen eben nicht ihr Recht auf freies Handeln geltend", betont der Jenaer Philosophie-Professor Klaus Vieweg. "Sie handeln bloss willkürlich und verstossen fundamental gegen die Freiheit, gegen die Rechte des Menschen."

Hegel lebte in einer Zeit, in der Seuchen durchaus verbreitet waren. Die verheerenden Wirkungen von Pandemien kannte Hegel zur Genüge. Als er starb, wütete in Berlin eine Cholera-Epidmie, die zahlreiche Todesopfer forderte, dazu gehörte auch Hegel. Trotzdem war der opotimistische Denker felsenfest davon überzeugt, daß es in der Welt vernünftig zugeht : "Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig." - Für keinen anderen Satz wurde Hegel so intensiv angefeindet und verleumdet, dass es heute nur noch wenige Intellektuelle gibt, die sich offen als Hegelianer zu erkennen geben.

Es scheint, als hätte Hegel damit einen großen Teil der Welt einfach weggeleugnet, denn mit diesem heute verstaubten Satz hat der Denker ja jede Seuche und jedes Unrecht dieser Welt als vernünftig gerechtfertigt, hat damit alles Bestehende heiliggesprochen, auch den damaligen preußischen Polizei-Staat. - Auch darin liegt die große Gefahr der Willkür des Denkens!



Weblinks:

Hegel-Biografie - Biografie-Portal

Hegel, der Weltgeist und die Freiheit - www.zdf.de



Johns Hopkins University

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