Dienstag, 13. September 2022

Ludwig Feuerbach 150. Todestag


Ludwig Feuerbach

Ludwig Feuerbach starb vor 150 Jahren am 13. September 1872 in Schoppershof bei Nürnberg. Ludwig Feuerbach war ein bedeutender deutscher Philosoph des 19. Jahrhunderts.

Er war ein deutscher Philosoph, dessen Religions- und Idealismuskritik bedeutenden Einfluss auf die Bewegung des Vormärz hatte und einen Erkenntnisstandpunkt formulierte, der für die modernen Humanwissenschaften, wie zum Beispiel die Psychologie, grundlegend geworden ist.

Ludwig Feuerbach war ein leidenschaftlicher Reformator der Philosophie, der nicht das reine Wissen, sondern den ganzen Menschen in das Zentrum seines Bemühens stellte. Dieser Denkansatz löste einen Erdrutsch in der geistigen Landschaft der Restaurationszeit aus. Die klassische deutsche Philosophie brach buchstäblich zusammen, und Feuerbach wurde zur intellektuellen Leitfigur des deutschen Vormärz, bevor ihn andere für sich vereinnahmten: die Marxisten, die zumeist nur interpretierten, was Marx und Engels über ihn gesagt hatten, und die Theologen, denen er der sprichwörtliche Pfahl im Fleische blieb.

Ludwig Feuerbach wurde auch bekannt als Philosoph, der eine materialistische Sicht der Welt hatte und der die Dialektik in seinen Betrachtungen als Denkmodell einführte.

1823 begann er in Heidelberg das Studium der Theologie. 1824 ging Feuerbach nach Berlin, wo er gegen den Widerstand des Vaters das Studienfach wechselte: Zwei Jahre lang hörte er sämtliche Vorlesungen, die Hegel in dieser Zeit hielt, die Logik sogar zweimal.

Im Juni 1828 promovierte er in Philosophie, am Ende desselben Jahres folgte die Habilitation. Wenige Wochen danach begann er, als unbesoldeter Privatdozent in Erlangen zu lehren.

Feuerbach griff mit einer Reihe von Rezensionen und Aufsätzen, von denen einige zu seinen wichtigsten Schriften zählen, so »Zur Kritik der positiven Philosophie« (1838) und »Zur Kritik der Hegelschen Philosophie« (1839), in die geistig-ideologischen Auseinandersetzungen der Restaurationszeit ein.

Die heftige Polemik gegen die als rückwärtsgewandt und unredlich kritisierte „Christentümelei“ der Restauration veranlasste ihn, dem Phänomen Religion auf den Grund zu gehen. Zwei Jahre lang, von 1839 bis 1841, arbeitete er am Hauptwerk »Das Wesen des Christentums«. Das Werk erschien im Frühjahr 1841 im Verlag Otto Wigand in Leipzig und machte Feuerbach schlagartig berühmt.


"Zu einem vollkommenen Menschen

gehört die Kraft des Denkens,

die Kraft des Willens,

die Kraft des Herzens."





Feuerbach deutete in seinem Werk »Das Wesen des Christentums« (1841) die Gedanken Martin Luthers, wenn auch in keineswegs gläubigen Sinn, daß der anch Gottes Ebenbild geschaffene Mensch umgekehrt das Göttliche nach seinem eigenen Ebenbild schafffe. Er erklärte die Religion für einen Traum des Menschen: Was der Mensch Gott nenne, sei das Wesen des Menschen selbst.

Durch seine in der Zeit der Restauration in breiten Kreisen als befreiend empfundene Religions- und Idealismuskritik wurde Feuerbach zur intellektuellen Leitfigur der Dissidentenbewegungen des „Vormärz“.

Ab 1842 erhielt er eine Reihe von Angeboten zur Mitarbeit an Zeitungen und Zeitschriften des oppositionellen Spektrums (so auch von der „Rheinischen Zeitung“). Er nahm keines wahr, eine Absage erteilte er 1843 auch Karl Marx, als dieser ihn für die in Paris erscheinenden (sehr kurzlebigen) "Deutsch-französischen Jahrbücher" gewinnen wollte. Marx ließ allerdings »Das Wesen des Glaubens im Sinne Luthers« im Pariser Vorwärts! abdrucken.

Durch Lektüren und die Bekanntschaft mit einem Handwerksburschen entdeckte Feuerbach auch selbst die frühkommunistische Bewegung, die ihn begeisterte.

1845 erhielt Feuerbach von seinem Verleger Otto Wigand das Angebot, seine Schriften in einer Werkausgabe zu versammeln. Bis 1866 erreichten diese »Sämmtlichen Werke« zehn Bände. Der erste erschien bereits 1846. Feuerbach überarbeitete alle seine Bücher aus den dreißiger Jahren, um der inzwischen vollzogenen Abkehr von der Hegelschen Philosophie Rechnung zu tragen. Auch das inzwischen in zweiter Auflage erschienene Wesen des Christentums unterzog er einer nochmaligen Revision.

Nach dem Ausbruch der März-Revolution 1848 wurde Feuerbach von mehreren Seiten dazu aufgefordert, für das Frankfurter Paulskirchenparlament zu kandidieren. Er unterlag zwar einem örtlichen Advokaten, ging aber dennoch als Beobachter nach Frankfurt.

Seit dem Erscheinen des »Wesen des Christentums« war Feuerbachs Privatleben wesentlich bewegter als zuvor. Er ging häufiger auf Reisen.

Der preußisch-österreichische Krieg 1866 erschütterte Feuerbach zutiefst. Anders als früher verfolgte er jetzt mit gespannter Aufmerksamkeit das politische Geschehen. Bismarcks Einigungspolitik lehnte er entschieden ab, weil sie auf Gewalt gestützt war und in seinen Augen keine Freiheit brachte, hingegen studierte er den ersten Band von Marx’ »Kapital« kurz nach dessen Erscheinen und begeisterte sich für die in Amerika aufkommende Frauenbewegung.

Feuerbach machte die Religionskritik zu seinem Hauptthema und stellte klar, dass der religiöse Glaube sich überlebt habe und des „denkenden Menschen“ unwürdig sei. Vernunft und Wissenschaft waren zu so unabweisbaren Ergebnissen gelangt, dass es zur Frage der intellektuellen Redlichkeit wurde, ob man noch an religiösen Dogmen festhält. Der Glaube hatte seine einstige Unschuld und Berechtigung verloren, er wurde zur Heuchelei vor sich selbst und der Mitwelt.

Den bedeutendsten und direktesten Einfluss übte Feuerbach auf die Herausbildung der marxschen Philosophie aus. Marx übernahm von ihm nicht nur die Religionskritik, sondern vor allem den anthropologischen Materialismus, der für ihn die theoretische Grundlage bildete.

Ludwig Feuerbach wurde am 28. Juli 1804 in Landshut als Sohn des bedeutenden Rechtsgelehrte Paul Johann Anselm von Feuerbach (1775 -1833) geboren.


Literatur:

Ludwig Feuerbach: Denker der Menschlichkeit
Ludwig Feuerbach: Denker der Menschlichkeit


Das Wesen des ChristentumsDas Wesen des Christentums


Weblinks:

Ludwig Feuerbach-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de


Ludwig Feuerbach-Zitate - Zitate-Portal www.die-zitate.de



Sonntag, 11. September 2022

»Fröhliche Wissenschaft« von Friedrich Nietzsche

Die Fröhliche Wissenschaft


»Die Fröhliche Wissenschaft« - später mit dem Untertitel »la gaya scienza« - ist ein zuerst 1882 erschienenes und 1887 ergänztes Werk Friedrich Nietzsches. Im Frühjahr 1882 entschloss er sich, angesammeltes Material unter dem Titel »Die fröhliche Wissenschaft« neu zusammenzustellen und drucken zu lassen.

Das Werk ist eine Künstlerschrift und stammt aus seiner mittleren Schaffensphase, als es ihm darum ging, in der "Sprache des Tauwinds" traditionelle Wertformen und Denkhaltungen zu überwinden und an die Stelle metaphysisch orientierter Moral und Philosophie die Selbstbestimmung des heiteren »freien Geistes« zu setzen. Eine fröhliche Wissenscaft bedarf des freien Geistes.

Nietzsche dachte wissenschaftlich-induktiv, jedoch nicht im Stil trockener Gelehrsamkeit, sondern unter den Vorzeichen des Künstlerischen. Denn der wissenschaftliche Mensch ist die Weiterentwicklung des künstlerischen, schrieb Nietzsche bereits in der ersten Unzeitgemäßen Betrachtung. In diesem Sinn will er Wissenschaft auch als »fröhliche Wissenschaft« verstanden wissen - eine, die fähig ist, über sich selbst zu lachen, getreu dem Spruch, den Nietzsche sich über die Haustürwünschte: »Ich wohne in meinnem eigenen Haus,/ habe niemanden nie nichts nachgemacht / Und - lachte noch jeden Meister aus,/ der nicht sich selber ausgelacht.«

Die »Die fröhliche Wissenschaft« ist der unmittelbarste Ausdruck seiner Konzeption des „Künstlerphilosophen“. Wie zum Beweis, betätigt sich darin Nietzsche selbst künstlerisch als origineller Sprachschöpfer.

Sanctus Januarius


Motto zum vierten Buch der »Fröhlichen Wissenschaft«

Der du mit dem Flammenspeere
meiner Seele Eis zerteilt,
ihrer höchsten Hoffnung eilt:
heller stets und stets gesunder,<
also preist sie deine Wunder,
schönster Januarius!

Genua, im Januar 1882



Nietszche wollte keine trockene und steife Wissenschaft, sondern eine heitere dem Leben zugewandete, heitere Wissenschaft zur Entfaltung des freien Geistes. Dieser "freie Geist" ist ein direkter Vorläufer des späteren Zarathustra. Für Nietzsche liegt "Übermut, Unruhe, Widerspruch" in diesem Werk, gleichzeitig ist es »ein jasagendes Buch, tief, aber hell und gütig«.

Das Werk vereint Poetik mit Moralkritik und enthält Gedanken zu unterschiedlichsten Themen in fast 400 Aphorismen verschiedener Länge. Es gilt als abschließendes Werk der „freigeistigen“ Periode Nietzsches.

»Selbst an Abgründen noch zu tanzen“, so hatte Nietzsche in der Fröhlichen Wissenschaft unser Leben bejahendes Echo aufgefasst: „Ein solcher Geist wäre der freie Geist par excellence.«

Nietzsche hat in seinem Werk »Die fröhliche Wissenschaft« die Wissenschaft von ihrer moralischen Natur her kritisiert. Nietzsche gab mit dem freigeistigen Werk den Anstoss für die Klassiker der Wissenschaftskritik wie z.B. Foucault.


» »Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwahrend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und Unter? irre werinicth wei druch ein unendliches Nichts! ... Gott ist tot!««


Ferner stellt Nietzsche hier auch die Frage nach dem Kerngehalt und dem Wert von Wissenschaft überhaupt, und das nicht in der Sprache des Wissenschaftlers.

Literatur [ >> ] :

Die Fröhliche Wissenschaft
Die Fröhliche Wissenschaft
von Friedrich Nietzsche

Morgenröte / Idyllen aus Messina / Die fröhliche Wissenschaft.
Morgenröte / Idyllen aus Messina / Die fröhliche Wissenschaft.
von Giorgio Colli und Mazzino Montinari

Samstag, 10. September 2022

Frankfurter Schule

Frankfurter Schule

Die Frankfurter Schule steht für ein Spektrum von Intellektuellen, die langfristig oder zeitweilig dem 1924 in Frankfurt am Main gegründeten Institut für Sozialforschung und dessen Projekt einer kritischen Theorie der Gesellschaft verbunden waren.

Als Frankfurter Schule wird eine Gruppe von Philosophen und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen bezeichnet, die an die Theorien von Hegel, Marx und Freud anknüpfte und deren Zentrum das 1924 in Frankfurt am Main eröffnete »Institut für Sozialforschung« war. Dazu gehören Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, Walter Benjamin und Jürgen Habermas, Herbert Marcuse und Erich Fromm, Oskar Negt und Axel Honneth. Sie werden auch als Vertreter der dort begründeten »Kritischen Theorie« begriffen.


Die Bezeichnung »Kritische Theorie« geht auf den Titel des programmatischen Aufsatzes »Traditionelle und kritische Theorie« von Max Horkheimer aus dem Jahre 1937 zurück. Als Hauptwerk der Schule gilt das von Horkheimer und Theodor W. Adorno 1944 bis 1947 gemeinsam verfasste Buch »Dialektik der Aufklärung«, dessen Essay-Charakter sie mit dem zurückhaltenden Untertitel »Philosophische Fragmente« bezeichneten.


In der Frankfurter Schule versammelten sich undogmatische Marxisten, wertkritische Kapitalismuskritiker, die davon ausgingen, dass in der marxistischen Orthodoxie kommunistischer Parteien oft nur noch eine beschränkte Auswahl der Ideen von Karl Marx wiederholt werde und speziell die philosophischen Implikationen ignoriert würden. Vor dem historischen Hintergrund des Scheiterns der Revolutionen der Arbeiterbewegung nach dem Ersten Weltkrieg und des Aufstiegs des Nationalsozialismus in einer zivilisierten Nation begannen Horkheimer und Adorno die Marx'schen Gedanken daraufhin zu untersuchen, inwiefern sie zur Analyse von sozialen Verhältnissen geeignet seien, wie sie zu Marx’ Lebzeiten noch nicht bestanden hatten. Dabei griffen sie auf die Ergebnisse anderer zeitgenössischer wissenschaftlicher Disziplinen zurück. Von besonderer Bedeutung waren hierbei die Soziologie Max Webers und die Psychoanalyse Sigmund Freuds, wobei letztere als Mittler zwischen Basis und Überbau eintrat.

Die Frankfurter Schule verbindet Ideologiekritik mit Gesellschaftskritik unter Verwendung der Dialektik als Methode.

Die Betonung der kritischen Komponente der Theorie entsprang den Bemühungen, die Grenzen des Positivismus, des Dialektischen Materialismus und der Phänomenologie zu überwinden. Die Frankfurter Schule griff hierzu auf die kritische Philosophie Kants und seiner Nachfolger im deutschen Idealismus zurück. Insbesondere Hegels dialektische Philosophie mit ihrer Betonung von Negation und Widerspruch als inhärenten Eigenschaften der Realität war dabei von Bedeutung, zumal seit der Veröffentlichung der Marxschen ökonomisch-philosophischen Manuskripte und seiner Deutschen Ideologie in den 1930er Jahren, die Kontinuität seines Denkens mit Hegel offenbar wurde. Hier schlossen die Frankfurter an Georg Lukács an.

Der erste Forschungsschwerpunkt bestand in der Untersuchung sozialer Phänomene, die vom klassischen Marxismus als Teil des Überbaus oder der Ideologie angesehen werden: Persönlichkeit, Familie, Autoritätsstrukturen (die erste Veröffentlichung des Instituts trug den Titel »Studien über Autorität und Familie«) und die Bereiche Ästhetik und Massenmedien. Die Studien sahen mit Sorge auf die Möglichkeit des Kapitalismus, die Voraussetzungen eines kritischen, revolutionären Bewusstseins zu zerstören.

Die Auseinandersetzung mit dem Wesen des Marxismus selbst bestimmte den zweiten Schwerpunkt des Instituts. Diesem Zusammenhang entsprang das Konzept einer kritischen Theorie.

Die zweite Phase der kritischen Theorie der Frankfurter Schule kristallisiert sich in zwei Werken, die zu Klassikern des 20. Jahrhunderts wurden: Die »Dialektik der Aufklärung« von Horkheimer und Adorno sowie die »Minima Moralia« Adornos. Beide Werke entstanden während des Exils der Autoren in den USA zur Zeit des Nationalsozialismus. Obwohl beide an der marxistischen Analyse festhalten, zeichnet sich in den Werken eine Akzentverlagerung der Kritischen Theorie ab. Aus der Kritik des Kapitalismus, wie sie Marx leistete, wird zunehmend eine Kritik der reinen Naturbeherrschung und ihrer philosophischen Vordenker.

Horkheimer und Adorno kehrten die Aufklärung gegen sich selbst, zerlegen sie und zeigen ihre dunklen und dunkelsten Seiten. Sie sagen nicht nur, moderner Fortschrittsglaube sei kalt und würde zu Katastrophen führen, sie zeigen auch sehr genau, weshalb dem so ist und wo bereits am Anfang der Aufklärung, als sie nach und nach die Mythen ablöste, ihre Grundproblem verankert liegt.

In den 1960er Jahren erhob Jürgen Habermas die erkenntnistheoretische Diskussion in seiner Schrift »Erkenntnis und Interesse« auf eine neue Ebene. Er identifizierte kritisches Wissen als auf Prinzipien beruhend, die sich sowohl von denen der Naturwissenschaften als auch der klassischen Philologie durch ihre Orientierung an Selbstreflexion und Emanzipation unterschieden. Damit gab er den Versuch der alten Frankfurter Schule auf, diesen Momenten in der Vernunft überhaupt einen Ort zuzuweisen.

Literatur:

Dialektik der Aufklärung
Dialektik der Aufklärung
von Max Horkheimer und Theodor W. Adorno

Die Frankfurter Schule
Die Frankfurter Schule
von Rolf Wiggershaus

Geschichte der Frankfurter Schule
Geschichte der Frankfurter Schule
von Emil Walter-Busch

Montag, 29. August 2022

John Locke Vater des Liberalismus

John Locke


John Locke gilt allgemein als Vater des Liberalismus. Locke forderte in seinen politischen Schriften Gewaltenteilung, persönliche Freiheit, Gleichberechtigung und Recht auf Eigentum.

In seinem Werk »Two Treatises of Government« argumentiert Locke, dass eine Regierung nur legitim ist, wenn sie die Zustimmung der Regierten besitzt und die Naturrechte Leben, Freiheit und Eigentum beschützt. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, haben die Untertanen ein Recht auf Widerstand gegen die Regierenden.

John Locke wurde am 29. August 1632 in Wrington bei Bristol geboren. John Locke war ein englischer Arzt sowie einflussreicher Philosoph und Vordenker der Aufklärung.

John Locke

Nach einem Studium von Naturwissenschaft, Medizin und Staatslehre lernte er Lord Shaftesbury kennen. Als dieser Lordkanzler wurde, erhielt Locke ein Staatsamt, das er beim Sturz des Lords wieder verlor. Nach vier Jahren in Südfrankreich wurde Locke erneut für kurze Dauer in den Staatsdienst berufen.

Seine politische Philosophie beeinflusste die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten, die Verfassung der Vereinigten Staaten, die Verfassung des revolutionären Frankreichs und über diesen Weg die meisten Verfassungen liberaler Staaten maßgeblich.

Er bildete zusammen mit Isaac Newton und David Hume die Hauptvertreter des britischen Empirismus. Des Weiteren ist er neben Thomas Hobbes (1588–1679) und Jean-Jacques Rousseau (1712–1778) einer der bedeutendsten Vertragstheoretiker im frühen Zeitalter der Aufklärung.

In seinem Hauptwerk »Ein Versuch über den menschlichen Verstand« ging Locke davon aus, dass sich Erkenntnis nur durch Erfahrung gewinnen lässt und wurde so zum Begründer des englischen Empirismus. Locke widersprach Descartes' Lehre von der Existenz angeborener Ideen.

John Locke starb am 28. Oktober 1704 in Oates, Epping Forest, Essex.

Freitag, 19. August 2022

Blaise Pascal 360. Todestag

Blaise Pascal


Blaise Pascal starb vor 360 Jahren am 19. August 1662 im Alter von 39 Jahren in Paris. Blaise Pascal war ein französischer Philosoph, Physiker und Mathematiker des 17. Jahrhunderts und einer der bedeutendesten Denker seiner Zeit.

Er war der bedeutendste Mathematiker seiner Zeit, zugleich ein philosophischer Prosaist von Rang und ein tief religiöser Mensch.

Blaise Pascal

Als Wissenschaftler machte Pascal zahlreiche Entdeckungen: Er entwickelte 1642 die erste Rechenmaschine, entdeckte 1647 das Gesetz der kommunizierenden Röhren und arbeitete u.a. über die Wahrscheinlichkeitsrechnung.

Bis heute gilt Pascal als wortgewaltiger Apologet des Christentums und Verfechter einer tiefen christlichen Ethik. Kritiker des Christentums wie der Abbé Meslier oder Voltaire haben ihn daher früh als hochrangigen Gegner attackiert.

Acht Jahre nach seinem Tod erschienen Pascals Aufzeichnungen erstmals in einer Buchausgabe. Sie wurden erstmals 1670 unter dem Titel »Pensées sur la religion et autres sujets« von Freunden Pascals auszugsweise und unter Herstellung einer vermeintlich sinnvollen Ordnung veröffentlicht.

Blaise Pascal wurde am 19. Juni 1623 als Sohn eines Vorsitzenden Richters des Steuergerichts (Cour des Aides) der Auvergne in Clermont-Ferrand geboren.

Literatur:

Gedanken
Gedanken
von Blaise Pascal

Samstag, 13. August 2022

Mittelmeerisches Denken kündet vom Glück der Einfachheit


Albert Camus preist die vitale Natur, den Süden, die anarchische Freiheit des Einzelnen, den Lebensgenuss ohne höheren Sinn. Die Menschen geben sich den einfachen hedonistischen Genüssen hin. Er entwickelt ein "mittelmeerisches Denken", ein "solares" Prinzip, das in der Debatte um Nord- gegen Südeuropa wieder aktuell wird. Sein bestimmendes Prinzip ist das solare Denken.

Albert Camus war ein Mensch des Mittelmeeres - ein im Mittelmeerraum tief verwurzelter Mensch. Sein Werk ist nicht denkbar ohne das Klima und die Salzluft Nordafrikas und es ist umspült von dem Wasser des Mittelmeeres. Viele seiner Werke wurzeln im Mittelmeerraum. Seine Erzählung "Der Fremde", seine Essays "Der Mythos des Sisyphos" und "Der Mensch in der Revolte" sowie sein letzter autobiografischer Roman "Der erste Mensch" kreisen um das Mittelmeer.

Der berühmte Essay "Der Mensch in der Revolte" von Albert Camus endet mit einem Aufruf zum "mittelmeerischen Denken", das er im Gegensatz zur "deutschen Ideologie" begreift. Mittelmeerisches Denken kündet vom Glück der Einfachheit.

Samstag, 6. August 2022

Die grosse Sehnsucht nach dem Süden

Cinque Terre


Im Sommer gibt es eine unzähmbare Sehnsucht nach dem Süden. Sehnsuchtsort ist das Mittelmeer. Der Süden ist mehr als nur ein Reiseziel - er ist eine große Versprechung, denn er lockt mit Sonne, Strand und Dolce Vita: der Süden lässt den Besucher auf den Geschmack und in vielerlei Genüsse kommen, welche alle Sinne ansprechen und betören. Kein Wunder also, daß die Urlauber - von der Sehnsucht getrieben - sich im Sommer aufmachen und nach Süden in ihre Sehnsuchtsorte reisen. Schon Goethe fuhr los, um das Land der blühenden Zitronen zu genießen.

Johann Wolfgang von Goethe

Johann Wolfgang Goethe reiste noch nach alter Sitte mit der Postkutsche an, um blühende Zitronen zu suchen, Heinrich Heine ließ als Reisezweck Vergnügen in seinen Pass eintragen, als er 1828 nach Italien fuhr. Jedes Jahr aufs Neue überkommt die Deutschen der Drang nach dem Mittelmeer vor allem dann, wenn der Sommer zu Hause auf sich warten lässt.

Wen die Sehnsucht nach dem Paradies packt und wer von ihr getrieben ist, für den ist die Zeit des Aufbruchs gekommen. Der Süden ist eine Gegend, die alle Sinne anspricht, daher das viele Reisen in diese Richtung. Das milde Licht, die wilden Strände, die üppige Natur und die duftenden Köstlichkeiten der mediterranen Küche entwickeln einen Sog, dem sich kaum jemand entziehen kann.

Philosophen und Wissenschaftler haben dieses Phänomen untersucht und sind sich einig: Das Paradies liegt im Süden. Jeder mag dort sein eigenes Paradies in seiner Vorstellung finden: Die einen glauben an die Kraft der Sonne, die einen besser macht, die anderen an die andere Lebensart - das ansteckende Laissez faire - der Südländer und ihre Gastfreundschaft. Einge finden dort tatsächlich ihre Paradies, die anderen einfach einen Ort zum Entspannen und Urlaub machen. Wer die Seele baumeln lassen möchte, ist im Süden genau richtig.

Über den Zusammenhang von Temperatur und Temperament, zwischen Kultur und Klima haben die Philosophen schon seit Jahrhunderten nachgedacht. Sie kamen dabei immer zu dem gleichen Ergebnis: Im Süden ist es schöner. Und weil es im Süden schöner ist, reisen Urlauber nur zu gerne hin.

Schon Friedrich Nietzsche fand heraus: "Das deutsche Klima allein ist ausreichend, um starke und selbst heroiich angelegte Eingeweide zu entmutigen." Denn das Tempo des Stoffwechsels stünde, so meinte er, "in einem genauen Verhältnis zur Beweglichkeit oder Lahmheit des Geistes." - Auch Montesquieu, der französische Staatstheoretiker, lag ganz auf Nietzsches Linie. Der Genießer ging davon aus, dass ein Wandel des Wetters verwandelte Menschen schafft: "In den heißen Ländern ist Hautgewebe lockerer, Nervenenden sind nach außen gewandt und der leisteste Regung winzigster Objekte ausgesetzt."

Deshalb herrscht dort die wahre Sinnlichkeit: "In den kalten Ländern wird die Genussfähigkeit für Vergnügungen gering sein. In den heißen Ländern wird sie äußerst groß sein. Man könnte das Klima, ebenso wie man es nach Breitengraden misst, gewissermaßen nach Graden der Genussfähigkeit messen." Montesquieu beschrieb also den besonderen Reiz der Sinnlichkeit im Süden. Wer will bei dieser Aussicht schon im Norden bleiben?

"Im Regen", schrieb der Nobelpreisträger Elias Canetti, "sehen die Menschen aus, als hätten sie viel vor. In der Sonne sehen die Menschen aus, als verdienten sie es zu leben."

Weblinks:

Sehnsucht nach dem Süden - www.focus.de

Literatur:

Der Süden - Geschichte einer Himmelsrichtung
Der Süden - Geschichte einer Himmelsrichtung
von Dieter Richter

Die grosse Sehnsucht nach dem Süden
Die grosse Sehnsucht nach dem Süden
von Joachim Weiser

Samstag, 30. Juli 2022

Geschichte Philosophie Jürgen Habermas

Auch eine Geschichte der Philosophie

Das neue Buch von Jürgen Habermas ist auch eine Geschichte der Philosophie. Das umfangreiche Kompendium in zwei Bänden gibt im Stil einer Genealogie darüber Auskunft, wie die heute dominanten Gestalten des westlichen nachmetaphysischen Denkens entstanden sind. Als Leitfaden dient ihm der Diskurs über Glauben und Wissen, der aus zwei starken achsenzeitlichen Traditionen im römischen Kaiserreich hervorgegangen ist.

Habermas zeichnet nach, wie sich die Philosophie sukzessive aus ihrer Symbiose mit der Religion gelöst und säkularisiert hat. In systematischer Perspektive arbeitet er die entscheidenden Konflikte, Lernprozesse und Zäsuren heraus sowie die sie begleitenden Transformationen in Wissenschaft, Recht, Politik und Gesellschaft.

Das neue Buch von Jürgen Habermas ist aber nicht nur eine Geschichte der Philosophie. Es ist auch eine Reflexion über die Aufgabe einer Philosophie, die an der vernünftigen Freiheit kommunikativ vergesellschafteter Subjekte festhält: Sie soll darüber aufklären, »was unsere wachsenden wissenschaftlichen Kenntnisse von der Welt für uns bedeuten – für uns als Menschen, als moderne Zeitgenossen und als individuelle Personen«.

Das Werk hat nicht den Anspruch, die Geschichte der Philosophie hinreichend zu behandeln. Man lasse sich vom Titel nicht täuschen: Trotz seiner 800 Seiten ist das Werk viel zu lückenhaft, um als Geschichte der Philosophie durchzugehen. Aristoteles, die Stoa und Epikur werden z.B. nicht explizit behandelt, nur hier und da erwähnt. Auch Darwin wird nur zweimal erwähnt, das gleiche Karl Popper. Solche Dinge interessieren den Autor nicht, er hat andere Intentionen. Dabei sind die Denker für die Philosophie elementar wichtig.

Im zweiten Band Luther, Hume, Kant, Hegel, nach Marx kommt schon nicht mehr viel. also eher Schlaglichter. Es handelt sich im Grunde um eine Religionsphilosophie von Habermas, ins historische gewendet. Wer sich beispielsweise noch nie mit Platon beschäftigt hat, wird auf die Nase fallen. Aus den wenigen Seiten von Habermas lässt sich diese Philosophie nicht erschließen.

Gut gefällt die Rezension von Jörg Später im Deutschlandfunk: "Mit Vorfreude und mit Spannung, aber auch mit den Mühen der Ebene. Es wird eine voraussetzungsvolle Lektüre, am besten hat man Philosophie studiert. Das Buch stützt sich auf ein überaus komplexes Gedankensystem wie schon Habermas‘ Hauptwerk, die »Theorie des kommunikativen Handelns«. Manche Passagen muss man zwei Mal lesen. Ein Stift in der Hand ist unentbehrlich. Die nüchterne Sprache, die wissenschaftliche Diktion verlangt große Konzentration."

Literatur:

Auch eine Geschichte der Philosophie: Band 1: Die okzidentale Konstellation von Glauben und Wissen. Auch eine Geschichte der Philosophie: Band 1: Die okzidentale Konstellation von Glauben und Wissen. von Jürgen Habermas

Samstag, 23. Juli 2022

Gedanken zum Spiel in der Philosophie

Heraklit Friedrich Nietzsche


Die Welt will spielerisch bewältigt werden. - In der Philosophie haben sich immer wieder bedeutende Denker ihre Gedanken über das Spiel und dessen Erklärung gemacht, denn die Philosophie, die ja sonst die tiefe Ernsthaftigkeit in der eigenen Sache zur größten Tugend erklärt, kann sich auch diesem Thema nicht verschließen.

Heraklit Die originellsten Denker haben das Spiel geradezu zum Welterklärungsprinzip gemacht. So finden sich seltene, aber aufschlussreiche Textstellen, gerade bei Denkern, denen man auf den ersten Blick einen tief verwurzelten Spieltrieb gar nicht zutrauen würde.

Heraklit

Dem Vorsokratiker Heraklit glich die ganze Welt als „göttliches Spiel“ und Friedrich Nietzsche deutet in seiner Interpretation des Vorsokratikers Heraklit gleich die ganze Welt als „göttliches Spiel“. Ludwig Wittgenstein, der Begründer der Sprachphilosophie, etwa entwirft in seinem Spätwerk den Begriff des „Sprachspiels“ als Medium, in dem sich alles Weltverständnis bewegen muss.

Interessant ist hier vor allem, wie die einzelnen Denker das Spiel sehen, was es für sie bedeutet. So definiert sich Nietzsches Prinzip des Spiels vor allem über die spielerische Unschuld und Freiheit, wohingegen Wittgensteins „Sprachspiel“ eher ein Korpus von Regeln meint, in dem gewisse Züge eben sinnvoll sind oder nicht. Eines haben Nietzsches und Wittgensteins Deutungen des Spiels allerdings gemeinsam: Beide Philosophen meinen es ernst.

Friedrich Nietzsche

Was Friedrich Nietzsche, der von seinem vierten bis zu seinem zehnten Lebensjahr als einziger Mann in einem Frauenhaushalt gelebt hat, in seiner frühen Kindheit gespielt hat, ist nicht klar überliefert. Unbestritten ist seine bereits früh aufgetretene philologische und philosophische Faszination für die griechische Antike. In seiner frühen Schrift „Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen“, einer durch und durch subjektiven Betrachtung der griechischen Philosophie vor Sokrates, beschäftigt sich Nietzsche besonders ausführlich mit Heraklit von Ephesos. Nietzsche verehrt Heraklit wie kaum ein anderer und nennt ihn den „göttlichen Blitzschlag“ in der vorsokratischen Philosophie.
Heraklit, wegen seiner oft rätselhaften Sprache auch „der Dunkle“ genannt, war im fünften Jahrhundert vor Christus vor allem in seiner Heimatstadt Ephesos an der kleinasiatischen Küste tätig. Wie von vielen Vorsokratikern sind von ihm nur Fragmente überliefert, die allerdings alle ein eindeutiges Thema haben. Heraklit vertritt eine Lehre des Gegensätzlichen: Jedes Ding beinhaltet seine eigene Negation, ja der gesamte Kosmos ist der ewige Widerstreit aneinandergebundener Gegensätze, der sich in stetem Werden und Vergehen äußert. Die Welt ist also nicht wie im Volksglauben stabil und unveränderlich, sondern ein steter Prozess und ein ewiges Fließen.

Samstag, 16. Juli 2022

Nietzsche und Heraklit

Heraklit Friedrich Nietzsche und Heraklit



Friedrich Nietzsche

Nietzsche ist bekannt für seine bereits früh aufgetretene philologische und philosophische Faszination für die griechische Antike. In seiner frühen Schrift „Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen“, einer durch und durch subjektiven Betrachtung der griechischen Philosophie vor Sokrates, beschäftigt sich Nietzsche besonders ausführlich mit Heraklit von Ephesos. Nietzsche verehrte Heraklit wie kaum ein anderer und nannte ihn den „göttlichen Blitzschlag“ in der vorsokratischen Philosophie.

Heraklit, wegen seiner oft rätselhaften Sprache auch „der Dunkle“ genannt, war im fünften Jahrhundert vor Christus vor allem in seiner Heimatstadt Ephesos an der kleinasiatischen Küste tätig. Wie von vielen Vorsokratikern sind von ihm nur Fragmente überliefert, die allerdings alle ein eindeutiges Thema haben.

Heraklit

Heraklit wurde um 520 v. Chr. in Ephesos geboren. Heraklit war ein vorsokratischer Philosoph aus dem ionischen Ephesos. Heraklit stammte aus einer vornehmen Familie. Der antike Denker lebte sehr zurückgezogen.

Heraklit vertritt eine Lehre des Gegensätzlichen, die auch Nietzsche übernehmen sollte: Jedes Ding beinhaltet seine eigene Negation, ja der gesamte Kosmos ist der ewige Widerstreit aneinandergebundener Gegensätze, der sich in stetem Werden und Vergehen äußert. Die Welt ist also nicht wie im Volksglauben stabil und unveränderlich, sondern ein steter Prozess und ein ewiges Fließen.

Heraklit erscheint aufgrund seiner tiefen Ernsthaftigkeit oder eben wegen des „fließenden Prinzips“ stets als weinender alter Mann. Bilder, die Heraklit selbst verwendet, um seine Lehre zu verdeutlichen, sind das Bild des Bogens oder das Bild der Leier. In beiden Fällen entsteht der Nutzen erst im Zusammenbinden des Widerstrebenden. Als Metapher für die ganze Welt als unsteten Prozess und Übergang wählt Heraklit das Feuer. Mehr noch, irgendwann, meint er, vergeht jede Welt als Ganzes im reinen Feuer, im Weltenbrand, aus dem dann eine neue Welt des Gegensätzlichen hervorgeht.

Freitag, 15. Juli 2022

Walter Benjamin 130. Geburtstag

Walter Benjamin


Walter Benjamin wurde vor 130 Jahren am 15. Juli 1892 in Berlin geboren.

Als Philosoph, Kunsttheoretiker sowie Gesellschafts- und Literaturkritiker machte sich Benjamin bald einen Namen, wobei es die „jüdischen Themen“ Sprache und Zeit waren, die seine Werke trugen. Seine Thesen „Über den Begriff der Geschichte“ zählen wohl zu den provokantesten und meist missverstandenen Texten zur Geschichtsphilosophie.

Walter Benjamin hinterlässt einen großes philosophisches Werk, indem er versuchte, rationale Wissenschaft, linke Politik und Mystik zu verbinden. Seine jüdischen Wurzeln führten ihn früh zur Kabbala.

Walter Benjamin lebte von 1920 bis 1933 als freier Schriftsteller in Berlin.

Nach dem Abitur 1912 studierte er Philosophie, deutsche Literatur und Psychologie in Freiburg im Breisgau, München und Berlin.

1921 erschien eine Übersetzung von Baudelaire-Gedichten, der er seinen selbstbewussten Aufsatz »Die Aufgabe des Übersetzers« vorwegstellt.

Walter Benjamin


Seine 1921 erschienene philosophische Schrift »Zur Kritik der Gewalt« beeinflusste viele bedeutende Denker. Nachdem sein Versuch, eine Zeitschrift mit dem Titel »Angelus Novus«, der auf ein Bild Paul Klees zurückging, herauszugeben, gescheitert war, versuchte er 1923/24, in Frankfurt am Main die philosophische oder germanistische Habilitation zu erlangen.

Er lernte hier Theodor W. Adorno und Siegfried Kracauer kennen. Seine Habilitationsschrift »Ursprung des deutschen Trauerspiels« erwies sich jedoch als zu unorthodox für den akademischen Betrieb und so zog er sein Habilitationsgesuch 1925 zurück.

1926 und 1927 hielt Benjamin sich jeweils einen großen Teil des Jahres in Paris auf, wo er, teilweise gemeinsam mit Franz Hessel, an der Übersetzung der Werke von Marcel Proust arbeitete und als Publizist tätig war.

Sein Interesse für den Kommunismus führte Benjamin für mehrere Monate nach Moskau. Zu Beginn der 1930er Jahre verfolgte Benjamin gemeinsam mit Bertolt Brecht publizistische Pläne und arbeitete für den Rundfunk.

Die Machtübernahme der Nationalsozialisten zwang Benjamin, im März 1933 ins Exil nach Paris zu gehen. Als Mitarbeiter des nach New York emigrierten Instituts für Sozialforschung ermöglichte Max Horkheimer ihm ein bescheidenes Überleben.

Am Tag vor dem Einmarsch der deutschen Truppen in Paris verließ Benjamin die Stadt und begab sich nach Lourdes. Von hier reiste er zunächst weiter nach Marseille, bevor er im September 1940 vergeblich versuchte, nach Spanien zu flüchten. Im Grenzort Portbou, wo er mit der Auslieferung an die Deutschen bedroht wurde, nahm er sich am 26. September durch Morphium das Leben.

Er war eng befreundet mit Gershom Scholem, Ernst Bloch, Bertolt Brecht, Hannah Arendt, Theodor W. Adorno, Max Horkheimer und vielen anderen heute bekannten Philosophen und Schriftsteller.

Walter Benjamin starb am 26. September 1940 in den nordspanischen Grenzort Portbou auf der Flucht vermutlich durch Suizid. Walter Benjamin war ein bedeutender deutscher Philosoph, Literaturkritiker und Übersetzer in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Weblinks:

Internationale Walter Benjamin Gesellschaft - www.walter-benjamin.org

Der Philosoph Walter Benjamin - www.wbenjamin.de

Der Philosoph Walter Benjamin – Die Schatten des Fortschritts - www.swr.de


Literatur:

Denkbilder


Denkbilder von Walter Benjamin

Sprache und Geschichte. Philosophische Essays.


Sprache und
Geschichte. Philosophische Essays.


Kritiken und Rezensionen


Kritiken und
Rezensionen

Samstag, 9. Juli 2022

Mythos »Tour de France«

Tour de France Tourmalet

Jan Ullrich

Die »Tour de France« - auch »Grand Boucle« genannt - ist das bekannteste und bedeutendste Radrennen der Welt. Die »Tour de France« ist ein gewobener Mythos, der viele Geschichten hervorgebracht hat und von dem zu erzählen lohnt. Die Strecke stellt in ihrem Verlauf jeweils ganz unterschiedliche Anforderungen an die Teilnehmer der Rundfahrt und erfordert unterschiedliche Stärken der Fahrer. In diesem Jahr ist die Strecke 3.346 Kilometer lang.

Die Tour ist der ewige Kampf um das Gelbe Trikot (Maillot Jaune), das grüne und das gepunktete rote Trikot. Ein Radrennen ist das geschickte Zusammenspiel der Kräfte von Fahrer, Team und Konkurrenz im Kampf gegen die Strecke, die Hitze und die Zeit. Im Rennverlauf verteilt sich das Fahrerfeld in die Spitzengruppe, Peloton und Groupetto.

Die »Tour de France« hat Geschichte und auch ihre Geschichten geschrieben, ebenso wie die Rennfahrer, die an ihr teilgenommen haben. 25 Jahre nach dem einmaligen Tour-Sieg von Jan Ulrich im Jahr 1997 ist die Tour wieder ein gefragtes weltumspannendes Ereignis.

Tour de France Karte 2022

Die Rennfahrer, die kräftig in die Pedale treten, sind wahre Helden, die Streckenführung ist eine Bildungs- und Entdeckungsreise und die Landschaft ist die Kulisse mit ständigen Verweisen auf die französische und europäische Geschichte.

Körperliche Höchstleistungen müssen keineswegs im Widerspruch zu intellektuellen Ambitionen stehen. Der radfahrende Mensch erweist sich zuweilen auch als großer Denker, der zu klaren Einsichten fähig ist. Denn auch und gerade im (Radrenn-)Sport gilt der Leitsatz, den einst Henri Bergson formulierte, der französische Philosoph und Literaturnobelpreisträger: »Man muss wie ein denkender Mensch handeln und wie ein handelnder Mensch denken.«

Immer wieder haben sich Philosophen wie Roland Barthes, Olivier Haralambon und Peter Sloterdijk bis hin zu Guillaume Martin sich für die berühmte drei-wöchige Radrundfahrt durch ganz Frankreich interessiert und darüber ihre Artikel, Kolummnen und Kommentare geschrieben. Auch kann man sich so manchen Philosophen vorstellen, der einen sinnreichen Beitrag zur Tour verfasst haben könnte.

Peter Sloterdijk

Die stets kräftig in die Pedale tretenden Pedaleure leisten auf der Rundfahrt Übermenschliches und man begreift, dass das, was diese Männer leisten, alles übersteigt, was Normalsterbliche begreifen können“, sagte der Hobbyradler und Philosoph Peter Sloterdijk vor Jahren gegenüber dem »Spiegel«, „nämlich der »Tour de France« alles unterzuordnen, alles zu riskieren, rücksichtslos – sich selbst gegenüber, dem Leben.“



Die Rennfahrer sind als Ritter der Strasse die wahren Helden der »Tour de France«. Die »Tour de France« hat viele Rennfahrer, die an ihr teilgenommen haben, zu Helden gemacht, aber auch immer wieder Tragödien heraufbeschworen und hervorgebracht.

Guillaume Martin

In »Sokrates auf dem Rennrad« schickt Guillaume Martin die bedeutendsten Denker der Geschichte in das größte Radrennen der Welt: die »Tour de France«.

Fest im Programm der Tour sind Stationen, die längst zu Mythen geworden sind. Dazu gehören die Orte Alpe d'Huez, Meribel und die Berge Galibier, Col de la Croix de Fer, Mont Ventoux und Puy de Dome und Planche de Belphi.

Alpe d'Huez: 21 Serpentinen, eine Kirche und unzählige Dramen. Die Königsetappe der diesjährigen Tour weist über 4.500 Höhenmeter auf. Das Spektakel wartet am Ende, wenn es den 13,8 Kilometer langen Anstieg zum Skiresort Alpe d'Huez hinauf geht. Fast 14 steile Kilometer, 21 berühmte Serpentinen, mehrere Hunderttausend euphorische Fans: Mit der Bergankunft in Alpe d'Huez erreicht die 109. Tour de France am Donnerstag ihren Siedepunkt. Erstmals seit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie steht das Skiresort in den Alpen wieder im Programm - und die Franzosen hoffen an ihrem Nationalfeiertag auf einen Heimsieg am berühmtesten Berg der Tour.

Mont Ventoux Francesco Petrarca

Es war der bereits von dem Dichter Petrarca bestiegene Mont Ventoux, der den Briten Tom Simpson im Jahr 1967 beim Anstieg in der brütenden Hitze einen jammervollen Tod sterben ließ, manche sagen soagr umgebrachte hat. "Der Ventoux ist ein Gott der Bosheit, dem Opfer dargebracht werden müssen. Er vergibt niemals Schwäche, er fordert ein schier ungerechtes Maß an Leiden", schrieb der normannische Philosoph Roland Barthes bereits im Jahr 1957, als hätte er das tragische Schicksal Simpsons schon damals vorausgeahnt.

Tour de France Karte 2022


Samstag, 2. Juli 2022

»Kritik der zynischen Vernunft« von Peter Sloterdijk

Kritik der zynischen Vernunft Peter Sloterdijk

Die »Kritik der zynischen Vernunft« ist ein 1983 erschienenes zweibändiges Werk des deutschen Philosophen Peter Sloterdijk. Das Werk behandelt den Kynismus/Zynismus als gesellschaftliches Phänomen der europäischen Geschichte. Mit diesem Werk gelang Peter Sloterdijk der Durchbruch als philosophischer Autor. Das zweibändige Werk erschien 1983 vor dem Hintergrund der atomaren Bedrohung und das NATO-Raketen-Nachrüstungsbeschlusses und stieß auf ein großes Echo.

Dieses epochale Werk ist ein Versuch der Neubewertung der Aufklärung im Zeitalter der Gegenwart ganz im Sinne Immanuel Kants. Sloterdijk betreibt darin moderne Aufklärung als Ideologiekritik. Der erste Band beinhaltet die philosophischen Grundlagen. Der zweite Band fächert darauf aufbauend eine Phänomenologie der Handlungsgeschichte auf. In beiden Bänden ist der Text-Bild-Bezug ein integraler Bestandteil des philosophischen Diskurses.



200 Jahre nach dem Erscheinen von Kants »Kritik der reinen Vernunft« sieht sich jede Kritik, die Aufklärung in der Gegenwart einlösen will, mit einer neuen Form des falschen Bewußtseins konfrontiert. Dieses falsche Bewusstsein beruht weder auf Lüge noch auf Irrtum, es ist auch nicht durch die auf eine "Kritik der politischen Ökonomie" gestützte Ideologiekritik aufzulösen.

Peter Sloterdijk






Zynismus ist das aufgeklärte falsche Bewußtsein. Es ist das modernisierte unglückliche Bewußtsein, an dem Aufklärung zugleich erfolgreich und vergeblich gearbeitet hat. Es hat seine Aufklärung gelernt, aber nicht vollzogen und wohl nicht vollziehen können. Gutsituiert und miserabel zugleich fühlt sich dieses Bewusstsein von keiner Ideologiekritik mehr betroffen, da seine Falschheit bereits reflexiv gefedert ist.

Peter Sloterdijk



Sloterdijk - ein aufgeklärter Vertreter der zynischen Vernunft - übt in seinem Werk moderne Ideologiekritik im aufgeklärten Sinne. Das Herrschaftwissen der Eliten hält sich den Schleier der Demaskierung selber vor - es ist zynisch geworden. Zeit also, sich um eine zeitgemäße Aufklärung zu bemühen. Diesem Unterfangen widmet sich Sloterdijk in seinem epochalen Werk anhand der Verfahrensweisen des antiken Kynismus.

Aufklärung erfordert heute den Mut zur Frechheit, um dem vorherrschenden Herrenzynismus zu begegnen. Für Sloterdijk bedarf moderne Aufklärung eines kynischen Impulses, d.h. der Frechheit von unten. Sloterdijks Werk ist der Kristallisationkern, um den sich eine Realphilosophie eines erneuerten Kynismus entfalten kann.

Dieses Werk ist im besten Sinne aufklärerisch, denn es legt den Finger auf eine Wunde unserer modernen Geschichte. Dass nämlich jeder aufklärerische Impuls irgendwann zu Denkfaulheit und Abgestumpftheit des Herzens verflacht und dann zynisch wird. Anders gesagt: Wer irgendwann in der Geschichte recht bekam, der kämpfte darum, recht zu behalten, und wer so oft recht behielt, dass er sich gar nicht mehr rechtfertigen musste, der wurde gar zynisch.


Literatur:

Kritik der zynischen Vernunft
Kritik der zynischen Vernunft
von Peter Sloterdijk