Albert Camus hat in seinem Klassiker »Die Pest« bereits 1947 einen
Apokalyptiker und seine Transformation zum Amoktäter beeindruckend
charakterisiert.
Zunächst begegnet dem Berichterstatter aus Camus’ Roman die
Figur des Cottard als ein depressiver Rentner, der gerade versucht hat,
sich aufzuhängen, ein zurückgezogener, offenbar misanthropischer
Einzelgänger und Sonderling. Die ausgebrochene Pest beginnt ihn zu
interessieren:
"Die Leute reden von einer Seuche. Stimmt das, Herr Doktor?"
"Die Leute reden immer. Das ist so ihre Art", antwortete Rieux.
"Da haben Sie recht. Und wenn wir ein Dutzend Tote haben, wird
das als das Weltende betrachtet. Nein, das ist nicht, was wir brauchen."
(…)
"Was brauchen wir denn?", fragt der Arzt und lächelte zurück.
Da umklammerte Cottard auf einmal den Wagenschlag, und er schrie
mit tränenerstickter, wuterfüllter Stimm: "Ein Erdbeben. Ein
richtiges!"
Die Pest
Mit dem Fortschreiten der Pestepidemie blüht er auf, wird
freundlich und sucht Kontakte. Alle sitzen in einem Boot. Er glaubt, da
er bereits mit seiner psychischen Krankheit hinreichend belastet ist,
könne ihn die Pest nicht ereilen, da man Krankheiten nicht anhäufen
könne. "Alles in allem bekommt die Pest ihm gut. Aus einem Menschen, der
wider willen einsam war, macht sie einen Spießgesellen. Denn er ist
offensichtlich ein Spießgeselle, und zwar ein Spießgeselle, der sich
ergötzt."
Mit dem Abklingen der Pestepidemie holen Niedergeschlagenheit und
schlechte Laune Cottard wieder ein. Er kehrt zurück in seine Einsamkeit,
seine Isolation, bricht seine sozialen Kontakte ab. Als die Quarantäne
aufgehoben wird und die befreiten Menschen auf den Straßen feiern,
verschanzt er sich in seinem Zimmer und schießt aus dem Fenster auf
alles, was sich bewegt, wird, als die von ihm erhoffte Apokalypse nicht
eingetreten ist, zum Amoktäter. Er besaß, so beendet Camus Cottards
Charakterisierung, "ein unwissendes, das heißt einsames Herz".
Cottard: Rentner, der einen Selbstmordversuch begeht und aufgehört hat, am Leben teilzunehmen. Als Verurteilter und
Schmuggler profitiert er von der Pest, die ihn auch zurück ins Leben und die Gesellschaft bringt.
Weblink:
Die Pest von Albert Camus