Samstag, 16. Mai 2020

Karl Marx, die Gegensätze und die sozialen Folgen der Krise









Der Corona-Shutdown hat die Wirtschaft in Europa lahmgelegt. Besonders betroffen sind südeuropäische Länder wie Spanien und Italien. Die Krise läßt die wirtschaftliche Mißstände, unternehmerische Unterlassungen und soziale Verwerfungen offen an das Tageslicht treten. Corona hat deutlich aufgezeigt, daß das 70 Jahre gelebte Wirtschaftsmodell nicht krisensicher ist, immer wieder von Krisen erschüttert wird und daß Krisen einfach zum strukturellen Wesen des Kapitalismus gehören.

Bei Karl Marx kommt in der Krise die Ökonomie ins Spiel, kein Wunder, denn mit Krisen kannte Karl Marx sich aus, denn er hat diese Erscheinungen als persönliche auch als gesellschaftliche Krisen erfahren müssen. Gesellschaftliche Krisen haben immer die Tendenz, gesellschaftliche Gegensätze zu verschärfen und von der Gegensteuerung der Politik hängt es in Zeiten der Krise ab, wie diese gemeistert werden kann.

Der Lauf der Geschichte wird dialektisch als Abfolge von Klassenkämpfen interpretiert, die jeweils einen gesellschaftlichen Fortschritt in dessen Ablauf markieren. Das Endziel der Geschichte sieht Marx in der klassenlosen Gesellschaft des Kommunismus verwirklicht.

Der Marximus hat zwar fundamentale Mechanismen der Industriegesellschaft und des Kapitalismus erkannt und durchschaubar gemacht, in der politischen Praxis versagt durch einen Mangel an Anthropologie. Ideologische Vernachlässung unseres natürlichen Bedarfes an Emotionalizät und Subjektivität.


»Die Analysen des großen Denkers waren vielfach richtig. Teile seines Instrumentariums und seiner Methode sind auf faszinierende Weise modern geblieben. Seine Antworten erwiesen sich vielfach als falsch, seine Hoffnungen als trügerisch.« Willy Brandt

Ein Verweis auf die Fehlentwicklungen, die schon bei Marx angelegt waren: Er war ein Kind des neunzehnten Jahrhunderts und bewunderte die Dampfmaschinen in den Fabriken. Da war er Modernisierungstheoretiker mit all den teleologischen Fallstricken, die wir inzwischen kennen. Nachfolger von ihm bastelten daraus ein plumpes Stufenmodell der Weltgeschichte. Marx selbst war aber ein komplexerer Denker, der seine eigenen Hauptthesen durchaus auch reflektierte und in Frage stellte.



Für Karl Marx ist die Herrschaft immer eine Herrschaft der herrschenden Klasse - der Bourgeoisie - und der Staat ist ein Instrument der herrschende Klasse, welche den Staat nach ihren jeweiligen Interessen und Vorstellungen einrichtet.


Der bürgerlichen Gesellschaft geht es um die Reproduktion der herrschenden Verhältnisse. Die Reproduktion der Gesellschaft und der bestehende Verhältnisse ist das Ziel der Herrschaft. Zu tief der Einschnitt in des gesellschaftliche Leben. Nur durch staatliche Hilfen wird die Gesellschaft in der Krise überleben, ohne fremde Hilfen dagegen zerbrechen.


Bei Karl Marx geht es letztlich immer um Produktion und Reproduktion von gesellschaftlichen und damit auch wirtschaftlichen Verhältnissen. So wird der Kapitalismus sich auch in Zeiten der Krise neu erfinden und viele neue Innovationen hervorbringen und Geschäftsmodelle erfinden, um sich zu Reproduzieren. In der Krise sind viele innovative Ideen von kreativen Köpfen entstanden, doch nur wenige davon taugen zum Geschäftsmodell.

Für Karl Marx sind wirtschaftliche Krisen immer der Ausdruck von Krisen des Kapitals - resp. Kapitalismus - für Milton Friedman gehören sie sogar zum Kapitalismus dazu. Die sozialen und gesellschaftlichen Gegensätze werden sich verschärfen. Karl Marx hätte in der Corona-Krise attestiert, daß sich die gesellschaftlichen Gegensätze verschärfen werden - allerdings ohne das daraus eine rervolutionäre Situation entstehen könnte, denn es fehlt an politischen Bewußtsein zur Veränderung einer Gesellschaft.


Für Marx ist das Privateigentum und seine ungerechte Verteilung der Grund für die Herausbildung gesellschaftlicher Gegensätze und Ausbreitung von Elend, die Ausdruck der Herrschaft der herrschenden Klasse sidn und sich so verschärfen, daß die Klassengegensätze nur durch eine vom Proletariat durchzuführenden Revolution überwunden werden können.

Diejenigen, welche die Interessen der Wirtschaft über die Gesundheit stellen, sind überzeugt davon, daß Profit und Wohlstand wichitger sind als die Gesundheit der Bevölkerung.

»Das Sein bestimmt das Bewußtsein«, hat Karl Marx gesagt. Die Krise wird das Leben verändern, doch wie wird sich das Bewußtsein verändern? Gibt es nach der Krise eine bessere Gesellschaft, welche aus der Krise etwas gelernt hat?

Entscheidend ist, was aus einer Krise resultieren und hervorgebracht werden wird. - Wird am Ende der Krise die Gesellschaft noch die gleiche sein oder wird es eine andere geben? - Wenn Karl Marx recht hatte, dann wird die Kraft der Reproduktion, welcher der Bürgerlichen Gesellschaft immanent ist, die alten Verhältnisse wiederherstellen und Corona lediglich als häßliche Narbe hinterlassen.

Der Kapitalismus ist wie ein Chamäleon, dessen weitere Entwicklung auch ein kluger analytischer Kopf wie Karl Marx nicht voraussehen konnte. Die Welt hat sich dank der Arbeit, dem technischen Fortschritt und der Verteilung des Wohlstands anders entwickelt wie Karl Marx sie vorausgesehen hatte. Leiharbeit, Werksverträge, Scheinselbständigkeit - kein Mittel ist den Kapitalisten ungeeignet genug, um die Würde des Menschen durch die ökonomische Hintertüre nach Kräften zu unterminieren.




Die Corona-Krise wird zu einer Wirtschaftkrise mit steigender Arbeitslosigkeit führen und viele Verlierer wie Alleinerziehende, Hartz IV-Bezieher und weitere Mini-Jobber produzieren. Die Krise wird die sozialen Gegensätze in Europa und zwischen Arbeit und Kapital verschärfen und zu einer erheblichen Spaltung der Gesellschaft führen, ohne daß sich dabei eine Klasse bilden wird, welche die Gegensätze überwindet.

Wenn gegen die soziale Armut nichts getan wird, werden die Populisten das Rennen. Die werden ebenfalls einen Teufel tun, die soziale Armut bekämpfen, bis die Empörten aufstehen und die dann Regierenden mit Gewalt aus dem Amt jagen.Wer politisch keine Orbanisierung der Gesellschaft möchte, sollte als Politiker anfangen, etwas gegen Rechts zu tun

Doch hört man kritische Stimmen in der Krise, daß es kein Zurück zur bürgerlich-kapitalistischen Struktur geben darf. Der aktuelle Zustand des Landes erinnert an jenen der Ostzone 1970: kein Individualverkehr, keine Fereinflüge, keine Kreuzfahrten, keine Veranstaltungen mit Lebensfreude und Versorgung nur mit dem absolut Notwendigsten.

In der Corona-Krise sind zwei Tendenzen zu beobachten: Der Corona-Kapitalismus wappnet sich durch die Gewährung von Krediten, um sein Überleben zu sichern und ruft auf der anderen Seite auch seine Kritiker auf den Plan, welche eine andere Wirtschaftsordnung für die Zeit danach fordern und anstreben.

Man muss nicht Karl Marx heißen oder Ökonom sein, um festzustellen zu können, daß am Ende der Corona-Krise nur diejenigen überleben werden, die über ausreichend Einfluß verfügen, um durch Geltendmachung desselbigen ihre weitere Existenz und ihr Überleben - und damit gleichzeitig auch des Kapitalismus - zu sichern.

Vom wirtschaftlichen Desaster in den nächsten fünf bis zehn Jahren ganz abgesehen, welches ihren Anteil an allen Veränderungen maßgeblich zeigen wird, werden sich viele Menschen enorm verändern. Sicher nicht alle - aber je nach Kultur, Lebensform und Regierung gehe ich davon aus, dass sich nach einem langen mühsamen Weg Licht im Tunnel zeigen wird.

Angst und Bedrohungsszenarien funktionieren immer. Damit wird seit Jahren Politik gemacht. Wenn die Angst vor Corona schwindet, geht es »Weiter so wie zuvor«. Auch in der Krise steht bei der Ellbogengesellschaft das eigene Wohlergehen an erster Stelle und deshalb werden die Maßnahmen auch weitgehend akzeptiert. Es wird keine großen Änderungen geben, außer das man für den Hass auf alles Fremde noch mehr Munition hat.


Die Pandemie wird durch die steigende Arbeitslosigkeit die sozialen Gegensätze weiter verschärfen und die Spannungen erhöhen. Im weiteren Verlauf der Krise wird das Prekariat aus Geringverdienern und Beschäftigten weiter ansteigen.

Infolge der notwendigen Inanspruchnahme sozialer Dienste wird eine starke soziale Aufwertung von prekär Beschäftigten in den sozialen Berufen stattfinden, die für ihre in der Krise erbrachten Dienste viel Anerkennung erfahren.

Wenn die Politik ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden will, muss sie Risikogruppen schützen, ggf. deren Freiheitsrechte - dem Zweck des Infektionsschutzrechts gemäß - gezielt einschränken, aber nicht noch länger die gesamte Gesellschaft in Haftung nehmen.


Weblinks:

Karl Marx-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Karl Marx-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Karl Marx - www.famousphilosophers.org

Max Frisch "Am Ende steht ..." - Youtube - www.youtube.com


Blog-Artikel:

Karl Marx und das Kapital im 21. Jahrhundert

Wie aktuell sind Marx Ideen heute?

Karl Marx 200. Geburtstag

Die Irrtümer des Karl Marx

Kapitalismuskritik und der Grundkonflikt der Moderne



Samstag, 9. Mai 2020

Mit der Stoa gegen Corona

Marc Aurel




Wenn die Welt beängstigend ist, findet sich Trost in den Lehren von Philosophen, welche gewusst haben, wie man mit einer Krise umgeht.

Menschen betrachten Philosophie oft als eine Beschäftigung mit Büchern oder vielleicht als die Wahl eines Lebens bärtiger alter Männer, die asketisch in Höhlen hausen.

Aber der Stoizismus - eine alte Schule der Philosophie, die von Leuten wie Seneca, Epiktet und Marcus Aurelius praktiziert wurde - ist für die reale Welt - und angesichts der Coronavirus-Pandemie sind seine Lehren gerade jetzt von großer Bedeutung.


Mit der Stoa in betonter Gelassenheit Haltung gegen Corona zeigen. Die Menschen werden in Momenten der Kontemplation feststellen: Die Stoa hilft! In diesen Tagen und Wochen kann besonders eine praktische Philosophie wie die der Stoiker dazu beitragen, gelassen, besonnen auf die Krise zu reagieren. Die Stoiker beriefen sich auf Zenon von Kition (333-262 v. Chr.). Diese glaubten, daß die Affekte und Leidenschaften den Menschen daran hindern glücklich zu sein. Leidenschaften beirren die "Vernunft" und lassen die Dinge im falschen Licht sehen. Stoiker unterscheiden vier Gattungen von Affekten: Lust, Unlust, Begierde, und Furcht.

Halten Sie es in der Corona-Krise wie der römische Kaiser Marc Aurel, der in Zeiten von Kriegen, Elend und Hungernöten als stets gelassen blieb. Marc Aurel war ein bedeutender römischer Kaiser und Philosoph. Er war der einzige Philosoph auf dem Thron, der als römischer Kaiser ein Weltreich regierte. Die Zeitumstände jedoch sprachen gegen einen Philosophen als Kaiser, er regierte in Zeiten von Kriegen, Mißernten und Hungersnöten.


Seine philosophischen Betrachtungen sind hergeleitet aus den Ideen der Stoa (ca. 300 v. Chr.), diese dann - von Seneca und Epiktet beeinflusst - prägten sein Gedankengut im Sinne Platons Dualismus von Herrscher und Philosoph in einem zu sein. Marc Aurel war ein Anhänger der Lehren der Stoa und gilt als bedeutender Vertreter des Spät-Stoizismus. Er bekannte sich zu den Lehren der Stoa und begenete allen Widerwärtigkeiten auch mit stoischer Gelassenheit und Weisheit.


Es gibt unterschiedliche Wege und Denkhaltungen, einer Krise zu begegnen: Rückzug, innere Einkehr, Reflektion, Kontemplation und betonte Gelassenheit.


Auch im praktischen Alltag hilft die Stoa, sich bedrückenden Ereignissen entgegenzustellen und diesen die kalte Schulter zu zeigen. Wenn Ihnen, werte(r) LeserIn dieser Zeilen, zum Beispiel nach Einbruch der Dunkelheit regelmäßig bestellte ...

Weblink:

Marcus Aurelius - www.famousphilosophers.org


Samstag, 2. Mai 2020

Karl Popper und das Paradoxon der Toleranz

Karl Popper und das Paradoxon der Toleranz


Das Toleranz-Paradoxon wird wirksam, wenn eine tolerante Macht aufgrund ihrer Toleranz intoleranten Kräften erlaubt oder ermöglicht, die eigene Toleranz einzuschränken oder abzuschaffen.

Karl Popper beschrieb 1944 in seiner »Flaschenpost« am Beispiel der barbarische Ideologie des Nationalsozialismus das Paradoxon der Toleranz:


»Uneingeschränkte Toleranz führt mit Notwendigkeit zum Verschwinden der Toleranz. Denn wenn wir die unbeschränkte Toleranz sogar auf die Intoleranten ausdehnen, wenn wir nicht bereit sind, eine tolerante Gesellschaftsordnung gegen die Angriffe der Intoleranz zu verteidigen, dann werden die Toleranten mitsamt der Toleranz verschwinden.«

Der Philosoph Karl Popper beschrieb das Paradoxon dann 1945 in seinem Buch »Die offene Gesellschaft und ihre Feinde«, Band 1. per Definition etwas genauer :


Als intolerant definiert Karl Raimund Popper einen Menschen oder Gruppe nach folgenden Eigenschaften:

Verweigerung eines rationalen Diskurses
Aufruf und Anwendung von Gewalt gegen Andersdenkende und Anhänger anderer Ideologien


Bei intoleranten Menschen unterscheidet Popper zwei Kategorien:


Intoleranz des ersten Grades: intolerant gegenüber den Sitten und Gebräuchen eines Menschen, weil sie fremd sind.
Intoleranz des zweiten Grades: intolerant gegenüber den Sitten und Gebräuchen eines Menschen, weil diese intolerant und gefährlich sind.

Da wir als Menschen jedoch nicht fähig sind, die wahren Motive unserer Gegenüber zu kennen, stellt sich nun ein fundamentales unauflösbares Problem. Einem Außenstehenden ist es schwer möglich zu unterscheiden, ob ein Mensch, der sich intolerant äußert, zum ersten oder zweiten Grad gehört.

Hätte Karl Popper auch noch eine Phänomenologie der paradoxen Toleranz an seine Erkenntnis angehangen, wäre der Denker unweigerlich zu dem Schluß gekommen, daß sich ausbreitende Intoleranz dazu führen kann, daß ganze Nationen und letztlich auch die Zivilisation von intoleranten Zeitgenossen buchstäblich in Schutt und Asche gelegt werden können, wenn ihnen die Möglichkeit durch mißbräuchliche Ausnutzung von Machtfülle ermöglicht wird.

Der irische Schriftsteller und Theoretker der Aufklärung Edmund Burke (1729 - 1797) pflegte darüber bereits sehr treffend zu sagen:





„Je größer die Macht, umso gefährlicher der Missbrauch.“

Edmund Burke


So ist den Anfängen gegen Intoleranz zu wehren und diese Wehrung beginnt bereits vor der eigenen Haustüre!


Weblinks:

Karl Popper -Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Karl Popper -Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Karl Popper - www.famousphilosophers.org

Bertrand Russell 50. Todestag

Bertrand Russell



Bertrand Russell starb vor 50 Jahren am 2. Februar 1970 in Penrhyndeudraeth (Gwynedd), Wales.

Bertrand Russell war Philosoph, Logiker, Mathematiker und Sozialkritiker. Er wurde in Südwales geboren, studierte Mathematik und Philosophie in Cambridge und wurde später dort Dozent für Mathematik.

Russellr war einer der bedeutendsten britischen Mathematiker und Philosophen des 20. Jahrhunderts. Er war einer der elegantesten und radikalsten Verteidiger der Aufklärung mit einer anarchistisch-pazifistischen Grundhaltung.

Die philosophische Strömung der analytischen Philosophie, entwickelte sich in England Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts. Bertrand Russell war einer der Initiatoren der philosophischen Strömung der analytischen Philosophie, die sich in England Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte.

Bertrand Russell war der Lehrer Ludwig Wittgensteins und großer Erneuerer im Bereich Sprache und Denken. Ludwig Wittgenstein, ein Schüler und Freund von Bertrand Russell, übte großen Einfluss auf ihn aus.

1917 musste Russell aufgrund seines aktiven Pazifismus für drei Monate ins Gefängnis. 1938 erhielt er eine Gastprofessur an der Uni von Chicago und New York. 1944 lehrte er wieder in England.

Für sein Buch »Ehe und Moral«, worin er den Standpunkt der freien Liebe und unkonventioneller Partnerschaften vertritt, erhielt er 1950 den Nobelpreis für Literatur verliehen.

In seiner Arbeit stützte er sich unter anderem auf Leibniz, Peano und Frege. Ludwig Wittgenstein war teils sein Schüler, teils sein Gesprächspartner. Er wurde von ihm angeregt, seine Arbeit weiter zu treiben.

Bertrand Russell

Bertrand Russell gilt als einer der Väter der Analytischen Philosophie und entwickelte eine skeptische Erkenntnistheorie. Russell wird zusammen mit George Edward Moore als Begründer der Analytischen Philosophie und einiger deren Teildisziplinen betrachtet.

Auf Russell berufen sich die Sprachphilosophie (in der Ausrichtung der Philosophie der idealen Sprache) und auch der Logische Positivismus. Die einflussreichste Periode seiner philosophischen Arbeit mündete in seiner Version des Logischen Atomismus.

Er gilt als Vertreter des Sensualismus, einer Theorie, die alles erkennen aus Sinneseindrücken und Empfindungen ableitet. Alle Dinge bestehen nur aus wahrgenommenen Sinnesdaten, sind also nur logische Konstruktionen.

Er unterrichtete zeitweise am Trinity College in Cambridge, in Oxford, London, an der Harvard University und in Peking und war bedeutendes Mitglied der »Cambridge Apostles«.

Sein erstes Buch schrieb Bertrand Russell über die deutsche Sozialdemokratie (1896). Neben seinen mathematischen Schriften veröffentlichte er noch viele weitere gesellschaftskritische und philosophische Studien.

Zusammen mit Alfred North Whitehead schrieb er die »Principia Mathematica«, eines der wichtigsten Werke mathematischer Grundlagenforschung, nach den Erschütterungen der Mathematik Anfang des 20. Jahrhunderts.

Der Verfechter des Positivismus war Lehrer des angehenden Philosophen Ludwig Wittgenstein und trug entscheidend zur Anerkennung des Empirismus als Erkenntnistheorie bei. Wissen wird nach Russell durch unmittelbare Erfahrung gewonnen.

Der Philosoph war radikaler Pazifist und setzte sich als Vorkämpfer der Friedensbewegung gegen die Atomrüstung und das amerikanische Eingreifen in Vietnam ein.
Für seine Schriften, in denen er humanistische Ideale und die Gedankenfreiheit vertat, bekam er 1950 den Nobelpreis für Literatur verliehen.

Für Russell war würdevolles Leben einzig in einer aufgeklärten Gesellschaft vorstellbar. Die Welt braucht einen furchtlosen Ausblick in die Zukunft und eine freie Intelligenz.

Bertrand Russell wurde am 18. Mai 1872 in Trellech (Monmouthshire) in Südwales in eine adlige Familie geboren.

Blaise Pascal oder die Unrast des Menschen








Blaise Pascals berühmtestes Werk sind seine »Gedanken«. Die »Pensées« (»Gedanken«) - eine Sammlung von Fragmenten, findet sich an einer Stelle in der er die prekäre Stellung des Menschen in der Welt mit unüberbietbarer Lakonie festhält:

»Das ganze Unglück der Menschen kommt daher,
daß sie nicht ruhig in einem Zimmer bleiben können.«

Folgt man dem aphoristischen Gedanken Blaise Pascals, dann sucht der Mensch sein Glück in rastloser Beschäftigung, aus Angst, sich mit dem Tod, Elend und Not auseinanderzusetzen, statt ruhig in einem Zimmer zu sitzen und sich mit sich sebst zu bechäftigen. An den ganzen Menschen, deren größte Qual nun die irrsinnige Langeweile ist, merkt man gut, wie viele Menschen ein im Grunde sinnloses Leben führen und ihre Zeit mit Sinnlosigkeit vergeuden.

Alles muss Spaß machen, nichts darf jemals langweilig sein, Dauerkonsum und Dauersensation soll die Regel sein. Unser Belohnungszentrum muss permanent befriedigt werden, die Aufmerksamkeitsspanne verringert sich. Sich alleine zu Hause beschäftigen, in dem man ein sinnvolles Bbuch liest scheint unmöglich. Da muss schon bald eine neue Sensation her.

Für den praktisch orientierten Menschen bedeutet Pascals Gedanke in coronalen Zeiten, daß der Mensch sein ganzes Glück in der guten Stube suche!


Ein weiterer Schwerpunkt Pascals ist seine Kritik an dem äußerlichen Menschen. So entlarvt er schonungslos die menschliche Geschäftigkeit als Zerstreuung, die keinen anderen Zweck hat als die Ablenkung von einer radikalen Besinnung auf sich selbst. Er hat bereits erkannt, dass wir uns lieber zu Tode amüsieren als das wir uns mit uns selbst beschäftigen. Und die Neugier erkennt Pascal als eitles Treiben: man will nur wissen, um darüber reden zu können. Und wer denkt nicht an die heutige Situation, wenn Pascal beschreibt, wie schnell es den Menschen vor Langeweile in äußere Aktivitäten treibt. Wir hassen die Ruhe und lieben die Sensation, das Abenteuer, den Lärm und das Getümmel.


In seinen Notizen setzt sich Pascal auch den Grunderfahrung menschlichen Seins aus: etwa seiner Endlichkeit, Ungesichertheit, Widersprüchlichkeit und seinem schicksalhaften Ausgesetztsein. In vielem nimmt er den Existenzialismus vorweg. Wenn ich, so schreibt er, die kurze Dauer meines Lebens betrachte, das von der Ewigkeit davor und danach aufgesogen wird, gerate ich in Schrecken und Erstaunen, dass ich gerade hier und jetzt lebe. Wer hat mich hierhin gestellt?

Den allgegenwärtigen Wunsch nach Zerstreuung, wie er vor allem beim Adel zu Hause ist, deutet er als Ausdruck einer „gefallenen“ menschlichen Natur, einer inneren Not, eines Getrieben-Seins, das unter dem Druck von Einsamkeitsangst und Langeweile nach Ablenkung sucht. Weil sie mit sich nichts anzufangen wissen, flüchten die Menschen in den Tumult, der sie ihr Elend vergessen lässt.

Pascal lebte in einer unruhigen Zeit von Kriegen, Not und Elend und in einer Zeit absoluter Herrscher. Der König heilt sich einen Hofstaat einzig und allein, um zu verbergen, daß er allein sei.

Der gläubige Katholik Pascal versuchte, die Existenz Gottes durch das ordnende Prinzip zu beweisen, welches der Welt zugrunde liegt. Auch in den Menschen spiegelt sich das ordnende Prinzip wieder. Als Beweis für die Existenz Gottes führte Pascal die Tatsache an, daß der Mensch Gedanken verkettet und Vernunftgründe ordnet und in sich selbst das Prinzip jeden Gedankens und jeder Vernunft offenbart. Indem der Mensch Gedanken verkettet und Vernunftgründe ordnet und in sich selbst das Prinzip jeden Gedankens und jeder Vernunft offenbart, offenbart sich Gott.

»Das Weltall ist ein Kreis, dessen Mittelpunkt überall, dessen Umfang nirgends ist.«
Indem der Mensch sich mit dem Weltall auseiandersetzt, gelangt er zur Würde.

Blaise Pascal war ein tief religiöser Mensch. Sein Glaube war tief in der Religion verwurzelt. Glaube an Gott, Religion als Ausweg.

Pascals Wette lautet: »Wenn es Gott wirklich gibt, gewinnt der Mensch Alles und wenn es ihn nicht gibt, verliert er nichts.«

Der Denker stellts sich sehr intensiv den Ungeheuerlichkeiten menschlicher Existenz, seiner Schwäche und seiner Endlichkeit, ohne zu vergessen, dass dem Menschen auch eine unendlich großen Würde innewohnt. Zweitens wendet er sich radikal nach innen als dem einzigen Ort, wo Wahrheit zu finden ist. Damit wird er zugleich zum scharfzüngigen Kritiker der modernen Gesellschaft. Und drittens setzt er sich mit seiner Gotteserfahrung auseinander. Und darin wird er zum ersten Kritiker des blinden Vertrauens in die Leistungen des Verstandes.

Pascal sagt, daß es von entscheidender Wichtigkeit sei, zu wissen, ob die Seele unsterblich ist oder nicht ist wichtiger als die Lehre von Kopernikus zu ergründen, das sollte zu denken geben und zwar deswegen, weil man eben auch heute noch nicht wissenschaftlich genau sagen kann, was eigentlich Vita ausmacht.

Soweit sind wir also auf dem wissenschaftlichen Weg der Erkenntnisse fortgeschritten, daß wir immer noch nach dem Schlüssel zum Leben suchen? Das gibt uns zu denken und das zeigt uns, daß Pascal eventuell im Recht ist mit seiner Meinung, daß es es eine Zukunft gibt trotz Tod und daß ein Mittler schon einmal hier auf der Erde war, der uns dieses vermittelt hat. Nun, der Glaube ist wichtig in diesem Fall und nicht etwa das Wissen.

Berühmt wurde Pascal durch sein philosophisches Hauptwerk »Pensées« (»Gedanken«), einem Werk aus 1.000 Fragmenten, Epigrammen und Essays. Neben weiteren mathematischen Arbeiten widmete er sich theologischen Studien und religiösen Meditationen.

1640 erschien auch das erste Werk von Pascal »Essais sur les Coniques« (»Abhandlung über Kegelschnitte«).
Diese mathematische Meisterleistung ließ ihn schlagartig in der wissenschaftlichen Welt bekannt werden.


Weblinks:

Blaise Pascal-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Blaise Pascal-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de



Samstag, 25. April 2020

Michel de Montaigne und die Stille

Michel Montaigne




Vor dem wachen Auge des Wanderers liegt eine sanft hügelige Landschaft, die von dunklen Wäldern umgeben ist und auf einem Hügel ragt in der Idylle ein Schloß empor. Das Schloss Montaigne liegt malerisch gelegen auf einer Anhöhe, 30 Kilometer östlich von Bordeaux, in der historischen Landschaft des Périgord. Hierhin zog sich Michel de Montaigne bereits im Alter von 38 Jahren zurück.

In der Abgeschiedenheit seines ländlichen Anwesens beschäftigte er sich vor allem mit der Erforschung seiner selbst. Die zeitgenössische Philosophie, die bisherige Philosophie überhaupt schien ihm nicht in der Lage, die tatsächliche Befindlichkeit menschlicher Existenz wiederzuspiegeln.

Und so schuf Michel de Montaigne mit seinen »Essais« und der darin meisterlich entwickelten Kunst der Reflexion eine neue Philosophie und ein neues Bild vom Menschen.


Nun ist es ruhig im Lande, es herrscht andächtige Stille wie in einer idyllischen Landschaft. In einer solchen Landschaft schuf Michel de Montaigne mit seinen »Essais« und der darin meisterlich entwickelten Kunst der Reflexion eine neue Philosophie und ein neues Bild vom Menschen.

»Die Nützlichkeit des Lebens liegt nicht in seiner Länge, sondern in seiner Anwendung.«


Es gibt unterschiedliche Wege und Denkhaltungen, einer Krise zu begegnen: Rückzug, innere Einkehr, Reflektion, Kontemplation und Muße.


Die Menschen haben und nehmen sich in der Krise Zeit zur Muße, anderen als den für sie gewohnten Geschäften nachzugehen - und da ist auch Michel de Montaigne nicht fern, für den die Erfahrung der Stille ein prägendes Erlebnis war, welches ihn zum Nachdenken anregte.

Auch die Krise schenkt den Menschen ungewohnte Momente der Stille, die Menschen nachdenklich stimmen werden. Der Hauch Ödnis auf den Straßen und Plätzen erinnert daran, wie viel wir Menschen einander verdanken. Der Mensch ist dann er selbst, wenn er sich anderen darstellt, sich vor ihnen inszeniert.

Deshalb sollten die Menschen jetzt, da sie zu Einschränkungen gezwungen sind und Zeit zur Besinnung haben, darüber nachdenken, was in unserer Gesellschaft und speziell in der Wirtschaft schief gelaufen ist, was uns wirklich wichtig, was sinnvoll und wertvoll ist, und daraus Konsequenzen ziehen.

"Erst im Anderen", bemerkt Michel de Montaigne, "begegnen wir uns selbst, ganz gleich, ob wir nun einen Pinsel in die Hand nehmen oder einen Stift."

»Indem ich mich für einen anderen zeichne, stelle ich mich in deutlicheren Farben dar als sie eigentlich sind. Ich habe mein Buch nicht mehr geschrieben als es mich geschrieben hat, ein Buch, das mit seinem Autor identisch ist.«

Wie oft und inständig wünschen Menschen sich gerade die Stille, manch einer geht für ein Schweige-Wochenende zur inneren Einkehr ins Kloster, andere wollen auf eine einsame Insel. Aber kaum ist sie da, die Stille, wird sie uns unheimlich. Oder liegt es doch an dieser speziellen, etwas unwägbaren Situation, dass sie uns merkwürdig erscheint?


Weblinks:

Michel de Montaigne-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Michel de Montaigne-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de/">www.die-zitate.de


Blog-Artikel:

Michel de Montaigne »Essais«

Angst als eine natürliche Reaktion auf die Ausbreitung der Pandemie


Eine natürliche Reaktion auf die Ausbreitung der Pandemie ist Angst in ihren unterschiedlichen Formen. Furcht und Sorge, Hektik und Panik sind alles Spielarten der Angst.

Angst löst im Menschen ganz unterschiedliche Reaktionen aus: Angst kann also sowohl blind machen, wie auch die Aufmerksamkeit, das Bewusstsein für etwas, für eine Situation steigern.

Angst kann also sowohl blind machen, wie auch die Aufmerksamkeit, das Bewusstsein für etwas, für eine Situation steigern.

Angst galt in der Antike, von Sokrates über Platon bis Aristoteles, als Störung des Denkens. Erst in der Neuzeit ist es zu einer Neubewertung der Angst gekommen, als Denker Angst anders bewertet haben.

Es gibt aber auch eine allgemeine Angst, die sich nicht aus der konkreten Lebenssituation eines Menschen erklären lässt, die keine Angst vor etwas konkretem ist. Diese Angst ist bei einigen Philosophen ein ganz zentraler Aspekt ihrer Philosophie, z. B. bei Kierkegaard und Heidegger.

So ist Angst eine Wertschätzung des eigenen Lebens, wobei die Sorge Menchen umtreibt, das eigene Leben und das nahestehender Menschen, wie das der eigenen Familie, zu schützen.

Angst treibt die Menschen an, Vorsorge für das eigene Leben zu treffen. So entstehen in der Krise und bei Gefahr auch Solidarität und Nacbbarschaftshilfe.


Keine Philosophie, die keinen Rat gegen die Angst hätte.

Weblinks:


Johns Hopkins University

Johns Hopkins University

Angst - Grosser Zitatenschatz

Samstag, 18. April 2020

Wie Hegels Gedanken in der Corona-Krise helfen können


Wie lange noch schränkt der Staat wegen der Corona-Pandemie die Freiheit seiner Bürger ein? Das fragen sich gegenwärtig viele Menschen, denn Freiheit bedeutet für sie, jederzeit das tun zu können, was man will.

Ein berühmter deutscher Philosoph hatte eine Richtschnur für dieses Dilemma. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der vor 250 Jahren, im August 1770, in Stuttgart geboren wurde und 1831 in Berlin starb, hat einen Gedanken entwickelt, der in der heutigen Krise hilfreich sein kann. Freiheit erscheint als die Losung des Zeitalters, in dem Hegel groß geworden ist. John Locke hatte sie der Politik zugrunde gelegt, mit Rousseau war sie zu einer menschheitlichen Forderung geworden und Kant konnte zeigen, dass sie der Ursprung aller humanen Leistungen ist, ohne im Widerspruch zur strengen Naturgesetzlichkeit zu stehen.

Die Freiheit tritt bei Hegel nun im "Geist" hervor, den Kant als die "belebende Kraft im Gemüthe" versteht. Damit war nicht nur der Grund für die Erfahrung des Schönen, sondern auch für einen neuen Begriff des Lebens gelegt. Nur vor diesem Hintergrund ist das Freiheitspathos Friedrich Schillers zu verstehen, der seine Ideale bereits im realen Prozess des Lebens - und damit auch in der Geschichte - wirksam sieht.

Hegels Geist strebt nach Freiheit und Selbsterkenntnis. Um dieses Ziel zu erreichen, muss er sich notwendiger weise verkörpern. Der Geist braucht die Welt genauso, wie wir als denkende Wesen auf einen Körper angewiesen sind – wir schweben ja auch nicht einfach als Geister durch die Luft.

Das klingt zunächst, als sei der Geist nichts anderes als ein Schöpfergott. Aber Hegels Geist entwirft die Welt nicht einfach von außen, vielmehr schafft er die Bedingungen seiner eigenen
Existenz: Der Geist setzt sich selbst. Aber indem er sich in der Welt verkörpert, setzt er sich auch selbst in einen Widerspruch. Existieren kann er nur, wenn er diesen Widerspruch über windet.
Das ist die Kernidee von Hegels berühmter »Dialektik«

Wer frei sein will, muss vernünftige Einschränkungen der Allgemeinheit akzeptieren – eine Einsicht, die auf Hegel zurückgeht. "Wer unter den Corona-Maßnahmen der Regierung eine Einschränkung von Freiheitsrechten versteht, der irrt" - sagt der Hegel-Forscher Klaus Vieweg. Denn:

»Das höchste Freiheitsrecht ist das Recht auf Leben. Das heißt es wird Freiheit nicht eingeschränkt, sondern Freiheit in ihrem Fundament garantiert.«


"Die Freiheit ist das Denken selbst", lehrte Hegel und meinte damit, daß Freiheit das Denken voraussetzt. "Wer das Denken verwirft und von Freiheit spricht, der weiß nicht, was er redet. (...) Der Wille ist nur als denkender frei." Das bedeutet: Auswählen zu können zwischen vielen Möglichkeiten ist lediglich Willkür. Freiheit wird daraus erst in dem Moment, wenn die Vernunft den Willen bestimmt. "Der Willkür mangelt es am Denken, sie impliziert Unwissenheit."

Wenn Menschen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden wollen, müssen sie sich vor Risikogruppen schützen. Wenn aber die Freiheit von Menschen durch ihr Handeln zu einer Gefährdung der Freiheit anderer führt, dann liegt für Hegel willkürliches Handeln vor. Ebenso ist für Hegel Freiheit ohne Denken lediglich Willkür. bzw. eine Haltung, die sich in willkürlichen Akten ausdrückt.

Der Staat ist in der Krise ein Beschränker der Freiheit. Wenn der Staat also aus vernünftigen Gründen Ausgangsbeschränkungen erlässt und Corona-Partys verboten hat, dann schränkt er Hegel zufolge keine Freiheit ein, sondern lediglich Willkür. Was Hegel damit sagen wollte, ist, daß die Freiheit des Einzelnen dort aufhört, wo sie zur Gefahr für andere wird. Von einer Gängelung oder Repression der Bürger kann dann keine Rede sein. "Die Teilnehmer an Corona-Partys machen eben nicht ihr Recht auf freies Handeln geltend", betont der Jenaer Philosophie-Professor Klaus Vieweg. "Sie handeln bloss willkürlich und verstossen fundamental gegen die Freiheit, gegen die Rechte des Menschen."

Hegel lebte in einer Zeit, in der Seuchen durchaus verbreitet waren. Die verheerenden Wirkungen von Pandemien kannte Hegel zur Genüge. Als er starb, wütete in Berlin eine Cholera-Epidmie, die zahlreiche Todesopfer forderte, dazu gehörte auch Hegel. Trotzdem war der opotimistische Denker felsenfest davon überzeugt, daß es in der Welt vernünftig zugeht : "Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig." - Für keinen anderen Satz wurde Hegel so intensiv angefeindet und verleumdet, dass es heute nur noch wenige Intellektuelle gibt, die sich offen als Hegelianer zu erkennen geben.

Es scheint, als hätte Hegel damit einen großen Teil der Welt einfach weggeleugnet, denn mit diesem heute verstaubten Satz hat der Denker ja jede Seuche und jedes Unrecht dieser Welt als vernünftig gerechtfertigt, hat damit alles Bestehende heiliggesprochen, auch den damaligen preußischen Polizei-Staat. - Auch darin liegt die große Gefahr der Willkür des Denkens!



Weblinks:

Hegel-Biografie - Biografie-Portal

Hegel, der Weltgeist und die Freiheit - www.zdf.de



Johns Hopkins University

Johns Hopkins University


Samstag, 11. April 2020

Søren Kierkegaard, die Krise und die Angst











Søren Kierkegaard

In Zeiten einer Krise ist Angst eine weit verbreitete und begleitende Erscheinung. Viele Menschen lassen die Angst zu, wissen, das sie da ist und versuchen, sich ihr zu stellen. Es handelt sich hierbei um eine konkrete Angst, die an einen bestimmten Gegenstand oder ein Ereignis geknüpft ist.


Angst löst im Menschen ganz unterschiedliche Reaktionen aus: Angst kann also sowohl blind machen, wie auch die Aufmerksamkeit, das Bewusstsein für etwas, für eine Situation steigern.

Es gibt aber auch eine allgemeine Angst, die sich nicht aus der konkreten Lebenssituation eines Menschen erklären lässt, die keine Angst vor etwas Konkretem ist. Diese Angst ist bei einigen Philosophen ein ganz zentraler Aspekt ihrer Philosophie, z. B. bei Kierkegaard und Heidegger. Ein Mensch, der sich dieser Angst gestellt hat, war der dänische Philosoph Søren Kierkegaard.

Kierkegaard gilt geradezu als Philosoph der Angst. Am 17. Juni 1844 erschien in Kopenhagen ein Buch mit dem merkwürdigen Titel: »Der Begriff Angst«. Noch etwas merkwürdiger ist der Untertitel: »Eine schlichte psychologisch-andeutende Überlegung über das dogmatische Problem der Erbsünde«. Am allermerkwürdigsten aber ist der lateinische Name des Verfassers: »Vigilius Haufniensis« - zu Deutsch etwa »Der Nachtwächter Kopenhagens«.

In seinem Werk wollte Kierkegaard seinen Landsleuten die Nacht erhellen, sprich: die dunkle Seite ihres Wesens. Als Grundzug des Menschen findet er einen in der Philosophie völlig neuen Grundbegriff: die Angst. Er möchte sie allerdings sofort von der Furcht unterscheiden, die einen Gegenstand hat, während Angst gegenstandslos ist. Man fürchtet sich „vor“ etwas, aber man „hat“ Angst.


Angst ist im Denken Kierkegaards einer der zentralen Begriffe, an dem sich nicht zuletzt zeigt, was es bedeutet, ein Mensch zu sein. Angst ist ein existenzielles Grundgefühl und gehört zur Grundausstattung der menschlichen Existenz, die unsere Flucht- und Überlebensimpulse steuert. Angst kennt viele Gesichter: Existenzangst, Angst um den Arbeitsplatz, Zukunftsangst, Terrorangst, Angst vor Digitalisierung - und dann auch noch Urangst - die Angst aller Ängste.

Kierkegaard unterscheidet zwischen Furcht und Angst. Furcht richte sich auf Bestimmtes, Angst ist ein diffuses Gefühl und bleibt stets unbestimmt. Es ist die Angst vor dem Nichts, das weite Feld des Unbekannten, in dem auch die Möglichkeit zur Schuld liegt.


Vor Corona schützen Sie sich durch praktische Vernunft im Sinne Kants am besten, indem Sie keine Angst vor dem Virus zeigen, sondern durch umsichtiges und vorsichtiges Verhalten, in dem Sie Abstand wahren, ihre Sozialkontakte einschränken, sich regelmäßig die Hände waschen und beim Einkaufen Handschuhe und ggf. Mundschutz tragen.

Die Angst - und das ist der entscheidende philosophische Dreh - führt für Kierkegaard direkt zu dem Begriff der Freiheit. An beiden Begriffen - Angst und Freiheit - wird deutlich, daß ein Mensch nicht ohne weiteres er selbst ist, sondern es in entscheidender Weise erst noch werden muß.

Und wo ist der Bezug zu Gott? - Nun, Gott hat mit der Auferstehung Jesu zu Ostern den Tod besiegt und damit auch den Menschen auch die Angst vor dem Tode genommen und auch das Leben und die Liebe sind stärker als der Tod.

Søren Kierkegaards Schrift »Der Begriff Angst«, 1844 erstmals veröffentlicht, hat in der Folgezeit Philosophie, Theologie und die Literatur maßgeblich beeinflußt.

Und Kierkegaard wäre nicht Kierkegaard, wenn er nicht auch einen passenden - existenziell angehauchten - Spruch für den Menschen nach einer Krise parat gehabt hätte:
»Der Mensch wird nicht ein anderer, den er zuvor gewesen, nein, er wird er selbst«

Weblinks:

Soren Kierkegaard - www.famousphilosophers.org

Der Mensch braucht Angst, sonst lernt er nichts: Sören Kierkegaard - WELT - www.welt.de

Literatur:

Der Begriff Angst bei Søren Kierkegaard
Der Begriff Angst
von Søren Kierkegaard







Samstag, 4. April 2020

Friedrich Nietzsche als Denker in der Krise










Friedrich Nietzsche



Viele Dichter und Philosopshen wurden aus Krisen geboren. In der Krise haben Philosophen und Denker Hochkonjunktur, ist doch ihre Meinung und Deutung einer Krise besonders gefragt. Eine Krise schenkt besondere Momente der (Selbst-)Reflektion, denn der Mensch verfügt nun über unerwartet geschenkte Zeit - auch Zeit zum Nachdenken - und er ist auf sich selbst zurückgeworfen - eine Situation, die viele Philosophen in ihrem Leben erlebt haben.


Der Freidenker Nietzsche hat das ungemeine Kunststück fertig gebracht, der überaus ernsten und zu seiner Zeit vom Rationalismus und Positivismus geprägten -Wissenschaft unter dem Zeichen eines freien Geistes einen überaus fröhlichen Touch zu verleihen.

Die Fröhliche Wissenschaft


»Die fröhliche Wissenschaft« aus dem Jahre 1882 ist eine Künstlerschrift und stammt aus seiner mittleren Schaffensphase, als es ihm darum ging, in der "Sprache des Tauwinds" traditionelle Wertformen und Denkhaltungen zu überwinden und an die Stelle metaphysisch orientierter Moral und Philosophie die Selbstbestimmung des heiteren »freien Geistes« zu setzen. In diesem Werk stellt er fest, daß wir die Welt nur von unserem Standpunkt aus wahrnehmen können und dabei auf unsere Sinnesorgane, unseren kognitiven Apparat und unsere sprachlich und kulturell gebildeten Wahrnehmungsmuster zurückgreifen.


Betrachtet man seine erkenntnistheoretische Schrift und gedankliche Grundlegung , so kommt man um die Feststellung nicht umhin, daß Nietzsche in Zeiten einer pandemischen Krise zu einer gesunden Portion Skepsis angehalten hätte und in diesem gedanklichen Grundzug folgt er dem großen schottischen Denker David Hume. - Wo Skepsis zu Reflektion führt, wird Reflektion auch zur Gewinnung von neuen Erkenntnissen führen, welche u.a. zur Lösung eines Problemes führen können. Die Krise wird bewältigt, wenn Vernunft auf Augenmaß trifft.



In seinem erkenntnistheoretischen Hauptwerk »Die fröhliche Wissenschaft« schreibt er mit einer gesunden Portion Skepsis:
"Ich lobe mir jede Skepsis, auf welche mir erlaubt ist zu antworten: Versuchen wir es."

Der zweite Grundzug der Skepsis ist folgender: Skepsis ist auch eine waltende Grundhaltung, welche den Menschen im täglichen Leben zur Abwägung von Informationen bei der Bildung von Urteilen anleiten  sollte. So ist eine Pandemie eine für Menschen fremde Erscheinung und alle Informationen über die Pandemie sind zunächst mit einer gesunden Portion Skepsis im Hinblick auf die enthaltene Wahrheit zu betrachten, bevor ein abwägendes Urteil im Hinblick auf das eigene Handeln getroffen wird.

Die Frage ist:, zu welchen Handlungen Skepsis den Menschen anleitet. Ist die Skepsis mit Vernunft gepaart, wird sie zu Erkenntnis führen und zur.Vorsicht anhalten. Ist die Skepsis von Unvernunft begleitet, so kann diese zu unvernünftigen Entscheidungen führen.

Was Skepsis bei Menschen bewirkt, ist stets in Relation zur Wahrheit und zur Vernunft zu betrachten.
Ist die Skepsis größer als die Vernunft, so führt diese zu Fehleinschätzungen bei der Erkenntnis der Wahrheit.

Die laufende Überprüfung von Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt lässt die Skepsis schwinden. Wird die Wahrheit über eine Pandemie und ihre Verbreitung erkannt, dann können Maßnahmen zum Schutz von Menschen ergriffen und verbindliche Regeln aufgestellt werden.

So lässt sich auch in einer Pandemie dieser mit recht fröhlicher Erkenntnis ordentlich zu Leibe rücken, bevor der Mensch durch die Seuche an das Rad des Ixion - eine von Nietzsche gern gebrauchte Metapher für das Leid - geflochten wird.

Es lohnt sich also, auch Friedrich Nietzsche in Zeiten der Krise zu denken, denn gerade in erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Zusammenhängen zeigt sich die Aktualität des provokanten und skeptischen Denkers, der sich das Verdienst zuspricht, als erster die Wissenschaft zum Problem gemacht zu haben.

Literatur [ >> ] :

Die Fröhliche Wissenschaft
Die Fröhliche Wissenschaft
von Friedrich Nietzsche

Morgenröte / Idyllen aus Messina / Die fröhliche Wissenschaft.
Morgenröte / Idyllen aus Messina / Die fröhliche Wissenschaft.
von Giorgio Colli und Mazzino Montinari

Weblink:

Friedrich Nietzsche - www.famousphilosophers.org


Blog-Artikel:

David Humes Skeptizismus




Samstag, 28. März 2020

Arthur Schopenhauer als Philosoph in der Krise







Arthur Schopenhauer


In der Krise haben Denker und Philosophen mit ihren »Philosophischen Tagebüchern« gerade Konjunktur, da jede Krise gedanklich bewältigt und überwunden werden will und in der Krise besonders Ratschläge und Meinungen gefragt sind, welche die Menschen als Hilfe, Ratgeber und Anweisungen verstehen können.

In dieser Situation sind diejenigen Philosophen besonders hilfreich, welche selber leidhafte Erfahrungen gemacht oder Leid in der Welt erfahren haben und aus dieser Grunderfahrung heraus das Leid gedanklich und innerlilch verarbeitet und zu einer eigenen Philosophie ausgebaut haben.

So ist Arthur Schopenhauer ein begabter Denker, dessen Philosophie durch die Erfahrung von Leid in der Welt geprägt worden ist. Für Schopenhauer gibt es vor allem Unglück auf Erden, Verzweiflung, Krankheit, Ungerechtigkeit. Der Einwand, daß es auch Glück auf Erden gibt, sticht bei ihm nicht. Denn Glück, Lust oder Befriedigung sind nichts als eine Täuschung. Schopenhauer sieht in der Welt einen blinden, furchtbaren Universalwillen am Werk.



Die Erfahrung von Leid hat Schopenhauer zu einem pessimistischen Philosophen werden lassen. Schopenhauer gilt als Vertreter des Pessimismus, der das Leben als Leiden definiert hat. "Die Welt ist die Äußerung einer unvernünftigen und blinden Kraft; in ihr zu leben heißt leiden."

Der Mensch wiederum erhofft sich nur noch dann etwas von dieser Welt, solange sein Willen (noch) nicht ausgelöscht ist. Eine Erlösung aus all dem Unglück dieser Welt sieht er in der Weltverneinung. Der lebenskluge Schopenhauer empfiehlt den Menschen, sich Zeit zur Muße nehmen und sich in einsamen Stunden unter Anwdung seines Willens zur Interesselosigkeit, zur Askese durchringen und so leben, wie es die Heiligen oder die indischen Yogis tun. Diese erhoffen sich nichts mehr vom Dasein, der Wille ist in ihnen ausgelöscht.

Und im sanften Schlummer des Nirvana ist alles Leid der Welt schnell vergessen. Somit ist das Leben auch keine missliche Sache mehr. Schopenhauerisch gewendet ist die Krise nur noch eine willentlich zu überwindende Erfahrung von Leid.


Weblink:

Arthur Schopenhauer Biografie -


Samstag, 21. März 2020

Mit Kant unter Gebrauch der Vernunft gegen die Ausbreitung der Pandemie













Immanuel Kant



Seit Kant und Hegel ist die Philosophie von der Vernunft bestimmt. So ist in der derzeitigen Krise zu fragen: »Wie wäre der Königsberger Philosoph, welcher Zeit seines Lebens seine Heimatstadt bekanntlich nie verlassen hat, wie wäre Immanuel Kant einer Pandemie begegnet?«

Vernunft ist für Kant nach Wahrnehmung und Verstand die oberste menschliche Erkenntnisfähigkeit. Sie kontrolliere den Verstandesgebrauch und sei dazu in der Lage, nach höchsten allgemeinsten Grundsätzen für das theoretische Erkennen wie für das praktische Handeln zu suchen.

Als Teil des menschlichen Erkenntnisapparates wird Vernunft seit Kant nach Wahrnehmung und Verstand als die oberste menschliche Erkenntnisinstanz angesehen.

Als praktische Vernunft bezeichnet man die Fähigkeit zu zweckmäßigem Handeln. Aber auch in der Tradition Kants die Fähigkeit zu einem Handeln, dass mit den Sittengesetzen übereinstimmt. (Ethik) Die reine praktische Vernunft ist nach Kant das Vermögen, aus Gründen zu handeln, die nicht auf interessegeleiteten Motiven beruhen und ohne Bezug auf die Erfahrung erhoben werden.

Kant hätte sich der Vernunft und seiner Kategorien zur profunden Wahrnehmung der Krise bedient und andere entschieden zum Gebrauch der Vernunft angehalten und der grassierenden Unwissenheit über die Möglichkeiten und Gefahren der Infektion seinen Mut, sich des eigenen Verstandes zu bedienen, entschieden entgegengesetzt.




Johns Hopkins University

Johns Hopkins University

Vor Corona schützen Sie sich durch praktische Vernunft am besten durch umsichtiges und vorsichtiges Verhalten, in dem Sie Abstand wahren, ihre Sozialkontakte einschränken, sich regelmäßig die Hände waschen und beim Einkaufen Handschuhe und ggf. Mundschutz tragen.

Doch nicht immer ist die Welt so von Vernunft bestimmt, wie Kant und Hegel glauben machen wollten und es geht vernünftig zu auf dieser Welt, häufig waltet die Unvernunft sowie das Nicht-Rationale, welches das Handeln der Menschen bestimmt. Im Hintergrund lauert hier immer dessen dunkler Bruder: die Unvernunft, mit der sich dann Nietzsche philosophisch auseinandergesetzt hat.

»Die Unvernünftigkeit einer Sache ist kein Argument gegen ihre Existenz,
sondern eher eine Voraussetzung dafür.«


Friedrich Nietzsche

Der Gebrauch des Verstandes setzt beim Menschen kognitive Fähigkeiten voraus: Wo keine Kognition stattfindet, wird auch der Verstand schwerlich etwas bewirken können. Das zweite Problem ist, etwas begreifen zu wollen. Viele Menschen nehmen die Pandemie nicht Ernst ernst - oder ernst genug. Freiwilligkeit ist gut, funktioniert aber hier nicht.

Das nächste Problenmfeld ist das Handeln zur rechten Zeit und mit den angemessenen Mitteln. Die Frage ist aber, inwieweit Vernunft zu Erkenntnis und wiederum zu vernünftigem Handeln führen können. Wenn der Mensch eine drohende Gefahr erkennt und vernünftig handelt, wird er sich zu schützen wissen und entsprechend praktisch durch Vorbeuge und Schutzmaßnehmen präventiv handeln.

In der Krise sind gerade Weitsicht und Vernunft gefragt, dessen Anleitung - wenn Menschen sich nicht freiwillig vernünftig verhalten - durch den Staat zu erfolgen hat, welcher klare Regeln für die Krise und deren Bewältigung aufzustellen hat.

Wenn es die Aufgabe der Philosophie ist, zum Gebrauch der Vernunft anhalten, so ist es die Aufgabe der Vernunft, Menschen zu vernünftigem Verhalten anzuleiten. Der Staat will die Menschen zur Vernunft bringen, indem man sie dazu anleitet, soziale Kontakte strikt zu vermeiden, denn nichts ist tödlicher als ein grassierender Mangel an Vernunft, welcher auch den Corona-Virus - diesen »Virus des Absurden« - erst hat entstehen lassen.

Die Krise wird bewältigt, wenn Vernunft auf Augenmaß trifft. Es scheint angeraten, sich in der Krise gerade von der Vernunft leiten zu lassen, denn andere Kategorien der Wahrnehmnung oder gar Gefühle sind keine guten Ratgeber. Hierzu gehört auch die Einhaltung des »Kategorischen Imperativs«, welchse Kant folgendermaßen formuliert hat:


Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich
als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.

Dazu gehört, sich vor dem Virus weitgehend und bestmöglich gegen die Übertragung zu schützen, das soziale Verhalten einzuschränken, Menschenansammlungen zu meiden und Informationen über Verlauf und Verbreitung der Pandemie sorgsam auf die darin enthaltene und verbreitete Wahrheit oder Unwahrheit zu prüfen. - Und mit Kant lässt es sich es gut die durch die Krise kommen!

Bleibt noch die Kommunikation einer Krise. Das Erklären der Wirkungsweise einer Pandemie stellt für Kant eine Form der kommunikativen Vernunft dar. Im Notfall ist das Sozialverhalten massiv einzuschränken und in der guten Stube zu bleiben. Das passt wirklich gut zu Kant, denn der Philosoph aus Königsberg war ein geradezu begnadeter Stubenhocker.

Weblinks:

Immanuel Kant - www.famousphilosophers.org


Johns Hopkins University

Johns Hopkins University


Vernunft-Zitate - Grosser Zitatenschatz




Freitag, 20. März 2020

Der Philosoph Friedrich Hölderlin 250. Geburtstag


Vor 250 Jahren, am 20. März 1770, in Lauffen am Neckar geboren, wuchs Hölderin in einem pietistisch geprägten Umfeld auf. Während des Theologiestudium am Tübinger Stift schloss er Freundschaft mit Hegel und Schelling und bildete mit ihnen einen intellektuellen Bund. Angesteckt vom Geist der Französischen Revolution träumten sie vom Aufbruch in eine neue Epoche. "Dann herrscht allgemeine Freiheit und Gleichheit der Geister!" heißt es in dem gemeinsam verfassten Text als einem frühen Geistesfunken, der als "das älteste Systemprogramm deutschen Idealismus" in die Philosophiegeschichte einging.

Die Kreise der drei begabten Studenten trennten sich Abschluß des Theologiestudium am Tübinger Stift und sollten sich später an anderer Stelle wiederfinden. Von November 1794 bis Mai/Juni 1795 hielt sich Hölderlin in Jena auf, wo er Fichtes Vorlesungen hörte. Die Auseinandersetzung mit Fichtes Denken mündete in eine grundsatzphilosophische Skizze, die in der Großen Stuttgarter Hölderlin Ausgabe den Titel »Urteil und Sein« trägt.

Für Kant und Fichte galt der Primat der praktischen Philosophie, der Ethik, für Hölderlin ist die Ästhetik die Königsdisziplin der Philosophie. Bei den Vorbereitungen zu einer literarischen Zeitschrift (das Projekt scheiterte) entfaltet Hölderlin seine Ästhetik und Poetologie in mehreren Manuskripten in systematischer Form. Diese sog. Homburger Fragmente entstanden im Jahre 1799. Grundlegend für diese Fragmente war Hölderlins Lehre vom Wechsel der Töne. Hölderlin scheint dabei Schillers Unterscheidung von naiver und sentimentalischer Dichtung weiterentwickeln zu wollen.

In dem Fragment »Über den Unterschied der Dichtarten« legte Hölderlin seine Auffassung von der Tragödie als höchster Gattung dar. Der Text »Über die Verfahrungsweise des poetischen Geistes« stellte das umfangreichste der Fragmente Hölderlins dar; es ist nicht nur ein poetologischer, sondern auch ein metaphysisch-spekulativer Text, der das Thema der notwendigen Vereinigung von Subjekt und Objekt im Sein variiert und zum Ausgangspunkt einer differenzierten Ästhetik und Poetik macht.

Hölderlin hat kein einziges seiner philosophischen Manuskripte ausgearbeitet und veröffentlicht. Dennoch übte er einen großen Einfluss auf seine Studienfreunde Schelling und Hegel aus. Von beiden war er als philosophischer Gesprächspartner anerkannt. Von 1797 bis 1800 war er Hegels philosophischer Mentor. So war seine Vereinigungsphilosophie war von großer Bedeutung für die Dialektik Hegels.



Weblink:

Hölderlin-Matinee - "Ach! Der Menge gefällt, was auf den Marktplatz taugt." - www.mdr.de

Samstag, 14. März 2020

Ein Virus, die Angst und die Freiheit








Corona Virus

Eine Krise verunsichert Menschen und läßt deren Bedarf in Informationen über diesen Zustand steigen, weil die Menschen informiert sein wollen. Mit jeder neuen Meldung über die sich ausbreitende Pandemie dringt auch etwas ein in unser tieferes kollektives Bewusstsein. Etwas, das rational schwer steuerbar erscheint. Vorbei ist es mit der „Eudaimonia“, das „gute Leben“ des Aristoteles.

Keine Panik, denn allgemeine Hysterie ist der schlechteste Ratgeber - auch jetzt - in der Abwehr des medial schon allgegenwärtigen Corona-Virus. Doch mischt sich die notwendige Vorsorge inzwischen nicht nur mit der vernünftigen Sorge.

Das Virus aus dem längst nicht mehr Fernen Osten hält schneller und heftiger als geahnt auch die westliche Welt in Atem. Niemand hätte sich eben noch vorstellen können, dass über die Möglichkeit einer Abriegelung von Millionenstädten wie Mailand oder Berlin überhaupt ernsthaft nachgedacht werden könnte.

Die Angst oder mindestens Sorge, so sie nicht zur kopflosen Panik gerät, ist ein strenger Lehrmeister nicht nur des medizinischen Fortschritts. Anders als beim Klimawandel geht es beim Corona-Virus nicht um das Überleben des Planeten. Aber die Begegnung mit Seuchen berührt die Urängste vor dem Unsichtbaren, Unreinen, Unheimlichen. Macht den Infizierten potenziell auch zum Aussätzigen.

Der Staat ist gezwungen, zu reagieren und begegnet der weiteren Ausbreitung des Virus mit massiven Einschränkungen des sozialen Lebens, z.B. mit dem Verbot von Veranstaltungen. Die weitgehendste Einschränkung ist die Anordnung einer Quarantäne für infizierte Personen, die damit vom sozialen Leben ausgeschlossen werden.



Die Bewegungsfreiheit wird eingeschränkt. Die Menschen können sich nicht mehr uneingeschränkt fortbewegen. Der Mensch ist von Natur aus ein soziales Wesen, dem es schwerfällt, soziale Distanz zu wahren und soziale Distanzierung vorzunehmen. Der Mensch lebt immer schon in Gemeinschaft.

John Locke hatte in seinem »Essay on Toleration« erst einmal den Gedanken gefasst , daß Toleranz ein Regierungssystem besser stabilisiert als der Wille zur strikten Kontrolle. Es stellt sich auch die Frage nach dem Zusammenhang von Freiheit und Ordnung. Nach Hegel sind wir dann frei, wenn wir der sittlichen Idee des Staates Folge tragen. Denn der Staat hat keinen Zweck außer sich. In ihm verwirklicht sich der Mensch selbst, aber ist das auch in der Krise so?.

Nach Thomas Hobbes ist das Ziel des Staates nicht das Erreichen eines höchsten Guts (summum bonum), sondern nur das Vermeiden des größten Übels (summum malum). Allerdings geht Hobbes davon aus, dass durch die Sicherung von Leib und Leben die Verfolgung anderer Bedürfnisse (Anerkennung, Güter) überhaupt erst rational wird.

Die Corona-Krise engt - leider - auch die Willensfreiheit der Menschen - erheblichem Maße ein. In der Krise wirkt der Mensch nicht mehr selbst- sondern eher fremdbestimmt. - Willensfreiheit beruht nach John Locke erstens auf der Fähigkeit, vor dem Handeln innezuhalten und zu überlegen, was man in der jeweiligen Situation tun sollte, welche Gründe für die eine oder andere Alternative sprechen. Zweitens setzt Willensfreiheit aber auch voraus, dass wir nach dem Überlegen dem Ergebnis der Überlegung gemäß entscheiden (und handeln) können.

Locke

Gemäß John Locke ist es sogar keine Einschränkung der Freiheit, wenn sich unsere Entscheidungen und Handlungen mit kausaler Notwendigkeit aus dem Ergebnis unserer Überlegungen ergeben. Im Gegenteil: Wenn es anders wäre, wäre unserer Wille gar nicht durch uns selbst bestimmt: "Deshalb unterliegt jeder Mensch kraft seiner Eigenart als vernunftbegabtes Wesen der Notwendigkeit, sich beim Wollen durch seine eigenen Gedanken und durch sein Urteil über das, was für ihn das beste ist, bestimmen zu lassen; sonst wäre er der Entscheidung eines andern als ihm selbst unterworfen, was ein Fehlen der Freiheit bedeuten würde."


In Zeiten der Bedrohung wirken die Menschen verunsichert, wobei der Eindruck entstanden ist, daß es so manchem Bürger auch wieder nicht recht ist, nachdem sehr deutliche Maßnahmen ergriffen wurden. Es wurde von einigen Politikern deutlich empfohlen, sich auf nur ganz wenige Sozialkontakte selbst zu begrenzen. Jetzt können sehr viele zeigen, wie sie es mit der sozialen Verantwortung so halten, auf möglichst viele Kontakte verzichten, für ein besseres Miteinander und Füreinander.

Klares Denken beginnt mit einer kritischen Auseinandersetzung mit Fakten. Dazu gibt es in unserer komplexen Welt Experten. Denn nur sie beschäftigen sich tagtäglich ihr ganzes Leben lang mit denjenigen Themen, für die sie eben Experten sind. Wer diese Experten einfach ignoriert und stattdessen blind auf zweifelhafte Informationsquellen vertraut, kann, mit Verlaub, nicht ernsthaft behaupten, er würde klar denken.


Das Leben in der Krise ist oft eine recht mißliche Sache, begleitet von einem häufigen Lavieren zwischen Optimismus und Pessimismus. Der Optimist Hegel, der in Berlin blieb, starb an der Cholera. Der Pessimist Schopenhauer, der vor ihr aus Berlin nach Frankfurt floh, blieb unangesteckt und überlebte.

Weblink:

John Locke - www.philosophieverstaendlich.de