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Samstag, 5. Dezember 2015

Über die Radikalität in Camus Roman »Die Pest«

Albert Camus hat in seinem Klassiker »Die Pest« bereits 1947 einen Apokalyptiker und seine Transformation zum Amoktäter beeindruckend charakterisiert.

Zunächst begegnet dem Berichterstatter aus Camus’ Roman die Figur des Cottard als ein depressiver Rentner, der gerade versucht hat, sich aufzuhängen, ein zurückgezogener, offenbar misanthropischer Einzelgänger und Sonderling. Die ausgebrochene Pest beginnt ihn zu interessieren:

"Die Leute reden von einer Seuche. Stimmt das, Herr Doktor?"

"Die Leute reden immer. Das ist so ihre Art", antwortete Rieux.

"Da haben Sie recht. Und wenn wir ein Dutzend Tote haben, wird das als das Weltende betrachtet. Nein, das ist nicht, was wir brauchen." (…)

"Was brauchen wir denn?", fragt der Arzt und lächelte zurück.

Da umklammerte Cottard auf einmal den Wagenschlag, und er schrie mit tränenerstickter, wuterfüllter Stimm: "Ein Erdbeben. Ein richtiges!"

Die Pest
Die Pest


Mit dem Fortschreiten der Pestepidemie blüht er auf, wird freundlich und sucht Kontakte. Alle sitzen in einem Boot. Er glaubt, da er bereits mit seiner psychischen Krankheit hinreichend belastet ist, könne ihn die Pest nicht ereilen, da man Krankheiten nicht anhäufen könne. "Alles in allem bekommt die Pest ihm gut. Aus einem Menschen, der wider willen einsam war, macht sie einen Spießgesellen. Denn er ist offensichtlich ein Spießgeselle, und zwar ein Spießgeselle, der sich ergötzt."

Mit dem Abklingen der Pestepidemie holen Niedergeschlagenheit und schlechte Laune Cottard wieder ein. Er kehrt zurück in seine Einsamkeit, seine Isolation, bricht seine sozialen Kontakte ab. Als die Quarantäne aufgehoben wird und die befreiten Menschen auf den Straßen feiern, verschanzt er sich in seinem Zimmer und schießt aus dem Fenster auf alles, was sich bewegt, wird, als die von ihm erhoffte Apokalypse nicht eingetreten ist, zum Amoktäter. Er besaß, so beendet Camus Cottards Charakterisierung, "ein unwissendes, das heißt einsames Herz".

Cottard: Rentner, der einen Selbstmordversuch begeht und aufgehört hat, am Leben teilzunehmen. Als Verurteilter und Schmuggler profitiert er von der Pest, die ihn auch zurück ins Leben und die Gesellschaft bringt.

Weblink:

 Die Pest
Die Pest
von Albert Camus

Samstag, 7. November 2015

Albert Camus sah sich als Künstlerphilosoph

Albert Camus

Albert Camus sah sich als ein Künstlerphilosoph. Er war ein freier Denker im Gegensatz zum universitären Gelehrten.

Der Grad, in dem die Prägung des Denkens durch das Leben, bzw. des Lebens durch das Denken, sichtbar wird, ist bei Camus außergewöhnlich hoch . Denn diese Tatsache begründet seine Stärke wie auch seine Schwäche. Als Journalist, Dramatiker, Schauspieler und Autor vermochte es Camus wie kaum ein Zweiter, den Geist seiner Umgebung einzufangen und ihn als Philosoph in Begriffe zu fassen. Die Übereinstimmung, die sein Werk dadurch, nicht nur mit einem allgemein verbreiteten Empfinden, sondern auch mit seinem eigenen politischen Handeln erlangte, verhalf ihm zu seiner Größe und lässt ihn heute noch über all die reinen Theoretiker triumphieren.

Doch zugleich bedeutete es eine geradezu sklavische Bindung der Vernunft an das Gefühl – ein Problem, das Camus zugleich auch als Mittelpunkt seiner gesamten Philosophie zum Ideal hochstilisiert. Seine Philosophie wird zum direkten Ausdruck einer bestimmten Stimmung in einem bestimmten Teil der Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit – ein Phänomen, dem zwar bis zu einem gewissen Grad alle Menschen unterliegen, das sich im Schriftsteller Camus aber besonders stark ausdrückt. An die Stelle philosophischer Beweise treten bei ihm wohlklingende aber unbegründete Behauptungen. Statt der analytischen Schärfe eines Philosophen findet sich bei ihm der Wortschwall eines Schriftstellers.

Weblinks:

Albert Camus – Marxismus und Moral - www.bruchlinien.at

Albert Camus-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Literatur:

Der Mensch in der Revolte
Der Mensch in der Revolte von Albert Camus

Samstag, 30. August 2014

Das nordische Denken der Europäer

Dem mediterranen Denken setzt Camus das nordische Denken der Europäer entgegen. Das nordische Denken ist für Camus Ausdruck von Ideologien, Nationalismus und Imperialismus, der für die beiden Weltkriege und viele Krisen in Europa verantwortlich ist. Das nordische Denken ist für ihn auch Ausdruck der Menschenverachtung der Denksysteme.

Die maßlosen Brutalitäten, die im Namen von Heilserwartungen sowie kommunistischen und faschistischen Ideologien verübt werden, sind für ihn die Folge eines "nordischen Denkens". Im Gegensatz dazu skizziert Camus eine Art griechisches "Sonnendenken" - „eine“, so schreibt er, „neue Revolte, im Namen des Maßes und des Lebens“. 

Albert Camus warb für sein sonniges mittelmeerisches Denken – eine Art Gegengift für die Wachstumsideologien und die Maßlosigkeiten Europas. Dieses Sonnendenken, das seine Wurzeln in der Mittelmeerutopie der mediterranen Intellektuellen von Paul Valéry über Gabriel Audisio bis Alexandre Kojève hat, sollte dem alten, kriegsmüden Kontinent die natürliche Schönheit, die Bescheidenheit und Brüderlichkeit zurückbringen, die für Camus nur im Licht des Mittelmeeres gedeihen.

Deutschland, das Camus nur flüchtig und kurz bereist hat, hielt er immer für das Land des tiefsten Unglücks. Östlich von Paris, da war er sich sicher, gebe es nichts mehr, was ein Menschenherz erfreuen könne. - So Unrecht hatte Camus mit seiner Meinung aufgrund der ideologischen Verirrungen des 20. Jahrhunderts wohl nicht.

Weblinks:

Der Mitelmeermensch - 3Sat Kulturzeit - www.kulturzeit.de

"Er sagte: Hab keine Angst!" - Die Zeit-Essay über Albert Camus - www.zeit.de

Der Mensch in der Revolte
Der Mensch in der Revolte
von Albert Camus

Albert Camus-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Samstag, 23. August 2014

Albert Camus und seine Philosophie des Mittelmeers

Die Ambivalenz des Meeres, das mal idyllisch und spiegelglatt, dann wieder aufgewühlt und tödlich ist: Es war auch unter den Philosophen stets diese Doppelgesichtigkeit, die das Denken anregte.

Das Meer kann Freiheit und Glück bedeuten, aber es droht auch mit dem Tod in den Wellen. Die Schifffahrt und die Weite des Meeres finden sich also nicht ohne Grund in vielen philosophischen Texten.

Albert Camus entwickelte eine vom Leben geprägte Philosophie des Mittelmeers. Das mittelmeerische Leben und Denken sollte für ihn das Modell für Europa und damit auch das Modell für das nordische Leben werden. Er wollte Europa "mediterranisieren", mit dem Licht des Mittelmeers erhellen. Europa ginge es womöglich besser und wäre weniger krisengeschüttelt, wenn es von Camus‘ „mittelmeerischen Denkens“ beeinflusst wäre. Die Strände des Mittelmeeres luden ihn zu strahlendem Mediterranismus ein. Sein Vorbild war Nietzsche, der Künder des gleißenden, mediterranen Mittags, den Ergründer von Mythos und Tragödie.

Was er damit meint, ist, dass das Heute wichtig ist. Und das ist eben das mittelmeerische, das elementare Leben, ein Leben, das in Versöhnung mit den Elementen und mit der Natur existieren kann. Was er natürlich nicht damit meinte, war, dass der Mittelmeerraum den Norden okkupieren, besiegen oder was auch immer sollte, sondern, dass das mittelmeerische Leben und Denken das Modell für Europa und damit auch das Modell für das nordische Leben werden sollte.

Als Existenzphilosoph hatte Camus zu vielen Themen eine Antwort: der Mann mit dem Lächeln im Gesicht liebte die Erde, das Da-Sein und das Leben. Und zwar jenseits vom Jenseits, ganz im im Hier. Camus betrachtete das Leben von seiten der Freiheit und will uns beim Leben helfen, nicht durch Arroganz und sprachlich überwechselte Denkgebäude, sondern barrierefrei mit klarer Sprache, ohne Schubladen für beeindruckend nichtssagende Satzkaskaden.

Der frühe Tod von Albert Camus, der mit 47 Jahren durch einen Autounfall starb, verhinderte leider, dass er selbst an der Begründung dieses „mittelmeerischen Denkens“, mit dem er im Schlusskapitel des Essays „Der Mensch in der Revolte“ begonnen hatte und für das sich die Camus-Neuentdecker im 21. Jahrhundert begeistern, weiterarbeiten konnte: eines utopischen „Sonnendenkens“ der Revolte.

Weblinks:

Der Mitelmeermensch - 3 Sat Kulturzeit - www.kulturzeit.de

"Er sagte: Hab keine Angst!" - Die Zeit-Essay über Albert Camus - www.zeit.de

Albert Camus-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de


Literatur:

Der Mensch in der Revolte
Der Mensch in der Revolte
von Albert Camus

Namen der Freiheit: Leben und Philosophie des Albert Camus
Im Namen der Freiheit: Leben und Philosophie des Albert Camus
von Michel Onfray


Sonntag, 10. August 2014

Mittelmeerisches Denken



Das Meer prägt den Menschen, seine Lebensweise und auch seine Denkhaltung. Menschen, die am Meer leben, erkennt man an ihren ausgeprägten maritimen Haltungen. Der schier unendliche Raum des Meeres nimmt den Menschen in seinen kontemplativen Schoß.

Vom Land betrachtet verlieren die wilden Wogen des Meeres ihren Schrecken. Weit entfernt von der See kann es sich schon einstellen, das Gefühl des Erhabenen, des Anmutigen, das Philosophen von Burke über Kant beschrieben haben, als sie ans Meer dachten. Zwischen dem entfernten Blick aufs Meer und dem Erfahren der Naturkräfte im Meer gibt es jedoch einen besonderen Unterschied: die eigene Verletzlichkeit.

Die Ambivalenz des Meeres, das mal idyllisch und spiegelglatt, dann wieder aufgewühlt und tödlich ist: Es war auch unter den Philosophen stets diese Doppelgesichtigkeit, die das Denken angeregt hat.



Albert Camus war ein Mensch des Mittelmeeres. Sein Werk ist nicht denkbar ohne das Klima und die Salzluft Nordafrikas und es ist umspült von dem Wasser des Mittelmeeres. Seine Erzählung "Der Fremde", seine Essays "Der Mythos des Sisyphos" und "Der Mensch in der Revolte" sowie sein letzter autobiografischer Roman "Der erste Mensch" kreisen um das Mittelmeer.

Der berühmte Essay "Der Mensch in der Revolte" von Albert Camus endet mit einem Aufruf zum "mittelmeerischen Denken", das er im Gegensatz zur "deutschen Ideologie" begreift. Sein bestimmendes Prinzip ist das solare Denken.

Albert Camus warb für sein sonniges mittelmeerisches Denken – eine Art Gegengift für die Wachstumsideologien und die Maßlosigkeiten Europas. Dieses Sonnendenken, das seine Wurzeln in der Mittelmeer-Utopie der mediterranen Intellektuellen von Paul Valéry über Gabriel Audisio bis Alexandre Kojève hat, sollte dem alten, kriegsmüden Kontinent die natürliche Schönheit, die Bescheidenheit und Brüderlichkeit zurückbringen, die für Camus nur im Licht des Mittelmeeres gedeihen.

Camus dachte gern in Bildern, um die Welt zu beschreiben. Das Mittelmeer, an dessen Küsten diese Utopie vom Glück der Einfachheit entstanden ist, sollte das Modell für ganz Europa werden. Deutschland, das Camus nur flüchtig und kurz bereist hat, hielt er immer für das Land des tiefsten Unglücks. Östlich von Paris, da war er sich sicher, gebe es nichts mehr, was ein Menschenherz erfreuen könne.


Mit dem Begriff bestimmt er auch seine eigene Position im philosophischen Betrieb und grenzt diese ab. Das mittelmeerische Denken ist der Gegensatz zum nordischen Denken. Camus steht hier gegen Hegel und Kierkegaard. "Die 'pensée de midi' war ein Heilmittel gegen die Nazi-Ideologie. Nichts konnte Camus, der in den Algerienfranzosen eine Melange geliebt hatte, in denen Spanier und Elsässer, Italiener, Juden und Griechen zu einer 'glücklichen Mischung' zusammengefunden hatten, fremder sein als eine Weltanschauung, die nach der Reinheit der Rasse verlangte."

"Im Regen", schrieb der Nobelpreisträger Elias Canetti, "sehen die Menschen aus, als hätten sie viel vor. In der Sonne sehen die Menschen aus, als verdienten sie es zu leben."


Weblinks:

Der Mitelmeermensch - 3Sat Kulturzeit - www.kulturzeit.de

Albert Camus: Die Welt, die Wüste, das Meer - www.tagesspiegel.de

"Er sagte: Hab keine Angst!" - Die Zeit-Essay über Albert Camus - www.zeit.de

Albert Camus-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Albert Camus-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Literatur:

Der Mensch in der Revolte
Der Mensch in der Revolte
von Albert Camus

Donnerstag, 21. November 2013

Albert Camus als »Vordenker des Absurden«

Albert Camus

Albert Camus entwarf mit seinem philosophischsten aller Bücher, dem »Mythos von Sisyphos« eine Denkhaltung und Lebensweise zur Überwindung des Absurden in der Welt. Zunächst führt dieser »Vordenker des Absurden«, der mit dem Hammer der Sinnlosigkeit philosophierte, die an den Epikureismus angelehnte Philosophie auf ihre eigentliche existenzielle Kernfrage zurück. Deren Ursprung liegt einzig und allein in der Frage, ob das Leben die Mühe gelebt zu werden oder nicht wert sei. Es ist für ihn dies, was die Welt im Innersten zusammenhält.





Bei der Suche nach einer Antwort auf die Kernfrage entdeckt er, dass wir als Menschen die einzigen Wesen auf dieser Erde sind, die einen Sinn suchen. Einen Sinn, der alles zusammenhält, in den sich alles - Freude wie Leid - fügt. Aber eben diesen Sinn kann uns die Welt niemals geben, er wird noch in der heilen Kleinstadtwelt eines Tages grausamst verneint und der Mensch wird eiskalt auf sein lächerliches Sinnstreben zurückgeworfen. Auch Gott kann diesem Sinnstreben keine Erfüllung geben. Und auch der Selbstmord nicht.

Vielmehr muss der Mensch sich mit der Sinnleere der Welt, mit der Absurdität des Daseins abfinden. Jeden Tag muss er aufs Neue mit einem höhnischen Trotzdem beginnen, mit jenem "heiligen Ja", von dem auch Nietzsche schon gesprochen hat. Nur wenn wir die Sinnlosigkeit der Welt hinnehmen und zugleich einen unendlichen Kampf mit ihr führen, nur dann wird sich das Leben erfüllen.


Der Mythos des Sisyphos:
Camus Philosophie ist das, was Nietzsche aktiven Nihilismus nennt. Der Mensch weiß, daß das Leben sinnlos ist und versucht, dem Leben einen Sinn zu geben.

Erst in diesem Kampf, in dieser Auflehnung findet der Mensch zurück zu sich selbst und wird gar zu höchster Vollkommenheit angeregt. Der Kampf gegen das Absurde führt zu einer Erhebung und Erhöhung des Menschen - und in diesem verlorenen Kampf stellt sich Glück und Zufriedenheit ein, bis die Auflehnung am nächsten Tage wieder beginnt.

Albert Camus


Das Absurde ist, wie es in seinem Roman »Der Fremde« heißt, "die zärtliche Gleichgültigkeit der Welt". Es ist ein Paradox: das Einverständnis mit dem Schicksal, Glück selbst in der größten Hoffnungslosigkeit, eine "verzweifelte Erhabenheit". Bei Unbehaustheit, Einsamkeit und Leere bleibt Camus nicht stehen. Im zweiten Schritt fordert und vollzieht er die Auflehnung gegen das Absurde. Der absurde Mensch rechnet zwar nicht mit der Zukunft, sondern eher mit dem Tod. Daraus resultiert aber gerade Lebenslust und -besessenheit, der absurde Mensch "hat es eilig, seine Zeit ist jetzt".

Der absurde Mensch lebt im "Hier und Jetzt", er ist kein Aufschieber seines Lebens in eine ferne Zukunft. "Das Leben", schreibt der Epikureer Camus, "erleuchtet uns auch mit einem plötzlichen und verrückten Glück, das uns teilhaben lässt."

Camus lehnt sich mit seiner »Philosophie des Augenblicks« eng an Epikur an. Schon der antike Philosoph Epikur vertrat eine Ethik, die Lust als höchstes Gut ansah und das Glück als Ziel, dazu die seelische Ausgeglichenheit und das frei sein von Schmerzen. Wie der Epikureismus war auch der Stoizismus eine diesseitig orientierte Philosophie ohne transzendente Elemente im Sinne konkreter Jenseitsvorstellungen.

Weblinks:

Albert Camus-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Epikureismus - Wikipedia

Donnerstag, 14. November 2013

»Der Mythos von Sisyphos« von Albert Camus

Albert Camus

In seinem 1942 erschienenen Essay »Der Mythos von Sisyphos« entwickelte Albert Camus die Philosophie des Absurden. Diese Idee durchzieht das Gesamtwerk des aus Algerien stammenden berühmten Autors.

Albert Camus Essay »Der Mythos von Sisyphos« ist 1942 Mitten im Krieg erschienen. Der Existenzialismus, der in diesem Text seine vielleicht repräsentativste Ausformulierung erfährt, entsprach einem Lebensgefühl, das von der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs, des politischen Widerstands in der Résistance und des Zerfalls traditioneller Wertordnungen und Orientierungen geprägt ist.

In seinem Versuch über das Absurde - so der Untertitel - greift Camus in bester französischer Essay-Tradition poetisch und philosophisch die Erschütterungen seiner Zeit auf. »Der Mythos von Sisyphos« ist ein Stück Philosophie, das auf eine wirklich entscheidende Frage auch eine klare Antwort gibt. Die Frage: Lohnt es sich überhaupt, zu leben, wenn dieses Leben vollkommen absurd ist?

Dieser Essay ist der Versuch, dem Sinnlosen und Absurden in einer absurden Welt durchaus einen Sinn zu geben. Es findet seinen Ausdruck in einer besonderen Sensibilität für die Absurdität der menschlichen Existenz, die für diese Generation von Philosophen charakteristisch ist. Sie entspringt dem Gegensatz zwischen dem selbstbewussten, von Hoffnungen erfüllten und in Handlungen sich entäußernden menschlichen Geist und der ihm gegenüberliegenden undurchdringlichen, immanenten Welt, an der sein Streben immer wieder scheitert. Diese Absurditätserfahrung wirft die Frage nach Sinn und Wert des menschlichen Lebens auf.
Der Mythos des Sisyphos:

So bietet Camus Essay einen Ansatz zu einer neuartigen Ethik, die auf der Idee der entschlossenen Tat und der daraus resultierenden größtmöglichen Lebensintensität beruht. An deren Nutzlosigkeit kann, so Camus, angesichts der Absurdität des Daseins kein Zweifel bestehen, doch vermag der Mensch in der Revolte eine besondere Verwirklichung seiner selbst zu erfahren.

Sisyphos antiker Held

Der "Held" des Absurden ist Sisyphos, eine Figur aus der griechischen Mythologie, der laut Camus als von den Göttern bestrafter sein Schicksal meistert. Durch die Betrachtung des Schicksals von Sisyphos "entdeckte" Camus eine "ewige Auflehnung" des Menschen gegen die "Bedingungen seines Daseins". Darin gleicht der Mensch der mythologischen Figur des Sisyphos, dessen Tun gerade in seiner äußersten und beharrlichen Sinnlosigkeit als Selbstverwirklichung erscheint -- wenn es denn gelingt, wie Camus schreibt, sich Sisyphos glücklich vorzustellen.

Albert Camus


Albert Camus ist ein moderner Sisyphos, und wie wir dank ihm wissen: »Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen". - Wir sind so daran gewöhnt, von der Absurdität unserer Existenz zu sprechen, dass wir vergessen haben, mit welcher einmaligen Intensität und Klarheit Albert Camus sie Anfang der 1940er Jahre literarisch in Szene setzte.

Der "Vordenker des Absurden" hat den antiken Helden Sisyphos entmythifiziert. Sisyphos und sein Stein sind seit Camus kein Mythos mehr und wir ahnen es bereits: »Wir alle sind Sisyphos. Wir sind der neuzeitliche Sisyhos.« - Wir modernen Menschen ruckeln alltäglich immer wieder den Stein den Berg hinauf und sehen ihn dann ins Tal stürzen. Manchmal können wir uns - befreit von der Last - mit dem talwärts rollenden Stein auch einen glücklichen Menschen nennen.

Blog-Artikel:

Albert Camus zum 100. Geburtstag

Albert Camus sls »Vordenker des Absurden«

»Der Mensch in der Revolte« von Albert Camus

Dienstag, 5. November 2013

»Im Namen der Freiheit: Leben und Philosophie des Albert Camus« von Michel Onfray


Rencontre avec Michel Onfray

Michel Onfrays Werk »Im Namen der Freiheit: Leben und Philosophie des Albert Camus« ist eine Annäherung an Albert Camus und feiert ihn als hochaktuellen Denker und Freiheitskämpfer. Albert Camus war ein Philosoph und Denker des Alltags der einfachen Menschen und der eher praktischen Wahrheiten. Als Existenzphilosoph dachte er nicht in Form von Ideen, Begriffen oder Wörtern, sondern in konkreten Wahrheiten.

An seinem 100. Geburtstag ist Albert Camus' Denken aktueller denn je: Mut, Mäßigung, Ehrlichkeit, Menschlichkeit, Gerechtigkeit. Der Doktor der Philosophie Michel Onfray porträtiert ihn in seiner Biografie als Vorbild gerade für schwierige Zeiten und macht seine Biografie zu einem Ratgeber.

Camus wird mit diesem Buch vielseitig wieder lebendig. Michel Onfray zeichnet ihn als handelnden Menschen und als Berater für unsere heutige, schwierige globalisierte Zeit. Er verbindet »Im Namen der Freiheit« Leben und Philosophie des Albert Camus zu einem »Sonnendenken«.



Empfohlene Biografie von Michel Onfray:

Michel Onfray

"Camus handelte als Philosoph und philosophierte als handelnder Mensch."
Michel Onfray
Immer stand Albert Camus an der Seite der einfachen Menschen seiner Herkunft und beharrte darauf, Gewalt nicht mit Gewalt zu vergelten und Freiheit auch als Verpflichtung zu begreifen. Seine Gedanken im Namen der Freiheit atmen Mut, Mäßigung, Ehrlichkeit, Menschlichkeit, Gerechtigkeit. Er ist ein Vorbild gerade auch in schwierigen Zeiten, ein Maßstab, mit dem Leben, das ganz einfache Leben gelingen kann.

Albert Camus
Albert Camus war ein kluger Ratgeber für alle konkreten Fragen und Lösungen des Alltags der in ihre Existenz geworfenen Menschen. Tiefer als andere hat er als Sohn eines Landarbeiters immer an der Seite einfacher Menschen gestanden, er beharrte darauf, Gewalt nicht mit Gewalt zu vergelten und die Freiheit immer als Verpflichtung für alle zu sehen.


Als Existenzphilosoph hatte Camus zu vielen Themen eine Antwort: der Mann mit dem Lächeln im Gesicht liebte die Erde, das Da-Sein und das Leben. Und zwar jenseits vom Jenseits, ganz im im Hier. Camus betrachtete das Leben von seiten der Freiheit und will uns beim Leben helfen, nicht durch Arroganz und sprachlich überwechselte Denkgebäude, sondern barrierefrei mit klarer Sprache, ohne Schubladen für beeindruckend nichtssagende Satzkaskaden.



Albert Camus

"Erst im tiefsten Winter erkannte ich,
daß in meinem Innern ein
unbesiegbarer Sommer herrschte."


Die Legende. Camus ist weder Philosoph noch Romancier, ein "Second-Hand-Autor", ein "socialiste très rose", ein Kalter Krieger und ein "kleiner weißer Kolonisator". Dagegen stellt Onfray auf über 500 Seiten seine Geschichte des "wahren Camus". Es ist eine Pro-Camus und eine Anti-Sartre-Geschichte. Von Sartre unterscheide sich Camus vor allem durch eine quasi organische Intoleranz gegenüber jeder Ungerechtigkeit. Onfray stellt ziemlich überzeugend und mithilfe kaum ertragbarer Kriegsfotos die Genealogie dieser "Viszeralität" dar: Camus' Kindheit als Halbwaise in einem Armenviertel Algers, die körperliche Rebellion des im Ersten Weltkrieg gefallenen Vaters gegen blutige Gewalt (Kolonialkriege, öffentliche Hinrichtungen), den dulderischen Habitus der analphabeten Mutter, die prügelnde Großmutter, die Geißel Tuberkulose - und die Befreiung durch die republikanische Schule.

Fast genüßlich erinnert Onfray an die bekannte überbehütete bourgeoise Kindheit des kleinen "Poulou" Sartre, dem zufliegt, was Camus sich hart erarbeiten muss, ohne das "Niveau" Sartres je erreichen zu können. Camus verdankt fast alles zwei Lehrern (die sich als Bildungs- und nicht als Kompetenzvermittler sahen, en passant gesagt): seinem Grundschullehrer Germain und seinem Philosophielehrer Grenier. Grenier eröffnet ihm Nietzsche - und Onfray die Möglichkeit einer linksnietzscheanischen Interpretation der frühen Erzählung "Noces à Tipasa". Angesichts des "heidnischen" Paysage von Tipasa (römische Ruinen, überwuchert von duftendem Rosmarin, Strand, Meer, Sonne) entwickelt Camus einen "Discours de la méthode dionyséenne". Es gibt keinen Gott, nur DAS Leben, den Körper, die (freie) Liebe. Man schreibt sein Leben in den puren Augenblick ein, ohne ihn zu verderben durch die Nostalgie des Vergangenen oder die Angst vor dem Kommenden, beschreibt Onfray einen bei Sartre unvorstellbaren Habitus.

Camus entwickelt eine Art "mediterranen Gramscismus", zu dessen Genese auch die (negative) Erfahrung einer fast zweijährigen Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei gehört, mit der ein Camus zwangsläufig brechen muss. Zu stark sind die "mediterranen Lektionen": Gastfreundschaft, Generosität, Vitalität, Mut und Loyalität. Das intransigente Verhalten der Kommunisten im spanischen Bürgerkrieg (Camus Mutter ist spanischen Ursprungs) und in der Kolonialfrage (für algerische Kommunisten gilt er als "Trotzkist") verstärkt die Sympathien mit dem Anarchosyndikalismus. "Der Fremde" und "Der Mythos des Sisyphos", Bücher, die Camus' Ruhm begründen, werden von Onfray als Werke des Übergangs interpretiert: vom "Ja zum Leben" in Richtung "Nein zum Tod".

Die Camus-Biografie von Michel Onfray ist sprachlich brillant, klar und verständlich geschrieben, unterteilt in 12 Kapitel, bestens untergliedert, am Ende mit einem 12 seitigen Personenregister versehen. Als Buch-Motto vorangestellt ist ein Zitat von Friedrich Nietzsche: "Ich mache mir aus einem Philosophen gerade so viel, als er imstande ist, ein Beispiel zu geben."

Weblinks:

Liebeserklärung an einen Außenseiter - www.dradio.de

Literarischer Lebensbegleiter: Albert Camus zum 100. Geburtstag - Literaturcafe - www.literaturcafe.de

Albert Camus-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Albert Camus-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Michel Onfray - Wikipedia.org


Literatur:

Namen der Freiheit: Leben und Philosophie des Albert Camus
Im Namen der Freiheit: Leben und Philosophie des Albert Camus
von Michel Onfray

Samstag, 22. Oktober 2011

"Im Namen der Freiheit" von Michel Onfray


Michel Onfray, einer der einflussreichsten Denker Frankreichs und in seinen streitbaren Haltungen gegen alle gesellschaftslichen Strömungen Camus recht ähnlich, hat nun unter dem Titel "Im Namen der Freiheit. Leben und Philosophie des Albert Camus" eine Monographie verfasst, in der er aus seiner Bewunderung für den einflussreichen einstigen Stars des Existentialismus kein hehl macht. Ebenso wenig wie von seiner harschen Kritik an Jean-Paul Satre, dem anderen Star eben dieser Denkrichtung und zugleich Gegner und Kritiker Camus'.

Ihm wirft Onfray vor, mit seinen Legenden und falschen Darstellungen Camus posthum in ein falsches Licht als "schöne Seele" gebracht zu haben. Womit er auch dessen theoretisches Hauptwerk "Der Mensch in der Revolte" entwertet habe. Dabei hält Onfray gerade die Grundhaltung Camus' für besonders vorbildhaft, denn wie nur wenige Philosophen habe er seinem Denken entsprechend gelebt. Zu seiner Ethik der Verantwortung gehörte sein Grundsatz, Gewalt nicht mit Gewalt zu vergelten und Freiheit auch als Verpflichtung zu begreifen.

Das Ideal der Einfachheit habe der in sehr ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Camus im Gegensatz zu den verkopften Pariser Philosophen immer hochgehalten und befolgt. Detailliert schildert Onfray den Weg vom zeitweiligen Kommunisten (in den 30er Jahren) bis zum späteren liberitären linken Antikommunisten, der in den 50er Jahren in sein Tagebuch schrieb: "Die Demokratie ist nicht das Gesetz der Mehrheit sondern die Beschützung der Minderheit."

Albert Camus


Ein Nietzscheaner sei Camus zudem gewesen und seine Stärke der philosophische Roman. "Der Dichterphilosoph denkt und arbeitet nicht wie ein Professor, sondern wie ein Dichter", postuliert Onfray, der sich gleichwohl durchaus mehr der philosophischen Bedeutung des verehrten Meisters widmet als dem hohen Stellenwert eines immerhin mit dem Nobelpreis gekrönten Schriftstellers, der zu Recht dafür gewürdigt wurde und wird, Werke geschrieben zu haben, die das Leben des Lesers verändern.

Doch Onfray steigt nicht nur in das Schaffen und Wirken dieses Denkers des Absurden ein sondern ebenso in die prägenden oder entgegenstehenden philosophischen Richtungen und Diskurse. Wie sehr Camus' Denken aus seinem Leben heraus erwuchs und wie er es zugleich in seiner Lebensführung umsetzte in einer faszinierenden Parallelität von Biographie und Philosophie - Michel Onfray macht es erfahrbar. Und das ist eine ebenso brillante wie herausfordernde Lektüre, an der der so Gefeierte vermutlich große Freude gehabt hätte.

Albert Camus

Die Legende. Camus ist weder Philosoph noch Romancier, ein "Second-Hand-Autor", ein "socialiste très rose", ein Kalter Krieger und ein "kleiner weißer Kolonisator". Dagegen stellt Onfray auf über 500 Seiten seine Geschichte des "wahren Camus". Es ist eine Pro-Camus und eine Anti-Sartre-Geschichte. Von Sartre unterscheide sich Camus vor allem durch eine quasi organische Intoleranz gegenüber jeder Ungerechtigkeit. Onfray stellt ziemlich überzeugend und mithilfe kaum ertragbarer Kriegsfotos die Genealogie dieser "Viszeralität" dar: Camus' Kindheit als Halbwaise in einem Armenviertel Algers, die körperliche Rebellion des im Ersten Weltkrieg gefallenen Vaters gegen blutige Gewalt (Kolonialkriege, öffentliche Hinrichtungen), den dulderischen Habitus der analphabeten Mutter, die prügelnde Großmutter, die Geißel Tuberkulose - und die Befreiung durch die republikanische Schule.

Fast genüßlich erinnert Onfray an die bekannte überbehütete bourgeoise Kindheit des kleinen "Poulou" Sartre, dem zufliegt, was Camus sich hart erarbeiten muss, ohne das "Niveau" Sartres je erreichen zu können. Camus verdankt fast alles zwei Lehrern (die sich als Bildungs- und nicht als Kompetenzvermittler sahen, en passant gesagt): seinem Grundschullehrer Germain und seinem Philosophielehrer Grenier. Grenier eröffnet ihm Nietzsche - und Onfray die Möglichkeit einer linksnietzscheanischen Interpretation der frühen Erzählung "Noces à Tipasa". Angesichts des "heidnischen" Paysage von Tipasa (römische Ruinen, überwuchert von duftendem Rosmarin, Strand, Meer, Sonne) entwickelt Camus einen "Discours de la méthode dionyséenne". Es gibt keinen Gott, nur DAS Leben, den Körper, die (freie) Liebe. Man schreibt sein Leben in den puren Augenblick ein, ohne ihn zu verderben durch die Nostalgie des Vergangenen oder die Angst vor dem Kommenden, beschreibt Onfray einen bei Sartre unvorstellbaren Habitus.

Camus entwickelt eine Art "mediterranen Gramscismus", zu dessen Genese auch die (negative) Erfahrung einer fast zweijährigen Mitgliedschaft in der kommunistischen Partei gehört, mit der ein Camus zwangsläufig brechen muss. Zu stark sind die "mediterranen Lektionen": Gastfreundschaft, Generosität, Vitalität, Mut und Loyalität. Das intransigente Verhalten der Kommunisten im spanischen Bürgerkrieg (Camus Mutter ist spanischen Ursprungs) und in der Kolonialfrage (für algerische Kommunisten gilt er als "Trotzkist") verstärkt die Sympathien mit dem Anarchosyndikalismus. "Der Fremde" und "Der Mythos des Sisyphos", Bücher, die Camus' Ruhm begründen, werden von Onfray als Werke des Übergangs interpretiert: vom "Ja zum Leben" in Richtung "Nein zum Tod".

Freitag, 7. November 2008

»Der Mythos des Sisyphos« von Albert Camus

»Der Mythos des Sisyphos« von Albert Camus Der zentrale Gedanke des »Mythos des Sisyphos« ist der des Menschen, der die Fremdheit der Welt erfährt, und ausgehend von dieser Erfahrung versucht, eine Verhaltensregel zu finden. Um diesen Gedanken näher zu erläutern, ist es zunächst erforderlich, die drei wesentlichen Elemente, aus denen er zusammengesetzt ist, vorzustellen: Das erste Element ist die Sehnsucht des Menschen nach Einheit der Welt und somit auch nach ihrer Beherrschung. Denn um die Welt zu verstehen, muss der Mensch sie vereinen, also das Mannigfaltige ihrer Erscheinungen auf eine gemeinsame Ursache zurückführen, die Welt seinen Kategorien unterordnen. Ist dies nicht möglich, so muss er der Wirklichkeit Gewalt antun, muss Bilder und Gestalten in sie hineinlegen, die ihr eigentlich fremd sind. Das zweite Element ist dementsprechend die irrationale Welt, auf die die Sehnsucht des Menschen trifft. Das dritte Element und der eigentliche Ausgangspunkt des Mythos des Sisyphos ist das Gefühl des Absurden. Durch zufällige und eigentlich belanglose Ereignisse zerbrechen plötzlich die Schemen, mit denen sich der Mensch bis dahin in der Welt zurecht gefunden hat. Plötzlich wird er sich der Kluft zwischen sich und der Welt bewusst und ist doch nicht in der Lage sie wieder zu schließen. In diesem Moment sieht sich der Mensch dem Absurden gegenüber. „Manchmal stürzen die Kulissen ein. Aufstehen, Straßenbahn, vier Stunden Büro oder Fabrik, Essen, Straßenbahn, vier Stunden Arbeit, Essen, Schlafen, Montag, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag, immer derselbe Rhythmus – das ist meist ein bequemer Weg. Eines Tages aber erhebt sich das „Warum”, und mit diesem Überdruss, in den sich Erstaunen mischt, fängt alles an.”

Durch das Gefühl des Absurden angetrieben, versucht der Mensch nun mittels der Vernunft sich die Welt erneut unterzuordnen. Er wendet sich der Wissenschaft zu und trachtet danach, mit ihrer Hilfe das Eine zu finden, das allem zugrunde liegt. Doch er scheitert erneut: „Trotzdem gibt mir alles Wissen über diese Erde nichts, was mich sicher sein ließe, dass diese Welt mir gehört. Ihr beschreibt sie mir und ihr lehrt mich, sie zu klassifizieren. Ihr zählt ihre Gesetze auf und in meinem Wissensdurst halte ich sie für wahr. Ihr zerlegt ihren Mechanismus und meine Hoffnung wächst. Schließlich lehrt ihr mich, dieses blendende und bunte Universum lasse sich auf das Atom zurückführen und das Atom wieder auf das Elektron. Das ist alles sehr schön und ich warte, dass ihr fortfahrt. Doch ihr erzählt mir von einem unsichtbaren Planetensystem, in dem die Elektronen um einen Kern kreisen. Ihr erklärt mir die Welt mit einem Bild. Jetzt merke ich, dass ihr bei der Poesie gelandet seid: Nie werde ich wirklich etwas wissen. [...] So läuft diese Wissenschaft, die mich alles lehren sollte, schließlich auf eine Hypothese hinaus, die Klarheit versinkt in einer Metapher, die Ungewissheit löst sich in einem Kunstwerk auf. Bedurfte ich so vieler Anstrengungen? Die sanften Linien des Hügels und die Hand des Abends auf meinem erregten Herzen lehren mich viel mehr.” So scheitert auch die Vernunft, und das Absurde bleibt.

Zusammenfassend könnte man also sagen, dass es eigentlich nicht drei Elemente gibt, sondern vier: Denn sowohl das Gefühl, als auch die Vernunft bezeugen für Camus die Fremdheit der Welt und somit das Absurde – ein Umstand, der später noch eine Rolle spielen wird. Von dieser Situation des Absurden ausgehend untersucht Camus nun die daraus entstehenden Handlungsmöglichkeiten.

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Albert Camus – Marxismus und Moral - www.bruchlinien.at

Samstag, 5. November 2005

Camus Kritik am Marxismus

Der französische Philosoph Albert Camus wies dort nach, dass der Marxismus seinem Wesen nach blasphemisch ist.

Die Menschen beziehungsweise ihr vermeintlich allmächtiger Staat sollen sich an die Stelle Gottes setzen, indem sie sich neu erschaffen. Der historische Materialismus sei pervertiertes Christentum, weil er die vertikale Perspektive des Himmelreichs durch das horizontale Ziel eines irdischen Paradieses ersetzt.

Um Missverständnissen vorzubeugen: Camus argumentierte hier nicht als Katholik, sondern als Nietzscheaner. Sein Festhalten an der ursprünglich griechischen Idee einer unveränderlichen menschlichen Natur brachte ihn jedoch in Konflikt mit allen Konsequenzialisten und Kulturrelativisten.

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Albert Camus und die Liebe zur Wahrheit - EF-Magazin

Mittwoch, 5. November 2003

Camus versus Sartre

Camus versus Sartre

Camus stand an der Seite der einfachen Menschen seiner Herkunft und beharrte darauf, Gewalt nicht mit Gewalt zu vergelten und Freiheit auch als Verpflichtung zu begreifen.

Sein Leben und seine Bücher erzählen von der Sehnsucht nach den großen, elementaren Erlebnissen, vom Glück der Beschränkung auf das Essentielle, vom Zauber der Einfachheit. 

Die Protagonisten des Existentialismus, vor allem Jean-Paul Sartre und Albert Camus, gehören zu den bekanntesten Philosophen-Literaten des 20. Jahrhunderts. In Hinsicht auf Sartres Freiheitsbegriff kann der Existentialismus als ein Gipfelpunkt der Moderne gelesen werden.

Die Feindschaft zwischen den beiden Exponenten des Existenzialismus hatte unübersehbar einen klassenkämpferischen Hintergrund: Der dem Elend entwachsene Camus strebte nach Bürgerlichkeit im besten Sinne des Begriffs durch kritische Aneignung der Kultur der Aufklärung, während der dem privilegierten linken Bildungsbürgertum entstammende Sartre und mehr noch dessen Partnerin Simone de Beauvoir vom Virus des Selbsthasses, des Kulturrelativismus und des sozialistischen Nihilismus angesteckt waren.

Sartre kritisierte den Nihilismus der Nazis im Namen des nicht weniger nihilistischen internationalen Sozialismus. Camus kritisierte den Nihilismus mit dem Verweis auf die Zehn Gebote und das Naturrecht. Weblink:

Albert Camus und die Liebe zur Wahrheit - EF-Magazin

Montag, 24. Februar 2003

Albert Camus – Revolution als Irrweg

Albert Camus bezeichnet die Revolution als Irrweg für den Menschen, der sich dem Absurden gegenüber sieht. Camus widmet den Großteil seines Buches »Der Mensch in der Revolte« dem Thema Revolution. Wie für den Menschen, der sich dem Absurden gegenüber sieht, so ergibt sich also nach Albert Camus auch für den Menschen in der Revolte ein Widerspruch, der ihn zu einer Entscheidung drängt.

In der Revolution löse die Vernunft den Widerspruch, in dem sie das Verlangen nach Freiheit und Gerechtigkeit absolut setzt und die Grenze negiert. Von diesem Absoluten ausgehend beginne sie dann damit, eine Theorie zu formulieren, die diese Absolutsetzung rechtfertigt. Der Versuch, diese Rechtfertigung wissenschaftlich zu gestalten, muss für Camus jedoch scheitern, da es dazu notwendig wäre, sich in seiner Argumentation auf das menschliche Wesen zu berufen.

Gerade dieses wäre aber der Beweis für die Unmöglichkeit des Absoluten und kann daher nicht als Stütze dienen, sondern muss ganz im Gegenteil geleugnet werden. Und so benötigte schließlich jede Theorie, die das Absolute fordert als letzte Legitimation eine Art religiöse Instanz. Für die Jakobiner hätte diese in der Vernunft und der daraus abgeleiteten Tugend bestanden, wodurch sie den von ihnen abgeschafften Gott wieder eingeführt hätten.

Der Marxismus, wie Camus ihn versteht, jedoch besiegelt den historischen Nihilismus, in dem er auch die Tugend abschafft. Mit Hegel führt er die Geschichte, die unausweichlich auf die Revolution zusteuert, als alleinige Richterin ein. Ob Vernunft oder menschliches Wesen: Alles ist der Geschichte unterworfen und kann daher keinen Anhaltspunkt für richtiges Handeln bieten. Der einzige feste Punkt, der einem Halt bieten kann, ist das Ende der Geschichte und alles was ihr dient, ist demnach gerechtfertigt. Und so existiert auch der Marxismus – trotz wissenschaftlicher Ansätze – von Beginn an nur als Prophezeiung. Der Marxismus macht also aus dem Verlangen der Revolte nach Freiheit und Gerechtigkeit ein Absolutes, dem er den restlichen Teil der menschlichen Natur unterwerfen muss. Doch dadurch, dass das Ziel eben dem menschlichen Wesen widerspricht, zieht sich der Kampf in die Länge und die Menschen müssen sich entweder der Disziplin des Kampfes unterwerfen, oder werden zu Gegnern, die es zu töten gilt. Und die Länge dieses Kampfes kann sogar noch beliebig hinausgedehnt werden, da es ja mit der Revolution, sogar mit der Weltrevolution, noch nicht getan ist. Das Reich der Freiheit kann erst einkehren, wenn sämtliche Ungerechtigkeit, mitsamt den nach ihr verlangenden Personen, ausgerottet ist. Im Verlauf des Kampfes werden somit die einstmals Revoltierenden entweder vernichtet, oder in ein Heer von Sklaven verwandelt – untertäniger, als der Kapitalismus sie je hätte schaffen können. Abschließend sei zum besseren Verständnis noch ein Rückgriff auf die griechische Mythologie angeführt, in dem Camus, so wie er den absurden Menschen anhand der Figur des Sisyphos verbildlichte, das Schicksal des Revolutionärs mittels einer abgewandelten Form der Prometheus-Sage veranschaulicht: „Er [Prometheus] schreit seinen Hass auf die Götter und seine Liebe zu den Menschen heraus, wendet sich verachtungsvoll von Zeus ab und kommt zu den Sterblichen, um sie zum Ansturm gegen den Himmel zu führen. Doch die Menschen sind schwach oder feig; man muss sie organisieren. Sie lieben das unmittelbare Vergnügen und Glück; man muss sie lehren, um zu wachsen, den Honig der Tage zu verschmähen. So wird auch Prometheus zum Lehrer, der zuerst lehrt, darauf befiehlt. Der Kampf dauert noch länger an und wird aufreibend. Die Menschen zweifeln zuerst am Sonnenstaat und seinem Bestehen. Man muss sie vor sich selbst retten. Der Held sagt ihnen darauf, er kenne den Staat, er allein. Die daran zweifeln, werden in die Wüste getrieben, an einen Felsen genagelt, den grausamen Vögeln zum Fraß vorgeworfen. Die anderen gehen fortan im Dunkeln, hinter dem einsamen, gedankenverlorenen Meister. Prometheus, der Einsame, ist Gott geworden und herrscht über die Einsamkeit der Menschen. Aber von Zeus hat er nur die Einsamkeit und die Grausamkeit angenommen, er ist nicht mehr Prometheus, er ist Cäsar. Der wahre, ewige Prometheus hat nun die Gestalt eines seiner Opfer.” Für Camus ist also keiner der beiden bereits existierenden Wege gangbar. Er wählt stattdessen den Weg der Revolte: Während Resignation und Revolution den Impuls der Revolte vernichten, indem sie ihn durch eine Idee ersetzen, ist sich der Mensch in der Revolte bewusst, dass die Revolte von ihrem Wesen her nicht maßlos ist, sondern eine Grenze in sich trägt. Um diese Grenze zu erhalten und somit der Revolte treu zu bleiben, darf sie nicht in eine absolute Idee umgewandelt werden, sondern als ursprünglicher Impuls erhalten bleiben. Der Mord ist für den Menschen in der Revolte notwendig und unentschuldbar, darf also keineswegs die Folge rationaler Berechnung sein. Die Wünsche nach absoluter Freiheit und absoluter Gerechtigkeit müssen sich gegenseitig begrenzen, da beides zugleich unmöglich ist.

Weblinks:

Albert Camus – Marxismus und Moral - www.bruchlinien.at Der Mensch in der Revolte
Der Mensch in
der Revolte
Albert Camus