In seinem Essay »Zur Verfassung Europas« weiß der Autor sehr wohl, dass dem Europa-Gebilde gemeinsame "soziale und kulturelle Rechte" fehlen. Und kritisiert deshalb gründlich jene Politik, "die vorgibt, den Bürgern ein selbstbestimmtes Leben primär über die Gewährleistung von Wirtschaftsfreiheiten garantieren zu können".
Doch schon bei der Forderung nach der Präzisierung der Menschenrechte in einer zu ändernden europäischen Verfassung, gelingt im eine mediokre Formulierung von richtungsweisender Schwäche für das Gesamtwerk:
"Jede Abschiebung eines Asylbewerbers . . ., jedes kenternde Schiff mit Armutsflüchtlingen . . . ist eine weitere beunruhigende Frage an die Bürger des Westens."
Wo ein bescheidener Verstand geglaubt hätte, das diese Vorgänge eine Sauerei wären und den Menschenrechte feind, sieht der Philosoph erstmal Fragen. Es ist ein Schwanken zwischen demokratischer Vernunft und feigem Kompromiss, der die jüngste Arbeit des großen Intellektuellen prägt.
So auch, wenn er kühl und richtig sieht, das die Menschenrechtspolitik des Westens nicht selten nur ein Feigenblatt zur Durchsetzung von Großmachtinteressen ist und die "Kollateralschäden" beklagt, zum anderen aber seine Kritik mit einer sonderbaren Sorge bestückt: "Noch haben die intervenierenden Mächte in keinem Fall bewiesen, dass sie die Kraft und Ausdauer zum state-building . . . aufbringen."
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Samstag, 13. Februar 2016
Habermas-Kritik an Europa
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