Samstag, 8. Oktober 2016

Michel Foucault als neuer Typus wissenschaftlichen Denkens

Michel Foucault

Als Michel Foucault 1984 im Alter von nur 57 Jahren starb, war er längst zum internationalen Pop-Star der Wissenschaften vom Menschen geworden. Er setzte neue Impulse und Akzente in der Philosophie und bestimmte zudem den Diskurs. Sein Beitrag zur Philosophie ist unbestritten. Er schuf neue philosophische Denksysteme. Mit seinen desillusionierenden Gesellschaftsanalysen wurde Michel Foucault zu einem der bedeutendsten und umstrittensten Philosophen des 20. Jahrhunderts.

Foucault beschäftigte sich hauptsächlich mit der Analyse von Systemen sozialer Codes, auf denen Gesellschaften seiner Meinung zufolge basieren. Demnach definieren festgelegte Ausschlussprinzipien, beispielsweise die Unterscheidung zwischen Wahnsinn und Normalität, die Formen des sozialen Zusammenlebens.

Foucaults Denken hat sich verselbständigt, denn viele seiner Gedanken, Begriffe und Methoden sind in jene Gebiete der Kultur aufgenommen werden, die er zuvor kritisiert hatte. Foucaults Diskursanalyse mit der er jene Strukturen herausarbeitete, die dem Denken und Handeln der Menschen in einer bestimmten Zeit ihr Gepräge geben, ist eine anerkannte Methode in etlichen wissenschaftlichen Disziplinen geworden: in der Soziologie, Ethnologie, Literatur- und Geschichtswissenschaft und in der Philosophie.


Er machte die Philosophie populär und er zeigte, wie eng Macht mit Wissen und körperlich wirksamen Disziplinen verbunden ist. Seine lesenswerten Schriften zu modernen Machttechniken zeigen, wie eng Macht mit Wissen und körperlich wirksamen Disziplinen verbunden ist. Sie haben einen neuen Typus wissenschaftlichen Denkens geprägt.

Die intellektuelle und biografische Unrast des Michel Foucault machte es schon zu seinen Lebzeiten schwer, ihm eine Etikette zu verpassen. Wahlweise als Kommunist, Dandy, Reaktionär, Antihumanist oder Anarchist bezeichnet, wurde ihm keine dieser Zuschreibungen gerecht. Vor allem in seiner letzten Schaffensphase bestand er auf der Möglichkeit zur Wandlung der eigenen Gestalt und suchte jenseits des Zugriffs moderner Macht nach Formen der Selbstgestaltung.


Wie seine Schriften war auch der Mensch Foucault komplex und voller Widersprüche: einerseits ein politisch engagierter und streitbarer Freigeist und Aktivist des Mai 68, andererseits ein Gelehrter, der seinen Lehrstuhl für die Geschichte der Denksysteme (1970-1984) am Collège de France sehr ernst nahm und sich als zentrale Figur der Institution Universität verstand.

Bemerkenswert ist auch sein persönliches Engagement. Bis zuletzt hat sich Foucault philosophisch wie politisch, im Hörsaal und auf der Straße bemüht, für jene zu sprechen, die in der herrschenden Ordnung keine Stimme haben - die Wahnsinnigen, die Inhaftierten, diejenigen, deren Begehren die Gesellschaft als pervers bezeichnet.

Auch über 30 Jahre nach seinem Tod bleibt Michel Foucault einer der einflussreichsten Intellektuellen weltweit. Bis heute spielen die von Foucault mitgeprägten Begriffe von der "Macht" und dem "Diskurs" eine gewichtige Rolle und werden heftig diskutiert.

Weblink:

Michel Foucault - www.famousphilosophers.org

Literatur:

Die Hauptwerke (Quarto)
Die Hauptwerke (Quarto)
von Michel Foucault

»Wahnsinn und Gesellschaft« von Michel Foucault
Wahnsinn und Gesellschaft: Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft
von Michel Foucault


Samstag, 1. Oktober 2016

Leibniz oder die beste der möglichen Welten

Gottfried Wilhelm Leibniz

Von Gottfried Leibniz gilt als der Philosoph der „besten aller möglichen Welten“. Leibniz geht dabei von der Vollkommenheit von Gottes Schöpfung aus. So kam er zu der Überzeugung, daß auch die von Gott erschaffene Welt eine vollkommene Schöpfung sein müsse. Nach Leibniz´ Lehre wäre Gott nicht das vollkommene Wesen, wenn er etwas anderes als die „beste aller möglichen Welten“ für die Menschen erschaffen hätte.

Nach der Monadologie von Gottfried Wilhelm Leibniz gibt es eine unendliche Anzahl möglicher Welten. Von diesen hat Gott nur eine geschaffen, nämlich die vollkommenste, „die beste aller möglichen Welten“. Leibniz argumentierte:


„Gott sah unendlich viele Welten als möglich vor sich;

aber aus diesen unendlich vielen wählte er die wirkliche als die beste.“


Gottfried Wilhelm Leibniz



Gott sah unendlich viele Welten als möglich vor sich. Gottes unendliche Weisheit lasse ihn die beste unter allen möglichen Welten herausfinden, seine unendliche Güte lasse ihn diese beste Welt auswählen und seine Allmacht lasse ihn diese beste Welt hervorbringen.

Folglich müsse die Welt, die Gott hervorgebracht hat – also die tatsächlich existierende Welt –, „die beste aller möglichen Welten“ sein, und jede Form des Übels sei letztlich notwendig und erklärbar.

Das Postulat, dass wir in der besten aller möglichen Welten leben, ist Teil des größeren philosophischen Arguments des 17. Jahrhunderts, dem zufolge Gott mit dem Kosmos nichts Geringeres als eben die beste unter allen möglichen Welten hervorbringen konnte.


Die wirkliche Welt ist die beste u. a. in dem Sinne, dass das Gute in ihr auch von Gott nicht mit einem geringeren Maß an Übel verwirklicht werden kann. Außerdem ist die „beste aller möglichen Welten“ dynamisch gedacht: Nicht der derzeitige Zustand der Welt ist der bestmögliche, sondern die Welt mit ihrem Entwicklungspotential ist die beste aller möglichen Welten.


Der berühmte Satz von der „besten aller möglichen Welten“ ist oft missverstanden worden, unter anderem hat ihn Voltaire in seinem Roman Candide parodiert. Die Idee der „besten aller möglichen Welten“ soll nicht in naiver Weise tatsächliches und großes Übel in der Welt leugnen oder schönreden. Vielmehr weist Leibniz auf einen notwendigen Zusammenhang zwischen Gutem und Üblem hin: Es gebe nämlich Gutes, das nur zum Preis der Existenz von Übel zu haben ist.

Weblink:

Leibniz oder die beste der möglichen Welten
Leibniz oder die beste der möglichen Welten
von Jean Paul Mongin und Julia Wauters



Samstag, 17. September 2016

Regierung im Sinne Foucaults

Ein theoretischer Anknüpfungspunkt für die Analyse und die Kritik der gegenwärtigen Gesellschaft ist der Begriff der Gouvernementalität, wie ihn der französische Philosoph Foucault in seinen Arbeiten Ende der 1970er Jahre skizziert hatte.

Foucault untersucht hier Machtbeziehungen unter dem Blickwinkel der Führung, als eine Art und Weise, das Handlungsfeld von Subjekten zu strukturieren und zu beeinflussen. Der Begriff der Regierung ist ein umfassender, er bezieht sich auf Institutionen und Praktiken, mittels derer Menschen ‚gelenkt‘ werden.

Eine Regierungsweise umfasst als diskursives Feld, auf dem die Ausübung von Macht „rationalisiert wird“ , Wissensformen, Machttechnologien und Subjektivierungsmodi gleichermaßen. Die Machtanalyse von Foucault in Überwachen und Strafen befasste sich mit Institutionen des Zwangs, mit Diskursen und Apparaten, die auf die Unterwerfung des Subjekts zielen.

Der Begriff der Regierung relativiert diesen Aspekt der Unterwerfung, indem Regierung als Kontaktpunkt zwischen Fremd- und Selbstführung aufgefasst wird. Foucault geht also davon aus, dass es freier, nicht unterworfener Subjekte bedarf, dass aber die Freiheit in bestimmten Bahnen verläuft, die an die Ziele einer Regierung gekoppelt sind.

Regierung im Sinne Foucaults operiert also nicht ausschließlich und notwendig über Verbote, sondern auch und gerade durch die Macht, Subjekte zu einem ganz bestimmten Handeln zu bewegen, ihr Handlungsfeld zu bearbeiten.

Weblink:

Das Wahrheitsregime prekärer Verhältnisse - www.diss-duisburg.de

Samstag, 10. September 2016

Was vermag die Vernunft?

Der Begriff Vernunft bezeichnet in seiner modernen Verwendung die Fähigkeit des menschlichen Denkens, aus den im Verstand durch Beobachtung und Erfahrung erfassten Sachverhalten universelle Zusammenhänge der Wirklichkeit durch Schlussfolgerung herzustellen, deren Bedeutung zu erkennen, Regeln und Prinzipien aufzustellen und danach zu handeln.

Soweit sich die Vernunft auf Prinzipien des Erkennens und der Wissenschaften richtet, spricht man von theoretischer Vernunft. Ist die Vernunft auf das Handeln oder die Lebenshaltung ausgerichtet, folgt sie den Prinzipien praktischer Vernunft, die sich in moralischen Fragen an Werten oder zur Erreichung von Effizienz am ökonomischen Prinzip orientieren kann.

Wie erklärt sich diese unheimliche Macht der Vernunft, die zum Besten, aber auch zum Schlimmsten fähig ist? Warum ist die Vernunft so stark, wenn sie die Natur erforscht, aber so unvernünftig, wenn sie sich die Welt zum Untertan macht? Vermag die Vernunft wirklich alles?

Scheint sie doch dem Leben nur schwerlich einen Sinn verleihen zu können ... Muss man wie Faust einen Pakt mit dem Irrationalen schließen, um der Vernunft zu entgehen? Oder daran glauben, dass die Vernunft der Moral zugrunde liegt? Wo steht die Vernunft im Spannungsfeld zwischen Wissenschaft und Moral? Stößt die Vernunft bei der Maßlosigkeit an ihre Grenzen? Und scheitert sie am Wahnsinn?

Weblink:

Was vermag die Vernunft? - www.arte.tv

Samstag, 27. August 2016

Die Ethik des Aristoteles

Jedes Handeln und Denken strebt nach dem Guten das ist die Grundvoraussetzung für die »Nikomachische Ethik« des Aristoteles. Das ethische Vermögen des sozialen Menschen liegt für ihn im Vermeiden jedes Übermaßes, in jener »Mitte«, die allein Tugend und Glück hervorbringt.

Dabei zielt er nicht auf einen starren Moralkodex mit konkreten Handlungsanweisungen, sondern auf das Erreichen des höchsten Gutes im Sinne eines möglichst tugendhaften und somit glücklichen Lebens im menschlichen Miteinander. Die Klarheit und Kraft seiner Gedanken sind bis heute ungebrochen.

Ähnlich wie bei Epikur spielt hier der Begriff εὐδαιμονία (eudaimonia) eine große Rolle. Zu dieser Glückseligkeit kommt aber ein zweiter zentraler Begriff: Die ἀρετή (aretḗ) – die Tugend oder der Bestzustand. Das Ziel aller Handlungen ist die Glückseligkeit.

Die Ausbildung der Tugend hilft dabei, diesen Weg einzuhalten. Worin besteht aber das Glück? Sie besteht in dem, was den Menschen von anderen Tieren unterscheidet, also in der Vernunft. Diese muss der Mensch auf Dauer und in Bestzustand gebrauchen. Dann erhält er die Glückseligkeit.

Nikomachische EthikNikomachische Ethik


Bei den Tugenden, die helfen, unterscheidet er zwischen Verstandes- und Charaktertugenden. Die Klugheit als Verstandestugend ist mit dem Handeln verknüpft, da sie das Ziel eines guten Lebens inne hat. Da es in den menschlichen Handlungen keine Beweise gibt, bedarf es der Erfahrung. Dabei hilft die Klugheit, die Mitte zu halten, die sogenannte mesotês-Lehre:

Zum Beispiel ist die Tugend Tapferkeit die Mitte zwischen Feigheit und Übermut. Somit werden die Charaktertugenden bestimmt. Charaktertugenden sind dabei Haltungen, die man loben oder tadeln kann im Gegensatz zu den Verstandestugenden, die zu den Charaktertugenden führen.

Weblink:

Die Ethik des Aristoteles - weltderkultur.wordpress.com

Nikomachische EthikNikomachische Ethik von Aristoteles

Aristoteles und die Gluckseligkeit - philosophen-welt.blogspot.com

Samstag, 20. August 2016

Aristoteles und die Glückseligkeit

Aristoteles


Bereits seit der Antike existieren Überlegungen zu der Frage, wie der Mensch zum Glück findet. In der Nikomachischen Ethik, entstanden im 4. Jahrhundert vor Christus, erklärt der griechische Philosoph Aristoteles die Glückseligkeit als das große Ziel allen menschlichen Lebens, und diese Glückseligkeit, so Aristoteles, besteht aus den Elementen des Gut-Lebens und Sich-Gut-Verhaltens.

Zwei Aussagen stehen im Mittelpunkt. Erstens: Die Suche nach der Glückseligkeit ist das große, umfassende Prinzip menschlichen Lebens; alle anderen Ziele – wie z.B. Reichtum, Lustbefriedigung, Freundschaften, Gesundheit – sind untergeordnet und nur Mittel zu eben diesem einen großen Zweck. Diese Anordnung hilft, manchen als Selbstzweck erscheinenden Wert zu entzaubern.

Diese Glückseligkeit soll man sich, zweitens, nicht als Zustand (als Bilanz eines gelungenen Lebens) vorstellen, sondern als fortwährende Tätigkeit, auch als „Tätigkeit der Seele“.  Die Glückseligkeit kann man demnach nicht in seinen Besitz bringen und horten; sie verlangt vielmehr nach Bewegung und auch nach geistiger Betätigung.

Um umrisshaft zu bestimmen, worin das Glück als oberstes Gut für den Menschen besteht, fragt Aristoteles: Worin besteht die spezifische Funktion (telos) oder Aufgabe (ergon) des Menschen? Sie besteht im Vermögen der Vernunft (logos), das ihn von anderen Lebewesen unterscheidet. Der für den Menschen spezifische Seelenteil verfügt über dieses Vermögen der Vernunft; der andere Seelenteil, der sich aus Emotionen und Begierden zusammensetzt, ist zwar selbst nicht vernünftig, kann sich aber durch die Vernunft leiten lassen. Um das Glück zu erlangen, muss das Individuum das Vermögen Vernunft gebrauchen, nicht bloß besitzen, und zwar auf Dauer und in einem Bestzustand (aretê). Demgemäß ist „das Gut für den Menschen“, das Glück, eine

„Tätigkeit der Seele gemäß der Gutheit und wenn es mehrere Arten der Gutheit gibt, im Sinn derjenigen, welche die beste und am meisten ein abschließendes Ziel (teleios) ist. In einem ganzen Leben, denn eine Schwalbe macht noch keinen Frühling, auch nicht ein Tag. So macht auch ein Tag oder eine kurze Zeit keinen selig (makarios) und glücklich (eudaimôn).“

Samstag, 13. August 2016

Angst bei Søren Kierkegaard

Søren Kierkegaard

Kierkegaard gilt als Philosoph der Angst. Am 17. Juni 1844 erschien in Kopenhagen ein Buch mit dem merkwürdigen Titel: »Der Begriff Angst«. Noch etwas merkwürdiger ist der Untertitel: »Eine schlichte psychologisch-andeutende Überlegung über das dogmatische Problem der Erbsünde«. Am allermerkwürdigsten aber ist der lateinische Name des Verfassers: »Vigilius Haufniensis« - zu Deutsch etwa »Der Nachtwächter Kopenhagens«.

Nun, in seinem neuesten Werk will Kierkegaard seinen Landsleuten die Nacht erhellen, sprich: die dunkle Seite ihres Wesens. Als Grundzug des Menschen findet er einen in der Philosophie völlig neuen Grundbegriff: die Angst. Er möchte sie allerdings sofort von der Furcht unterscheiden, die einen Gegenstand hat, während Angst gegenstandslos ist. Man fürchtet sich „vor“ etwas, aber man „hat“ Angst.

Angst ist im Denken Kierkegaards einer der zentralen Begriffe, an dem sich nicht zuletzt zeigt, was es bedeutet, ein Mensch zu sein.

Die Angst, von der hier die Rede ist, ist mehr als nur Angst, sie führt direkt zu dem Begriff der Freiheit. An beiden Begriffen - Angst und Freiheit - wird deutlich, daß ein Mensch nicht ohne weiteres er selbst ist, sondern es in entscheidender Weise erst noch werden muß.

Søren Kierkegaards Schrift »Der Begriff Angst«, 1844 erstmals veröffentlicht, hat in der Folgezeit Philosophie und Theologie maßgeblich beeinflußt.


Weblink:

Der Mensch braucht Angst, sonst lernt er nichts: Sören Kierkegaard - WELT - www.welt.de

Literatur:

Angst bei Søren Kierkegaard
Angst bei Søren Kierkegaard
von Arne Grøn