Montag, 13. Oktober 2014

Heidegger und der Sinn des Daseins

Der Mensch ist nach Heidegger wesentlich Dasein, dem es immer auch um dieses Dasein gehe. Mit anderen Worten: Er ist an seiner Existenz interessiert, deren Wesen jedoch nicht in seiner Selbstbstimmung liegt.

Der Sinn des Daseins bemisst sich für Heidegger folgendermaßen: Der Mensch solle kein selbstbestimmtes, selbstgestaltetes Leben führen, sondern er solle sein Schicksal erkennen und sich diesem unterwerfen.

Das menschliche Leben habe sein Wesen auch darin, <i>»dass es sein Sein als seiniges zu sein hat«</i>. Unser Dasein ist vor allem <i>»das Seiende, das wir je selbst sind«</i>. Mit anderen Worten: Um das konkrete individuelle Dasein sollte es gehen, nicht um das allgemein menschliche. Das sagte in ähnlicher Form schon  Kierkegaard.

Das von Heidegger zumindest zu Beginn unterstützte nationalsozialistische Regime hatte mit dem jeweiligen individuellen Sein des Einzelnen aber überhaupt nichts am Hut.

<!-- http://www.philolex.de/heidegge.htm Martin Heidegger --><!--
In der Massengesellschaft lebe nach Martin Heidegger der Einzelne aber nicht sein Leben. »Das Dasein steht im alltäglichen Miteinandersein in der Botmäßigkeit der Anderen. Nicht er selbst ist, die Anderen haben ihm das Sein abgenommen. ... Diese anderen sind dabei nicht bestimmte Andere. Im Gegenteil, jeder Andere kann sie vertreten.« (Zitiert nach Helferich, S. 299.)

Heidegger nennt dieses Herrschaft des »Man«. Menschliches Dasein sei unter diesen Umständen Verfallenheit, uneigentliches Dasein, Uneigentlichkeit.

Mit anderen Worten: Der Mensch lebt kein selbstbestimmtes, selbstgestaltetes Leben. Das in der Gesellschaft allgemein übliche wird übernommen. Hier ist eine Stelle der heideggerschen Philosophie, wo ich noch am ehesten mit ihm übereinstimmen kann. Allerdings nicht, wenn er nun meint ein allgemein gültiges Rezept für »richtiges« Dasein zu besitzen. (Siehe weiter unten   Heideggers Kritik an der Technik.)

Diese Stelle der heideggerschen Philosophie wird von einigen Autoren aber auch ganz anders bewertet, bzw. interpretiert. Der Mensch solle nach Heidegger kein selbstbestimmtes, selbstgestaltetes Leben führen, sondern er solle sein Schicksal erkennen und sich diesem unterwerfen.
http://www.philolex.de/heidegge.htm -->

Samstag, 4. Oktober 2014

Heideggers Verstrickung in den Nationalsozialismus

Heideggers Werk würde heute ein höherer Stellenwert zukommen, wenn der Philosoph sich nicht so tief in den Nationalsozialismus verstrickt hätte. Die Nähe und Treue zum NS-Regime liegt wie dunkler Schatten über seinem Werk und seinem Wirken.

Heidegger sieht den Nationalsozialismus als "die Vollendung der Neuzeit". Die Neuzeit müsse vollendet werden, daran sei nichts zu kritisieren. "Ernst des Denkens ist nicht Betrübnis und Klage über vermeintlich schlechte Zeiten und drohende Barbarei."

Unter der Führung Deutschlands - oder besser der deutschen Philosophie - soll eine geistige Erneuerung Europas statffinden. Diese - völig unblutige - Überzeugung vertritt der Denker, als Adolf Hitler 1933 an die Macht kommt.

Zehn Monate ist Heidegger unter "wesentlicher Bejahung" des Nationalsozialismus fest davon überzeugt, daß der Führer als einziger Politiker in der Lage ist, Ordnung in das politisch zerstrittene und von Massenarbeitslosigkeit heimgesuchte Volk zu bringen.

1933 sah Heidegger in dem politischen Umschwung neue Möglichkeiten zur Veränderung. Er wollte sich einschalten, und es schien ihm geboten, die Entwicklung mitzugestalten. Am 21. April 1933 wurde Heidegger Rektor der Freiburger Universität.
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Heidegger hat dem Nationalsozialismus bis 1941 nicht nur nicht abgeschworen, sondern sich einer "wesentlichen Bejahung" verschreibt. "Rein 'metaphysisch' (d. h. seynsgeschichtlich) denkend habe ich in den Jahren 1930–1934 [!] den Nationalsozialismus für die Möglichkeit eines Übergangs in einen anderen Anfang gehalten und ihm diese Deutung gegeben.

Damit wurde diese 'Bewegung' in ihren eigentlichen Kräften und inneren Notwendigkeiten sowohl als auch in der ihr eigenen Größengebung und Größenart verkannt und unterschätzt. … Aus der vollen Einsicht in die frühere Täuschung über das Wesen und die geschichtliche Wesenskraft des Nationalsozialismus ergibt sich erst die Notwendigkeit seiner Bejahung und zwar aus denkerischen Gründen."

Diese Stelle lässt erstmals keinen Zweifel mehr daran: Heidegger selbst hat (seit 1930 und weit über 1934 hinaus) sein Denken an eine Bejahung des NS-Regimes gebunden.

1933 sah Heidegger in dem politischen Umschwung neue Möglichkeiten zur Veränderung. Er wollte sich einschalten, und es schien ihm geboten, die Entwicklung mitzugestalten. Am 21. April 1933 wurde Heidegger Rektor der Freiburger Universität. Für das Amt des Rektors wurde er von seinem Vorgänger Wilhelm von Möllendorff vorgeschlagen. Möllendorff war Sozialdemokrat und einen Tag zuvor – vermutlich auf Druck des NS-Regimes – zurückgetreten. Nachdem Heidegger bereits 1932 die NSDAP gewählt hatte, trat er ihr am 1. Mai 1933 bei und blieb bis Kriegsende Mitglied.
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"Wesentliche Bejahung" des Nationalsozialismus

Immer wierder hat man Heidegger vorgeworfen, er sei ein Kritiker der Moderne gewesen.

Seine "Schwarzen Hefte" von 1939 bis 1941 zeigen Martin Heidegger als Antisemiten und Antiwestler, nicht aber als Kritiker der Moderne. Der Philosoph fantasierte über eine "Reinigung des Seyns".

Heidegger hat keinen Bezug des Seins zur Moral hergestellt. Die Moral bemisst sich als Maßstab des Handelns in der Wirklichkeit und liefert ethische Grundsätze für das Sein.

Das Verhältnis von seinem Werk zu seinem Verhalten während der Nazi-Zeit bemisst die Fallhöhe des Philosophen. Heidegger tat während der NS-Diktatur wohl seine Pflicht, aber er hat sich darin verheddert und zu einem moralischen Fall geworden.

Die Moral ist für ihn überhaupt der Maßstab des "historischen Tiers". Dieses Tier wird für ihn vor allem durch die "englisch-amerikanische Welt" mit ihrer "mit Moral übermalten händlerischen Rechenhaftigkeit" vertreten, wobei er später deren Allianz mit dem "Weltjudentum" konstatiert, das "durch die aus Deutschland hinausgelassenen Emigranten" "aufgestachelt" worden sei.

"England brachte die parlamentarische, auf Parteien abgestellte Demokratie und das Maschinenwesen." Ganz im Geiste Hitlers, der auch in die Liste der H-Denker zu gehören scheint (Heidegger nennt Heraklit, Hegel und Hölderlin), ist der Westen der Feind. Denn: "Was wir den Tschechen und Polen verschafften, wollen England und Frankreich auch den Deutschen zugute kommen lassen." Eine versteckte Ethik ist hier nicht zu vermuten.

http://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article126631899/Wesentliche-Bejahung-des-Nationalsozialismus.html
"Wesentliche Bejahung" des Nationalsozialismus
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Donnerstag, 25. September 2014

Martin Heidegger vor 125 Jahren geboren

Martin Heidegger


Martin Heidegger wurde vor 125 Jahren am 26. September 1889 in Meßkirch geboren. Heidegger war ein bedeutender und einflußreicher deutscher Philosoph und gilt als einer der größten Denker klassischen abendländischen Philosophie, mit deren zentralen Grundfragen er sich beschäftigte, um sie mit seiner Seinslehre auf ein neues Fundament zu stellen.

Er stand in der Tradition der Phänomenologie - vor allem Edmund Husserls - der Lebensphilosophie - besonders Wilhelm Diltheys - sowie der Existenzdeutung Søren Kierkegaards, die er in einer neuen Ontologie überwinden wollte. Die wichtigsten Ziele Heideggers waren die Kritik der abendländischen Philosophie und die denkerische Grundlegung für ein neues Weltverständnis.

Die überragende Größe Martin Heideggers liegt darin, daß er die zentralen Grundfragen der klassischen abendländischen Philosophie, z. B. die Frage nach dem Sein, der Welt, der Zeit oder die Frage nach der Wahrheit und der Logik - auf einen Boden gestellt hat, wie diese keinem anderem Denker seiner Zeit gelungen ist. Genau genommen beschäftigte sich Heidegger mit einer einzigen Frage, die ihn sein Leben lang nicht los ließ: »Was ist der Sinn von Sein?«

Sein und Zeit

Heidegger stellt diese grundlegende Frage in seinem 1927 erschienenen philosophischen Hauptwerk <a title="Martin Heidegger »Sein und Zeit«" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3484701536/zitatenschatz-21" target="blank">»Sein und Zeit«. Zentrales Thema seines Aufsehen erregenden Hauptwerkes ist die Frage nach dem »Sinn von Sein«. Diese Frage hatte schon Platon beschäftigt, aber dabei die Bedeutung der Zeit nicht berücksichtigt. Den Fehler des bisherigen philosophischen Denkens, nicht die Bedeutung der Zeit für das Verständnis des Seins in den Blick zu bringen, sollte eine fundamentalontologische Untersuchung korrigieren.

Denker wie Kant haben den Menschen als ein Wesen definiert, das vorrangig durch Verstand und Vernunft gekennzeichnet ist. Heidegger bricht mit dieser denkerischen Tradition und stellt in einem neuen Denkansatz den Menschen als "Dasein" und als "Existenz" in den Mittelpunkt des Philosophierens. Heidegger konnte mit dem neuen ontologischen Denken, das auf dem Verhältnis von Dasein und Sein basierte, viele Probleme der überkommenen Ontologie überwinden.

Im Alter von 34 Jahren erhielt Heidegger 1923 einen außerordentlichen Lehrstuhl für Philosophie in Marburg, wo er an der Philipps-Universität bis 1927 lehrte. Nach der Herausgabe von »Sein und Zeit« folgte er seinem Lehrer Edmund Husserl auf das Ordinariat für Philosophie an der Universität Freiburg.

1933 war Heidegger vorübergehend Rektor der Freiburger Universität und Mitglied der NSDAP. Als Rektor der Freiburger Universität ergriff er für die Nationalsozialisten Partei, distanzierte sich aber 1934 vom nationalsozialistischen Regime und wurde von diesem fortan geächtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte die Auseinandersetzung mit der zentralen Frage nach dem Sein zu einer neuen Orientierung seines Denkens, die er mit dem Begriff "die Kehre" bezeichnete.

Ab Mitte 1930 begann Heidegger mit einer Gesamtinterpretation der abendländischen Philosophiegeschichte. Dazu untersuchte er die Werke bedeutender Philosophen unter phänomenologischen, hermeneutischen und ontologischen Gesichtspunkten und versuchte so, deren „unbedachte" Voraussetzungen und Vorurteile freizulegen. Alle bisherigen philosophischen Entwürfe vertraten laut Heidegger eine einseitige Auffassung der Welt – eine Einseitigkeit, die er als Merkmal jeder Metaphysik ansah.

Danach veröffentlichte er in rascher Reihenfolge weitere Schriften, die sich unter anderem mit der Geschichte der Philosophie, mit Interpretationen von Dichtungen - u.a. Hölderlin und Rilke - mit Sprache, Kunst und dem Wesen der Technik befassen.

Sein Werk ist von einem Widerhall begleitet, wie es in der Geistesgeschichte ohnegleichen ist. Heideggers Denken entfaltete weltweite Wirkung. Eine breite Rezeption machte Heidegger zu einem der einflussreichsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Gleichwohl ist sein Werk inhaltlich umstritten. Auch sein nationalsozialistisches Engagement ist bis heute Gegenstand kontroverser Debatten.

Literatur:

Sein und Zeit
Sein und Zeit
von Martin Heidegger

Samstag, 20. September 2014

Nietzsche - Irrungen und Wirrungen

»Nietzsches Werk ist wie ein Steinbruch, in dem man sich nach Belieben bedienen kann.«

Wenn Nietzsche ein Bergwerk ist, in dem sich jeder mit seiner Feuilleton-Schippe bedient, so steht die Tafel des Heraklit am Eingang, daß "die Goldsucher viel Erde graben und wenig finden". Dazu Colli: Im Bergwerk dieses Denkers ist jedes Metall zu finden. Nietzsche hat alles gesagt und das Gegenteil von allem. Und überhaupt ist es unredlich, sich der Zitate aus Nietzsche zu bedienen, wenn man über ihn spricht.

Kein Wunder also, daß dieser Steinbruch als Selbstbedienungsladen auch für die Anhänger des Faschismus eine interessante auszubeutende Lagerstätte war. Die ungebetenen Besucher bedienten sich dessen, was für ihre Ideologie von Interesse war.

Nietzsche einen geistigen Wegbereiter des Faschismus zu nennen, bedeutet nicht zu behaupten, Nietzsche wäre ein hundertprozentiger Befürworter der nationalsozialistischen Ideologie und Bewegung gewesen, hätte er zu der Zeit noch gelebt.

Dies sagt aber lediglich aus, dass Nietzsche mit der konkreten Art, wie der Faschismus von den Nazis praktiziert wurde, wohl in einigen Punkten nicht übereingestimmt hätte. Der Pöbel des Faschismus hätte den aristokratischen Denker nur angewidert.

Den Faschismus hätte es auch ohne Nietzsche gegeben, aber ohne Nietzsche hätte es einen anderen Faschismus gegeben. Das Schreckgespenst seiner Philosophie spukt im Faschismus herum, weil die Diktatoren ihn als ihren Ahnherren betrachteten. Durch Nietzsche ist der Faschismus hoffähig geworden - damit die Diktatoren was zu sinnieren haben.


Weblink:

Genealogie der Moral
Genealogie der Moral von Friedrich Nietzsche

Samstag, 13. September 2014

Das Wüten der blonde Bestie in Europa

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<table width="80%" border="0">
<tr>
<td>
<blockquote><center><i>
»Das tiefe, eisige Mißtrauen, das der Deutsche erregt, sobald er zur Macht kommt, ist immer noch ein Nachschlag jenes unauslöschlichen Entsetzens, mit dem Jahrhunderte lang Europa dem Wüthen der blonden germanischen Bestie zugesehen hat.« </i>
<p align="right"><a title="Nietzsche Genealogie Moral" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3050030267/zitatenschatz-21" rel="nofollow" target="blank">»Genealogie der Moral«</a></p>
</center></blockquote>
</td>
</tr>
</table>
</center>

Was sich liest wie eine Raubtier-Metapher, läst sich auch als düstere Prophezeihung der Zukunft verstehen. Aber konnte Nietzsche ahnen, daß die blonde germanische Bestie bald wieder in Europa wüten würde?

Der Einwand, daß der Deutsche ein gestörtes Verhältnis zur Macht hat, erwies sich als durchaus berechtigt. Auch lässt sich ein Raubtier nicht mit <i>Appeasement</i> aufhalten.

Das Mißtrauen der Westmächte war allerdings nicht tief genug, um Hitler von seiner kriegstreiberischen Politik abzubringen. Sie ließen sich immer wieder von Hitler beschwichtigen, der behauptete, keinen Krieg zu wollen und gaben seinen Forderungen immer wieder nach.

Die Antizipation des kommenden Krieges nahm Nietzsche, der offensichtlich der Überzeugung war, große Politik nur mit kriegerischen Mitteln realisieren läßt, bereits gedanklich vorweg:

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<table width="60%" border="0">
<tr>
<td>
<blockquote><center><i>
»Die Zeit für kleine Politik ist vorbei: schon das nächste Jahrhundert bringt den Kampf um die Erd-Herrschaft, - den Zwang zur großen Politik.«
</i></center></blockquote>
</td>
</tr>
</table>
</center>

Der wahre, auf Angriff und Eroberung gerichtete Charakter der Außenpolitik Hitlers wurde 1939 mit der Besetzung der Tschechslowakei und dem Angriff auf Polen sichtbar.

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges war die logische Folge der systematischen Ausweitung des Machtbereiches und des Strebens nach imperialer Hegemonialmacht auf dem Kontinent.

Der Tatmensch Hitler hatte die blonde Bestie, dieses symbolhafte Raubtier aus ihrem Käfig entlassen und diese verursachte in ihrem freien Lauf »Blut, Schweiß und Tränen« auf dem Kontinent. Das tiefe, eisige Mißtrauen war nicht tief genug, um den Krieg zu verhindern.<!-- Bei dem lüsternen territorialen Schweifen nach Beute kamen immer niedrigere Instinkte zum Vorschein. Schon bald wurde durch die Vertreter der Herrenmenschen daraus ein kosmischer Weltenbrand. -->

Nietzsche glaubte, über die Gabe zu verfügen, einen Krieg in einer nicht allzufernen Zukunft voraussehen zu können und Hitler erwies sich als sein williger Vollstrecker. Wenn er den Krieg voraussah, wusste er auch, daß dieser Vollstrecker als ein Mensch der Tat einst kommen würde. Der Gedanke geht der Tat voraus wie der Blitz dem Donner.

Weblink:

<a title="»Genealogie der Moral« Friedrich Nietzsche" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3050030267/zitatenschatz-21" rel="nofollow" target="blank"><img alt="Genealogie der Moral" src="http://images-eu.amazon.com/images/P/3050030267.03.TZZZZZZZ.jpg" width="57" border="0"/></a> <br /><a href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3050030267/zitatenschatz-21" rel="nofollow" target="blank">Genealogie der Moral</a> von Friedrich Nietzsche

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Den Vornehmen und Mächtigen und Reichen hat er seinen Knabentraum in der gleisnerischen Schrift "Zur Genealogie der Moral" (1887) gewidmet: "Sie treten in die Unschuld des Raubthiergewissens zurück", "als frohlockende Ungeheuer, welche vielleicht von einer scheußlichen Abfolge von Mord, Niederbrennung, Schändung, Folterung mit einem Übermuthe und seelischen Gleichgewichte davongehen, wie als ob nur ein Studentenstreich vollbracht sei, überzeugt davon, daß die Dichter für lange nun wieder Etwas zu singen und zu rühmen haben." -->

Samstag, 30. August 2014

Das nordische Denken der Europäer

Dem mediterranen Denken setzt Camus das nordische Denken der Europäer entgegen. Das nordische Denken ist für Camus Ausdruck von Ideologien, Nationalismus und Imperialismus, der für die beiden Weltkriege und viele Krisen in Europa verantwortlich ist. Das nordische Denken ist für ihn auch Ausdruck der Menschenverachtung der Denksysteme.

Die maßlosen Brutalitäten, die im Namen von Heilserwartungen sowie kommunistischen und faschistischen Ideologien verübt werden, sind für ihn die Folge eines "nordischen Denkens". Im Gegensatz dazu skizziert Camus eine Art griechisches "Sonnendenken" - „eine“, so schreibt er, „neue Revolte, im Namen des Maßes und des Lebens“. 

Albert Camus warb für sein sonniges mittelmeerisches Denken – eine Art Gegengift für die Wachstumsideologien und die Maßlosigkeiten Europas. Dieses Sonnendenken, das seine Wurzeln in der Mittelmeerutopie der mediterranen Intellektuellen von Paul Valéry über Gabriel Audisio bis Alexandre Kojève hat, sollte dem alten, kriegsmüden Kontinent die natürliche Schönheit, die Bescheidenheit und Brüderlichkeit zurückbringen, die für Camus nur im Licht des Mittelmeeres gedeihen.

Deutschland, das Camus nur flüchtig und kurz bereist hat, hielt er immer für das Land des tiefsten Unglücks. Östlich von Paris, da war er sich sicher, gebe es nichts mehr, was ein Menschenherz erfreuen könne. - So Unrecht hatte Camus mit seiner Meinung aufgrund der ideologischen Verirrungen des 20. Jahrhunderts wohl nicht.

Weblinks:

Der Mitelmeermensch - 3Sat Kulturzeit - www.kulturzeit.de

"Er sagte: Hab keine Angst!" - Die Zeit-Essay über Albert Camus - www.zeit.de

Der Mensch in der Revolte
Der Mensch in der Revolte
von Albert Camus

Albert Camus-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de

Samstag, 23. August 2014

Albert Camus und seine Philosophie des Mittelmeers

Die Ambivalenz des Meeres, das mal idyllisch und spiegelglatt, dann wieder aufgewühlt und tödlich ist: Es war auch unter den Philosophen stets diese Doppelgesichtigkeit, die das Denken anregte.

Das Meer kann Freiheit und Glück bedeuten, aber es droht auch mit dem Tod in den Wellen. Die Schifffahrt und die Weite des Meeres finden sich also nicht ohne Grund in vielen philosophischen Texten.

Albert Camus entwickelte eine vom Leben geprägte Philosophie des Mittelmeers. Das mittelmeerische Leben und Denken sollte für ihn das Modell für Europa und damit auch das Modell für das nordische Leben werden. Er wollte Europa "mediterranisieren", mit dem Licht des Mittelmeers erhellen. Europa ginge es womöglich besser und wäre weniger krisengeschüttelt, wenn es von Camus‘ „mittelmeerischen Denkens“ beeinflusst wäre. Die Strände des Mittelmeeres luden ihn zu strahlendem Mediterranismus ein. Sein Vorbild war Nietzsche, der Künder des gleißenden, mediterranen Mittags, den Ergründer von Mythos und Tragödie.

Was er damit meint, ist, dass das Heute wichtig ist. Und das ist eben das mittelmeerische, das elementare Leben, ein Leben, das in Versöhnung mit den Elementen und mit der Natur existieren kann. Was er natürlich nicht damit meinte, war, dass der Mittelmeerraum den Norden okkupieren, besiegen oder was auch immer sollte, sondern, dass das mittelmeerische Leben und Denken das Modell für Europa und damit auch das Modell für das nordische Leben werden sollte.

Als Existenzphilosoph hatte Camus zu vielen Themen eine Antwort: der Mann mit dem Lächeln im Gesicht liebte die Erde, das Da-Sein und das Leben. Und zwar jenseits vom Jenseits, ganz im im Hier. Camus betrachtete das Leben von seiten der Freiheit und will uns beim Leben helfen, nicht durch Arroganz und sprachlich überwechselte Denkgebäude, sondern barrierefrei mit klarer Sprache, ohne Schubladen für beeindruckend nichtssagende Satzkaskaden.

Der frühe Tod von Albert Camus, der mit 47 Jahren durch einen Autounfall starb, verhinderte leider, dass er selbst an der Begründung dieses „mittelmeerischen Denkens“, mit dem er im Schlusskapitel des Essays „Der Mensch in der Revolte“ begonnen hatte und für das sich die Camus-Neuentdecker im 21. Jahrhundert begeistern, weiterarbeiten konnte: eines utopischen „Sonnendenkens“ der Revolte.

Weblinks:

Der Mitelmeermensch - 3 Sat Kulturzeit - www.kulturzeit.de

"Er sagte: Hab keine Angst!" - Die Zeit-Essay über Albert Camus - www.zeit.de

Albert Camus-Biografie - Biografien-Portal www.die-biografien.de


Literatur:

Der Mensch in der Revolte
Der Mensch in der Revolte
von Albert Camus

Namen der Freiheit: Leben und Philosophie des Albert Camus
Im Namen der Freiheit: Leben und Philosophie des Albert Camus
von Michel Onfray