Samstag, 17. Januar 2015

Charlie Hebdo: Mitverantwortung tragen wir alle

Von Jacques Bénigne Bossuet (1627-1704) stammt die Aussage, Gott lache über die Leute, die die Auswirkungen beweinen, deren Ursachen sie gehegt und gepflegt haben. Da fällt einen ein, daß zu Bossuets Zeit die Sage berichtete, daß Krokodile wie kleine Kinder weinten, um Opfer anzulocken und sie dann zu verschlingen.

Die anläßlich des Charlie Hebdo-Attentats in einer Pariser Nebengasse [1] vergossenen Krokodilstränen des tonangebenden politischen „Establishments“ haben eine weit über den aktuellen Anlaß hinausgehende nachhaltige Bedeutung nicht nur im Hinblick auf die mit Einschränkung der bürgerlichen Freiheiten erkaufte scheinbare Sicherheit oder die nächsten Urnengänge.

In dieser Zeit ohne besondere Eigenschaften, in der sich immerhin große Veränderungen ankündigen, ist das Geschehen in Paris allerdings nur eines von vielen, denen eine ähnliche der politischen Macht dienende Rolle zugeschrieben werden kann. Und wie einige andere, wirft auch dieses Pariser Verbrechen bei einigen die Frage nach Schuld und Verantwortung ganz allgemein auf.

Daß dieselbe Frage gerade im Fall von Charlie Hebdo weder von dem engen Kreis der obersten Pharisäer noch von der Masse der Mitläufer da und dort wahrheitsgemäß beantwortet werden wird, liegt auf der Hand. Für alle Vernünftigen und Ahnenden heißt es aber kühlen Kopf zu bewahren, die Dinge sachlich und unvoreingenommen zu hinterfragen und Krokodilstränen und Heuchelei an die Absender zu retounieren.

Auch wenn die unmittelbar Schuldigen eines Verbrechens, wie jenes in Paris, schnell ausgemacht sind, so bedarf die Frage der weiteren Verantwortlichkeit in dem erwähnten und in jedem anderen Fall jedenfalls eines gründlichen Nachdenkens um der Sache gerecht werden zu können. Kurz, man sollte auch hier hinter die Kulissen blicken, wo gelegentlich gruselige Dinge, dazu auch der 11. September 2001 gehört, ausgeheckt zu werden scheinen. Und wo zeitgleich mit dem jeweiligen Verbrechen auch schon die Schuldigen präsentiert werden.

Im Falle der Mörder von Charlie Hebdo-Leuten haben wir es, im Sinne Karl Jaspers, sowohl mit einer kriminellen und, selbst wenn die Tat ihnen befohlen wurde, auch mit einer moralischen Schuld zu tun. Die politische Schuld hingegen wird verdrängt werden. Sie besteht darin, daß durch politisch verantwortungsloses Handeln oder bewußtes nicht Handeln dieses von wem immer angeordnete Verbrechen ermöglicht wurde. Nicht allzu selten durch der Mehrheit Passivität begünstigt.

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