Samstag, 24. August 2024

»Phänomenologie des Geistes« - ein Werk des deutschen Idealismus


Die kühnsten Denkgebäude der Philosophiegeschichte entstanden im Deutschen Idealismus. Der Leitgedanke dabei war, dass der Geist die Welt nicht nur erkennt, sondern in gewisser Weise auch selbst hervorbringt. Bei Kant und Fichte tut dies der Geist des Menschen; bei Georg Wilhelm Friedrich Hegel ist es der absolute Geist, der die Welt, wie wir sie kennen, erschafft.

Hegels »Phänomenologie des Geistes« ist nicht nur kompliziert, es ist vielleicht sogar das komplizierteste, unverständlichste Buch der ganzen Philosophiegeschichte. Es betrachtet die Gesellschaft aus dem Blickwinkel der Totalität.

Hegel unternahm auf etwa 600 Seiten den Versuch, die Erscheinungsweisen des menschlichen Geistes zu untersuchen: von Wahrnehmung über Verstand, Bewusstsein, Selbstbewusstsein, Vernunft, Geist und Religion bis zum "absoluten Wissen", der Philosophie.

"Das Absolute soll nicht begriffen, sondern gefühlt und angeschaut [werden], nicht sein Begriff, sondern sein Gefühl und Anschauung sollen das Wort führen und ausgesprochen werden."

"Es ist daher das Verkennen der Vernunft, wenn die Reflexion aus dem Wahren ausgeschlossen und nicht als positives Moment des Absoluten erfaßt wird."

"An diesem, woran dem Geiste genügt, ist die Größe seines Verlustes zu ermessen."

Die »Phänomenologie des Geistes« beschreibt nichts weniger als den Aufstieg des Geistes zu immer höheren Entwicklungsstufen, von der Sinneswahrnehmung über die Vernunft bis zum »absoluten Wissen«. Der Geist ist also nicht einfach da. Er manifestiert sich vielmehr in einem dynamischen, geschichtlichen Prozess, er kommt erst zu sich selbst. Das »Absolute« ist das große Ganze – die Welt, wie sie wirklich ist. Doch die wahre Realität, das ist für Hegel nicht die Materie, sondern der Geist selbst. Das führt zur atemberaubendsten Kreisbewegung der Philosophiegeschichte: »Absolutes Wissen« ist dann erreicht, wenn der Geist erkennt, dass das Ziel seiner Suche nichts anderes ist als er selbst.

Hegel geht die Sache recht forsch an. Gemeinhin hielten Philosophen das Erkennen für eine Art Instrument, mit dem wir die Wirklichkeit erfassen, sagt Hegel in der Einleitung der »Phänomenologie«. Damit unterscheiden sie aber schon zwischen dem erkennenden Subjekt und der Wirklichkeit. Das Problem ist natürlich, dass jedes Instrument die Realität verzerren kann. Das führt zwangsläufig zur skeptischen Frage, woher wir dann wissen, dass unsere Überzeugungen überhaupt wahr sind. Aber wenn wir immer nur fürchten, Fehler zu machen, kommen wir in der Erkenntnis der Wirklichkeit nicht weiter. Hegels radikale Schlussfolgerung lautet, die skeptische Frage überhaupt zu verwerfen. Schwimmen lernen wir schließlich auch nicht, wenn wir nie ins Wasser gehen.

Hegel vollendete die Schrift in Jena gerade zu jener Zeit, als Napoleon sich anschickte, den Preußen in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt eine vernichtende Niederlage beizubringen. Kein Wunder, dass Hegel in Napoleon den "Weltgeist zu Pferde" vorbeireiten zu sehen meinte.

Hegels Werk ist nicht nur - neben Fichtes und Schellings - eine weitere Ausformung des deutschen Idealismus, sondern außerdem eines der bekanntesten und meistkommentierten Werke der Philosophie überhaupt. Vor allem dank des Prinzips der Dialektik:

Aus einer Folge von Negationen entwickelt sich der Geist, aber auch die Wirklichkeit zu immer höheren Formen. Dies lässt sich in den kleinsten Erscheinungen der Natur ebenso beobachten wie in der Geschichte der Menschheit. Hegels Ruhm mehrte sich mit seinen Kritikern und Interpreten. Zu den bekanntesten gehört Karl Marx, der einige Elemente von Hegels Systems "vom Kopf auf die Füße" stellen wollte.


Weblinks:

Philosophie Hegels - Philolex - www.philolex.de

Georg Wilhelm Friedrich Hegel - Die Welt ist Geist - Youtube - www.youtube.com


Literatur:

Phänomenologie des Geistes
Phänomenologie des Geistes
von Georg Friedrich Wilhelm Hegel

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