Der Utilitarismus war theoriegeschichtlich der Rivale der Theorie des Gesellschaftsvertrages und hatte diese im Laufe des 19. Jahrhunderts auf dem Gebiet der politischen Philosophie in den angelsächsischen Ländern weitgehend verdrängt. Während die Vertragstheorie eine politische Ordnung danach beurteilt, ob diese Ordnung aus einer freien Überreinkunft rationaler Individuen hätte hervorgehen können, ist für den Utilitarismus entscheidend, ob eine politische Ordnung dem Wohlergehen der Menschen möglichst förderlich ist. »Das größte Glück (der größten Zahl)!« war das populäre Motto der Utilitaristen.
Der Utilitarismus fordert das Glück der größten Zahl. |
Gemeinsam ist beiden Theorien die nicht-religiöse, säkulare Orientierung. Es wird nicht vom Willen übermenschlicher Wesenheiten oder Autoritäten wie Gott, Natur oder Geschichte ausgegangen, die den Menschen die soziale Ordnung vorschreiben, sondern die Rechtfertigung und Kritik politischer Ordnungen wird allein auf menschliche Vernunft gegründet. Außerdem sind beide Ansätze insofern individualistisch, als der Wille bzw. das Wohlergehen der Individuen Bezugspunkt ist und nicht das Schicksal überindividueller Wesenheiten wie Rasse, Volk, Staat oder soziale Klasse.
Philosophiehistorisch wurde der utilitaristische Ansatz erstmals durch Jeremy Bentham (1748–1832) und John Stuart Mill (1806–1873) systematisch entwickelt und auf konkrete Fragen angewandt. Heute noch ist der Utilitarismus vor allem im englischsprachigen Raum beheimatet. Dabei sah Mill schon die Gefahr, dass der Ausdruck „Utilitarismus“ und seine ursprüngliche Ableitung von dem zentralen Begriff „utility“ leicht den Eindruck erwecken könnten, der Utilitarismus sei an sich kaltherzig und materialistisch. Um derartige Missverständnisse zu vermeiden, wird heute zumeist von „Glück“ oder „individuellem Wohl“ gesprochen.
„Mit dem Prinzip des Nutzens ist jenes Prinzip gemeint, das jede beliebige Handlung gutheißt oder missbilligt entsprechend ihrer Tendenz, das Glück derjenigen Gruppe zu vermehren oder zu vermindern, um deren Interessen es geht […] Mit ‚Nutzen‘ ist diejenige Eigenschaft an einem Objekt gemeint, wodurch es dazu neigt, Wohlergehen, Vorteil, Freude, Gutes oder Glück zu schaffen.“Der Utilitarismus ist eine bedeutende Strömung innerhalb der praktischen Philosophie. Utilitaristische Argumente werden häufig angebracht, um Fragen der Sozialphilosophie und insbesondere auch der Ethik nach Generationengerechtigkeit, Abtreibungsrecht und Sterbehilfe zu erörtern. Auch in Zweigen der Wirtschaftswissenschaften und in der sozialen Bewegung des Effektiven Altruismus wird sich auf den Utilitarismus berufen.
Jeremy Bentham, »Introduction to the Principles of Morals and Legislation«
Utilitarismus begründet eine Ethik, bei der das Glück der größten Zahl zugrunde liegt. Dem Utillitarismus entgegengesetzt ist die »Ethik der Pflicht« Kants, bei der es nicht auf die Folgen des Tuns ankommt, sondern daß die Taten gut sind und dem moralischen Gesetz sowie dem »Kategorischen Imperativ« entsprechen.
Weblinks:
Utilitarismus - www.philoclopedia.de
Utilitarismus als Begründung der Demokratie - www.ethik-werkstatt.de
Alles über der Utilitarismus - Utilitarismus-Portal - utilitarismus.com
Literatur:
Utilitarianism /Der Utilitarismus von John Stuart Mill und Dieter Birnbacher
Einführung in die utilitaristische Ethik: Klassische und zeitgenössische Texte von Otfried Höffe
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