Samstag, 21. September 2019

Karl Popper und sein Kampf um die offene Gesellschaft

Karl Poppers Leben und Werk ist gekennzeichnet durch seinen Kampf um die offene Gesellschaft, welche in der heutigen Zeit durch Krieg und Terror unmittelbar bedroht ist. Nach den Terrorattacken von Paris reden alle über die offene Gesellschaft. Hinter dem Konzept steht der Philosoph Karl Popper. Ist seine Renaissance gerechtfertigt?

Für Popper ist die „Offene Gesellschaft“ eine in der Tradition des Liberalismus stehendes Gesellschaftsmodell, das zum Ziel hat, die fortschrittlichen Kräfte zu mobilisieren.



Karl Popper, der Autor eines der wichtigsten politischen Bücher des 20. Jahrhunderts wollte eigentlich gar nicht über Politik schreiben. Erst die Verhältnisse zwangen ihn dazu. Als junger Akademiker war Popper Teil einer Wiener Bewegung, die sich vorgenommen hatte, der Philosophie allen metaphysischen Hokuspokus auszutreiben. Ihre Disziplin sollte endlich den Standards der strengen Naturwissenschaften entsprechen. Popper verlangte, nur noch solche Aussagen anzuerkennen, die ihre eigene Widerlegung implizierten. Für Dogmatismus sei kein Platz in der Wissenschaft – und auch nicht in der Demokratie, wie er in seinem berühmtesten Werk später darlegen sollte.

"Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" ist kein wissenschaftliches Buch im Popperschen Sinne. Es spitzt zu, haut drauf und steckt voller Leidenschaft. Manche Kapitel gleichen einer Predigt, andere lesen sich wie ein Evangelium. Poppers Offene Gesellschaft ist die Bibel der modernen Demokratie. Er selbst hat den Doppelband als "Kriegsbeitrag" bezeichnet.

Entstanden ist die philosophische Kampfschrift im neuseeländischen Exil, die Erstauflage erschien 1945 in England. Eine offene Gesellschaft zeichnet sich nach Popper durch die klassischen Ingredienzien einer demokratischen Verfassung aus: Gewaltenteilung, Meinungsfreiheit und vor allem die Garantie, die Herrschenden jederzeit wieder abwählen zu können. An Kontur gewinnt der Begriff aber erst durch die Abgrenzung von seinem Gegenteil: der geschlossenen Gesellschaft. Hier steht das Individuum im Zentrum, dort das Kollektiv; hier trägt der Einzelne die Verantwortung, dort beruft man sich auf eine Mission; hier lässt man Veränderung zu, dort versucht man sie zu ersticken.

Den Erfolg der totalitären Ideologien führte Popper auf ein "Trauma des Übergangs" zurück: Die Alltagsdynamik der modernen Gesellschaft wirke auf viele wie ein Schock. Verängstigt, erschöpft und verwirrt sehnen sie sich nach dem Gemächlichen, Überschaubaren und Harmonischen der Horde zurück. Fast schon freudianisch attestierte Popper den Feinden der offenen Gesellschaft eine zivilisatorische Unreife. Sein polit-therapeutischer Imperativ: Werdet endlich erwachsen und bekämpft eure Unmündigkeit!

Weblink:

Man muss um die offene Gesellschaft kämpfen - www.badische-zeitung.de

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