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Samstag, 11. Juli 2020

John Stuart Mills Begriff der Freiheit

John Stuart Mill

John Stuart Mill war ein britischer Ökonom und Philosoph und gilt als Begründer des modernen Liberalismus, der den Staat in der Pflicht sah, die Freiheit jedes Individuums zu schützen und zu verteidigen.

»Die Urteilskraft ist den Menschen gegeben, damit sie sie gebrauchen.
Sollen wir sie darum nicht anwenden, weil wir uns irren können?«

In seinem wichtigsten Werk "Über die Freiheit" verteidigt John Stuart Mill das Selbstbestimmungsrecht des einzelnen Bürgers gegen Einschränkungen durch den Staat und durch die "Meinung der Mehrheit".

Mill plädiert für verantwortungsbewusste Individuen gegen die Übernahme von Konventionen von Dritten. Jeder Mensch sollte sich sein eigenes Weltbild schaffen und nach seinen Regeln und Vorstellungen leben können, auch wenn er dabei Fehler macht. Fehler zu machen ist besser als nichts zu machen bzw. als der "Mehrheit" nachzueifern.

Die Freiheit ist für John Stuart Mill der „erste und stärkste Wunsch der menschlichen Natur“ und ermöglicht es dem Individuum erst, seine Fähigkeiten, seinen Geist und seine Moral voll zu entwickeln. Er sieht die Notwendigkeit zur Bildung starker, selbstbewusster, innerlich freier Persönlichkeit. Diese Notwendigkeit wird aber vom Staat und von der öffentlichen Meinung boykottiert.




Über die Freiheit
Über die Freiheit

von John Stuart Mill

Alexis de Tocqueville beeinflusste Mill in dem Gedanken der "Tyrannei der Mehrheit": die entstehende Massendemokratie bildet eine neue Form der öffentlichen sozialen Macht und die führt zur "Tyrannei der Mehrheit". Der Druck der öffentlichen Meinung ist in den modernen Demokratien die größte Gefahr für die Freiheit und Entwicklung des Individuums. Nach dem Modell der Mehrheit zu leben ist auch eine Art Unfreiheit. Der einzige Grund ein Individuum in seiner Freiheit zu beschränken ist, wenn dieser einer anderen Person Schaden zufügt. Was keinem anderen schadet ist erlaubt. Der Einzelne weiß selbst am Besten was für ihn gut ist. Je freier der Bürger desto mehr profitiert die ganze Gesellschaft davon. Je mehr sich das Individuum "Lebensexperimenten" unterstellt, desto mehr wird sich eine Gesellschaft nach vorne bewegen.

Mill verteidigt die Freiheit des Denkens und der Lebensführung. Für Mill war die ideale Staatsform die repräsentative Demokratie, d.h. die Möglichkeit letztendlich schlechte Herrscher durch "Kontrolleure" bzw. Abgeordnete die vom Volk gewählt wurden, absetzen zu können. Sogenannte "Kontrolleure" sollte es meiner Meinung nach auch in alle Berufssparten geben, vor allem bei "Lehrern" und "Erziehern". Wer bestimmt jedoch wer ein Kontrolleur sein soll? Und wer kontrolliert die Kontrolleure?

Mill geht es in diesem Essay um die bürgerliche und soziale Freiheit. Es geht ihm um den Kampf zwischen Individuum und Gesellschaft, zwischen Freiheit und Autorität. Es geht auch um die Frage: In welcher Gesellschaft wollen wir leben?

Er verteidigt in seiner Schrift das Recht, anders sein zu dürfen und setzt sich für Minderheiten und Außenseitern gegen gesellschaftlichen Konventionen und Meinungen ein. Vielseitigkeit wird von ihm hoch geschätzt und ist auch der Grund warum Europa derart fortschrittlich werden konnte.

Mill macht sich auch Gedanken über die Befolgung der Lehre Christi. Menschen befolgen die Lehre Jesu nicht, sie orientieren sich an die allgemein anerkannten, von jedem befolgten Glaubensregeln. Das Christentum ist zu einer Farce geworden, die voll mit Scheinheiligkeit ist, denn kaum jemand lebt wirklich nach den Evangelien. Die ersten Christen gaben sogar ihr Leben für ihren Glauben. Zur Lebenszeit Mills hingegen ging man nur in die Kirche, weil alle in die Kirche gingen, ohne jedoch an irgendetwas zu glauben.

Eine seiner Überzeugungen war, dass bevor man andere liebe, man beginnen müsse sich, selbst zu lieben. Geistige und kulturelle Genüsse sollten in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation gesteigert werden.

"Über die Freiheit" wurde zur Programmschrift des modernen Liberalismus. Der Philosoph Popper hat viel von Mill übernommen, z.B. die Falsifikationstheorie wonach wissenschaftliche Erkenntnisse aus Aufdeckung von Irrtümern gewonnen werden Popper hat aber auch einiges an Mills Kritik an totalitären Systemen in seinem Werk einfließen lassen.


Literatur:

Über die Freiheit
Über die Freiheit
von John Stuart Mill

Über die Freiheit
Über die Freiheit
von John Stuart Mill

Weblinks:

John Stuart Mill - www.famousphilosophers.org

Samstag, 13. Juni 2020

Wie wird sich die Gesellschaft durch die Corona-Krise verändern?

Die Welt aus dem All gesehen


»Das Sein bestimmt das Bewußtsein«, hat Karl Marx gesagt. Die Krise wird das Leben verändern, doch wie wird sich das Bewußtsein verändern? Gibt es nach der Krise eine bessere Gesellschaft, welche aus der Krise etwas gelernt hat?

Die Pandemie verändert die Sicht des Bürgers auf den Staat. Der Staat als „allumfassender Helfer“ hat ausgedient. Ohne den Goodwill der Bürger ist die Corona-Pandemie nicht auf Dauer beherrschbar. Die Verweigerung der Maskenpflicht hat subversiven Charakter. Die Pandemie offenbarte die Hilflosigkeit der Behörden und der staatlichen Akteure. Einerseits wird versucht „hoheitliche“ Aufgaben wahrzunehmen, andererseits erfährt der Bürger das er sich telefonisch auf dem Amt mit seinem Anliegen anmelden muss.

Dies wird wohl nicht ohne Folgen für die (Zivil-)Gesellschaft bleiben.

Die sozialen und gesellschaftlichen Gegensätze werden sich durch Corona verschärfen. Karl Marx hätte in der Corona-Krise attestiert, daß sich die gesellschaftlichen Gegensätze verschärfen werden - allerdings ohne das daraus eine rervolutionäre Situation entstehen könnte, denn es fehlt an politischen Bewußtsein zur Veränderung einer Gesellschaft. Bessergestellte werden sich Lebensbedingungen verschaffen, welche die Gefahr von Corona erträglich machen.


Hegels Geist strebt nach Freiheit und Selbsterkenntnis. Um dieses Ziel zu erreichen, muss er sich notwendigerweise verkörpern. Der Geist braucht die Welt genauso, wie wir als denkende Wesen auf einen Körper angewiesen sind – wir schweben ja auch nicht einfach als Geister durch die Luft.



Das klingt zunächst, als sei der Geist nichts anderes als ein Schöpfergott. Aber Hegels Geist entwirft die Welt nicht einfach von außen, vielmehr schafft er die Bedingungen seiner eigenen
Existenz: Der Geist setzt sich selbst. Aber indem er sich in der Welt verkörpert, setzt er sich auch selbst in einen Widerspruch. Existieren kann er nur, wenn er diesen Widerspruch über windet.
Das ist die Kernidee von Hegels berühmter »Dialektik«.


Für Marx ist das Privateigentum und seine ungerechte Verteilung der Grund für die Herausbildung gesellschaftlicher Gegensätze und Ausbreitung von Elend, die Ausdruck der Herrschaft der herrschenden Klasse sidn und sich so verschärfen, daß die Klassengegensätze nur durch eine vom Proletariat durchzuführenden Revolution überwunden werden können.

Das Defizit pro Jahr wird insgesamt deutlich hoeher ausfallen als 81 Milliarden Euro. Denn es sind ja nicht nur Einnahmeausfaelle zu beklagen, sondern auch die Ausgaben steigen drastisch. Ich rechne insgesamt mit einem Defizit von 160-180 Milliarden Euro. Gut, daß Deutschland in den vergangenen Jahren so fleißig gespart und sogar Schulden abgebaut hat. Denn diese Krise wird finanziell ganz gewaltig zuschlagen!

Entscheidend ist, was aus einer Krise resultieren und hervorgebracht werden wird. - Wird am Ende der Krise die Gesellschaft noch die gleiche sein oder wird es eine andere geben? - Wenn Karl Marx recht hatte, dann wird die Kraft der Reproduktion, welcher der Bürgerlichen Gesellschaft immanent ist, die alten Verhältnisse wiederherstellen und Corona lediglich als häßliche Narbe hinterlassen.

Durch Corona hat das Land unfreiwillig ein gutes Stück Weg zum Klimaschutz zurückgelegt. Massive Einsparung von fossilen Energien, bei gleichzeitigen Verlust von Hunderttausenden Arbeitsplätzen. Wenn die Regierung nun noch Wege findet, die Löcher in den öffentlichen Haushalten zu stopfen, den sozialen Frieden zu sichern und den Wohlfahrtsstaat am Leben erhalten, hat sie ganz nebenbei auch die Klimaziele erreicht.

Die Pandemie ist ein Brennspiegel der Probleme, welche die Gesellschaft in sich trägt und die durch die Krise offen an das Tageslicht gekommen sind.

Nur weil zufällig eine Pandemie ausgebrochen ist, sind doch die Probleme, welche die Gesellschaft vorher hatte, nicht verschwunden. Weder die Klimaveränderung noch die ungerechte Verteilung von Vermögen, um nur zwei Beispiele zu nennen. Es mag ja sein, dass wir kurzfristig andere Probleme haben, aber ein Verhalten wie bei kleinen Kindern, die die Hand vor Augen halten und dann glauben, es sähe sie niemand, ist doch bei vernunftbegabten Erwachsenen eher unangemessen.

Natürlich hat es kurzfristig Auswirkungen, wenn kaum noch ein Flugzeug fliegt und die Produktion zurückgefahren wird, aber das wird sich wieder ändern. Und dann brauchen wir ein Konzept, wie wir die schädlichen Auswirkungen auf Umwelt und Klima möglichst gering halten.

Durch Corona haben wir ein gutes Stück Weg zum Klimaschutz zurückgelegt. Massive Einsparung von Fossilen Energien, bei gleichzeitigen Verlust von Hunderttausenden Arbeitsplätzen. Wenn wir nun noch Wege finden die Löcher in den öffentlichen Haushalten zu stopfen, den sozialen Frieden zu sichern und den Wohlfahrtsstaat am Leben erhalten, haben wir die Klimaziele erreicht.

Der Klimaschutz kann nur dauerhaft von der Corona-Krise profitieren, wenn wir Menschen begreifen, dass wir unser Leben in vielerlei Hinsicht verändern müssen. Auch die rasend schnelle Verbreitung des Virus hängt ja von Voraussetzungen ab, die letztlich von uns Menschen geschaffen werden.

Die Formen des Reisens und das Reiseverhalten wird sich ändern. Viele finanziell Schwache werden sich gar keinen Urlaub mehr leisten können. Finanziell Bessergestellte werden sich Bedingungen schaffen, welches das Infektiosnreisiko mindern.

Die ganze Corona-Geschichte wird nur dann einen Sinn gehabt haben, wenn man sie mit dem verbindet, was sie abschließt und vollendet: den Staat, in dem die Menschen endlich wie Menschen leben können.

Jeder Bürger sollte sich dieser Gefahr und der eigenen Verantwortung bewusst sein, von sich aus alle inzwischen allgemein bekannten Möglichkeiten zu nutzen, um zu verhindern, dass es nicht zu einer neuen Ausbreitung der Pandemie kommen kann.

Samstag, 6. Juni 2020

»Das Prinzip Hoffnung« von Ernst Bloch








Ernst Bloch


Träume in der Hoffnung auf eine bessere Gesellschaft stehen in Krisenzeiten hoch im Kurs. Im Laufe der Geschichte sind vielerlei Arten von Zukunftsvisionen geträumt worden. Die bekannteste davon ist »Utopia« von Thomas Morus.

Das Noch-nicht-Sein wird auch im Werk von Ernst Bloch als Utopie beschrieben. In seinem Werk »Das Prinzip Hoffnung« geht es um das Denken, was ist und die Darstellung dessen, was in Zukunft sein soll.

»Das Prinzip Hoffnung« ist das philosophische Hauptwerk von Ernst Bloch und entstand in den Jahren 1938 bis 1947. Das Werk gilt als epochales philosophisches Werk des 20. Jahrhunderts.

Der Titel des Buches ist bereits Programm: In fünf Teilen wird der Begriff der Hoffnung klar definiert und sehr breitgefächert analysiert. »Die Sehnsucht scheint mir die einzige ehrliche Eigenschaft des Menschen.« Hoffnung soll in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Bloch spricht deshalb von der Hoffnung als einer „konkreten Utopie“. Für Ernst Block hatte die Hoffnung eine besondere Grundschattierung des Lernens:


»Es gehört zum Wesen der Hoffnung, dass sie enttäuscht
werden kann, sonst wäre sie ja Zuversicht.«


»Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen.«

Ernst Bloch

Nun hier einige Ausführungen zur Erhellung der Grundgedanken von Ernst Bloch:

»Das Prinzip Hoffnung« handelt von Kunst, Literatur, Musik, von Religion und Sozialtheorien, der Technik und den Einzelwissenschaften sowie deren vorwissenschaftlichen Frühstadien. In philosophiegeschichtlicher Hinsicht bekennt sich Bloch zur Humanität des Marxismus.

Ernst Bloch


Ernst Blochs Opus magnum einer Seinslehre (Ontologie) des "Noch-nicht-Seins" enthält eine Menschheitsgeschichte, die von jeher für qualitativ Neues offen ist. Unter dem Titel »Der Traum vom besseren Leben« entstand »Das Prinzip Hoffnung« während der Emigration in den USA. Als Bloch mit seiner Schreibarbeit begann, war er 50 Jahre alt. Bloch ging von seinem Grundgedanken aus, den er bereits als Student hatte: von »Noch-Nicht -Bewußten« und »Noch-Nicht-Gewordenen«. Bloch meinte damit, daß die Menschen noch kein richtiges Bewußtsein von sich und der Welt haben. Ihr Bewußtsein ist noch im Werden, so wie die Welt noch nicht ist, was sie sein soll.


Im Gegensatz zur Bibel, welche die Welt als geschaffen und vollendet beschreibt, glaubt Bloch, daß die Schöpfung (Genesis) noch am Anfang steht. Sowohl die Menschen als auch die Welt sind noch gar nicht aus sich herausgekommen, sind noch nicht richtig geboren.

Ein Schwerpunkt der philosophischen Untersuchung Blochs war die Kategorie der Möglichkeit oder um mit Ernst Bloch zu sprechen: das "Noch-Nicht-Sein". Der Mensch ist »die reale Möglichkeit all dessen, was in der Geschichte aus ihm geworden ist und vor allem mit ungesperrtem Fortschritt noch werden kann«.

Die Möglichkeit ist der »Seinszustand der Welt«, dem Bloch eine enzyklopädische Gesamtschau von Indizien des Noch-nicht-Erschienenen widmet.

Auch in der Krise ist der Mensch dem "Noch-nicht-Sein" in besonderem Maße unterworfen, aber es ist natürlich eine Illusion, daß Krisen eine bessere Welt hervorbringen werden, denn dazu braucht schließlich auch noch Bewßsein, Mut, Tatkraft und natürlich den politischen Willen zur Veränderung. Die Krise wird bewältigt, wenn Vernunft auf Augenmaß trifft. Auch das Ende der Corona-Krise ist ein "Noch-Nicht-Sein" im Sinne von Ernst Bloch. Es kommt auch nach der Corona-Krise darauf an, wieder das Hoffen zu lernen. Vielleicht hat die Krise ja die Möglichkeit auf einen besseren »Seinszustand der Welt« geweckt.

Und noch etwas Trost zum Schluß: Wer in der Krise vom »Prinzip Hoffnung« lebt, wird nicht enttäuscht werden, denn die Hoffnung, daß Krisen eine bessere Welt, die für den selbstbewußten Philosophen Bloch »Heimat« war, hervorbringen, stirbt zuletzt.


Das Land der Verheißung heißt bei Karl Marx das »Paradies«, bei Ernst Bloch »Heimat«. Bloch hat nach einem Bild für seine Utopie gesucht und es in der Heimat gefunden. Heimat ist für Ernst Bloch nicht einfach die Gegend, aus der jemand her stammt. Das Wort sagt ihm eher das Gegenteil. Heimat ist »etwas, worin noch niemand war«. Sie muß in dieser Welt erst noch entstehen, von den Menschen erst noch begründet werden - so wie Karl Marx »kommunistisches Paradies«.

Literatur:

Das Prinzip Hoffnung
Das Prinzip Hoffnung
von Ernst Bloch


Weblinks:

Ernst-Biografie - www.die-biografien.de

Ernst Bloch -Zitate - www.die-zitate.de






Samstag, 30. Mai 2020

Thomas Piketty und das Kapital in der Krise


Thomas Piketty - geboren am 7. Mai 1971 in Clichy, Département Hauts-de-Seine - ist ein französischer Wirtschaftswissenschaftler. Der Ökonom ist Professor an der »École d’Économie de Paris« und der »École des Hautes Études en Sciences Sociales« (EHESS) und Publizist.

2014 sorgte die Veröffentlichung seines Werkes »Das Kapital im 21. Jahrhundert« weltweit, besonders in den USA, für sehr große Aufmerksamkeit. Der Ökonom wurde 2014 mit dem Buch »Das Kapital im 21. Jahrhundert« bekannt. Darin beschäftigte der Gesellschaftsanalytiker sich mit dem Zusammenhang zwischen Kapital und wirtschaftlicher Ungleichheit.

Sein neues Werk trägt den Titel »Kapital und Ideologie«, in dem er den Zusammenhang zur Regierungsform aufarbeitet. Piketty legt mit einem gewaltigen Werk nach: Kapital und Ideologie ist eine so noch niemals geschriebene Globalgeschichte der sozialen Ungleichheit und ihrer Ursachen, eine unnachsichtige Kritik der zeitgenössischen Politik und zugleich der kühne Entwurf eines neuen und gerechteren ökonomischen Systems. »Kapital und Ideologie« hilft nicht nur, die Welt von heute zu verstehen, sondern sie zu verändern.

Für den Ökomomen ist klar, daß jede Gesellschaft eine Ideologie braucht, eine Rechtfertigung für ihre Organisationsform und die damit verbundene Ungleichheit. Aber die Herrschenden würden den Vorteil, den sie der Gesellschaft bringen, übertreiben, um ihre Privilegien zu rechtfertigen.

Grundsätzlich bemängelt Piketty, daß heutzutage kaum mehr über Alternativen zum marktwirtschaftlichen Kapitalismus nachgedacht werde. Dabei sei die Geschichte eine Abfolge von oft radikalen Veränderungen im Wirtschaftssystem und diese würden nicht nur durch Kriege ausgelöst, wie Schwedens Wandel von einem Land mit sehr großer Ungleichheit Anfang des 20. Jahrhunderts zur heutigen relativ ausgeglichenen Gesellschaft zeige.

Die Krise führe Regierungen vor Augen, wie sehr sie die Wirtschaft regulieren können, so Piketty bei der Vorstellung seines neuen Buches. Den Arbeitenden werde bewusst, dass Home-Office funktioniert.


Vor ein paar Monaten, als es darum ging, Flüge zu reduzieren und den CO2-Ausstoß abzubauen, hätten das viele unter Verweis auf die ökonomischen Kosten ausgeschlossen. „Und jetzt, ganz plötzlich, wegen einer Gesundheitskrise, blockieren wir Flüge und schicken Leute nach Hause“, sagte Piketty. Das zeige, daß Europa ein ausgefeiltes System im Umgang mit Gesundheitsrisiken habe, aber keine vergleichbaren Entscheidungsstrukturen bei langfristigen Risiken wie Umweltproblemen.

Die Krise wird die gesellschaftliche Ungleichheit nicht verändern, da diese struktureller Natur ist. Piketty plädierte für eine Erhöhung der Vermögenssteuer und einer Einmalzahlung von 120.000 Euro als Finanzierung, um sicher durch die Krise zu kommen.

Was aus einer Krise zu lernen ist? - Der smarte französische Ökonom des Kapitals der Gegenwart Thomas Piketty kann sich vorstellen, daß das verstärkte Home-Office und die Umsetzung drastischer Eingriffe in die Wirtschaft im Rahmen der Corona-Krise ganz im Sinne von Karl Marx zu einer Bewusstseinsänderung führen könnten.

Literatur:

»Kapital und Ideologie« von Thomas Piketty

Kapital und Ideologie von Thomas Piketty

Samstag, 16. Mai 2020

Karl Marx, die Gegensätze und die sozialen Folgen der Krise









Der Corona-Shutdown hat die Wirtschaft in Europa lahmgelegt. Besonders betroffen sind südeuropäische Länder wie Spanien und Italien. Die Krise läßt die wirtschaftliche Mißstände, unternehmerische Unterlassungen und soziale Verwerfungen offen an das Tageslicht treten. Corona hat deutlich aufgezeigt, daß das 70 Jahre gelebte Wirtschaftsmodell nicht krisensicher ist, immer wieder von Krisen erschüttert wird und daß Krisen einfach zum strukturellen Wesen des Kapitalismus gehören.

Bei Karl Marx kommt in der Krise die Ökonomie ins Spiel, kein Wunder, denn mit Krisen kannte Karl Marx sich aus, denn er hat diese Erscheinungen als persönliche auch als gesellschaftliche Krisen erfahren müssen. Gesellschaftliche Krisen haben immer die Tendenz, gesellschaftliche Gegensätze zu verschärfen und von der Gegensteuerung der Politik hängt es in Zeiten der Krise ab, wie diese gemeistert werden kann.

Der Lauf der Geschichte wird dialektisch als Abfolge von Klassenkämpfen interpretiert, die jeweils einen gesellschaftlichen Fortschritt in dessen Ablauf markieren. Das Endziel der Geschichte sieht Marx in der klassenlosen Gesellschaft des Kommunismus verwirklicht.

Der Marximus hat zwar fundamentale Mechanismen der Industriegesellschaft und des Kapitalismus erkannt und durchschaubar gemacht, in der politischen Praxis versagt durch einen Mangel an Anthropologie. Ideologische Vernachlässung unseres natürlichen Bedarfes an Emotionalizät und Subjektivität.


»Die Analysen des großen Denkers waren vielfach richtig. Teile seines Instrumentariums und seiner Methode sind auf faszinierende Weise modern geblieben. Seine Antworten erwiesen sich vielfach als falsch, seine Hoffnungen als trügerisch.« Willy Brandt

Ein Verweis auf die Fehlentwicklungen, die schon bei Marx angelegt waren: Er war ein Kind des neunzehnten Jahrhunderts und bewunderte die Dampfmaschinen in den Fabriken. Da war er Modernisierungstheoretiker mit all den teleologischen Fallstricken, die wir inzwischen kennen. Nachfolger von ihm bastelten daraus ein plumpes Stufenmodell der Weltgeschichte. Marx selbst war aber ein komplexerer Denker, der seine eigenen Hauptthesen durchaus auch reflektierte und in Frage stellte.



Für Karl Marx ist die Herrschaft immer eine Herrschaft der herrschenden Klasse - der Bourgeoisie - und der Staat ist ein Instrument der herrschende Klasse, welche den Staat nach ihren jeweiligen Interessen und Vorstellungen einrichtet.


Der bürgerlichen Gesellschaft geht es um die Reproduktion der herrschenden Verhältnisse. Die Reproduktion der Gesellschaft und der bestehende Verhältnisse ist das Ziel der Herrschaft. Zu tief der Einschnitt in des gesellschaftliche Leben. Nur durch staatliche Hilfen wird die Gesellschaft in der Krise überleben, ohne fremde Hilfen dagegen zerbrechen.


Bei Karl Marx geht es letztlich immer um Produktion und Reproduktion von gesellschaftlichen und damit auch wirtschaftlichen Verhältnissen. So wird der Kapitalismus sich auch in Zeiten der Krise neu erfinden und viele neue Innovationen hervorbringen und Geschäftsmodelle erfinden, um sich zu Reproduzieren. In der Krise sind viele innovative Ideen von kreativen Köpfen entstanden, doch nur wenige davon taugen zum Geschäftsmodell.

Für Karl Marx sind wirtschaftliche Krisen immer der Ausdruck von Krisen des Kapitals - resp. Kapitalismus - für Milton Friedman gehören sie sogar zum Kapitalismus dazu. Die sozialen und gesellschaftlichen Gegensätze werden sich verschärfen. Karl Marx hätte in der Corona-Krise attestiert, daß sich die gesellschaftlichen Gegensätze verschärfen werden - allerdings ohne das daraus eine rervolutionäre Situation entstehen könnte, denn es fehlt an politischen Bewußtsein zur Veränderung einer Gesellschaft.


Für Marx ist das Privateigentum und seine ungerechte Verteilung der Grund für die Herausbildung gesellschaftlicher Gegensätze und Ausbreitung von Elend, die Ausdruck der Herrschaft der herrschenden Klasse sidn und sich so verschärfen, daß die Klassengegensätze nur durch eine vom Proletariat durchzuführenden Revolution überwunden werden können.

Diejenigen, welche die Interessen der Wirtschaft über die Gesundheit stellen, sind überzeugt davon, daß Profit und Wohlstand wichitger sind als die Gesundheit der Bevölkerung.

»Das Sein bestimmt das Bewußtsein«, hat Karl Marx gesagt. Die Krise wird das Leben verändern, doch wie wird sich das Bewußtsein verändern? Gibt es nach der Krise eine bessere Gesellschaft, welche aus der Krise etwas gelernt hat?

Entscheidend ist, was aus einer Krise resultieren und hervorgebracht werden wird. - Wird am Ende der Krise die Gesellschaft noch die gleiche sein oder wird es eine andere geben? - Wenn Karl Marx recht hatte, dann wird die Kraft der Reproduktion, welcher der Bürgerlichen Gesellschaft immanent ist, die alten Verhältnisse wiederherstellen und Corona lediglich als häßliche Narbe hinterlassen.

Der Kapitalismus ist wie ein Chamäleon, dessen weitere Entwicklung auch ein kluger analytischer Kopf wie Karl Marx nicht voraussehen konnte. Die Welt hat sich dank der Arbeit, dem technischen Fortschritt und der Verteilung des Wohlstands anders entwickelt wie Karl Marx sie vorausgesehen hatte. Leiharbeit, Werksverträge, Scheinselbständigkeit - kein Mittel ist den Kapitalisten ungeeignet genug, um die Würde des Menschen durch die ökonomische Hintertüre nach Kräften zu unterminieren.




Die Corona-Krise wird zu einer Wirtschaftkrise mit steigender Arbeitslosigkeit führen und viele Verlierer wie Alleinerziehende, Hartz IV-Bezieher und weitere Mini-Jobber produzieren. Die Krise wird die sozialen Gegensätze in Europa und zwischen Arbeit und Kapital verschärfen und zu einer erheblichen Spaltung der Gesellschaft führen, ohne daß sich dabei eine Klasse bilden wird, welche die Gegensätze überwindet.

Wenn gegen die soziale Armut nichts getan wird, werden die Populisten das Rennen. Die werden ebenfalls einen Teufel tun, die soziale Armut bekämpfen, bis die Empörten aufstehen und die dann Regierenden mit Gewalt aus dem Amt jagen.Wer politisch keine Orbanisierung der Gesellschaft möchte, sollte als Politiker anfangen, etwas gegen Rechts zu tun

Doch hört man kritische Stimmen in der Krise, daß es kein Zurück zur bürgerlich-kapitalistischen Struktur geben darf. Der aktuelle Zustand des Landes erinnert an jenen der Ostzone 1970: kein Individualverkehr, keine Fereinflüge, keine Kreuzfahrten, keine Veranstaltungen mit Lebensfreude und Versorgung nur mit dem absolut Notwendigsten.

In der Corona-Krise sind zwei Tendenzen zu beobachten: Der Corona-Kapitalismus wappnet sich durch die Gewährung von Krediten, um sein Überleben zu sichern und ruft auf der anderen Seite auch seine Kritiker auf den Plan, welche eine andere Wirtschaftsordnung für die Zeit danach fordern und anstreben.

Man muss nicht Karl Marx heißen oder Ökonom sein, um festzustellen zu können, daß am Ende der Corona-Krise nur diejenigen überleben werden, die über ausreichend Einfluß verfügen, um durch Geltendmachung desselbigen ihre weitere Existenz und ihr Überleben - und damit gleichzeitig auch des Kapitalismus - zu sichern.

Vom wirtschaftlichen Desaster in den nächsten fünf bis zehn Jahren ganz abgesehen, welches ihren Anteil an allen Veränderungen maßgeblich zeigen wird, werden sich viele Menschen enorm verändern. Sicher nicht alle - aber je nach Kultur, Lebensform und Regierung gehe ich davon aus, dass sich nach einem langen mühsamen Weg Licht im Tunnel zeigen wird.

Angst und Bedrohungsszenarien funktionieren immer. Damit wird seit Jahren Politik gemacht. Wenn die Angst vor Corona schwindet, geht es »Weiter so wie zuvor«. Auch in der Krise steht bei der Ellbogengesellschaft das eigene Wohlergehen an erster Stelle und deshalb werden die Maßnahmen auch weitgehend akzeptiert. Es wird keine großen Änderungen geben, außer das man für den Hass auf alles Fremde noch mehr Munition hat.


Die Pandemie wird durch die steigende Arbeitslosigkeit die sozialen Gegensätze weiter verschärfen und die Spannungen erhöhen. Im weiteren Verlauf der Krise wird das Prekariat aus Geringverdienern und Beschäftigten weiter ansteigen.

Infolge der notwendigen Inanspruchnahme sozialer Dienste wird eine starke soziale Aufwertung von prekär Beschäftigten in den sozialen Berufen stattfinden, die für ihre in der Krise erbrachten Dienste viel Anerkennung erfahren.

Wenn die Politik ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden will, muss sie Risikogruppen schützen, ggf. deren Freiheitsrechte - dem Zweck des Infektionsschutzrechts gemäß - gezielt einschränken, aber nicht noch länger die gesamte Gesellschaft in Haftung nehmen.


Weblinks:

Karl Marx-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Karl Marx-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Karl Marx - www.famousphilosophers.org

Max Frisch "Am Ende steht ..." - Youtube - www.youtube.com


Blog-Artikel:

Karl Marx und das Kapital im 21. Jahrhundert

Wie aktuell sind Marx Ideen heute?

Karl Marx 200. Geburtstag

Die Irrtümer des Karl Marx

Kapitalismuskritik und der Grundkonflikt der Moderne



Samstag, 18. April 2020

Wie Hegels Gedanken in der Corona-Krise helfen können


Wie lange noch schränkt der Staat wegen der Corona-Pandemie die Freiheit seiner Bürger ein? Das fragen sich gegenwärtig viele Menschen, denn Freiheit bedeutet für sie, jederzeit das tun zu können, was man will.

Ein berühmter deutscher Philosoph hatte eine Richtschnur für dieses Dilemma. Georg Wilhelm Friedrich Hegel, der vor 250 Jahren, im August 1770, in Stuttgart geboren wurde und 1831 in Berlin starb, hat einen Gedanken entwickelt, der in der heutigen Krise hilfreich sein kann. Freiheit erscheint als die Losung des Zeitalters, in dem Hegel groß geworden ist. John Locke hatte sie der Politik zugrunde gelegt, mit Rousseau war sie zu einer menschheitlichen Forderung geworden und Kant konnte zeigen, dass sie der Ursprung aller humanen Leistungen ist, ohne im Widerspruch zur strengen Naturgesetzlichkeit zu stehen.

Die Freiheit tritt bei Hegel nun im "Geist" hervor, den Kant als die "belebende Kraft im Gemüthe" versteht. Damit war nicht nur der Grund für die Erfahrung des Schönen, sondern auch für einen neuen Begriff des Lebens gelegt. Nur vor diesem Hintergrund ist das Freiheitspathos Friedrich Schillers zu verstehen, der seine Ideale bereits im realen Prozess des Lebens - und damit auch in der Geschichte - wirksam sieht.

Hegels Geist strebt nach Freiheit und Selbsterkenntnis. Um dieses Ziel zu erreichen, muss er sich notwendiger weise verkörpern. Der Geist braucht die Welt genauso, wie wir als denkende Wesen auf einen Körper angewiesen sind – wir schweben ja auch nicht einfach als Geister durch die Luft.

Das klingt zunächst, als sei der Geist nichts anderes als ein Schöpfergott. Aber Hegels Geist entwirft die Welt nicht einfach von außen, vielmehr schafft er die Bedingungen seiner eigenen
Existenz: Der Geist setzt sich selbst. Aber indem er sich in der Welt verkörpert, setzt er sich auch selbst in einen Widerspruch. Existieren kann er nur, wenn er diesen Widerspruch über windet.
Das ist die Kernidee von Hegels berühmter »Dialektik«

Wer frei sein will, muss vernünftige Einschränkungen der Allgemeinheit akzeptieren – eine Einsicht, die auf Hegel zurückgeht. "Wer unter den Corona-Maßnahmen der Regierung eine Einschränkung von Freiheitsrechten versteht, der irrt" - sagt der Hegel-Forscher Klaus Vieweg. Denn:

»Das höchste Freiheitsrecht ist das Recht auf Leben. Das heißt es wird Freiheit nicht eingeschränkt, sondern Freiheit in ihrem Fundament garantiert.«


"Die Freiheit ist das Denken selbst", lehrte Hegel und meinte damit, daß Freiheit das Denken voraussetzt. "Wer das Denken verwirft und von Freiheit spricht, der weiß nicht, was er redet. (...) Der Wille ist nur als denkender frei." Das bedeutet: Auswählen zu können zwischen vielen Möglichkeiten ist lediglich Willkür. Freiheit wird daraus erst in dem Moment, wenn die Vernunft den Willen bestimmt. "Der Willkür mangelt es am Denken, sie impliziert Unwissenheit."

Wenn Menschen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden wollen, müssen sie sich vor Risikogruppen schützen. Wenn aber die Freiheit von Menschen durch ihr Handeln zu einer Gefährdung der Freiheit anderer führt, dann liegt für Hegel willkürliches Handeln vor. Ebenso ist für Hegel Freiheit ohne Denken lediglich Willkür. bzw. eine Haltung, die sich in willkürlichen Akten ausdrückt.

Der Staat ist in der Krise ein Beschränker der Freiheit. Wenn der Staat also aus vernünftigen Gründen Ausgangsbeschränkungen erlässt und Corona-Partys verboten hat, dann schränkt er Hegel zufolge keine Freiheit ein, sondern lediglich Willkür. Was Hegel damit sagen wollte, ist, daß die Freiheit des Einzelnen dort aufhört, wo sie zur Gefahr für andere wird. Von einer Gängelung oder Repression der Bürger kann dann keine Rede sein. "Die Teilnehmer an Corona-Partys machen eben nicht ihr Recht auf freies Handeln geltend", betont der Jenaer Philosophie-Professor Klaus Vieweg. "Sie handeln bloss willkürlich und verstossen fundamental gegen die Freiheit, gegen die Rechte des Menschen."

Hegel lebte in einer Zeit, in der Seuchen durchaus verbreitet waren. Die verheerenden Wirkungen von Pandemien kannte Hegel zur Genüge. Als er starb, wütete in Berlin eine Cholera-Epidmie, die zahlreiche Todesopfer forderte, dazu gehörte auch Hegel. Trotzdem war der opotimistische Denker felsenfest davon überzeugt, daß es in der Welt vernünftig zugeht : "Was vernünftig ist, das ist wirklich; und was wirklich ist, das ist vernünftig." - Für keinen anderen Satz wurde Hegel so intensiv angefeindet und verleumdet, dass es heute nur noch wenige Intellektuelle gibt, die sich offen als Hegelianer zu erkennen geben.

Es scheint, als hätte Hegel damit einen großen Teil der Welt einfach weggeleugnet, denn mit diesem heute verstaubten Satz hat der Denker ja jede Seuche und jedes Unrecht dieser Welt als vernünftig gerechtfertigt, hat damit alles Bestehende heiliggesprochen, auch den damaligen preußischen Polizei-Staat. - Auch darin liegt die große Gefahr der Willkür des Denkens!



Weblinks:

Hegel-Biografie - Biografie-Portal

Hegel, der Weltgeist und die Freiheit - www.zdf.de



Johns Hopkins University

Johns Hopkins University


Samstag, 4. April 2020

Friedrich Nietzsche als Denker in der Krise










Friedrich Nietzsche



Viele Dichter und Philosopshen wurden aus Krisen geboren. In der Krise haben Philosophen und Denker Hochkonjunktur, ist doch ihre Meinung und Deutung einer Krise besonders gefragt. Eine Krise schenkt besondere Momente der (Selbst-)Reflektion, denn der Mensch verfügt nun über unerwartet geschenkte Zeit - auch Zeit zum Nachdenken - und er ist auf sich selbst zurückgeworfen - eine Situation, die viele Philosophen in ihrem Leben erlebt haben.


Der Freidenker Nietzsche hat das ungemeine Kunststück fertig gebracht, der überaus ernsten und zu seiner Zeit vom Rationalismus und Positivismus geprägten -Wissenschaft unter dem Zeichen eines freien Geistes einen überaus fröhlichen Touch zu verleihen.

Die Fröhliche Wissenschaft


»Die fröhliche Wissenschaft« aus dem Jahre 1882 ist eine Künstlerschrift und stammt aus seiner mittleren Schaffensphase, als es ihm darum ging, in der "Sprache des Tauwinds" traditionelle Wertformen und Denkhaltungen zu überwinden und an die Stelle metaphysisch orientierter Moral und Philosophie die Selbstbestimmung des heiteren »freien Geistes« zu setzen. In diesem Werk stellt er fest, daß wir die Welt nur von unserem Standpunkt aus wahrnehmen können und dabei auf unsere Sinnesorgane, unseren kognitiven Apparat und unsere sprachlich und kulturell gebildeten Wahrnehmungsmuster zurückgreifen.


Betrachtet man seine erkenntnistheoretische Schrift und gedankliche Grundlegung , so kommt man um die Feststellung nicht umhin, daß Nietzsche in Zeiten einer pandemischen Krise zu einer gesunden Portion Skepsis angehalten hätte und in diesem gedanklichen Grundzug folgt er dem großen schottischen Denker David Hume. - Wo Skepsis zu Reflektion führt, wird Reflektion auch zur Gewinnung von neuen Erkenntnissen führen, welche u.a. zur Lösung eines Problemes führen können. Die Krise wird bewältigt, wenn Vernunft auf Augenmaß trifft.



In seinem erkenntnistheoretischen Hauptwerk »Die fröhliche Wissenschaft« schreibt er mit einer gesunden Portion Skepsis:
"Ich lobe mir jede Skepsis, auf welche mir erlaubt ist zu antworten: Versuchen wir es."

Der zweite Grundzug der Skepsis ist folgender: Skepsis ist auch eine waltende Grundhaltung, welche den Menschen im täglichen Leben zur Abwägung von Informationen bei der Bildung von Urteilen anleiten  sollte. So ist eine Pandemie eine für Menschen fremde Erscheinung und alle Informationen über die Pandemie sind zunächst mit einer gesunden Portion Skepsis im Hinblick auf die enthaltene Wahrheit zu betrachten, bevor ein abwägendes Urteil im Hinblick auf das eigene Handeln getroffen wird.

Die Frage ist:, zu welchen Handlungen Skepsis den Menschen anleitet. Ist die Skepsis mit Vernunft gepaart, wird sie zu Erkenntnis führen und zur.Vorsicht anhalten. Ist die Skepsis von Unvernunft begleitet, so kann diese zu unvernünftigen Entscheidungen führen.

Was Skepsis bei Menschen bewirkt, ist stets in Relation zur Wahrheit und zur Vernunft zu betrachten.
Ist die Skepsis größer als die Vernunft, so führt diese zu Fehleinschätzungen bei der Erkenntnis der Wahrheit.

Die laufende Überprüfung von Informationen auf ihren Wahrheitsgehalt lässt die Skepsis schwinden. Wird die Wahrheit über eine Pandemie und ihre Verbreitung erkannt, dann können Maßnahmen zum Schutz von Menschen ergriffen und verbindliche Regeln aufgestellt werden.

So lässt sich auch in einer Pandemie dieser mit recht fröhlicher Erkenntnis ordentlich zu Leibe rücken, bevor der Mensch durch die Seuche an das Rad des Ixion - eine von Nietzsche gern gebrauchte Metapher für das Leid - geflochten wird.

Es lohnt sich also, auch Friedrich Nietzsche in Zeiten der Krise zu denken, denn gerade in erkenntnis- und wissenschaftstheoretischen Zusammenhängen zeigt sich die Aktualität des provokanten und skeptischen Denkers, der sich das Verdienst zuspricht, als erster die Wissenschaft zum Problem gemacht zu haben.

Literatur [ >> ] :

Die Fröhliche Wissenschaft
Die Fröhliche Wissenschaft
von Friedrich Nietzsche

Morgenröte / Idyllen aus Messina / Die fröhliche Wissenschaft.
Morgenröte / Idyllen aus Messina / Die fröhliche Wissenschaft.
von Giorgio Colli und Mazzino Montinari

Weblink:

Friedrich Nietzsche - www.famousphilosophers.org


Blog-Artikel:

David Humes Skeptizismus




Samstag, 7. März 2020

Das Gespenst des Populismus geht in Europa um





Ein Gespenst geht um in Europa – das Gespenst des Populismus - so könnte man frei nach Karl Marx im Jahr 2020 formulieren. Das Gespenst bewegt sich immer weiter fort in Europa und in den Ländern, in denen es auftaucht, verbreitet es Angst und Schrecken.

Der Populismus ist der etwas vornehmere Bruder der Demagogie und ein augenzwinkerndes Stiefkind der Politik - von der Politik immer etwas stiefmütterlich behandelt. Populismus und Demagogie - derzeit in vieler Munde - sind Lehnwörter aus den klassischen Sprachen. Das eine leitet sich von dem lateinischen Begriff für Volk, populus, ab, das andere ist ein Gräzismus für das, was Volksführer – oder eben auch Volksverführer tun. Als Prototypen der - demagogischen - Populisten gelten die Brüder Tiberius und Gaius Gracchus, deren Politik am Ende des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts die römische Republik erschütterte.

Das Wort Populismus leitet sich von populus, dem Begriff für Volk, ab. Der populus Romanus war die Gesamtheit der römischen Bürger, die sich in unterschiedlichen Gliederungen zur Volksversammlung auf dem Forum traf. Dort wurden Magistrate gewählt und Gesetze beschlossen. Politische Debatten indes fanden nicht auf dem Forum statt, sondern hinter den verschlossenen Türen des Senates – ganz anders als etwa in Athen, wo die Agora ein Ort hitziger Diskussion war. Dass die römische Führungsschicht, die Nobilität, den populus aus der politischen Entscheidungsfindung heraushalten wollte, hatte seinen guten Grund: Die Politisierung der Volksversammlung würde das Ende des Grundkonsenses bedeuten, der die oligarchische Elite an der Macht hielt.

Als "populistisch" werden vor allem zwei Positionen bezeichnet, die immer zugleich eingenommen werden: Einerseits eine Haltung, die gegen das Establishment und gegen das Elitäre auftritt, und andererseits wird der Anspruch erhoben, daß nur die Populisten allein das wahre Volk repräsentieren würden. Letzteres wird nicht als eine empirische Aussage behauptet, sondern wird als ein moralischer Auftrag vom „Volk“ verstanden.

Populismus ist die Neigung der Politik, bei Unzufriedenheit in Abgrenzung zu den bestehenden Parteien vereinfachende Lösungen anzubieten, welche bei großen Teilen der Bevölkerung allgemeine Akzeptanz finden. Steigt die Anzahl der Wähler populistischer Parteien, dann steigt deren Einfluß und mit ihm der politische Gestaltungsspielraum und somit der Druck auf die etablierten Parteien, sich in ihrer Politik nebst dringend erforderlichen Debatten (!) inhaltlich-programmtisch wieder dem Volk zuzuwenden und Politik für das Volk zu machen, um den Populismus einzudämmen. Das Gespenst des Populismus läßt sich somit auf politischem Wege durchaus zum Verschwinden bringen.

Mehrere Entwicklungen der vergangenen Jahre haben das Phänomen des Populismus befördert: der drohende Zerfall Europas, die mangelnde Integrationsfähigkeit Europas, die mangelnde Solidarität der Länder Europas untereinander (!), die Demokratie-Müdigkeit, die eine neue Form des Populismus hervorgebracht hat und die Frage der Menschenrechte und der Hospitalität, welche Flucht und Migration stellen.

Den Populismus philosophisch zu betrachten und zu verstehen, heißt, diesen als gesellschaftliches Phänomen wahrzunehmen und diesen in eine Phänomenologie einzuordnen, denn mit dem Populismus gehen weitere Phänomene einher wie die Kritik an den Eliten und den Medien, Verschwörungsparanoia, das Misstrauen in staatliche Institutionen, Klientelismus. Die Erklärung des Populismus ist dagegen spektakulär ungespenstisch.

So verstanden zeichnet sich Populismus als Phänomen durch folgende Merkmale aus: Berufung auf den common sense, Anti-Elitarismus, Anti-Intellektualismus, Antipolitik, Institutionenfeindlichkeit sowie Moralisierung, Polarisierung und Personalisierung der Politik. Das Grundaxiom ist die Berufung auf den common sense.

Aus populistischer Sicht ist der "gesunde Menschenverstand" dem Reflexionswissen von Intellektuellen nicht nur ebenbürtig, sondern überlegen, weil er auf konkreter, lebensweltlicher Erfahrung beruhe, noch nicht vom Virus des modernen Skeptizismus infiziert sei und daher noch einen unverfälschten, "gesunden" Zugang zu Recht und Wahrheit habe.

Die Zeit und das, was Menschen durchlebten, kann man mit Kleist gut durchleben. Er ergriff das, was ihm in seinem Leben begegnet so entschieden, dass man durch ihn verstehen kann, was die Dinge einmal bedeutet haben. Kleist ließ sich von Ereignissen, Begegnungen und Erlebnissen regelrecht entzünden.

"Jede große und umfassende Gefahr gibt, wenn ihr wohl begegnet wird,
dem Staat, für den Augenblick, ein demokratisches Ansehen."


Heinrich Kleist


Literatur:

Was ist Populismus?: Ein Essay
Was ist Populismus?: Ein Essay
von Jan-Werner Müller




Populismus-Essay-suhrkamp/dp/3518075225

Samstag, 22. Februar 2020

Der Thüringer Karneval als kynische Offensive


Im Thüringer Karneval herrscht in diesem Jahr totale Narrenfreiheit, denn die Narren sind los - besser gesagt: politische Narren wurden auf das Volk losgelassen und jeder darf sich diesesmal als Narr fühlen. Wehe, wenn die Narren losgelassen werden, dann herrscht nackte Chaos. Höhepunkt der diesjährigen Saison war ein politischer Kokolors-Beitrag bei der Inthronisierung von Prinz Kemmerich I. und seiner Ranzengarde.

In Thüringen sind die Narren in diesem Jahr die Narren reichlich neben der Kappe, , daß all die Satire und der Spott nicht mehr hinterherkommen, all das zu verarbeiten, was politisch vorgefallen ist. Die Organistoren der Festumzüge und die Gestalter all der bunten Motivwagen im Karneval sind schier überfordert, denn so viel Narren passen gar nicht auf die vielen Wagen, wie sie satirisch dargestellt werden und unbedingt gezeigt werden müssten.


Das jubelnde Volk wird sich am Spott erfreuen und delektieren. Der Karneval erfüllt seinen gesellschaftlichen Zweck, denn er dient als ein Ventil für die Ausgelassenheit Massen. Dampf abladen und seinen Gefühlen freien Lauf lassen, wo es sonst im Alltag nichts zu lachen gibt. Eine Zeit der Maskierung, Feierstimmung und Enthemmung.

Ein närrischer Aufstand zieht mit Konfetti-Regen in der Karnevalszeit ein. Der Karneval zeigt im närrischen Trubel eine Gesellschaft im politisch-närrschen Ausnahmezustand. Maskierung ist Pflicht in Karneval und der Narr lupft nur zu gerne seine Maske. Die Herrschenden verlieren ihr wirkliches Selbstbewußtsein an die Narren, Clowns, Kyniker.

Der Narr dient dazu, der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten. Die Mächtigen werden bei dieser »Eulenspiegelei« dabei aufs Korn genommen und sind vor Spott und Hähme nicht sicher.

In Thüringen ist die kynische Offensive grenzenlos. Auch bei bunten Karnevalsumzügen geht der Kynismus gnadenlos in die Offensive. Die Erbauer der Motivwagen wissen gar nicht mehr, wie sie dise bie all dem herrschenden Chaos gestalten sollen. So viele Narren wie Thürigen passen gar nicht auf die Motivwagen. Es erscheint so, als würde Diogenes in seiner Tonne stets bei den Umzügen mitfahren, um dem närrischen Volk zu huldigen und aus der Tonne zuzuwinken.


Die Tradition des Karnevals hat anarchische Wurzeln.

Beim Karneval im Mittelalter wählte man einen Narrenkönig, der für einen Tag und eine Nacht über eine prinzipiell verkehrte Welt regierte. In ihr erwachten die die Armen und Ordentlichen zum Leben ihrer Träume, als kostümierte Rabauken und Bacchanten, frech, geil, turbulent und lästerlich.

Der Karneval hat ein antikes Vorbild: den Kynismus. Die athenische Öffentlichkeit wurde von der kynischen Offensive elektrisiert.


Der antike Kynismus war philosophisch betrachtet, eine plebejische Antithese gegen den Idealismus des Athener Bürgertums. Der antike Kynismus ist eine erste Replik auf den athenischen Herrenidealisimus. Er redet nicht gegen den Idealismus, er lebt gegen ihn. Doch damit nicht genug, der Kynismus gibt der Frage, wie man die Wahrheit sagt, eine neue Wendung.

Der antike Kynismus ist prinzipiell frech. In seiner Frechheit liegt seine Methode. Der antike Kynismus begann mit einem Prozeß der nackten Argumente aus der Opposition, getragen von der Macht, die von unten kommt. Der Kyniker furzt, scheißt, pißt, masturbiert auf offener Straße vor den Augen des athenischen Marktes. Er verachtet den Ruhm. Er liegt in der Sonne, scherzt mit den Huren und sagt zu Alexander dem Großen, er möge ihm aus der Sonne gehen.

All die politische Umarmungen und all das Küssen werden die Narren in Thüringen noch büßen müssen.
Am Aschermittwoch ist alles vorbei die Schwüre von Treue, sie brechen entzwei. Von all deine Küssen darf sie nichts mehr wissen, so schön es auch sein, seist alles vorbei

Weblink:

Nicht lachen - Philosophie Runde

Blog-Artikel Gastbeitrag

Narrenspiegel-Blog


Samstag, 15. Februar 2020

Der Staat und die bedrängte Wahrheit

Maximilien de Robespierre

Wird die strukturelle Gewalt der Staatsmacht unkontroliert gegen Bedrängte und Verfolgte angewendet, ist dies ein deutlicher Ausdruck der Jakobiner-Herrschaft unter Maximilien de Robespierre von 1793 bis 1796.




Hölderlin erwähnt in seinem Gedicht »An den Bruder« in den Zeilen die Bedingung einer verwerflichen Freiheit "unter der eiskalten Zone des Despotismus". Wenn der Staat strukturele Gewalt anwendet, lupft er damit auch die Mütze des Jakobinismus.


In welchem Verhältnis steht der Staat zu Recht und Wahrheit? Der Staat ist einerseits an Recht und Wahrheit gebunden und hält sich doch nicht daran, wenn seine eigenen Interessen gefährdet sind - wie der Fall des Wikileaks-Gründers Julian Assange beweist.

"Jede große und umfassende Gefahr gibt, wenn ihr wohl begegnet wird,
dem Staat, für den Augenblick, ein demokratisches Ansehen."


Heinrich Kleist



Das Wesen eines Staates zeigt sich darin, wie er auf Gefahren reagiert. Der Staat hat einen recht variablen Spielraum in der Anwendung von Recht und Gesetz. Er hält sich nur dann an Recht und Gesetz, wenn seine eigenen Interessen nicht gefährdet sind, geht aber rigoros und mit beängstiegender Bedrängung gegen Personen vor, welche die Interessen des Staates durch investigative Ermittlungen gefährden und schreckt dabei vor Folter, Verfolgung und Manipulation von Beweisen und unberchtigten Vorwürfen nicht zurück.

Voltaire

»Es ist gefährlich Recht zu haben, wenn die Regierung falsch liegt.«

Voltaire

Für Personen, welche durch ihr Handeln die Wahrheit des Staates bedrängen oder in Verruf bringen, finden sich schnell in einer Welt des persönlichen Elends wieder und für sie wird die Welt zu einer Erfahrung des Leides.

Der Fall Assange ist ein gutes Beispiel dafür, wie der Staat reagiert, wenn dieser seine Interessen als gefährdet sieht: Manipulierte Beweise, konstruierte Vorwürfe gegen Julian Assange. Ihm drohen im Falle einer Abschiebung in die USA 175 Jahre Haft, weil er auf seiner Internet-Plattform WikiLeaks Dokmente über Kriegsverbrechen der Amerikaner im Irak-Krieg veröffenlicht hatte. 175 Jahre Gefängnis sind ein tranzendent hohes Strafmaß, welches sich jeder irdischen Gerechtigkeit entzieht!

»Wenn ein Whistleblower härter bestraft wie ein Mörder, ist es etwas faul im Staate Dänemark.«

Und auch die schwedische Staatsanwaltschaft war nicht zimperlich in der Strafverfolgung, sorgte sich doch dafür, daß Assange wegen versuchter Vergewaltigung angeklagt wurde. Wie die Staatsanwaltschaft jetzt bekannt gab, wird der Vorwurf der Vergewaltigung gegen Julian Assange nicht länger aufrechterhalten.

Voltaire war ein entschiedener Gegner des monarchistiscchen und klerikalen Staates, welcher das Volk unterdrückt hat. Bereits Voltaire wußte, daß es gefährlich ist, Recht zu haben, wenn die Regierung falsch liegt. - Nur ein Whistleblow von einiger Brisanz und schon lupft der Jakobiner die Mütze! - Whistleblower leben tatsächlich noch immer - was die staatliche Verfolgung ihrer auklärerischen Aktionen angebelangt - um es mit den Worten von Schopenhauer zu sagen - in der »Schlechtesten aller Welten«.

»Es gibt keine Freiheit ohne Mut und keine Tugend ohne Kampf.«

Voltaire

Voltaire wußte auch, daß es keine Freiheit ohne Mut und keine Tugend ohne Kampf gibt - notwendige Tugenden im Kampf für die Freiheit und gegen staatliche Unterdrückung, Willkür und Vertuschung von Verbrechen und könnte somit durchaus auch als Ahnherr der Aufklärung für Julian Assange dastehen.

Für die Beschuldigten und Bedrängten kann dann Hilfe nur noch von außen durch Proteste und öffentliche Aktionen kommen. Auf Druck von Außen läßt sich Einiges bewirken und auf den Weg bringen. - Wie die schwedische Staatsanwaltschaft bekannt gab, wird der Vorwurf der Vergewaltigung gegen Julian Assange nicht länger aufrechterhalten.

Der Kyniker setzt dem Aufgeklärtheit simulierenden Mainstream seine Direktheit und Vulgarität als Gegenpart entgegen. Er entlarvt die angebliche Alternativlosigkeit des Handelns als Farce, als Ausrede, indem er Alternativen öffentlich vorlebt: "Der Herrenzynismus ist eine Frechheit, die die Seite gewechselt hat [...]. Machtzwang, Sachzwang!" (222).

In der menschlichen Krise haben Denker und Philosophen Konjunktur, denn gerade in der Krise sind Meinungen gefragt, welche die Menschen als Hilfe, Ratgeber und Anweisungen verstehen können.

Und so gibt immer wieder Philosophen, welche selber leidhafte Erfahrungen gemacht oder Leid erfahren haben und aus dieser Grunderfahrung heraus das Leid zu einer Philosophie ausgebaut haben.

Arthur Schopenhauer

"Das Leben ist eine missliche Sache, ich habe mir vorgesetzt, es damit hinzubringen über dasselbe nachzudenken." So begründete der junge Arthur Schopenhauer gegenüber dem 78jährigen Dichter Wieland in Weimar seine Absicht Philosophie zu studieren.

Schopenhauer gilt als Vertreter des Pessimismus, der das Leben als Leiden definiert hat. "Die Welt ist die Äußerung einer unvernünftigen und blinden Kraft; in ihr zu leben heißt leiden."


Weblinks:

Arthur Schopenhauer Biografie - www.die-biografien.de

Friedrich Hölderlin-Biografie - www.die-biografien.de


Torpedo-Blog:

10 Jahre Wikikleaks - Torpedo-Blog

<-- Die Novelle »Michael Kohlhaas«, die Heinrich von Kleist im kühlen Stil der Chronik geschrieben, hat, gilt als Kleists berühmtestes und berüchtigstes Werk. -->

Samstag, 8. Februar 2020

Der Populismus als wiederkommendes Phänomen




Der aufgekommene Populismus ist ein wiederkehrendes Phänomen, läßt sich als zeitlich begrenztes Phänomen deuten und einordnen läßt. Die Betrachtung des Populismus als Phänomen erlaubt die Zuordnung in den Bereich der Phänomenologie.

Die Phänomenologie ist ein Zweig der Philosophie, einer der wichtigen – neben der sprachanalytischen Philosophie, der Hermeneutik (Theorie des Verstehens), der Transzendentalphilosophie (nach Kant) und der Dialektik (nach Hegel). Die Phänomenologie befasst sich mit den Erscheinungen und deren Deutung, nicht mit ewigen Wahrheiten, sondern mit Erfahrungen. Die Phänomenologie fragt, ob wir wirklich wissen, was ist, bevor danach die Deutung einsetzt. Begründer ist Edmund Husserl, bekannte Vertreter sind Heidegger und Sartre.

»Der Populismus ist der politisch ungezogene Bruder des Vulgarimus.«

Können die Philosophen dem Populismus etwas wirksam entgegensetzen? - Der Populismus macht deutlich und zeigt auf, daß es ein Irrtum ist zu glauben, es gebe einen gemeinsamen Boden an selbstverständlichen Werten. Die Menschen machen in einer Gesellschaft verschiedene Erfahrungen. Daraus leiten sich verschiedene Vorstellungen darüber ab, wer wir sind und wie wir leben wollen. Darüber müssen wir uns auseinandersetzen. Und dazu brauchen wir die Fähigkeit, Differenzen ­auszuhalten.

Was den etablierten westlichen Demokratien fehlt, ist das Bewußtsein für die Prekarität des eigenen Modells. Das kann auch wieder verschwinden. Die Geschichte ist nicht zu Ende. Was Francis Fukuyama 1992 voreilig konstatierte – Liberalismus und Marktwirtschaft hätten sich ­endgültig durchgesetzt – widerspricht fundamental den Prinzipien der Phänomenologie.

Diesen Prozess der Entpolitisierung, welcher mit dem neuen Populismus verbunden ist, hat Hannah Arendt (1906-1975) bereits früh vorausgesehen. Für sie steht Politik immer in einem losen Verhältnis zur Wahrheit, weil es in der Politik darauf ankommt wie wir etwas deuten.


Weblink:

Was die Philosophen dem Populismus entgegensetzen können - www.wp.de