Samstag, 14. Dezember 2019

Klimaschutz als ethisches Problem


Klimaschutz ist nicht nur ein globales, sondern auch ein grundlegendes ethisches Problem, handelt dieser doch von der Notwendigkeit der Rettung des Planeten und der Unmöglichkeit der Vereinbarung für alle verbindlicher Regeln. Beim Klimaschutz schimmert immer auch in bischen das Thema "Ethik" durch.

Der Mensch betreibt Raubbau an seiner Lebensgrundlage der Erde. Hinzu kommen jedes Jahre verheerendere Waldbrände, längere Dürreperioden und heftigere Regenfälle, die Häuser, Ernten und den Lebensraum von Tieren vernichten. Geht es diesem Planeten gut? Nein. Raubbau, Umweltzerstörung, Erderwärmung bedrohen seine Existenz. Doch ein Phänomen setzt ihm ebenso zu: der Klimawandel.

Das Klimaproblem ist überaus komplex und mehrdimensional. Es muss in seinen wichtigsten Dimensionen ausgelegt werden. Das ist eine hermeneutische Aufgabe. In der Dimensionierung dieser Problematik, in der Ordnung, die wir in den Problemen erkennen und in der Formulierung der ethischen Fragen geht es immer auch um Politik.

Beim Klimaschutz geht es zunächst einmal um die Übernahme globaler Verantwortung und dringend notwendiges Handeln. Dazu ist ein ökologischer Umbau der Gesellschaft notwendig wie eine ökologische Veränderung des Bewußtseins. Beim Klimaschutz nichts zu tun, ist gerade für die kommenden Generationen verantwortungslos.

Deren Sinn besteht, wie Hannah Arendt (1994, S. 201) ihn bestimmte, in nichts weniger als in der Freiheit. Die Freiheit ist es, die auf dem Spiel steht, wenn Menschen das Klima verändern. Verschiedenartige Menschen leben mit unterschiedlichen Kulturen und Hintergründen räumlich und zeitlich weit entfernt, begegnen sich aber in einer klimatischen Nachbarschaft.

Ein Klimaschutzabkommen ist kein verbindlicher Gesellschaftsvertrag, da die Verbindlichkeit an den nationalen Grenzen der Beitrittsländer aufhört und viele Länder weiterhin konsequent ihre eigene, klimaschädliche Energiepolitik betreiben. Viele Länder kochen ihr eigenes Süppchen und blockieren einen Fortschritt im Klimaschutz.

Klimakonferenz in Bonn

Das Grundproblem ist, daß viele Industrieländer den Klimaschutz weiter nicht ernst nehmen und die Politik keine politische Handhabe gegen Energieunternehemen trifft, welche schädlichen CO2-Ausstoß in die Luft pussten, anstatt endlich den CO2-Ausstoß durch Stillegung von Klimaschleudern zu begrenzen. Immer wenn es um konkrete Vereinbarungen mit den Unternehemen geht, stockt die Politik. Ohne ein stärkeres Bekenntnis der Regierungen zum Handeln, können die Klimaschutzziele nicht erreicht werden. Der Klimawandel trifft jene am stärksten, die nicht das Geld haben sich davor zu schützen. Eine CO2-Bepreisung ist ein effektives und effizientes Mittel um unsere CO2-Bilanz zu verbessern.

Klimaschutz ist auch eine Bewußtseinsfrage, er gelingt nur, wenn sich das ökologische Bewußtsein in der Bevölkerung ändert. Der Klimaschutz ist eine Möglichkeit, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Die Klimaerwärmung beinhaltet die Freiheit der Einen und die bedrohte Freiheit und das verunmöglichte Leben der Anderen. Klimaschutz geht nur durch Einschränkung von Freiheit. Politische Philosophie, politische Ethik denkt über die Bedingungen von Freiheit nach: nicht nur im globalen Zusammenleben mit den Gegenwärtigen, sondern auch in intergenerationellen Beziehungen.

Es geht um Ungerechtigkeit und um Fairness, darum, wie legitime oder illegitime kollektive Entscheidungen getroffen werden. Es geht um Gewalt und Anerkennung, um Verletzbarkeit in Beziehungen und in politisch-ökologischen Strukturen, um Ideen von menschlich-kulturellem Fortschritt und menschlichem Wohl, um die zentralen kulturellen Werte, um die Gestaltung von Gesellschaften in einer postkolonialen Weltordnung. Nicht immer gelingt es den Klimaforschern oder den Akteuren der Umweltpolitik, diese Fragen zu erkennen. Deshalb braucht es hierfür auch philosophische SpezialistInnen und allgemein möglichst viele Menschen mit philosophischem Interesse und Verstand.

Wenn es so weitergeht wie bisher, dann wird es weltweit wahrscheinlich rasch und akut schlimmer werden. Nicht weil wir faul wären und nichts tun, sondern umgekehrt, gerade weil wir alles weiter so tun, wie wir es zu tun gewohnt sind und es für richtig halten. Gerade wenn Menschen die gesellschaftlichen Anforderungen, denen sie tagtäglich begegnen, erfüllen und positiv richtig handeln, handeln sie falsch. Denn was gesellschaftlich heute von uns TeilnehmerInnen der Konsumgesellschaft erwartet wird und insofern als richtig gilt, ist in vielen Punkten ökologisch katastrophal.

Wir erleben heute bereits eine Erwärmung von durchschnittlich +0,8 o C gegenüber der vorindustriellen Zeit. Das wärmere Klima schmilzt die Polkappen ab, tötet Korallenriffe, lässt den Meeresspiegel steigen, Dürren entstehen, Wirbelstürme und Extremwetter häufiger und stärker werden. Menschen, Tiere und Pflanzen verlieren ihre Lebensgrundlage. Das sehen wir alles jetzt. Und man konnte es schon seit Jahrzehnten kommen sehen.

Die Schäden würden selbst dann noch schlimmer werden, wenn die Kohlendioxidemissionen sofort weltweit gestoppt würden - was ja völlig illusorisch ist. Es wird einfach deswegen schlimmer, weil die Verweildauer von CO 2, des hauptsächlichen Problemgases in der Atmosphäre, relativ lang ist. In dieser Zeit entfaltet es seine unheilvolle Wirkung immer weiter.

Aber noch schlimmeres Unheil lässt sich verhindern. Es scheint ziemlich offensichtlich, dass es eine ethisch begründete Pflicht gibt, sich gegen dieses Unheil einzusetzen, um zu verhindern, dass Menschen und Tiere, ebenso wie Ökosysteme, verletzt, gequält, getötet und vertrieben werden. Niemand kann das ernsthaft bestreiten. Man kann höchstens wegsehen oder es bewusst ignorieren.

Warnende Stimmen riefen schon vor Jahrzehnten, dass es „5 vor 12“ sei. Nur eine umfassendende Kraftanstrengung und neue grüne Visionen mit ökologischen Bewußtsein können den Planeten noch retten.





Weblink:

Klimawandel – und die Philosophie? - www.philosophie.ch

Samstag, 30. November 2019

Zeit der Besinnung

Adventszeit

Alle Jahre wieder, wenn wir in den vorweihnachtlichen Stress verfallen und von der der besinnlichen Zeit nicht viel zu spüren ist, ist die Zeit gekommen, um inne zu halten. In der Adventszeit geht es um den Abschluss mit dem Alten und den Aufbruch ins Neue. Das erfordert die Bereitschaft, eigene Gewissheiten zu hinterfragen, und den Mut, zu neuen Ufern aufzubrechen. Die Adventszeit ist eine Zeit der Besinnung und wie eine Aufforderung zur Besinnung zu kommen.

Die Weihnachtszeit wird gerne als die Zeit der Besinnlichkeit beschrieben. Das sagt sich so leicht, auch weil es so schön klingt. In Wirklichkeit ist diese Jahreszeit jedoch für viele eher eine Zeit der Besinnungslosigkeit, in der schon die bloße Ankündigung, der Einzelhandel könne es wagen, die Ladentüren bereits drei Stunden, bevor das Christkind kommt, zu schließen, so manche heiligabendliche Krise auslöst.

Vielen Menschen, die keine tiefe Verbundenheit zum christlichen Glauben spüren, wird die Hektik des ausklingenden Altjahres zu einer Zeit der Sinnlosigkeit, in der sie noch weniger zur Ruhe kommen als sonst. Dabei geht es bei der „Besinnlichkeit“ eigentlich tatsächlich um das Sinnige und Geistige: Sie wird in Wörterbüchern erklärt als „stimmungsvolle Zeit, in der Menschen zum Nachdenken und Innehalten kommen“.

Besinnlichkeit entsteht aus dem Umstand, daß Menschen zur Besinnung kommen. Zur Besinnugn ko9mmt der Menschg, wenn er sich Zeit für sich nimmt. Besinnlichkeit, die mehr mit Besinnung und Geist als mit Sinnlichkeit und Geistlichkeit zu tun hat, keine weitverbreitete Übung. Nicht, dass dies anderswo unbedingt anders wäre, jedoch deuten englische Begriffe für „Besinnlichkeit“, nämlich „contemplation“, „thoughtfulness“ oder „reflectiveness“, zumindest stärker auf den die Ratio mit einschließenden Ursprung des Begriffes hin.

Weblink:

- www.cicero.de

Der neue Zynismus der Gesellschaft




Kritik der zynischen Vernunft

Der neue Zynismus greift in der Gesellschaft munter um sich, ohne daß diesem Einhalt geboten wurde.
Zynische Denkhaltung ist eine in Politik und Wirtschaft weit verbreitete Einstellung, die auf Gehorsam und Loyalität gründet. Zynische Denkstrukturen bestimmen die Gesellschaft. Und der wirklich versierte Zyniker trägt bei seinem - im praktischen Handeln angelegten - gepflegten Zynismus natürlich ein Siegerlächeln im Gesicht.

Der neue Zyniker ist nach Peter Sloterdijk derjenige, der eine Machtposition innehat: „Dem diffusen Zynismus gehören längst die Schlüsselstellungen der Gesellschaft in Vorständen, Parlamenten, Aufsichtsräten, Betriebsführungen, Lektoraten, Praxen, Fakultäten, Kanzleien und Redaktionen.“ (S. 37). Er erinnert daran, wie Gottfried Benn, „selber einer der profilierten Sprecher der modernen zynischen Struktur“ in dieser formuliert hat: „Dumm sein und Arbeit haben, das ist das Glück.“

Natürlich gibt es auch eine Umkehrung diseer Medaille - soz. als genauer analoger Spiegeleffekt! Was in der Umkehrung eben heißt: „Intelligent sein und dennoch seine Arbeit verrichten – das ist unglückliches Bewusstsein in der modernen, aufklärungskranken Form“ (S. 40). Dabei steht einem Zynismus der Mittel ein Moralismus der Zwecke gegenüber: Um moralisch hohe Ziele zu erreichen, kann man jedes, auch das tückischste Mittel einsetzen. Und genau so hat ja seit jeher die Macht, um ihre moralisch und demokratisch maskierten Zwecke zu erreichen, nie gezögert, unschuldige Opfer niederzumachen.

»Zynismus ist der geglückte Versuch,
die Welt so zu sehen, wie sie ist.«

Jean Genet

Der neue Zynismus kennt - besonders in der Krise - viele Gesichter: habgierige Bankmanager, welche sich Boni genehmigen nachdem sie Schrottaktien emittiert haben, und dabei nebenbei die Weltwirtschaft kollabieren lassen, und den Schaden durch Steuergeld bezahlen lassen, oder großartige Übernahmen deutscher Firmen, die solche Firmen wie Chrysler, Rover, oder Monsanto einkauften, die die eigene Firma in die roten Zahlen trieb, und sich weiterhin Boni genehmigen. Automobil-Manager, die Automobilkäufer arglistig betrogen haben, und sich weiter Boni genehmigen.

Die von dem schottischen Ökonomen Adam Smith beschworene "unsichtbare Hand" ("invisible hand") wirkt tatsächlich, allerdings ganz anders, als sich das der berühmte Ökonom aus Edinburgh vorgestellt hat, dann diese Leute sind es einfach gewohnt, Geld und Vorteile aus einem pervertierten neoliberalen Wirtschaftssystem zu ziehen, obwohl sie durch ihr Handeln Firma und die Bürger schädigen. Das hat nichts mit Neid zu tun, sondern mit Unrecht. Ich kann verstehen, daß das so manchem Niedriglöhner zynisch vorkommt.

Kritik der zynischen Vernunft
Kritik der zynischen Vernunft


Sloterdijk analysiert die Unwuchten einer zynischen Geisteshaltung, die der westlichen, durch "Vernunft" gesteuerten Kultur zugrunde liege. Der Aufruf zur Vernunft ("Wissen ist Macht") führe zu einer künstlichen Trennung von Intellekt und Sinnlichkeit. Es gelte den Zwang der europäischen Neurose zu brechen, die durch Vernunftanstrengung Glück zu erreichen suche.

Der Zynismus geht einher mit zu wenig erzeugtem Problembewußtsein. Es ist eine Gerechtigkeitsdiskussion notwendig, um den neuen Zynismus und desesen Strukturen aufzudecken und diesem entschieden entgegenzutreten.

Samstag, 23. November 2019

Was ist Existenzialismus?


Der Existenzialismus entsprach einem Lebensgefühl, das von der Erfahrung des Zweiten Weltkriegs, des politischen Widerstands in der Résistance und des Zerfalls traditioneller Wertordnungen und Orientierungen geprägt ist. Es findet seinen Ausdruck in einer besonderen Sensibilität für die Absurdität der menschlichen Existenz, die für diese Generation von Philosophen charakteristisch ist. Sie entspringt dem Gegensatz zwischen dem selbstbewussten, von Hoffnungen erfüllten und in Handlungen sich entäußernden menschlichen Geist und der ihm gegenüberliegenden undurchdringlichen, immanenten Welt, an der sein Streben immer wieder scheitert. Diese Absurditätserfahrung wirft die Frage nach Sinn und Wert des menschlichen Lebens auf.

Existenzialismus ist eine Geistes- und Lebenshaltung auf der Frage nach dem Sinn des Lebens, wobei der Mensch an die Stelle von Gott getreten ist. Der Begriff des Existentialismus ist als Bezeichnung für eine allgemeine Geisteshaltung im Gebrauch, die den Menschen als Existenz im Sinne der Existenzphilosophie auffasst. („Der Mensch ist seine Existenz.“)

Das Staunen vor dem Dasein - des eigenen und dem der anderen - und der Versuch, ohne Transzendentallehre oder sonst was Esoterisches auszukommen und die Welt von ihrer (geringen) Relevanz zu überzeugen.

Nach Sartre ist Existenzialismus eigentlich nichts anderes als das Eingeständnis und der Versuch einer konsequent atheistischen Einstellung. Der Atheismus erschöpft sich aber nicht darin, aufzuzeigen, dass Gott nicht existieren kann.


Selbst wenn ein Gott oder eine Göttin bewiesen werden könnte - dann müsste der Mensch übrigens etwas anderes dahinter suchen - würde dies den Menschen nicht davon befreien, sich selber zu finden, d.h. zu definieren.

Der Mensch ist "zur Freiheit verurteilt", weil es keine göttliche Bestimmung mehr gibt, auf die er sich berufen oder zurückziehen kann. Es gibt auch keinen Gott anzuklagen, wenn es einem oder der Welt schlecht geht - das ist absurd.

Zuerst ist die nackte, bloße Existenz, und dann ist der Mensch aufgerufen, seinem Leben einen Sinn, eine Bestimmung zu geben, oder, wie Sartre in seinem Hauptwerk "Das Sein und das Nichts" formulierte: "Die Existenz geht der Essenz [Wesensbestimmung] voraus."


Philosophisch betrachtet erfährt der Mensch dabei folgende Rechtfertigung:

"Der Mensch ist für sich, sein Tun und Lassen selber verantwortlich. Es gibt oder braucht keine Rechtfertigung ausserhalb des Menschen. Deshalb ist der Existenzialismus ein Humanismus."

Eine der bekanntesten existentialistischen Äußerungen, die jedoch sinngemäß schon bei Schelling nachgewiesen werden kann, ist die Aussage Sartres „Die Existenz geht der Essenz (dem Wesen) voraus“ aus dem 1946 veröffentlichten Essay »Der Existentialismus ist ein Humanismus«.

Hier wird thematisch an die Wesens­bestimmung (Essenz) des Menschen in der Philosophie angeknüpft. Durch die Bestimmung des Menschen als biologisches Wesen, als Vernunft­wesen, als göttliches Wesen etc. erhält der Mensch vor seiner Existenz zunächst schon eine Bedeutung, eben biologisch, vernünftig, gottähnlich.

"Was ist das Sein?", ist Sartres Ausgangsfrage. Dem menschlichen Bewusstsein räumt er eine Sonderstellung über allem ein, was existiert: Nur das Bewusstsein ist "für sich", kann also über sich selbst, die Welt und alle Dinge darin (die bloß "an sich" sind) nachdenken. Die Steine, Pflanzen, Tiere usw. existieren grundlos und ohne jegliches Wissen über ihren Zustand. Auch der Mensch existiert grundlos - doch er weiß das. Das ist der Kern von Sartres atheistischer Philosophie. Es gibt keinen Gott und damit kein höheres Ziel des Lebens und der Existenz. Die Situation des Menschen nimmt sich nicht gerade erfreulich aus: Er ist in die sinnlose Welt geworfen, alles erscheint ihm "de trop", zu viel, unnötig und sinnlos, und letztlich ist er sogar dazu verurteilt, sich selbst zu wählen.

Neu waren Sartres Ansichten nicht. Schon Sören Kierkegaard machte die Angst als eine Grundbefindlichkeit des Menschen aus und auch Martin Heidegger stellte den Menschen als ein kontingentes Lebewesen dar, das sich der Angst geschickt zu verbergen gelernt hat, indem er sich an die Strukturen der Welt verliert. Auch sollte Heidegger mit seinem berühmten „Brief über den Humanismus“ sich indirekt wenige Jahre später auf Sartre und seine Ansichten beziehen. Faszinierend wird Sartres Konzept des Existentialismus auch weiterhin bleiben und auch die vielen Missverständnisse werden wohl weiterhin präsent bleiben, da sich der Universitätsbetrieb mittlerweile von den existentiellen Grundfragen weitestgehend verabschiedet hat.

Sartre wurde von Gegnern des Existentialismus immer wieder attackiert. Meist mit der Begründung, der Existentialismus sei eine menschenfeindliche Ideologie, eine Art abstoßender Nihilismus, vor dem die Menschen bewahrt werden müssten.

Der Existentialismus kritisiert diese der Existenz vorgängige Sinnbestimmung und setzt ihr die Existenz entgegen: Der Mensch ist als Mensch nicht zu erfassen, wenn nicht je von seiner eigenen individuellen Existenz ausgegangen wird.

Jede Wesensbestimmung enthält, so die Kritik durch den Existentialismus, immer schon einen Theorieaspekt, der sich nicht aus einer unmittelbaren Erfahrung der Existenz speist, sondern in der Existenz „nachrangig“ gebildet wird.

Einer, der nicht kämpft und der sich seinem Schicksal unterwirft - das schlimmste Verbrechen für den Existenzialisten Sartre.

Weblink:

Jean-Paul Sartre - www.jean-paul-sartre.de



Video:

Was ist Existenzialismus? - Youtube

Literatur:

Der Existentialismus ist ein Humanismus und andere philosophische Essays 1943 - 1948
Der Existentialismus ist ein Humanismus
von Jean-Paul Sartre

Donnerstag, 21. November 2019

Voltaire 325. Geburtstag

Voltaire

François Marie Voltaire - eigentlich François-Marie Arouet - wurde am 21. November 1694 als Sohn eines Notars in Paris geboren.

Voltaire war ein bedeutender französischer Philosoph und Schriftsteller des 17. Jahrhunderts. Der Humanist gilt als der bedeutendste Vertreter der französischen und der europäischen Aufklärung und einer humanistischen Ethik. Als radikaler Aufklärer verkündete er den Geist des Fortschritts in Europa.

Voltaire

Voltaire lebte in der Zeit des Absolutismus. Mit seiner Kritik an den Missständen des Absolutismus und der Feudalherrschaft sowie auch am Deutungs- und Machtmonopol der katholischen Kirche war er einer der wichtigsten Wegbereiter der Französischen Revolution.

Voltaire war auch ein bedeutender Religionskritiker seiner Zeit. Mit seinem Misstrauen gegen den Aberglauben des Pöbels wie mit seinen Polemiken gegen Juden, Mohammedaner und Katholizismus stand er für eine radikale Religionskritik.



»Alle Menschen sind klug

die einen vorher, die anderen nachher.«



Die weiteste und dauerhafteste Verbreitung fanden seine philosophischen Erzählungen (»contes philosophiques«), in welchen er zentrale Gedanken der Aufklärung auf undogmatische und unterhaltsame Weise einem breiten Publikum näher brachte.

Voltaire wirkte auch als bedeutender Philosoph der europäischen Aufklärung. In seiner Heimat begegnete dem Großmeister der Aufklärung in der Zeit des Absolutismus jedoch zunehmend religiöse Intoleranz und Zensur.

In vielen Schriften setzte sich der Aufklärer für Toleranz, Menschenwürde und Menschlichkeit ein. In seinen literarischen Werken steht immer die Menschlichkeit im Vordergrund.

Voltaire starb im Alter von 83 Jahren am 30. Mai 1778 in Paris. Die Pariser Geistlichkeit verweigerte ihm ein kirchliches Begräbnis, das er aber in der Abtei von Scellières fand, der sein Neffe vorstand. Am 11. Juli 1791 wurden die Gebeine Voltaires auf Volksbeschluss in das Panthéon überführt.


Literatur:

Candide
Candide
von Voltaire

Voltaire
Voltaire

Samstag, 16. November 2019

„Gott ist tot“ – Der europäische Nihilismus

Friedrich Nietzsche

Mit dem Stichwort „Gott ist tot“ wird oft die Vorstellung verbunden, dass Nietzsche den Tod Gottes beschworen oder herbeigewünscht habe. Tatsächlich trifft dies nur in einem gewissen Sinne zu.

Nietzsche verstand sich hier vielmehr als Beobachter. Er analysierte seine Zeit, vor allem die seiner Auffassung nach inzwischen marode gewordene (christliche) Moral. Nietzsche war zudem nicht der Erste, der die Frage nach dem „Tod Gottes“ stellte. Hegel äußerte diesen Gedanken bereits 1802 und sprach von dem „unendlichen Schmerz“ als einem Gefühl, „worauf die Religion der neuen Zeit beruht – das Gefühl: Gott selbst ist tot“.

Die bedeutendste und meistbeachtete Stelle zu diesem Thema ist der Aphorismus 125 aus der Fröhlichen Wissenschaft mit dem Titel „Der tolle Mensch“. Der stilistisch dichte Aphorismus enthält Anspielungen auf klassische Werke der Philosophie und Tragödie. Dieser Text lässt den Tod Gottes als bedrohliches Ereignis erscheinen. Dem Sprecher darin graut vor der Schreckensvision, dass die zivilisierte Welt ihr bisheriges geistiges Fundament weitgehend zerstört hat:

„Wohin ist Gott? rief er, ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet, – ihr und ich! Wir alle sind seine Mörder! Aber wie haben wir dies gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und ein Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? […] Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder?“

Dieser unfassbare Vorgang würde gerade wegen der großen Dimension lange brauchen, um in seiner Tragweite erkannt zu werden: Ich komme zu früh, sagte er dann, ich bin noch nicht an der Zeit. Dies ungeheure Ereignis ist noch unterwegs und wandert, – es ist noch nicht bis zu den Ohren der Menschen gedrungen. Und weiter wird gefragt: Ist nicht die Größe dieser Tat [Gott getötet zu haben, Anm.] zu groß für uns? Müssen wir nicht selber zu Göttern werden, um nur ihrer würdig zu erscheinen? Unter anderem aus diesem Gedanken heraus erscheint später die Idee des „Übermenschen“, wie sie vor allem im Zarathustra dargestellt wird: „Tot sind alle Götter: nun wollen wir, dass der Übermensch lebe.“

Das Wort vom Tod Gottes findet sich auch in den Aphorismen 108 und 343 der Fröhlichen Wissenschaft; das Motiv taucht auch mehrmals in Also sprach Zarathustra auf. Danach verwendete Nietzsche es nicht mehr, befasste sich aber weiter intensiv mit dem Thema. Beachtenswert ist hier etwa das nachgelassene Fragment „Der europäische Nihilismus“ (datiert 10. Juni 1887), in dem es nun heißt: „,Gott‘ ist eine viel zu extreme Hypothese.“

Nietzsche kam zu dem Schluss, dass mehrere mächtige Strömungen, vor allem das Aufkommen der Naturwissenschaften und der Geschichtswissenschaft, daran mitgewirkt haben, den christlichen Gott unglaubwürdig zu machen und damit die christliche Weltanschauung zu Fall zu bringen. Durch die Kritik der bestehenden Moral, wie Nietzsche selbst sie betrieb, würde die Moral hohl und unglaubwürdig und bräche schließlich zusammen. Mit dieser radikalisierten Kritik stand Nietzsche einerseits in der Tradition der französischen Moralisten wie etwaMontaigne oder La Rochefoucauld, die die Moral ihrer Zeit kritisierten, um zu einer besseren zu gelangen; andererseits betonte er mehrfach, nicht nur die Heuchelei von Moral, sondern die herrschenden „Moralen“ selbst – im wesentlichen immer die christliche – zu bekämpfen. Um dies in einen Begriff zu fassen, bezeichnete er sich selbst als „Immoralist“.

Es besteht heute weitgehende Übereinstimmung, dass Nietzsche sich nicht als Befürworter des Nihilismus sah, sondern ihn als Möglichkeit in der (nach-) christlichen Moral, vielleicht auch als eine geschichtliche Notwendigkeit sah. Über den Atheismus Nietzsches im Sinne des Nichtglaubens an einen metaphysischen Gott sagen diese Stellen wenig aus.

Weblink:

Friedrich Nietzsche-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de


Literatur:

„Gott ist tot“ – Der „europäische Nihilismus“ -

Der Antichrist: Versuch einer Kritik des Christentums
von Friedrich Nietzsche

Also sprach Zarathustra
Also sprach Zarathustra
von Friedrich Nietzsche

Heidegger und der verlorene Bezug zum Sein

Heidegger hat in seinem Werk einen Bezug des Seins zur Moral hergestellt, doch als die Zeit wenig später aus den Fugen geriet, verfiel der Philosoph in das Existenzial des "Geworfenseins" und hatte außer Anpassung an die politischen Gegebenheiten keine existenziellen Lösungen parat.

Hier ist eine gewisse Lebensentfremdung seiner Philosophie festzustellen, denn sie lieferte keine Lösung für den Sinn von Sein in einer Diktatur - aber die Anpassung an die Zeit und ihre Gegebenheiten kann auch eine durchaus philosophische Lösung sein, wenn jemand nur an seiner eigenen Existenz interessiert ist.

Das Verhältnis seines Werkes zu seinem Verhalten während der Nazi-Zeit bemisst die Fallhöhe des Philosophen. Heidegger tat während der NS-Diktatur wohl seine Pflicht, aber er hat sich darin verheddert und zu einem moralischen Fall geworden.

Die Moral ist für ihn - ganz wie bei Nietzsche - überhaupt der Maßstab des "historischen Tiers". Dieses Tier wird für ihn vor allem durch die "englisch-amerikanische Welt" mit ihrer "mit Moral übermalten händlerischen Rechenhaftigkeit" vertreten, wobei er später deren Allianz mit dem "Weltjudentum" konstatiert, das "durch die aus Deutschland hinausgelassenen Emigranten" "aufgestachelt" worden sei.



Samstag, 2. November 2019

Abschied von der Metaphysik


Gott war früher sozusagen der oberste Garant einer Werte – Ordnung: „Für Gott und Vaterland“, man erinnert sich an den Spruch; Gott ist die oberste Wahrheit; alles Erkennen geschieht in göttlichem Licht; Gott ist der Schöpfer der Welt usw.

Wenn dieser Gott der obersten Werte und vertrauten Weltbilder tot ist: Dann bricht eine Welt zusammen. Dann wird den Menschen der Boden entzogen.

Den Inhalt des "absoluten Wissens" entfaltet "Die Wissenschaft der Logik". Sie ist eine Metaphysik des absoluten Denkens und seiner grundlegenden Bestimmungen. Hegel nennt das Sichselbst als das die Totalität aller reinen Bestimmungen wissende Denken mit dem Ausdruck Platons die "absolute Idee". Und diese interpretiert er mit Plotin als den göttlichen Geist. Und weil Gott Geist ist, handelt es sich um Theologie. Diese theologische Metaphysik ist die erste Philosophie Hegels.

Unter Schmerzen hat sich die Philosophie von der Metaphysik verabschiedet. Sie hat aus guten Gründen das Denken ausgenüchtert und bei vollem Bewusstsein seine spekulative Armut in Kauf genommen – und damit riskiert, am Ende keine Sprache für das zu haben, was gleichwohl zur menschlichen Erfahrung gehört.

Die Fachschaft Philosophie hat sich der Wissenschaft untergeordnet. Das Paradoxum basiert darauf, daß Philosophie auch das Wissenschaften beinhalten muß, aber Wissenschaften keine Metaphysik beinhalten kann.

Hegels theologische Metaphysik bedeutet den Abschied von der tradierten Metaphysik der Scholastik.

Die Versachlichung, Naturalisierung und Objektivierung des Weltverständissees hat zu große Fortschritte gemacht, als das theologische Antworten länger befreidigen könnten. Für die reifere Vernunft ist diese nicht nur logisch haltlos geworden, sondern, was noch wichtiger ist, existentiell unplausibel.

Weblinks:

Hegel wurde vor 200 Jahren 1816 nach Heidelberg berufen

Hegel-Biografie - Biografie-Portal

Zynische Denkhaltung

Kritik der zynischen Vernunft
Kritik der zynischen Vernunft

Zynische Denkhaltung ist eine in Politik und Wirtschaft weit verbreitete Einstellung, die auf Gehorsam und Loyalität gründet. Zynische Denkstrukturen bestimmen die Gesellschaft.


Sloterdijk zeigt in seinem Werk »Kritik der zynischen Vernunft« im Rahmen einer sorgfältigen "historischen Psychopathologie" die Entwicklungslinien der zynischen Denkhaltung vom Wilhelminismus über die Weimarer Republik und das Dritte Reich bis in die Gegenwart auf. In der Weimarer Republik habe sich der Aufklärung ein wütender Widerstand gegen das "zersetzende" Gespräch über Wahrheit entgegengestellt.

Stromlinienförmige "Loyalität", die an Kadavergehorsam erinnert, beansprucht keine Exklusivität für die Weimarer Republik, sondern ist auch für viele der heute in Staat und vor allem in Großunternehmen Machthabenden von allergrößter Bedeutung. "Aufklärung" ist nicht gefragt, sondern wird lieber unter Strafe gestellt.

Die Perspektivlosigkeit und Zerrissenheit der heutigen Gesellschaft zeige sich in drastischen Gegensätzen: Skrupellose Unternehmer und abgebrühte Systemstrategen treffen nach Sloterdijks Beobachtung auf desillusionierte Aussteiger und ideallose Verweigerer.

Die gegenwärtigen Vernunft-Zyniker seien Melancholiker, die ihre depressiven Symptome unter Kontrolle halten, um einigermaßen arbeitstüchtig bleiben. Denn dem Zynismus der Gegenwart komme es vor allem auf die Arbeitsfähigkeit seiner Träger an.

Dumm sein und Arbeit haben - das sei das Glück. Intelligent sein und dennoch seine Arbeit verrichten - das sei das Unglück. Dumm und arglos könne das aufgeklärte Bewusstsein nicht mehr werden - Unschuld sei nicht wiederherzustellen.

Da das ganze Universum von einem blinden Urwillen angetrieben ist, muß alles, was existiert, in irgendeiner Form unglücklich sein, meinte Arthur Schopenhauer. Das gesamte Sein ist eine Hölle und deshalb sollte es besser nicht sein.

Die gegenwärtig herrschenden Zyniker seien nicht dumm, so Sloterdijk - sie sähen durchaus das Nichts, zu dem alles führe. Die Naivität der anderen müsse gut geplant werden: Es sei für die Vernunft-Zyniker immer eine gute Investition, den naiven Arbeitswillen anderer zu pflegen.

Literatur:

Kritik der zynischen Vernunft
»Kritik der zynischen Vernunft«
von Peter Sloterdijk

Samstag, 26. Oktober 2019

Die Lebensphilosophie Friedrich Nietzsches

Friedrich Nietzsche

Nietzsche war eine auch musisch begabte Künstlernatur, ein sehr bewusster Künstler, der in seinem Leben dafür sorgte, daß für das Werk der notwendige Raum zur Verfügung stand - und bei ihm ging es darüber hinaus, eine Gelegenheit oder eine Räumlichkeit zu finden, um arbeiten zu können. Es war das Leben, das er für sein Werk zur Verfügung stellte. Leben und Werk durchdrang sich, deshalb können sie nicht voneinander getrennt werden.



 "Der praktische Philosoph, 
der Lehrer der Weisheit durch Lehre und Beispiel, 
ist der eigentliche Philosoph." Kant

Unter dem Schlagwort der »Lebensphilosophie« bildete sich eine philosophische Richtung, die sich gegen den aufklärerischen Rationalismus und die Erkenntnistheorie, sowie gleichzeitig gegen den deutschen Idealismus und Positivismus wendete. Insbesondere Schopenhauer, Dilthey und Nietzsche waren Vertreter dieser Philosophie, die das Irrationale, die Triebe und Emotionen des Menschen in den Mittelpunkt stellt.


Friedrich Nietzsche gilt mit seiner kritischen Kulturphilosophie als Vorläufer der Lebensphilosophie. Bereits in seinem Frühwerk »Die Geburt der Tragödie« stellte er das rationale Denken, das Appolinische, dem triebhaften Streben, dem Dionysischen, gegenüber. Rückblickend stellte er in der Götzendämmerung fest: „Das Jasagen zum Leben selbst noch in seinen fremdesten und härtesten Problemen; der Wille zum Leben im Opfer seiner höchsten Typen der eignen Unerschöpflichkeit frohwerdend – das nannte ich dionysisch, das errieth ich als die Brücke zur Psychologie des tragischen Dichters.“

Im ganzen Werk entwickelte Nietzsche Gedanken, die als Anregung für die Lebensphilosophie gelten. Hier zu nennen sind etwa der Titel seines Werkes »Menschliches, Allzumenschliches« oder die Betrachtung des Weltgeschehens als organische Struktur und die Konzepte des Willen zur Macht und der Ewigen Wiederkehr. Nietzsche wendete dabei Schopenhauers Konzept vom Willen als dem Willen zum Leben um in die Formel vom Willen zur Macht, der alles Leben beherrscht. Die Ewige Wiederkunft des Gleichen hängt nach Ansicht vieler Interpreten mit einigen anderen Gedanken Nietzsches zusammen. Vor allem die Verbindung zum Konzept des „Übermenschen“ ist in der neueren Nietzsche-Deutung herausgestellt und untersucht worden.

Friedrich Nietzsches Lebensphilosophie reißt das Leben heraus aus seiner deterministischen Zwangsjacke des späten 19. Jahrhunderts und gibt ihm seine eigentümliche Freiheit zurück. Es ist die Freiheit des Künstlers seinem Werk gegenüber.

Der Philosoph als Wegweiser? Es wäre schön, wenn immer alle Wege frei wären. So wie wir gerade Stürme in der Natur erlebt haben, so vergleichbar können auch die Stürme des Lebens sein .Wichtig bleibt jedoch für alle Menschen immer , die Freiheit mittels der Literatur und des Wortes ausdrücken zu dürfen.

Weblinks:

Friedrich Nietzsche-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Biografie:

Nietzsche: Biographie seines Denkens
»Nietzsche: Biographie seines Denkens«
von Rüdiger Safranski

Werke:

Also sprach Zarathustra
Also sprach Zarathustra
von Friedrich Nietzsche

Ecce Homo, Sonderausgabe
Ecce Homo - Sonderausgabe


Friedrich Nietzsche-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Samstag, 19. Oktober 2019

Nietzsche - ein Philosoph der Moderne

Friedrich Nietzsche

Friedrich Nietzsche gilt als einer der dunklen, aber neuzeitlich-fortschrittlichen Philosophen. Er sticht durch seine poetische Sprachkraft hervor und beeindruckt durch die Macht seiner Paradoxien. Seine Arbeit ist aufklärerisch, positivistisch und vor allem psychologisch.

Nietzsche war ein Philosoph der Moderne, denn sein Denken, das über die damalige Philosophie hinausging,  hatte bereits vielfach bereits sehr moderne Züge. Er gilt als der Wegbereiter des Existenzialismus. Als Verkünder der ästethischen Daseinsform übte Nietzsche von Anfang an großen kulturellen Einfluss aus.


Nietzsche kritisierte, dass sich die bisherige Philosophie – „ein Paar Skeptiker“ ausgenommen – der Moral unterworfen und sich deren Begründung statt Untersuchung und Kritik verschrieben habe. Er lobt dagegen die Methodik der Wissenschaft, die den Menschen unter die Tiere zurückgestellt habe und so erst anfange, ihn zu begreifen. Umgekehrt die ganze Natur und den Menschen von einer Gottheit, einem „Willen“ oder einem „Geist“ her verstehen zu wollen (wie Schopenhauer und Hegel) sei ein Irrweg.

Nietzsches Denken ist ein Denken, das existentiell ist, weil es um die Gestaltung des eigenen Lebens geht, das experimentell ist, weil darin die ganze Erkenntnis- und Moraltradition auf den Prüfstand gestellt wird, und das exemplarisch ist in seinen Antworten auf das Problem des Nihilismus.


Nietzsches Bedeutung war eine Leitfigur moderner Lebensphilosophie, Kulturdiagnose und Anthropologie. Nietzsches Kritik an der philosophischen Tradition, sein Konzept der Umwertung, seine Psychologie, sein Geschichtsdenken, seine Beziehung zu Darwin, Schopenhauer, Wagner und Heidegger, seine Lyrik sowie die Charakteristika seines Stils gehören zum breitgefächerten Themenspektrum.

Was als modernen Denker auszeichnet, ist seine Radikalität im Denken. In mehreren seiner letzten Werke philosophierte Nietzsche buchstäblich „mit dem Hammer“ und er wollte alte Werte „umwerten“. Unter Rückgriff auf einige seiner früheren Schriften bündelte er seine Kritik am Christentum, der er eine bisher nicht gekannte Schärfe gab.

Er war ein Philosoph des Perspektivismus. Perspektivismus und Perspektivität bezeichnen philosophische Lehren, die besagen, dass die Wirklichkeit von Standpunkt und Eigenschaften des betrachtenden Individuums abhängig ist. Das menschliche Denken, Erkennen und Handeln ist endlich, da es vielfältigen Einschränkungen unterliegt, die aus den Bedingungen von Zeit und Raum, individuellen Veranlagungen, Umgebung und Situation resultieren - beispielsweise kultureller oder gesellschaftlicher Natur sind.


Literatur:

t
Nietzsche als Philosoph der Moderne
von Barbara Neymeyr, Andreas Urs Sommer



Freitag, 18. Oktober 2019

Henri Bergson 160. Geburtstag

Henri Bergson

Henri Bergson wurde vor 160 Jahren am 18. Oktober 1859 in Paris geboren. Bergson war ein französischer Philosoph und Nobelpreisträger für Literatur 1927. Er gilt neben Friedrich Nietzsche und Wilhelm Dilthey als bedeutendster Vertreter der Lebensphilosophie.

1896 publizierte er seine zweite größere Schrift »Matière et mémoire« (dt. »Materie und Gedächtnis«, 1908), in der er auch die neueste Hirnforschung berücksichtigte. 1897 wurde er als maître de conférences mit Vorlesungen an der »École Normale Supérieure« betraut, wo er kurz darauf zum Professor ernannt wurde.

Im Jahr 1900 wurde er auf den Lehrstuhl für Griechische Philosophie am »Collège de France« berufen, der prestigereichsten aller französischen Bildungsinstitutionen. 1901 wählte ihn die Académie des sciences morales et politiques zum Mitglied.

Bergson versuchte, eine "positive Metaphysik" zu konstruieren und aus der Philosophie eine Wissenschaft zu machen, die auf Intuition als Methode basiert, deren Ergebnisse aus Erfahrung stammen und die ebenso streng sein würde wie die auf Intelligenz basierenden Wissenschaften wie Mathematik in erster Linie. Im Gegensatz zu Platon und René Descartes, die Geometrie als Modell verwendeten, um Metaphysik zu einer Wissenschaft zu machen, nimmt Bergson als Modell Biologie, Psychologie und Soziologie, aufstrebende Wissenschaften seiner Zeit, die auf Bewegung und nicht auf konzeptueller Fixierung beruhen. und nach Bergson nicht ganz mathematisierbar.

Bergson unterschied zwischen "Intelligenz" und "Intuition". Intelligenz ist auf Materie geregelt, das heißt, sie ermöglicht Wissen, was Frédéric Worms zusammenfasste: „Intelligenz ist […] die Fähigkeit bestimmter Lebewesen (Menschen) durch Werkzeuge auf Materie einzuwirken und bestimmte Objekte durch ihre Beziehungen zu kennen, also vor allem durch den Raum."

Die Intuition hingegen wird im Laufe der Zeit reguliert. „Die Analyse arbeitet mit dem Unbeweglichen, während die Intuition in die Mobilität oder, was dasselbe bedeutet, in die Dauer gestellt wird. Dies ist die sehr klare Grenze zwischen Intuition und Analyse. »Es überschreitet die geschlossenen Rahmenbedingungen, die Intelligenz schafft, um sich die Welt anzueignen, und sucht nach einer Wissensquelle im Leben. Bergson eröffnet damit den Weg zu einer neuen Metaphysik, indem er bestätigt, dass das Reale in seinem Ursprung erkennbar ist. „In der Erfahrung, sensibel, zeitlich, unmittelbar, muss es Intuition geben oder überhaupt nicht. Wenn jedoch Intuition gegeben ist, liefert sie die Charaktere einer Realität ohne jegliche Relativität aufgrund unserer Sinne oder unseres Wissens und erhält daher eine metaphysische Bedeutung: Das Kriterium der Dauer ist dann die intrinsische Garantie des Bereichs Metaphysik der Intuition. In diesem Punkt widersetzt sich Bergson Kant, indem er in die "Materie" der "sensiblen Intuition" ihre Form (Zeit) zurückbringt, genau die Konzepte des Verstehens (mit Intuition) Materie, die Intelligenz begründet) und vor allem die großen metaphysischen Erfahrungen des Selbst, der Welt und sogar Gottes, die für den Philosophen als solchen unzugänglich sind, der mystischen Erfahrung.

Henri Bergson bestritt die Rolle der rationalen Erkenntnis und erklärte die voluntative Intuition, die mystische Schau als höchste Stufe der philosophischen Wirklichkeitsaneignung. Auf diesem Wege sei die Wahrheit unmittelbar, jenseits sinnlicher und rationaler Daten erkennbar.

Henri Bergson starb am 4. Januar 1941 in Paris.

Dienstag, 15. Oktober 2019

Friedrich Nietzsche 175. Geburtstag


Friedrich Nietzsche


Friedrich Nietzsche wurde vor 175 Jahren am 15. Oktober 1844 in Röcken bei Leipzig als Sohn eines evangelischen Pfarres geboren. Nietzsche stellte bestehende Grundsätze in Frage und gilt als einer der bedeutendsten und einflussreichsten Denker. Der unzeitgemäße Philosoph entwickelte in Abkehr vom Christentum eine neue Morallehre und später eine eigene Philosophie, welche den Willen in den Mittelpunkt der Betrachtung stellt. Nietzsche gilt als unzeitgemäßer Philosoph, der mit dem Hammer philosophierte und dabei bestehende Moralvorstellungen zertrümmert hat.



Friedrich Nietzsche  wurde 1870 im Alter von 25 Jahren und noch ohne Promotion als Professor nach Basel berufen. Mit seinem ersten Buch "Die Geburt der Tragödie aus dem Geist der Musik" (1871) erregte er einen handfesten Skandal, welcher seine akademische Karriere ruinierte. Darin verherrlichte er das tragische Lebensgefühl und feierte den umstrittenen Komponisten und Operndichter Richard Wagner als Neubegründer der deutschen Kultur.

Nietzsche, desen unzeitgemäßes Denken in Aphorismen seine Form gefunden hat, war ein Religionskritiker, der das Christentum und sein Werte hinterfragte. Sein Ziel war es, die Hintergründe und Motive, welche die Grundlage der westlichen Philosophie, Kunst und Kultur bilden, freizulegen und zu interpretieren. Seine Philosophie in der Tradition der Aufklärung war eine Abrechnung mit den tradierten Moralvorstellungen des Christentums.

Seine Haltung kommt durch seinen berühmten Satz »Gott ist tot« gut zum Ausdruck. Er stand in seinen Betrachtungen für einen radkikalen Wechsel der Perspektive und propagierte die »Umwertung aller Werte« und die Schaffung eines "Übermenschen" anstelle des traditionellen Christentums. Als seine wohl wichtigste Schrift gilt sein vierbändiges Hauptwerk »Also sprach Zarathustra« (1883-1885). Weitere bedeutende Veröffentlichungen des Philosophen sind »Unzeitgemäße Betrachtungen« (1873-1876) und der nach seinem Tod erschienene Band »Der Wille zur Macht« (1901).



Nietzsche begann seine Laufbahn als Philologe, begriff sich selbst aber zunehmend als Philosoph oder als „freier Denker“. Er durchlief in seinen Werken auf dem Weg zum eigenständigen Denker einen Reifungs- und Emanzipationsprozeß: an dem er an die Stelle der Kunst die Philosophie als den Gipfelpunkt der Kultur setzte und seine allmähliche Loslösung von seinen Vorbildern Arthur Schopenhauer und Richard Wagner betrieb.

Der scharfsinnige Denker hat wie kaum ein Zweiter mit den Lehrsätzen der Philosophie und Theologie aufgeräumt und abgerechnet. Mit der Kritik der Moral hängt eine Kritik bisheriger Philosophien zusammen. Sein Werk enthält scharfe Kritiken an Moral, Religion, Philosophie, Wissenschaft und Formen der Kunst Er kritisierte die überkommenen Werte der christlichen Moral und forderte eine Abkehr vom Christentum. In seinen Werken wandte sich der Moralphilosoph gegen die überkommenen christlichen Werte. Das Christentum lehnte er als eine Religion für die Schwachen ab.

Seine Philosophie betonte den Wert des Lebens für die Moral. Die Frage nach dem Wert der Moral für das Leben bildete eine Grundfrage seiner Moralkritik. Nach Nietzsche haben Menschen des »Ressentiment«, deren Wille sich gegen das Leben richtet, eine Moral, ein System von Werten erfunden, das ihnen über ihre Schwäche hinweghilft.

Nietzsche war ein Philosoph der Erkenntnis.
Der radikale Denker erhob den Menschen selbst zum Schöpfer und forderte einen neuen, vollkommenen höchsten Menschen - den »Übermenschen« als Verkünder einer neuen, höherwertigen Moral.

Nietzsche philosophierte mit dem Hammer und zertrümmerte bestehende Moralvorstellungen und entwickelte eine höhere Moral »Jenseits von Gut und Böse«. Der Philosoph sah im »Willen zur Macht« die Triebfeder allen Lebens. Ziel und Sinn aller Entwicklung war für Nietzsche der »Übermensch«.

Jenseits von Gut und Böse

Bekannt wurde Nietzsche auch für seine versierte Sprachschöpfung und die sprachlich anspruchsvolle Dichtkunst. Zu seinen bekanntesten - zumeist aphoristischen Werken - gehören »Also sprach Zarathustra«, »Genealogie der Moral«, »Jenseits von Gut und Böse«, »Menschliches, Allzumenschliches«.

Nietzsche beeinflusste durch sein vielseitiges Werk nachhaltig die Philosophie der Neuzeit. Er gilt als der einflussreichste Philosoph der Neuzeit. Grossen Einfluss übte er durch seinen Ansatzpunkt, den Menschen in den Mittelpunkt seiner Philosophie zu stellen, auf die spätere Existenzphilosopie aus.

Der Anti-Metaphysiker und Religionskritiker Friedrich Nietzsche bot mit seiner Philosophie Perspektiven in zweifacher Hinsicht an. Zum einen bot er einen Gegenentwurf zu den Erlösungs- und Heilsvorstellungen der Religion an. Zum anderen entwickelte er eine Utopie der Selbstverantwortung des Menschen - repräsentiert durch den Übermenschen.

Selten hat jemand einen so hohen Preis für sein Genie bezahlt. Bereits im Alter von 45 Jahren kam es endgültigen Zusammenbruch, dem sich ein letztes Lebensjahrzehnt in geistiger Umnachtung anschloss.

Weblinks:

Friedrich Nietzsche-Biografie

-

Biografien-Portal

- www.die-biografien.de

Friedrich Nietzsche-Zitate - Zitate-Portal

- www.die-zitate.de

Friedrich Nietzsche - philosophiestudium.blogspot.com


Friedrich Nietzsche-Werke:

Also sprach Zarathustra
Also sprach Zarathustra
von Friedrich Nietzsche

Ecce Homo, Sonderausgabe
Ecce Homo - Sonderausgabe


Genealogie der Moral
Genealogie der Moral


Zarathustra
Zarathustra



Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik

Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik

Samstag, 12. Oktober 2019

Karl Marx - der revolutionäre Denker


Karl Marx gilt auch heute noch als einer der wichtigsten und einflußreichsten Denker aller Zeiten.

Hegels Lehre hatte grossen Einfluss auf die Philosophie und Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts, insbes. auf Karl Marx.

Er stellte die idealistische - im Sinne von Platon - Philosophie Hegles vom Kopf "auf die Füße". Er übernahm Hegels Erkenntnismethode und die Ansicht, daß die Geschichte mit ihrem Elend einem dynamischemn Prinzip gehorche, sich nach dem Gesetz des Widerspruches entwickle, sich also dialektisch auf ein bestimmtes Ziel zubewege.

Ein wesentliches Anliegen von Marx und Engels war, den Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft zu erheben, damit er nicht bloß geglaubt oder ersehnt werden muss, sondern rational begründet werden kann. Auch seine historisch-materiellen Voraussetzungen sollten benannt werden können. Kurz: Eine Reflexion der Methode wissenschaftlicher Forschung und Darstellung war nötig.

Marx bezeichnet seine Methode als «dialektisch »und stellt sich damit bewusst in die Tradition der Hegelschen Philosophie. An ihrem Kern hält er fest, kritisiert aber ihre mystifizierte Form. Laut Marx ist die Dialektik «dem Bürgertum [...] ein Gräuel, weil sie in dem positiven Verständnis des Bestehenden zugleich auch das Verständnis [...] seines notwendigen Untergangs einschließt, jede gewordene Form [...] auch nach ihrer vergänglichen Seite auffasst, sich durch nichts imponieren lässt, ihrem Wesen nach kritisch und revolutionär ist.« (MEW: 23, 28)


Marx vertritt die Ansicht, dass alle Ideen, Vorstellungen und Gedanken aus einer gesellschaftlichen Realität und den dort herrschenden Machtverhältnissen kommen und diese resultieren letztendlich aus den jeweils historisch-geographischen Produktionsverhältnissen und materiellen Gegebenheiten.

Kapital lesen 2016

Das Kapital-Werke:

Das Kapital
Das Kapital
von Karl Marx

http://www.rosalux.de/documentation/46230/marx-und-die-hegelsche-dialektik.html Marx und die Hegelsche Dialektik

Samstag, 5. Oktober 2019

»Die Welt als Wille und Vorstellung« von Arthur Schopenhauer vor 200 Jahren veröffentlicht

Die Welt als Wille und Vorstellung
Die Welt als Wille und Vorstellung

»Die Welt als Wille und Vorstellung«, so lautet eine Schrift - ein schrecklich-schönes - oder wie Nietzsche sagte: "entsetzlich großartiges Buch" - von Arthur Schopenhauer zur geistigen Erhellung, welches vor 200 Jahren im Jahr 1819 im Brockhaus-Verlag in Leipzig erschienen ist.

Ein Werk, welches Nietzsche überaus begeisterte, kann also so schlecht nicht gewesen sein, obwohl es kommerziell zu einem Ladenhüter wurde. Es ist zugleich die Überwindung der Lehre Kants und die Begründung einer eigenen Philosophie in Anlehnung an die Gedanken Kants.

In seinem Lebenswerk »Die Welt als Wille und Vorstellung« wird als Ursprung allen menschlichen Seins der im Körper ruhende Wille genannt. Er folgt dem Wollen - Verstand und Vernunft verfügen über rein dienende Funktion. Für Schopenhauer ist der Wille ist das bestimmende Prinzip des Lebens und das Leben ist dem Willen unterworfen.

Schopenhauers Ausführungen über die Freiheit unserer Willensentscheidungen heben auf die Kausalität ab, d.h. das Verhalten oder Handeln folgt einer vorgelagerten Wahrnehmung.

Das formierende Prinzip aller Erscheinung heißt bei Schopenhauer bekanntlich "Wille", wobei die Begriffswahl vielleicht etwas unglücklich war. Mit Bewusstheit, wie etwa bei Kant, hat der Wille als blindes Prinzip bei Schopenhauer nichts zu tun.

Tatsächlich kann man, so wenig originell diese Lesart auch sein mag, die Schopenhauersche Philosophie, deren Epistemologie ja ihrem Selbstverständnis nach weitgehend Kantischen Ansätzen verpflichtet ist, als Destruktion der Kantischen Moralphilosophie, als Destruktion des Kantischen Moralsubjekts lesen.

»Es ist wirklich unglaublich, wie nichtssagend und bedeutungsleer, von außen gesehn, und wie dumpf und besinnungslos, von innen empfunden, das Leben der allermeisten Menschen dahinfließt. Es ist ein mattes Sehnen und Quälen, ein träumerisches Taumeln durch die vier Lebensalter hindurch zum Tode, unter Begleitung einer Reihe trivialer Gedanken.«

Arthur Schopenhauer (1788 - 1860), deutscher Philosoph

Nun sind bei Kant theoretisches und praktisches Subjekt aber letztlich identisch, jenes "Ich denke", welches alle meine Vorstellungen muss begleiten können, markiert eben jenes Subjekt, welches zugleich zur Selbstgesetzgebung in der Lage sei.

Genau diese Einheit bricht Schopenhauer auf. Erst in der Erkenntnis der Nichtigkeit dieser Einheit stellt sie sich, sozusagen ironisch gebrochen, bei Schopenhauer wieder her. Dass Schopenhauer dem moralischen Grundsatz - Verletze niemanden, sondern hilf vielmehr, wo du kannst - dann ganz konsequent eine zwar nicht grund-, aber begründungslose Geltung verschafft, halte ich für eine der großartigsten Passagen in seinem Werk.


Literatur:

Die Welt als Wille und Vorstellung
Die Welt als Wille und Vorstellung
von Arthur Schopenhauer

»Die Welt als Wille und Vorstellung«

Tendenzphilosophie

Wenn Jemand der Überzeugung ist, daß der französisch-englische Empirismus und Sensualismus, daß die Hegelsche Dialektik, daß Feuerbachs Anthropologismus, daß eine sich konfessionell bezeichnende Philosophie, daß all das Einseitigkeiten und Auswüchse sind, indem bei einem Cundillac die ganze Philosophie in die menschlichen Sinnesorgane allein fällt, bei Hegel aber eine Konstruktion der Natur, der Tat, des Wollens, der Freiheit, der Kunst, nur durch Sprünge und Lücken erreicht wird, bei Feuerbach hingegen mehr mutwillig, nach dem gewöhnlichen Sprichwort vom Ausschütten des Bades, mit dem abstrakten Idealismus aller Idealismus wegdialektisiert werden soll, während bei einer konfessionellen Philosophie die Denknotwendigkeit aus dem entgegengesetzten Grund zum Schweigen gebracht wird, - wenn dies zur Überzeugung geworden ist, so darf man weder glauben, durch Ignorieren oder Verwünschungen etwas zu bewirken, noch auch bloß polemisch Spezielles durch Spezielles widerlegen, da sonst eine Tendenzphilosophie erwächst, welche ebenso verwerflich sein dürfte wie sogenannte Tendenzromane, sondern es muß ein allgemeineres volleres Prinzip gegeben werden, welches durch seine innere Allgemeinheit alle Einzelheit und jedes Extrem, gegen welches eine Polemik geboten ist, von selbst absorbiert. Ist es am Ende ja doch die ideelle Allgemeinheit allein, welche sich als pädagogische Macht nicht bloß durch unser Einzelleben, sondern auch durch die ganze Kulturgeschichte hindurchzieht.

Literatur:

Carl Prantl, Die gegenwärtige Aufgabe der Philosophie [Festrede zum 93. Stiftungstag der bayr. Akademie der Wissenschaften gehalten am 27. März 1852] München 1852

Die gegenwärtige Aufgabe der Philosophie - www.gleichsatz.de

Donnerstag, 26. September 2019

Martin Heidegger 130. Geburtstag

Martin Heidegger


Martin Heidegger wurde vor 130 Jahren am 26. September 1889 in Meßkirch geboren. Heidegger war ein bedeutender und einflußreicher deutscher Philosoph und gilt als einer der größten Denker klassischen abendländischen Philosophie, mit deren zentralen Grundfragen er sich beschäftigte, um sie mit seiner Seinslehre auf ein neues Fundament zu stellen.

Er stand in der Tradition der Phänomenologie - vor allem Edmund Husserls - der Lebensphilosophie - besonders Wilhelm Diltheys - sowie der Existenzdeutung Søren Kierkegaards, die er in einer neuen Ontologie überwinden wollte. Die wichtigsten Ziele Heideggers waren die Kritik der abendländischen Philosophie und die denkerische Grundlegung für ein neues Weltverständnis.

Die überragende Größe Martin Heideggers liegt darin, daß er die zentralen Grundfragen der klassischen abendländischen Philosophie, z. B. die Frage nach dem Sein, der Welt, der Zeit oder die Frage nach der Wahrheit und der Logik - auf einen Boden gestellt hat, wie diese keinem anderem Denker seiner Zeit gelungen ist. Genau genommen beschäftigte sich Heidegger mit einer einzigen Frage, die ihn sein Leben lang nicht los ließ: »Was ist der Sinn von Sein?«

Sein und Zeit

Heidegger stellt diese grundlegende Frage in seinem 1927 erschienenen philosophischen Hauptwerk <a title="Martin Heidegger »Sein und Zeit«" href="http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3484701536/zitatenschatz-21" target="blank">»Sein und Zeit«. Zentrales Thema seines Aufsehen erregenden Hauptwerkes ist die Frage nach dem »Sinn von Sein«. Diese Frage hatte schon Platon beschäftigt, aber dabei die Bedeutung der Zeit nicht berücksichtigt. Den Fehler des bisherigen philosophischen Denkens, nicht die Bedeutung der Zeit für das Verständnis des Seins in den Blick zu bringen, sollte eine fundamentalontologische Untersuchung korrigieren.

Denker wie Kant haben den Menschen als ein Wesen definiert, das vorrangig durch Verstand und Vernunft gekennzeichnet ist. Heidegger bricht mit dieser denkerischen Tradition und stellt in einem neuen Denkansatz den Menschen als "Dasein" und als "Existenz" in den Mittelpunkt des Philosophierens. Heidegger konnte mit dem neuen ontologischen Denken, das auf dem Verhältnis von Dasein und Sein basierte, viele Probleme der überkommenen Ontologie überwinden.

Im Alter von 34 Jahren erhielt Heidegger 1923 einen außerordentlichen Lehrstuhl für Philosophie in Marburg, wo er an der Philipps-Universität bis 1927 lehrte. Nach der Herausgabe von »Sein und Zeit« folgte er seinem Lehrer Edmund Husserl auf das Ordinariat für Philosophie an der Universität Freiburg.

1933 war Heidegger vorübergehend Rektor der Freiburger Universität und Mitglied der NSDAP. Als Rektor der Freiburger Universität ergriff er für die Nationalsozialisten Partei, distanzierte sich aber 1934 vom nationalsozialistischen Regime und wurde von diesem fortan geächtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg führte die Auseinandersetzung mit der zentralen Frage nach dem Sein zu einer neuen Orientierung seines Denkens, die er mit dem Begriff "die Kehre" bezeichnete.

Ab Mitte 1930 begann Heidegger mit einer Gesamtinterpretation der abendländischen Philosophiegeschichte. Dazu untersuchte er die Werke bedeutender Philosophen unter phänomenologischen, hermeneutischen und ontologischen Gesichtspunkten und versuchte so, deren „unbedachte" Voraussetzungen und Vorurteile freizulegen. Alle bisherigen philosophischen Entwürfe vertraten laut Heidegger eine einseitige Auffassung der Welt – eine Einseitigkeit, die er als Merkmal jeder Metaphysik ansah.

Danach veröffentlichte er in rascher Reihenfolge weitere Schriften, die sich unter anderem mit der Geschichte der Philosophie, mit Interpretationen von Dichtungen - u.a. Hölderlin und Rilke - mit Sprache, Kunst und dem Wesen der Technik befassen.

Sein Werk ist von einem Widerhall begleitet, wie es in der Geistesgeschichte ohnegleichen ist. Heideggers Denken entfaltete weltweite Wirkung. Eine breite Rezeption machte Heidegger zu einem der einflussreichsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Gleichwohl ist sein Werk inhaltlich umstritten. Auch sein nationalsozialistisches Engagement ist bis heute Gegenstand kontroverser Debatten.

Literatur:

Sein und Zeit
Sein und Zeit
von Martin Heidegger

Samstag, 21. September 2019

Karl Popper und sein Kampf um die offene Gesellschaft

Karl Poppers Leben und Werk ist gekennzeichnet durch seinen Kampf um die offene Gesellschaft, welche in der heutigen Zeit durch Krieg und Terror unmittelbar bedroht ist. Nach den Terrorattacken von Paris reden alle über die offene Gesellschaft. Hinter dem Konzept steht der Philosoph Karl Popper. Ist seine Renaissance gerechtfertigt?

Für Popper ist die „Offene Gesellschaft“ eine in der Tradition des Liberalismus stehendes Gesellschaftsmodell, das zum Ziel hat, die fortschrittlichen Kräfte zu mobilisieren.



Karl Popper, der Autor eines der wichtigsten politischen Bücher des 20. Jahrhunderts wollte eigentlich gar nicht über Politik schreiben. Erst die Verhältnisse zwangen ihn dazu. Als junger Akademiker war Popper Teil einer Wiener Bewegung, die sich vorgenommen hatte, der Philosophie allen metaphysischen Hokuspokus auszutreiben. Ihre Disziplin sollte endlich den Standards der strengen Naturwissenschaften entsprechen. Popper verlangte, nur noch solche Aussagen anzuerkennen, die ihre eigene Widerlegung implizierten. Für Dogmatismus sei kein Platz in der Wissenschaft – und auch nicht in der Demokratie, wie er in seinem berühmtesten Werk später darlegen sollte.

"Die offene Gesellschaft und ihre Feinde" ist kein wissenschaftliches Buch im Popperschen Sinne. Es spitzt zu, haut drauf und steckt voller Leidenschaft. Manche Kapitel gleichen einer Predigt, andere lesen sich wie ein Evangelium. Poppers Offene Gesellschaft ist die Bibel der modernen Demokratie. Er selbst hat den Doppelband als "Kriegsbeitrag" bezeichnet.

Entstanden ist die philosophische Kampfschrift im neuseeländischen Exil, die Erstauflage erschien 1945 in England. Eine offene Gesellschaft zeichnet sich nach Popper durch die klassischen Ingredienzien einer demokratischen Verfassung aus: Gewaltenteilung, Meinungsfreiheit und vor allem die Garantie, die Herrschenden jederzeit wieder abwählen zu können. An Kontur gewinnt der Begriff aber erst durch die Abgrenzung von seinem Gegenteil: der geschlossenen Gesellschaft. Hier steht das Individuum im Zentrum, dort das Kollektiv; hier trägt der Einzelne die Verantwortung, dort beruft man sich auf eine Mission; hier lässt man Veränderung zu, dort versucht man sie zu ersticken.

Den Erfolg der totalitären Ideologien führte Popper auf ein "Trauma des Übergangs" zurück: Die Alltagsdynamik der modernen Gesellschaft wirke auf viele wie ein Schock. Verängstigt, erschöpft und verwirrt sehnen sie sich nach dem Gemächlichen, Überschaubaren und Harmonischen der Horde zurück. Fast schon freudianisch attestierte Popper den Feinden der offenen Gesellschaft eine zivilisatorische Unreife. Sein polit-therapeutischer Imperativ: Werdet endlich erwachsen und bekämpft eure Unmündigkeit!

Weblink:

Man muss um die offene Gesellschaft kämpfen - www.badische-zeitung.de

Dienstag, 17. September 2019

Reinhold Messner 75. Geburtstag



Reinhold Messner wurde vor 75 Jahren am 17. September 1944 in Brixen geboren und ist im nahen Villnößal, wo er schon früh das Klettern gelernt hat, als Sohn eines Bergbauern aufgewachsen.

Berge sind für den fernen Betrachter eine wilde Schönheit und für Wagemutige eine zu bewältigende Herausforderung. Ein Mann ist wie ein Fels, für den Hindernisse und Schwierigkeiten Stufen sind, auf denen er in die Höhe steigt. Messner, obwohl eigentlich ein ängstlicher Mensch, ist keiner bergsteigerischen Herausforderung aus dem Weg gegangen.

»Der praktische Philosoph,
der Lehrer der Weisheit durch Lehre und Beispiel,
ist der eigentliche Philosoph.«

Immanuel Kant

Philosophisch betrachtet ist Messner ein praktischer Lebensphilosoph, für den die Höhe eine zu bewältignede Herausforderung ist und ein Grenzgänger, der in der Höhe Grenzen überwindet. Fichte sagte einmal: „Was für eine Philosophie man wähle hängt davon ab“, so ungefähr, „was für ein Mensch man ist.“ Was ist Reinhold Messner für ein Mensch? - Zu seiner praktischen Lebensphilosophie gehört, persönliche Leistungsgrenzen zu überwinden, um an die Grenzen bzw. die Grenzregionen dieser Welt zu gelangen.

Reinhold Messner, als Bergsteiger längst eine Legende und als Berg-Pionier vorgedrungen bis an die Grenzen der Welt, ist ein Grenzgänger, der sich in Grenzsituationen begibt, um seine Ängste, Zweifel und Hochgefühle zu erfahren. Messner hat in seinem Leben als Bergsteiger immer wieder neue Herausforderungen gesucht - zuerst im Bergsteigen, dann bei Welterkundungen und schließich in seinem »Messner Mountain Project«.

"Hindernisse und Schwierigkeiten sind Stufen,
auf denen wir in die Höhe steigen."


Friedrich Nietzsche

Je höher er kletterte, desto größer wurde sein Horizont. "Was mich neben der Kletterei beeindruckt hat, war der Ausblick von oben." Zu seinem Antrieb und Haltung als Bergsteiger gehört, persönliche Leistungsgrenzen zu überwinden, um an die Grenzen bzw. die Grenzregionen dieser Welt zu gelangen.

Der gebürtige Südtiroler brach alle Rekorde: er ist der erste Mensch, der alle 14 Achttausender des Planeten bestieg. Der erste, der den Mount Everest (8.848 Meter) ohne Sauerstoff aus der Flasche bezwungen hat. Messner hat einen ausgesprochenen Eroberungsdrang und einen eisernen Willen.

»Kein natürlicher Drang treibt uns dazu, ihre Gipfel zu erklimmen.
Im Gegenteil. Die Berge sind kalt, feindselig, gefährlich.
Vor der Französischen Revolution gab es niemanden,
der aus Vergnügen oder Neugier in die Berge ging.«

Am 29. Juni 1970 verlor er seinen Bruder Günther beim Abstieg vom Nanga Parbat (8.126 Meter) im West-Himalaya, was ihn nicht daran hinderte, acht Jahre später zurückzukehren und eine Gipfelüberschreitung auf neu eröffneten Routen zu bewältigen. Unaufhörlich forderte er den Tod heraus und erfreut sich mit 70 Jahren augenscheinlich einer prächtigen Gesundheit.

»Das Bergsteigen findet in einer Welt statt,
wo jeder die Verantwortung für sich selber zu tragen hat.
«

Traditionell gelingt es den Menschen an hoch gelegenen Orten, eine Kommunikation mit dem Göttlichen herzustellen. Im Alten Testament heißt es, dass Moses von Jahwe die Zehn Gebote auf dem Berg Sinai (2285 Meter) erhält. Mohammed ist auf den Dschabal an-Nur (642 Meter) gestiegen und hat sich in die Hira-Höhle zurückgezogen, wo ihm der Engel Gabriel erschien und ihm das Wort Allahs übermittelte. Aus den antiken Quellen erfahren wir auch, dass Buddha sich zum Meditieren in bergige Regionen begab, von denen er Visionen mitbrachte.

»Es gibt so viele verschiedene Gründe, Berge zu besteigen, wie es Alpinisten gibt, und keiner dieser Gründe ist an sich gut oder schlecht! Ich bin Ende der vierziger Jahre in einem abgelegenen Alpental aufgewachsen. Wir hatten keine Zerstreuung. Kein Fernsehen, keinen Fußballplatz, kein Schwimmbad. Dieses Tal zählte nicht mehr als tausend Einwohner und bildete eine Welt für sich. Mein Vater war Lehrer, aber wir arbeiteten auch als Bergbauern. Ich hatte sieben Brüder und eine Schwester. Alle meine Geschwister kletterten. Mit fünf Jahren nahmen mich meine Eltern auf meine erste Bergtour mit.«

Zum Bergsteiger angeregt wurde er und sein jüngerer Bruder Günter von seinem Vater. Über seine frühen Anfänge als Bergsteiger berichtet er:


»Mein Vater war der Vorsteiger. Als ich etwas älter war, begannen mein Bruder und ich Bergtouren zu zweit. Für junge Leute, die auf der Alm lebten, war das Klettern mangels anderer Zerstreuung die einzige Art, sich auszudrücken, seine Imagination sprechen zu lassen, etwas anderes zu machen, als im Haus oder auf den Feldern mitzuhelfen. Es stand für den Traum, den Ausbruch, den Ausdruck seiner selbst.«

Reinhold Messner ist beim Bergsteigen dem Himmel und den Göttern am Nächsten gekommen, doch hält er Götter für eine Erfindung des Menschen. Auch in Todesangst habe er auf seinen Expeditionen nie an Gott gedacht. "Ich bin ganz überzeugt davon, dass wir Menschen die Götter in einer bestimmemn Phase des Daseins erfunden haben", sagte Messner.

Messner lebt mit seiner Frau im Herbst und Winter auf seinem Schloss Juval. Das Schloss Juval liegt in 1.000 Metern Höhe, am Eingang des Schnalstals. In den 80er-Jahren erwirbt Reinhold Messner die verfallene Anlage und restauriert sie, schafft sich ein neues Zuhause. Zugleich liegt hier auch der Ursprung des „Messner Mountain Projekts“, das mittlerweile sechs Museen umfasst.


Interview:

Am Gipfel der Gefahr - Philomag-Magazin

Reinhold Messner – Horizontsüchtig - www.br.de


Weblinks:

Reinhold Messner-Biografie - Biografien-Portal - www.die-biografien.de

Reinhold Messner-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de

Hubert Brune - Lebensphilosophie - www.hubert-brune.de


Literatur:

Mein Weg: Bilanz eines Grenzgängers
Mein Weg: Bilanz eines Grenzgängers


Mein Leben am Limit
Mein Leben am Limit