Samstag, 26. Januar 2019

»Denken heilt!: Philosophie für ein gesundes Leben« von Albert Kitzler


Denken heilt!: Philosophie für ein gesundes Leben

»Denken heilt!: Philosophie für ein gesundes Leben« von Albert Kitzler ist ein philosophischer Ratgeber für Menschen, die ihre Mitte, Gesundheit und ein erfülltes Leben suchen. Albert Kitzler, selbst Philosoph, versteht es wie kein Zweiter, einen Zugang zur Philosophie der Antike zu schaffen und die Weisheit der antiken Philosophen mit dem modernen Leben zu verknüpfen.

Albert Kitzler geht in seinem Buch von der schon seit Jahrhunderten von Philosophen in Ost und West propagierten These aus, dass geistiges Wohlbefinden auch das körperliche beeinflusst, dass also seelisches Ungleichgewicht, geistige Belastungen wie Ängste, Sorgen, das Gefühl der Überanstrengung, heftiger Zorn, Trauer deutliche Auswirkungen auf das körperliche Wohlbefinden haben.

Nach und nach nimmt er sich alle negativen Geisteshaltungen vor, analysiert sie und gibt anhand der klassischen Philosophielehren von Ost und West (Seneca, Platon, Konfuzius - um nur einige zu nennen) Anregungen, wie diese nicht unterdrückt sondern an der Entstehung gehindert werden sollen. Er weist ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei diesen Schritt für Schritt erklärten, individuell auf das negative Gefühl angepassten Strategien nicht um Sofortmaßnahmen handelt,sondern dass die erstrebten Ziele ähnlich wie bei körperlicher Ertüchtigung nur durch kontinuierliche, möglichst tägliche Übung zu erreichen sind.

Albert Kitzler ist überzeugt: Das Weisheits-Wissen von antiken Philosophen wie Seneca, Buddha, Konfuzius und anderen Denkern der Antike ist ein wirkungsvolles Heilmittel, um mit diesen Lebensfragen fertigzuwerden. In seinem neuen Sachbuch übersetzt er das Gesundheits-Wissen antiker Philosophen und Denker aus Ost und West anschaulich in unsere Lebenswirklichkeit und macht ihre philosophische Weisheit als Therapeutikum nutzbar – als Weg zu Ausgeglichenheit und Daseinsfreude und zum Wohl unserer Seele.

Albert Kitzler versteht es dabei sehr gut, das antike Denken in unsere Zeit zu übersetzen. So erstrahlen die Gedanken von Seneca, Laotse und Konfuzius in neuem Glanz und es macht Freude, ihren Einsichten zu verfolgen. Am Ende jeden Kapitels gibt es eine Übersicht über die Heilmittel gegen Überlastung und Co., die einfach zu verstehen sind und doch zeigen, wie klar und tiefgründig die Denker schon vor 2000 Jahren dachten. Auch Platons Mitmenschen litten unter Burnout, deshalb ist die antike Philosophie für ein gesundes Leben so aktuell wie nie zuvor.

In seinem Buch stellt der Autor die antiken Heilmethoden gegen solche krankmachenden Eigenschaften und Angewohnheiten vor. Denn auch Platon, Konfuzius und Buddha haben über die Ursachen von Überlastung, Stress und Hochmut nachgedacht und nach Rezepten dagegen gesucht. Noch heute sind die Gedanken der Philosophen aus West und Ost lesenswert. Inzwischen konnten anhand neuer Forschungsergebnisse zahlreiche Erkenntnisse der Antike sogar wissenschaftlich belegt werden.

In diesem Buch geht es um die Gesundheit: Der Alltag fordert den Menschen viel ab - Stress, Unruhe, Erschöpfung und manchmal sogar Angst sind die Folge und belasten die Psyche. Wir tun viel, um gesund zu bleiben. Wir treiben regelmäßig Sport und ernähren uns ausgewogen. Häufig übersehen wir aber den großen Einfluss, den Gedanken und Einstellungen auf unsere Gesundheit haben: So kann Eifersucht zu Bluthochdruck führen, ein Burnout das Herzinfarktrisiko begünstigen und Hass und Neid uns alt aussehen lassen. Das wussten schon die Philosophen der Antike. Wer Gefühle wie Neid und Eifersucht oder Symptome wie Stress hinterfragen möchte, macht mit diesem Buch einen guten Griff.

Literatur:

Denken heilt!: Philosophie für ein gesundes Leben
Denken heilt!: Philosophie für ein gesundes Leben
von Albert Kitzler

Samstag, 19. Januar 2019

Konfuzius - der grosse Gelehrte Chinas

Konfuzius

Vor 2.500 Jahren wurde ein Mann geboren, dessen Ideen das Leben von Milliarden Menschen prägten - und das Denken einer ganzen Nation. Seine Heimat war China. Sein Name war Kong-tse. Der Westen kennt ihn als Konfuzius. Doch wer war der Gelehrte? Was ist sein Erbe? Und inwieweit ist sein Gedankengut noch heute aktuell?

Die Lehren des Konfuzius sind jedem ein Begriff. Doch außerhalb Asiens weiß man nur wenig von ihm. Wer war Konfuzius? Wie hat er gelebt? Und inwiefern wurde seine Philosophie von den geschichtlichen Ereignissen seiner Zeit beeinflusst? Die Lehren des berühmten Philosophen sind mit prägenden Ereignissen seines Lebens verknüpft: Seine mysteriöse Geburt auf einem heiligen Berg, seine Wanderjahre durch die chinesischen Provinzen der kriegsgeschüttelten Vorkaiserzeit und die Gründung seiner Schule kurz vor seinem Tod. Seine ergebensten Schüler verpflichteten sich, seine Weisheiten weiterzugeben, welche die Geistesgeschichte weltweit beeinflussen sollten.

"Wer ständig glücklich sein möchte, muss sich oft verändern."

Konfuzius

Konfuzius' Geschichte ist eng mit der seines Landes verbunden. Der Philosoph starb 479 vor Christus, wurde aber erst Jahrhunderte später zu der historischen Figur, die er heute ist. Seine Lehren spiegeln ihre unruhige Entstehungszeit wider und drehen sich um menschliche Grundwerte: Familie, Freundschaft, Bildung, Staatsführung und das schwierige Gleichgewicht zwischen egoistischem Verlangen und sozialer Verantwortung.

"Tugend ist, die Menschen zu lieben,
Weisheit, sie zu verstehen."


Konfuzius

Um 100 vor Christus machten die chinesischen Kaiser diese Ideen zur Grundlage der chinesischen Kultur und Bildung - angefangen bei Ahnenkult und staatlichen Feierlichkeiten bis hin zum Gao Kao, der jährlichen Abschlussprüfung der chinesischen Gymnasiasten.

"Menschen stolpern nicht über Berge, sondern über Maulwurfshügel."

Konfuzius

Im ersten Jahrhundert nach Christus wurde Konfuzius zur nationalen Kultfigur. Noch heute wird er in prunkvollen Zeremonien gefeiert, nicht nur in China, sondern auch in Vietnam, Südkorea und Japan. Konfuzius und seine Philosophie ist in Asien lebendiger denn je. Und er ist bis heute ein geschätzter Ratgeber für viele Alltagssituationen.

Konfuzius hasste Unruhestifter, denn er lebte in einer unruhigen Zeit. Die wichtigste politische Idee ist die der grossen Harmonie.

Konfuzius, eigentlich Kongzi, verstand sich nicht als Philosoph, sondern als Lehrer der Werte, die sich im öffentlichen wie privaten Leben bewähren: Nächstenliebe, Gewissenhaftigkeit und Ehrfurcht vor der Hierarchie des Staates. Seine Lehrsätze, in Harmonie mit den Gesetzen des Kosmos gedacht, prägten Politik und Kultur in China, dann in ganz Ostasien. Die praktische Moral des Konfuzius kommt ohne Metaphysik aus, sie wendet sich dem Alltag zu.

Aus seinen Lehren entstand der Konfuzianismus, der Begriff für Philosophien und politische Vorstellungen, die sich in die Tradition des Konfuzius und seiner Schüler stellen - eine Religion, die in Ostasien etwa 300 Millionen Anhänger hat. Die Bedeutung von Konfuzius Lehre liegt in der praktischen Lebensphilosophie und in der Lehre der Weisheit des Gelehrten. Im Zentrum der Lehre steht der Mensch als Teil der Gesellschaft. Dieser soll nach moralisch-ethischer Vervollkommnung streben und sich hierfür an den fünf Konstanten bzw. Kardinaltugenden orientieren.


Weblinks:

Konfuzius-Biografie - www.die-biografien.de

Konfuzius-Zitate - www.die-zitate.de



Literatur:

Konfuzius
Konfuzius
von Volker Zotz

Konfuzius
Konfuzius
von Heiner Roetz


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Samstag, 5. Januar 2019

Was ist das Erbe der Aufklärung?

Ein grosser Aufklärer und Liberaler: Immanuel Kant Gemälde um 1790. (PD)

Wie keine andere Denkrichtung will die Aufklärung durch bloße Anleitung zur Vernunft, Demokratie, Diskurs und Achtung von Anderen (durch Toleranz, Gleichbehandlung und Solidarität) niemandem eine Weltsicht aufzwingen, sondern ganz im Gegenteil vor dem Hereinfallen auf Dogmen bewahren. Stellvertretend dafür steht Immanuel Kants Leitspruch der Aufklärung: „Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Zugleich zielen diese Werte unzweifelhaft auf ein friedliches Zusammenleben in geordneten Bahnen. Sodann bleibt Raum für aufgeklärte Religiosität, Atheismus oder auch politischen Pluralismus auf dem Boden der Demokratie.

"Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude! Habe Mut dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung."

Immanuel Kant: "Was ist Aufklärung", Einleitung.

Die Aufklärung setzt die Begabung und Fähigkeit des Menschen zur Vernunft voraus, welche zwingend benötigt wurd, um die selbst verschuldete Unmündigkeit zu überwinden. Aufklärung und Vernunft bedingen sich einander und sind wechselseitig nötig, um zu wirken. Was für die Aufklärung noch fehlt, ist reflexives Bewußtsein, denn ohne dieses ist jene nicht möglich.

Die aufklärerische Vernunft wird mit Kritik angereichert und dadurch reflexiv eingeholt. Nur die über ihre eigene Geschichte und ihre blinden Flecke aufgeklärte Vernunft kann der ursprünglichen Intention einer Emanzipation durch Kritik unter den komplexen Bedingungen der Gegenwart gerecht werden.

Aufklärung wird zunächst immer durch die Gegenmacht betrieben, da die Herrschenden kein Interese an einer Veränderung haben, sondern ihren status quo zu erhalten suchen, haben sie auch kein Interesse an der Aufklärung über bestehende gesellschaftlichen Zustände mit der Folge, daß aufgeklärte kluge Geister werden als Ketzer gebrandmarkt werden.

Die Aktualität einer notwendigen Thematisierung von Aufklärung angesichts des sich im Kontext allgemeiner Globalisierung vollziehenden kulturellen Wertewandels und der Radikalisierung grundsätzlicher Menschheitsfragen durch die Möglichkeiten moderner Bio- und Gentechniken und allgemeiner medialer und digitaler Vernetzungen aller Kultur- und Wissensprozesse, eine Problematik, die unter dem Stichwort von der "Zukunft des Humanen" tief in die menschliche Lebenspraxis hineinreicht und zu verhandeln ist.

Denis Diderot, David Hume, Laurence Sterne, Jean-Jacques Rousseau und viele andere Denker des 18. Jahrhunderts streiten um eine zeitgemäße Philosophie, die die Religion hinter sich lässt und allein auf die Kraft des Verstandes setzt, aber auch den Leidenschaften angemessenen Platz einräumt. Kants Aufklärung verfolgte einen metaphysischen Ansatz und war eine Aufklärung der reinen Anschauung.

Rousseau habe in Wirklichkeit ein zutiefst pessimistisches Menschenbild vertreten und mit seiner Philosophie die Fundamente einer repressiven und brutalen Gesellschaftsordnung gelegt. Er habe nur das christliche Menschen- und Weltbild übernommen und es in eine neue Philosophie verpackt. Daraus seien u.a. der Große Terror unter Robespierre und die totalitären Ideologien des 20. Jahrhunderts entstanden. Beide Philosophien werden von Blom ausführlich beschrieben. Kritik wird auch an Voltaire geübt, da dieser nach Blom viel mehr am eigenen Wohlstand interessiert gewesen sei und unbedingt als Aushängeschild der Aufklärung dienen wollte. Deshalb habe er sich nicht gegen die Kirche, sondern gegen Teile der radikalen Aufklärer gewandt.

Bis heute bestimme dieses alt-christliche und nur in neuer Form verpackte Weltbild von Rousseau unser Denken. So würden wir immer noch in Kategorien wie „Erlösung“ und „Verdammnis“ verweilen und Angst vor scheinbar unlösbaren Problemen haben, wie etwa dem Klimawandel, nuklearen Kriegen oder zerstörerischen Asteroiden. Auch deshalb seien wir so anfällig für Ideen wie dem Sozialismus, dem vollkommenen Markt oder Science-Fiction, da dies als eine Art Ersatzhimmel wirke. Dieses Verständnis spiegele sich u.a. in der Sexualmoral, der Werbung, dem Gesundheits- und Jugendkult, der Filmbranche sowie in der Ablehnung radikaler Wissenschaft wie Stammzellenforschung und Gentechnik wider.

Aufgeklärte kluge Geister wie Diderot und Holbach hingegen werden als radikale Atheisten und Religions- sowie Kirchenkritiker beschrieben, welche die Ideen von Naturalismus, Materialismus, Sensualismus, Pragmatismus, Relativismus sowie jede Form von Gleichberechtigung und Feminismus teilten. Sie seien Vordenker der Evolutionstheorie gewesen, hätten schon theoretische Erkenntnisse über die DNA, die Natur der Atome, psychologische Erklärungsmodelle und vielem mehr gehabt, was erst Jahrhunderte später wissenschaftlich bewiesen wurde. Sie glaubten nicht an einen Sinn des Lebens, außer dem des Überlebens, Linderung von Schmerzen und Förderung des Genusses. Sie entwickelten eine Moral von Freiheit und Leidenschaft, deren einziges Prinzip sei; alles ist gut, was dem Menschen langfristig gut tut und umgekehrt. Dies solle zu einer Gesellschaft führen, welche von gegenseitigem Respekt getragen wird.

Die Gründe für das weitgehende Scheitern der Philosophie der radikalen Aufklärer und deren Unbekanntheit gegenüber Philosophen wie Voltaire, Kant oder Rousseau sei gewesen, dass sowohl zunächst die Vertreter der Französischen Revolution, als auch später die europäischen Monarchen insbesondere infolge des Imperialismus viel mehr an ihrer eigenen Macht sowie an der Ausbeutung der Kolonien und deren Bewohnern durch Sklaverei interessiert gewesen seien. Eine Gleichwertigkeit aller Menschen und Kulturen, wie sie von Diderot und Holbach vertreten wurde, hätte dem Imperialismus die Legitimität entzogen.

Blom kommt zu dem Schluss, unser Festhalten am vermeintlichen Sinn des Lebens sei nichts weiter als Narzissmus. Die Philosophen um Holbach und Diderot hätten dieses Prinzip umgekehrt: Nur aus der Sinnlosigkeit entstehe Ethik. Und aus dieser Einsicht entstehe das, was schon Epikur gefordert habe: Der ständige Versuch, die eigenen Leidenschaften zu verfeinern und zu lenken, statt sie zu verleumden, das eigenen Glück in dieser Welt zu finden, der eigenen Umwelt so wenig wie möglich zu schaden und so viel Gutes wie möglich zu schaffen.

Literatur:

Vernunft der Aufklärung - Aufklärung der Vernunft
Vernunft der Aufklärung - Aufklärung der Vernunft
von Konstantin Broese und Andreas Hütig

Kritik der zynischen Vernunft
Kritik der zynischen Vernunft
von Peter Sloterdijk


Weblinks:

Böse Philosophen. Das vergessene Erbe der Aufklärung

Was ist das Erbe der Aufklärung? - www.nzz.ch

Sonntag, 30. Dezember 2018

Robert Spaemann gestorben

Robert Spaemann

Der Philosoph und Autor Robert Spaemann ist im Alter von 91 Jahren in Stuttgart gestorben. Er war ein kluger und tiefschürfender Kopf mit einem umfassenden philosophiegeschichtlichen Horizont. Der konservative Denker beschäftigte sich mit der Ideengeschichte der Neuzeit, mit Naturphilosophie, Problemen der Ethik, der Politischen Philosophie und der Religionsphilosophie.

Robert Spaemann studierte Philosophie, Theologie, Geschichte und Romanistik in Münster, München, Fribourg und Paris. 1952 promovierte er in Münster bei Joachim Ritter und habilitierte sich dort 1962, nach einem Intermezzo als Lektor beim Stuttgarter Kohlhammer Verlag, mit einer Studie über den französischen Theologen und Schriftsteller François Fénelon. Er lehrte dann Philosophie in Stuttgart (bis 1968), Heidelberg (bis 1972).

Spaemann war ordentlicher Professor für Philosophie an den Universitäten Stuttgart (bis 1968), Heidelberg, wo er Hans-Georg Gadamer nachfolgte (1969 bis 1972), und München, wo er 1992 emeritiert wurde. 1962 habilitierte er in den Fächern Philosophie und Pädagogik und war bis 1992 ordentlicher Professor an den Universitäten Stuttgart, Heidelberg und München.


Die Thematiken Spaemanns ergeben sich organisch aus seiner denkerischen Wachsamkeit für das "was in Wahrheit ist". Die ausführlich dargestellten Arbeiten über de Bonald und Fénelon führen weiter zur Entdeckung des teleologischen Denkens, einer Neuformulierung des Natur-Begriffs, einer praktischen Philosophie "über Glück und Wohlwollen" (in Nachbarschaft zu Kant) und schließlich zum Band »Personen. Versuche über den Unterschied zwischen 'etwas' und 'jemand'«, der sich jedem Utilitarismus und jeder Verzweckung des Menschen widersetzt. Spaemann war wie kein anderer ein Philosoph der Ökologie nicht nur der Umwelt, sondern auch des Menschen selbst. So lehnte er entschieden Atomwaffen, Kernenergie und Genmanipulationen ab.

In seinem wissenschaftlichen Werk beschäftigte sich Spaemann mit der Ideengeschichte der Neuzeit, mit Naturphilosophie, Problemen der Ethik, der Politischen Philosophie und der Religionsphilosophie. Beachtet wurde sein Engagement in zeitgenössischen Debatten in Gesellschaft und Kirche. Seine Hauptwerke – »Glück und Wohlwollen« (1989) und »Personen« (1996) – wären ohne diese Auseinandersetzungen kaum zu denken.

Betrachtet man Spaemanns literarisches Werk, dann fällt auf, dass er stets zweigleisig gefahren ist. Es gibt die philosophischen Bücher wie etwa »Glück und Wohlwollen – Versuch über Ethik« (1989) oder »Personen – Versuche über den Unterschied zwischen ‚etwas‘ und ‚jemand‘« (1996), von denen die meisten bei Klett-Cotta in Stuttgart erschienen sind. Sie richten sich an die Gebildeten unter den Verächtern der Religion. Und es gibt die „Christlichen Reden“ für die schon Überzeugten, veröffentlicht in einem katholischen Verlag in der Schweiz.

Spaemann war ein enger Berater der Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI., deren Ansichten er besonders in Fragen der Bedeutung der Naturrechtslehre für die Ethik nahestand. Er schrieb zeitkritische Beiträge zu ethischen, politischen und religiösen Fragen für überregionale Zeitungen und internationale Fachzeitschriften. Seine Positionen, insbesondere zur Ökologie und zur Bioethik, werden über die Grenzen verschiedener Weltanschauungen und Parteien hinaus beachtet.


Literatur:

Personen – Versuche über den Unterschied zwischen ‚etwas‘ und ‚jemand‘
Personen – Versuche über den Unterschied zwischen ‚etwas‘ und ‚jemand‘
von Robert Spaemann

Freitag, 21. Dezember 2018

Halkyonische Tage

Die Halkyon ist ein antiker literarischer Dialog in altgriechischer Sprache, der dem Philosophen Platon zugeschrieben wurde, aber sicher nicht von ihm stammt. Die Unechtheit wurde schon in der Antike erkannt. Der unbekannte Verfasser, der angeblich Leon hieß, lebte anscheinend in der hellenistischen Zeit.

Der Dialog spielt sich zu Lebzeiten des Sokrates († 399 v. Chr.) ab, noch vor der Machtergreifung des oligarchischen Rats der Dreißig („Dreißig Tyrannen“) im Jahr 404 v. Chr., die Chairephon zwang, ins Exil zu gehen. Der historische Chairephon war ein Altersgenosse, Schüler und Freund des Sokrates.

Eine Rahmenhandlung fehlt, das Gespräch setzt unvermittelt ein. Die beiden Gesprächspartner befinden sich auf einem Spaziergang am Meerufer bei Phaleron in der Nähe von Athen. Es ist die Zeit der vierzehn „halkyonischen Tage“ im Dezember um die Wintersonnenwende.

Die halkyonischen Tage wurden im antiken Griechenland wegen des in diesem Zeitraum gewöhnlich heiteren Wetters und der Windstille geschätzt. Sie wurden nach der Halkyon, dem Eisvogel, benannt, denn man nahm an, dass das Eisvogel-Weibchen um diese Zeit nistet und brütet.

Samstag, 1. Dezember 2018

Kirchenleere wegen Kirchenlehre

Die herrschende Kirchenleere ist nicht zu übersehen wie auch die allgemeine Konzeptlosigkeit, dagegen etwas zu tun. Es mutet etwas hilflos an, wenn die Evangelische Kirche meint, mit dem Versand von Bierdeckeln Christen an ihre Kirche zu erinnern. Warum tun Bischöfe und Pfarrer nicht das, was ihre Vorvorgänger, die Apostel Petrus und Paulus getan haben?

Diese beiden Aposteln haben bei ihren Missionsreisen in den jüdischen Synagogen gepredigt, und sind danach in die Öffentlichkeit gegangen, um dort den Menschen, wie fromme Leute es ausdrücken: „ Die frohe Botschaft von Jesus Christus“ zu verkündigen. Hätten sie nur in Synagogen gepredigt, gäbe es wahrscheinlich keine christlichen Kirchen.

Wenn Bischöfe und Pfarrer in den Fußgängerzonen den Kontakt zu den Bürgern suchen würden, und das Neue Testament verteilen, dann erfahren sie auch, was der Bürger von der Kirche erwartet. Dabei könnten sie auch, wie Martin Luther es ausdrückt, dem Menschen aufs Maul schauen, und erfahren, was er denkt. Wenn die Hirten der Herde vorangehen, dann folgen auch die Schäfchen. Vergleiche ökumenischer Kreuzweg in der Karwoche.

Zum Schluss ein Zitat des Theologen Klaus Harms, (1778 - 1855) „Die herrschende Kirchenleere, kommt von der herrschenden Kirchenlehre“.

Samstag, 24. November 2018

Dostojewski und die Schuld

Dostojewski

In seinen leidenschaftlichen, abgründigen Romanen begegnet man Ausgestoßenen, Schwachsinnigen, exaltierten Spielern – und vor allem Mördern. Als Meister des metaphysischen Krimis lässt uns der russische Schriftsteller Dostojewski in die Abgründe der menschlichen Natur blicken.

Wir erscheinen darin als gespaltene Wesen, hin- und hergerissen von gegensätzlichen Kräften: Liebe und Hass, Wahrheit und Lüge, Gut und Böse – stets gefangen in Versuchung. Jedes Verbrechen, ob mit oder ohne Gewissensbisse begangen, zieht in der Realität notwendigerweise eine Strafe nach sich. Dostojewski geht sogar noch weiter: Ihm zufolge sind wir alle schuldig. Das Gefühl der Schuld ist nichts Zufälliges, sondern die Grundlage aller Existenz.

Der russische Schriftsteller Dostojewski kannte den Sumpf der Schuld wie seine Westentasche. Er ist 17 Jahre alt, als er vom Tod seines Vaters erfährt – einem niederen Adligen und Alkoholiker, der seine Umgebung gern schikanierte. Vermutlich wurde er von seinen Leibeigenen ermordet; das juristische Verfahren dazu wird jedoch eingestellt. Angesichts dieser symbolischen Leere musste der junge Dostojewski sich fragen, wer die größere Schuld trug: der adelige Vater, der seine Bauern tyrannisierte, oder die Untergebenen, die ihren Herrn hassten? Hat nicht auch er den Tod seines Vaters herbeigewünscht? In einem Brief, in dem er die Ermordung seines Vaters erwähnt, kommt er zu dem Schluss: „Der Mensch ist ein Geheimnis (…) Ich beschäftige mich mit diesem Geheimnis, denn ich will ein Mensch sein.“

In den folgenden Jahren steht Dostojewski den utopischen Sozialisten nahe und empört sich über die Ungerechtigkeit der Leibeigenschaft, der Zensur und der Willkür des Zaren. Doch seine Überzeugungen werden mit Strafen quittiert. 1849 wird er schließlich verhaftet und zum Tode verurteilt. Am Tage der Hinrichtung selbst wird seine Strafe umgewandelt in vier Jahre Arbeitslager und anschließend sechs Jahre Verbannung nach Sibirien. Am selben Abend schreibt er seinem Bruder: „Noch nie sind mir so reichhaltige und gesunde Vorräte an geistigem Leben aufgekeimt wie jetzt.“ Er hat seine Rettung in dieser Prüfung gefunden, als ob das Verbüßen einer Strafe ihn von einer noch grundlegenderen Schuld befreien würde.

Dostojewskis gesamtes Werk ist durchzogen von der Suche nach einer Antwort auf die Frage der Schuld: Woher kommt sie? Und vor allem: Wie damit umgehen? In „Schuld und Sühne“ stellt Dostojewski die (seiner Ansicht nach vergeblichen) Versuche dar, sich ihrer zu entledigen. Der Protagonist Raskolnikow ist ein stolzer Student, der versucht, „ohne Kasuistik“ und ohne Gewissensbisse zu töten. Er ermordet eine Wucherin und deren Schwester, um ein wenig Geld zu stehlen. Der Roman zeigt Raskolnikows langsamen Weg zur Anerkennung der eigenen Schuld. Dostojewski stellt dabei einige „entschuldigende“ Ideologien seiner Zeit an den Pranger. Eine davon, die sogenannte „Milieutheorie“, spricht jede schlechte Handlung im Namen gesellschaftlichen Leides frei. Doch Dostojewski zufolge müsse „das Laster immer noch Laster genannt“ werden. Er kritisiert auch die Psychiatrie seiner Zeit, die Verbrecher für nicht schuldfähig erklärt mit der Begründung eines „plötzlichen Wahnsinnsanfalls“. Der junge Mörder Raskolnikow hingegen, der sich der Polizei gestellt hat, versucht gar nicht zu entkommen! Dostojewski lehnt jene Theorien ab, die Schuld als situativen Automatismus verstehen, und sieht in der Schuld mehr als nur eine situationsbedingte Verirrung.

Als Dostojewski zehn Jahre später aus Sibirien zurückkehrt, ist er sich seines Erfahrungsschatzes bewusst. Anders als die großen Schriftsteller seiner Zeit hatte er Umgang mit dem einfachen Volk, hat dessen Abgründe und Schönheiten studiert. Er ist davon überzeugt, den Charakter des Verbrechers verstanden zu haben, und spricht von nun an nur noch über den Unterschied zwischen der Unschuld vor dem Gesetz und der inneren Schuld, wenn er in seinen Romanen über intellektuelle Mörder schreibt („Schuld und Sühne“), über Mörder aus Leidenschaft („Der Idiot“), über Menschen, die aus politischen Gründen töten („Die Dämonen“), und schließlich über Vatermörder („Die Brüder Karamasow“). Hatte Dostojewski selbst sich etwas vorzuwerfen? Er hatte einen schwierigen Charakter und seine Feinde haben sich bemüht, ihm die scheußlichsten Verbrechen anzuhängen. Dostojewski, den der Schriftsteller Iwan Turgenew „unseren Sade“ nannte, war Gegenstand hartnäckiger Gerüchte über angebliche sexuelle Gewalt an Minderjährigen.

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