Samstag, 21. November 2015

Arbeit ist unglückliches Bewußtsein

Gottfried Benn


Gottfried Benn war ein Zyniker, der pathologische Befunde ablieferte. Der Schriftsteller und Pathologe hat wohl die Jahrhundert-Formel des Zynismus gegeben:
»Dumm sein und Arbeit haben: das ist das Glück.

Ein Satz wie eine Welterhellung! Die Umkehrung des Satzes zeigt erst seinen vollen Inhalt: Intelligent sein und dennoch seine Arbeit verrichten - das ist unglückliches Bewußtsein in der modernisierten, aufklärungskranken Form.

Die Arbeit ist von Ideologen, Phraseologen und sonstigen Hohlfiguren aus dem bürgerlichen Hohlfiguen-Kabinett längst zum Fetisch statt zu einem zu erreichenden Wert erhoben worden.

Arbeit unterliegt der Fetischisierung, sie ist zum bloßen Fetsih geworden. Ist es nicht zynisch, wenn ein Mensch intelligent ist und trotzdem sein Arbeit verrichtet?

Wenn die Arbeitslosen, die zu 99 Prozent unschuldig daran sind, daß sie keine Arbeit haben, sich gefallen lassen müssen, als Faulenzer beschimpft zu werden, wäre eine Kampagne vonnöten, die das Arbeit-Haben nicht als höchste Bestimmung des Menschen ansieht, die die Fetischisierung der Arbeit der Lächerlichkeit preisgibt.

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Mittwoch, 18. November 2015

»Mythen des Alltags« von Roland Barthes

Mythen des Alltags 
Mythen des Alltags


Mit seinem Werk »Mythen des Alltags« wurde Roland Barthes Mitte der 50er Jahre berühmt. Es besteht aus über 50 Essays, die Roland Barthes in den Jahren zwischen 1954 und 1956 veröffentlichte.

Das Werk hat eine essayistische Form, die es dem Leser auf den ersten Blick nur schwer gestatten, einen Zusammenhang zwischen den einzelnen Beiträgen zu erkennen. Er untersuchte moderne Phänomene und begründete daraus seine »Mythen des Alltags«. Mit seinem Werk »Mythen des Alltags« wurde Roland Barthes Mitte der 50er Jahre berühmt.

Was hat Catchen mit Striptease zu tun? Und wo liegt bietteschön die thematische Verbindung zwischen der Tour de France und dem neuen Citroen? Und was ist überhaupt dieser 'Mythos', der das Verbindungsglied zwischen diesen so unterschiedlichen Themen darstellen soll? In "Mythen des Alltags" finden sich im ersten Teil die über 50 Essays zu den genannten Themen und im zweiten Teil theoretische Darlegungen zum Mythos.

Für Barthes ist der Mythos eine Art "System der Kommunikation" (259). Dabei handele es sich jedoch um eine Kommunikation, die im Dienste einer bestimmten Ideologie stehe, die bestimmte Dinge verberge oder gar deformiere, um gewisse Gesellschaftskonstrukte als natürliche Gesellschaftsphänomene darzustellen. Als Beispiel erwähnt Barthes ein Plakat, welches einen schwarzen Mann in französischer Uniform zeigt, welcher lachend die französische Flagge grüßt (vgl. 260f.). Hier werde die Ära des französischen Imperialismus ihrer geschichtlichen Entwicklung beraubt und als natürliches schon immer dagewesenes Phänomen konstruiert: "Hier sind wir beim eigentlichen Prinzip des Mythos: Er verwandelt Geschichte in Natur" (278).

Aus damaliger Sicht sicher die außergewöhnlichen Themen und Gegenstände von Barthes' Analysen. Da wird zum Beispiel die Welt des Catchens genauer unter die Lupe genommen, Wein und Milch miteinander verglichen, die Eigenart eines Beefsteaks oder von Pommes Frites herausgeschält und das Gesicht von Greta Garbo genauer betrachtet.

Weil in der akademischen Welt des letzten Jahrhundert schon allein die Titel von Barthes' Essays für Aufsehen sorgten, führe ich noch einige der 53 intellektuellen Leckerbissen auf. Es sind dies: Die Kreuzfahrt des Blauen Blutes, Marsmenschen, Ehegeschichten, Romane und Kinder, Wie Paris nicht unterging, Bichon bei den Negern, Einsteins Gehirn, Die Tour de France als Epos, Striptease, Astrologie, Plastik, der neue Citroën.

Roland Barthes schrieb nicht um des Schreibens willen, sondern verfolgte das Ziel einer Ideologiekritik die sich auf die Sprache der Massenkultur richtet. Zudem wollte er diese Sprache semiologisch demontieren. Dass jede Betrachtung auch ein Kind seiner Zeit ist, war Roland Barthes natürlich bewusst.

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Mythen des Alltags
Mythen des Alltags
von Roland Barthes

Donnerstag, 12. November 2015

Roland Barthes 100. Geburtstag

Roland Barthes


Roland Barthes vor 100 Jahren am 12. November 1915 in Cherbourg geboren. Roland Barthes war ein französischer Philosoph, Schriftsteller und Literaturkritiker des 20. Jahrhunderts. Er war einer der vielseitigsten und markantesten Denker des 20. Jahrhunderts. Als Schriftsteller und Semiotiker macht er sich ebenso einen Namen wie als Mythenforscher, Theoretiker und Literaturkritiker.

Barthes war ein großer Denker ohne eigenes Denkgebäude und ein großer Strukturralist .Er gilt als einer der markantesten Wissenschaftler im Bereich der strukturalistischen Semiotik bzw. Semiologie. Barthes verwendete die Methoden des Strukturalismus und der Dekonstruktion, aber auch der Psychoanalyse, um moderne gesellschaftliche Phänomene wie Texte, Filme, Fotografie, Mode, Werbung oder die Liebe zu untersuchen.

Er studierte klassische Literatur an der Sorbonne und war danach als Lehrer, Bibliothekar und Lektor in Ungarn, Rumänien und Ägypten tätig. Ab 1960 unterrichtete er an der »École Pratique des Hautes Études« in Paris. 1976 wurde er auf Vorschlag Michel Foucaults ans »Collège de France«auf den eigens geschaffenen Lehrstuhl »für literarische Zeichensysteme« berufen.

Barthes war ein Pariser Intellektueller, der von sich selbst sagte, er habe sich sein Leben lang nur für eine einzige Sache engagiert: die Sprache. Allein in der Literatur sei Widerstand möglich, nur sie sei in der Lage, Ritzen in der Mauer zu öffnen, durch die der "Atem der Sprache" dringen könne.

Indem er die Methoden des Strukturalismus radikalisierte, wurde er zu einem der Begründer des Poststrukturalismus. Als Kritiker zu aktuellen und im Wesentlichen literarischen Ereignissen (vgl. z. B. Racine) löste er oft scharfe Auseinandersetzungen aus.

In den »Essais critiques« beschäftigt sich Barthes mit dem avantgardistischen Theater. Prägend für ihn waren unter anderem Brecht, Gide, Marx, de Saussure sowie Jacques Lacans. Zudem war Barthes ein musikbegeisterter Mensch, vor allem als Pianist und Komponist.

Sein erfolgreichstes Buch »Fragmente einer Sprache der Liebe« ist ein amouröser Parcours durch die Weltliteratur, eine Diskursanalyse der Liebe, die auch heute noch überzeugt - und vor allem: fasziniert.

Obwohl seine Werke unter anderem stark durch die Lektüre Nietzsches geprägt sind und Barthes sich der abendländischen Philosophie verpflichtet fühlt, zog er sich das für einen Philosophen tödliche Urteil eines bemerkenswerten Schriftstellers zu. Da er nicht weiter beachtet wurde, fanden seine Werke nicht einmal in Fachbibliotheken einen Stammplatz.

Roland Barthes starb am 26. März 1980 in Paris an den Folgen eines Verkehrsunfalls.

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Mythen des Alltags
Mythen des Alltags
von Roland Barthes

Samstag, 7. November 2015

Über den Sinn von Arbeit

Viele Menschen gehen in ihrer Arbeit auf, wie man so schön sagt. Aber überbewerten wir nicht die Arbeit damit? Ist man denn nur Mensch und erfährt sich selbst, wenn man arbeitet?

Nie hatten so viele Menschen Arbeit wie jetzt, doch die Arbeit an sich stellt keinen Wert dar, denn es geht eigentlich um die Zufriedenhaeit der Arbeit, die dem Menschen einen Sinn gibt. Wir leben, um zu arbeiten, aber macht die Arbeit auch Sinn?

Beruf und Berufung, das hatte ja in meinem Beruf sehr viel miteinander zu tun. Man kann sich allerdings nicht vorstellen, einen Beruf des Gehalts wegen auszuüben.

Auch scheint es insgesamt so zu sein, als würde der Gesellschaft der Sinn für Arbeit und auch der Sinn für sinnvolle Arbeit allmählich ausgehen. Sinnvolle Arbeit scheint in der Arbeitswelt von heute kein sonderlich gefragte Kategorie mehr zu sein.

Dies mag auch folgende Tatsache belegen:
Noch nie hatten so viele Menschen Arbeit wie jetzt, aber noch nie konnten so viele Menschen nicht von ihrer Arbeit leben.

Albert Camus sah sich als Künstlerphilosoph

Albert Camus

Albert Camus sah sich als ein Künstlerphilosoph. Er war ein freier Denker im Gegensatz zum universitären Gelehrten.

Der Grad, in dem die Prägung des Denkens durch das Leben, bzw. des Lebens durch das Denken, sichtbar wird, ist bei Camus außergewöhnlich hoch . Denn diese Tatsache begründet seine Stärke wie auch seine Schwäche. Als Journalist, Dramatiker, Schauspieler und Autor vermochte es Camus wie kaum ein Zweiter, den Geist seiner Umgebung einzufangen und ihn als Philosoph in Begriffe zu fassen. Die Übereinstimmung, die sein Werk dadurch, nicht nur mit einem allgemein verbreiteten Empfinden, sondern auch mit seinem eigenen politischen Handeln erlangte, verhalf ihm zu seiner Größe und lässt ihn heute noch über all die reinen Theoretiker triumphieren.

Doch zugleich bedeutete es eine geradezu sklavische Bindung der Vernunft an das Gefühl – ein Problem, das Camus zugleich auch als Mittelpunkt seiner gesamten Philosophie zum Ideal hochstilisiert. Seine Philosophie wird zum direkten Ausdruck einer bestimmten Stimmung in einem bestimmten Teil der Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit – ein Phänomen, dem zwar bis zu einem gewissen Grad alle Menschen unterliegen, das sich im Schriftsteller Camus aber besonders stark ausdrückt. An die Stelle philosophischer Beweise treten bei ihm wohlklingende aber unbegründete Behauptungen. Statt der analytischen Schärfe eines Philosophen findet sich bei ihm der Wortschwall eines Schriftstellers.

Weblinks:

Albert Camus – Marxismus und Moral - www.bruchlinien.at

Albert Camus-Zitate - Zitate-Portal - www.die-zitate.de


Literatur:

Der Mensch in der Revolte
Der Mensch in der Revolte von Albert Camus

Sonntag, 1. November 2015

Der Tod gehört zum Leben

"Wer den Tod verneint, verneint auch das wirkliche Leben. Eine Zivilisation, die den Tod verneint, muss absinken in absolute Oberflächlichkeit." Eckhart Tolle

Samstag, 31. Oktober 2015

Die Hermeneutik ist die Lehre vom Verstehen



Verstehen ist eine Kunst und eine Wissenschaft für sich. Damit sich das auch so anhört, dachten sich die Gelehrten einen schicken Namen aus: Hermeneutik. Der Name leitet sich von einem flinken Griechen ab: Hermes. In der Philosophie bedeutet die Hermeneutik das Verstehen von Sinnzusammenhängen in menschlichen Lebensäußerungen aller Art. Die Hermeneutik ist die Lehre vom Verstehen mit einer eigenen Entwicklungsgesschichte.

Die Hermeneutik ist eine traditionsreiche Theorie über die Interpretation von Texten und über das Verstehen. Beim Verstehen verwendet der Mensch Symbole. Er ist in eine Welt von Zeichen und in eine Gemeinschaft eingebunden, die eine gemeinsame Sprache benutzt. Nicht nur in Texte, sondern in alle menschlichen Schöpfungen ist Sinn eingegangen, den herauszulesen eine hermeneutische Aufgabe ist.



In der Antike und im Mittelalter diente die Hermeneutik als Wissenschaft und Kunst der Auslegung (Exegese) grundlegender Texte, besonders der Bibel und Gesetze. In der Neuzeit weitete sich ihr Anwendungsbereich aus. Sie entwickelte sich zu einer allgemeinen Lehre von den Voraussetzungen und Methoden sachgerechter Interpretation und zu einer Philosophie des Verstehens

Mit der von Immanuel Kant entscheidend beförderten Einsicht in die Grenzen der menschlichen Erkenntnisfähigkeit stellte sich für die Hermeneutik seit dem 19. Jahrhundert unter anderem das Problem der geschichtlichen Gebundenheit menschlichen Denkens und Verstehens. Als einflussreichster Vertreter der philosophischen Hermeneutik im 20. Jahrhundert wendete Hans-Georg Gadamer diese Beschränkung ins Positive und stellte das Verstehen in den Zusammenhang eines prinzipiell nicht zu beendenden Gesprächs über die Deutung wichtiger Zeugnisse der geschichtlichen und kulturellen Überlieferung.